OGH 15Os104/88

OGH15Os104/884.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Oktober 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Knob als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst S*** wegen des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 2533/85 des Landesgerichtes Linz, über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Durchführung der Hauptverhandlung am 21.April 1986 (ON 40) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren zum AZ 23 Vr 2533/85 des Landesgerichtes Linz ist durch die Zulassung eines zur Verteidigung des Angeklagten nicht befugten Rechtsanwaltsanwärters in der Hauptverhandlung am 21. April 1986 vor dem Schöffengericht (ON 40) das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 39 Abs. 1, 45 a Abs. 1 StPO verletzt worden. Das Urteil vom 21.April 1986 (ON 41) wird aufgehoben; die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Landesgericht Linz verwiesen.

Text

Gründe:

In dem im Spruch bezeichneten Verfahren wurde Ernst S*** mit dem in der Folge rechtskräftig gewordenen Urteil vom 21. April 1986 (ON 41) wegen verschiedener strafbarer Handlungen zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er derzeit verbüßt; in der Hauptverhandlung (ON 40) war er - über seinen eigenen, schriftlich geäußerten Wunsch (S 97/II) - durch den Rechtsanwaltsanwärter Dr. Erich K*** vertreten worden, der bei dem im Rahmen einer Beigebung nach § 41 Abs. 2 StPO für den Angeklagten zum Verteidiger bestellten Rechtsanwalt Dr. Erich W*** (S 3 a vso, 224/I) in Verwendung stand und sich auf eine ihm von letzterem erteilte Substitutionsvollmacht berief (S 303/II), der aber weder in der Verteidigerliste eingetragen war noch die Rechtsanwaltsprüfung mit Erfolg abgelegt hatte und dem auch vom Ausschuß der zuständigen Rechtsanwaltskammer das Erfordernis jener Prüfung (noch) nicht erlassen worden war (S 69, 77/II). Die Zulassung des genannten Rechtsanwaltsanwärters zur Verteidigung des Angeklagten in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht verstieß gegen die Bestimmungen der §§ 39 Abs. 1, 45 a Abs. 1 StPO und führte im Hinblick darauf, daß letzterer demzufolge im bezeichneten Verfahrensstadium nicht durch einen befugten Verteidiger vertreten war, zur Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 1 a StPO; diese wurde jedoch vom bestellten Verteidiger nicht geltend gemacht (ON 48), sondern erst nachträglich aktenkundig (ON 81).

Rechtliche Beurteilung

In Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war demnach die aufgezeigte Gesetzesverletzung wie im Spruch festzustellen und, da sie die Beeinträchtigung eines unter absoluter Nichtigkeitssanktion stehenden essentiellen Verteidigungsrechtes des Angeklagten (vgl §§ 41 Abs. 3, 220 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Z 1 a StPO, Art 6 Abs. 3 lit c MRK) zur Folge hatte, nach § 292 letzter Satz StPO durch die Aufhebung des davon betroffenen Urteils sowie durch die Anordnung der Verfahrenserneuerung zu beheben.

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