Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird Folge gegeben und es werden die über die beiden Angeklagten verhängten (Zusatz-)Freiheitsstrafen herabgesetzt, und zwar bei Otto K*** auf 2 (zwei) Monate und bei Erich P*** auf 4 (vier) Monate.
Die bei Otto K*** ausgesprochene bedingte Strafnachsicht wird aus dem Ersturteil übernommen.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurden der 50jährige Otto K*** und der 44jährige Erich P*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 3 StGB schuldig erkannt, weil sie - zusammengefaßt wiedergegeben - versucht haben, am 20.Dezember 1987 in Wien von einem Zeitungsständer eine Geldkassette samt dem darin befindlichen Geld zu stehlen, indem sie die Metallschiene, an der die Kassette befestigt war, verbogen und solcherart eine Sperrvorrichtung aufzubrechen trachteten. Dem Angeklagten P*** wird überdies angelastet, am 29.Dezember 1987 in einer Filiale der Firma B*** ein Stifterl Rotwein im Wert von 19,90 S dadurch wegzunehmen versucht zu haben, daß er das Diebsgut unter seinem Pullover verbarg und an der Kasse nicht bezahlte.
Rechtliche Beurteilung
Die von den beiden Angeklagten dagegen aus den Z 5 und 9 lit a, von P*** ferner aus der Z 5 a und von K*** auch aus der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht begründet.
Den Mängelrügen der beiden Angeklagten ist zunächst global zu erwidern, daß dem Urteil keine formalen Begründungsmängel in Ansehung entscheidender Tatsachen anhaften und daß - dies als Antwort auf die sich auf die Z 5 a berufende Tatsachenrüge des Angeklagten P*** - seine Beschwerdeausführungen im Zusammenhalt mit der Aktenlage nicht geeignet sind, Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen zu erwecken.
Dem Angeklagten P*** ist in Ansehung des Zeitungskassenfaktums zusätzlich zu entgegnen, daß die Angaben der für glaubwürdig befundenen Zeugin V*** im Zusammenhalt mit den Bekundungen des Otto K*** vor der Polizei (S 21) und der Tatsache, daß es der Polizei auf Grund der von der Zeugin V*** abgegebenen (vgl S 91), wenn auch eher vagen (vgl S 94) Täterbeschreibung möglich war, den zweiten Täter in der Person des Angeklagten P*** durch Erhebungen in dem Heim für Unterstandslose auszuforschen, die Tatrichter in die Lage versetzten, denkfolgerichtig zu konstatieren, daß P*** sich mit Diebstahlsvorsatz an dem betreffenden Zeitungsständer in der festgestellten Weise zu schaffen machte und daß K*** Aufpasserdienste leistete. Die genaue Lage des von den beiden Angeklagten vor der Tat gemeinsam besuchten Gasthauses spielt - der Beschwerde des Angeklagten P*** zuwider - in diesem Zusammehhang keine entscheidungswichtige Rolle, zumal K*** ausdrücklich zugestand, sich nach Verlassen dieses Gasthauses erst in der Hardtmuthgasse von P*** getrennt zu haben (vgl S 21). Sanktionslos unerörtert bleiben konnte auch die genaue Art der von P*** damals getragenen Oberbekleidung; genug daran, daß der erhebende Polizeibeamte - ersichtlich an Hand der von der Zeugin V*** erhaltenen Auskünfte - im Obdachlosenheim nach einem Mann fragte, der einen roten Anorak besitzt (vgl S 93) und daß P*** tatsächlich über ein solches Kleidungsstück verfügte. Keiner näheren Behandlung bedurften auch die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers P*** darüber, ob er es im Tatzeitraum eilig hatte oder nicht; entscheidend war vielmehr allein, daß er nach den Angaben seines Bruders, dem das Gericht Glauben schenkte, erst gegen 13 Uhr bei diesem eintraf (vgl US 9), der Diebstahlsversuch aber gegen 12,20 Uhr verübt worden war (vgl S 17). Rechtlich irrelvant und damit nicht einlassungsbedürftig sind endlich jene Umstände, die nach Ansicht des Angeklagten P*** für eine bloß zufällige Anwesenheit des Mitangeklagten K*** am Tatort sprechen; denn durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 (in Kraft getreten am 1. März 1988) wurde die Tatqualifikation des § 127 Abs. 2 Z 1 StGB aF (Gesellschaftsdiebstahl) beseitigt.
Abgesehen davon konnte das Schöffengericht aus dem von der Zeugin V*** geschilderten Verhalten des Angeklagten K*** am Tatort (vgl S 91 ff) denkfolgerichtig ableiten, daß er im Einverständnis mit P*** handelte und durch Aufpasserdienste einen Beitrag zu dem versuchten Diebstahl leistete. Entgegen der Mängelrüge (Z 5) dieses Angeklagten haften dem Urteil insoweit keinerlei Undeutlichkeiten oder Unvollständigkeiten an; im übrigen gebricht es der Beschwerde in diesem Punkt an einer erörterungsfähigen Substantiierung. Wenn im Rahmen der Rechtsrüge zusätzlich behauptet wird, im Urteil würde die Verantwortung der beiden Angeklagten, sich vor der Tat getrennt zu haben, übergangen, übergeht dieser Einwand in aktenwidriger Weise die tatrichterlichen Erwägungen (vgl US 7 ff), welche zu dem Ergebnis führten, den Darstellungen der Angeklagten (auch) in diesem Punkt nicht zu folgen. In seiner gegen die Annahme der Tatqualifikation des § 129 Z 3 StGB gerichteten Rechtsrüge (Z 10) vertritt der Angeklagte K*** die Auffassung, das - nach den Urteilsfeststellungen angestrebte gewaltsame - Lösen der Befestigung der Geldkassette von der Metallschiene des Zeitungsständers sei dem Aufbrechen einer Sperrvorrichtung nicht gleichzusetzen, sodaß die Annahme der erwähnten Subsumtion auf einem Rechtsirrtum beruhe. Das Urteil enthalte auch keine Feststellungen darüber, daß die Geldkassette bereits an Ort und Stelle aufgebrochen werden sollte. Infolge dieses Feststellungsmangels scheide auch eine Tatbeurteilung nach der Z 2 des § 129 StGB aus.
Auch dem kann nicht beigepflichtet werden.
Die im § 129 Z 3 StGB umschriebene Überwindung einer Sperrvorrichtung betrifft jede Beseitigung der Sicherung von Gegenständen (welcher Art immer) durch Schlösser, Ketten und dergleichen; sie erfaßt somit auch die Sicherung einer Geldkassette, die mittels einer Metallschiene am Zeitungsständer befestigt ist (vgl ÖJZ-LSK 1976/212). Denn unter den Begriff der Sperrvorrichtung im Sinne der Z 3 des § 129 StGB fällt alles, was dazu dient, Sachen vor diebischem Zugriff zu schützen, sofern zur Tatzeit diese Sicherungsfunktion auch tatsächlich noch besteht (Kienapfel, Grundriß2, BT II; RN 79 zu § 129 StGB). Sohin entspricht auch die gewaltsame Überwindung einer Sicherung, die darin besteht, daß die Geldkassette mit dem Zeitungsständer fest verbunden ist, zwecks Trennung der Kassette vom Ständer der Qualifikationsnorm des § 129 Z 3 StGB (ÖJZ-LSK 1980/20). Das Erstgericht hat sohin diese Tatqualifikation zu Recht angenommen. Da dem Beschwerdeführer hingegen jene nach der Z 2 des § 129 StGB gar nicht angelastet wurde, kann er sich durch den von ihm behaupteten Feststellungsmangel, der ein angestrebtes Aufbrechen der Geldkassette an Ort und Stelle betrifft, nicht für beschwert erachten.
In seiner weiteren, auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge hält K*** seinen Schuldspruch wegen "Gesellschaftsdiebstahls" deshalb für verfehlt, weil er nach den Urteilsfeststellungen keine Ausführungshandlungen zu der angestrebten Sachwegnahme gesetzt, sondern sich zehn bis fünfzehn Meter vom Tatort entfernt ohne Sicht auf diesen aufgehalten habe. Auch dieser Einwand versagt.
Die Qualifikation nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB aF (sogenannter Gesellschaftsdiebstahl) wurde - wie bereits oben erwähnt - durch das seit 1.März 1988 geltende Strafrechtsänderungsgesetz 1987 beseitigt. Wenn auch im Spruch des angefochtenen Urteils von einer Tatbegehung durch die beiden Angeklagten "in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB)" die Rede ist, so wurde die vorerwähnte im Urteilszeitpunkt nicht mehr aktuelle Qualifikation (nach § 127 Abs. 2 Z 1 StGB aF) den Angeklagten zutreffend nicht mehr angelastet. Nach den Urteilsfeststellungen liegen zwar dem Angeklagten K*** keine Ausführungshandlungen (zur Sachwegnahme) zur Last, sodaß die vom Erstgericht auch bei diesem Angeklagten offensichtlich angenommene unmittelbare Täterschaft (im Sinne des § 12 erster Fall StGB) an sich verfehlt ist. Da aber die Tatrichter feststellten, daß K*** im Zeitpunkt des Tatgeschehens die Funktion eines Aufpassers bekleidete, um den als unmittelbaren Täter agierenden Angeklagten P*** erforderlichenfalls zu warnen, verantwortet K*** einen sonstigen Tatbeitrag im Sinn des § 12, dritter Fall, StGB. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt hiebei der Frage der allfälligen (unmittelbaren) Sicht des Aufpassers auf den Tatort keine Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr für die Annahme einer hier aktuellen, dem unmittelbaren Täter durch (allenfalls erforderliche) Warnung geleistete Unterstützung bei der Tatausführung allein, daß K*** zu dieser Leistung von seinem damaligen Standort aus in der Lage war. Da eine allfällige Warnung des unmittelbaren Täters auch mit akustischen Signalen möglich ist, bedarf es für eine wirksame Aufpassertätigkeit keineswegs der unmittelbaren Sicht des Aufpassers auf den Tatort. Angesichts der grundsätzlichen rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB beschriebenen Täterschaftsformen (vgl JBl 1983, 214 ua) konnte dem Beschwerdeführer K*** durch die unrichtige Annahme unmittelbarer Täterschaft statt Beitragstäterschaft kein Nachteil erwachsen, weil dadurch keine materiellrechtliche Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO begründet wurde (vgl Leukauf-Steininger StGB2, RN 57 und 59 zu § 12 StGB und die dort zitierte Judikatur).
In Ansehung des vom Angeklagten P*** allein zu vertretenden Faktums - versuchter Diebstahl von einem "Stifterl" Rotwein am 29. Dezember 1987 - moniert dieser Angeklagte unter den Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO, das Erstgericht habe es unterlassen, das Motiv seiner Handlungsweise näher zu erforschen. Aber auch nach den Urteilsfeststellungen und auf Grund der vorliegenden Beweise ergebe sich, daß er zwar nicht aus Not gehandelt habe, jedoch aus Unbesonnenheit und zur Befriedigung eines Gelüstes. Dies gehe insbesondere daraus hervor, daß er - obwohl er gekauftes Bier zur Verfügung hatte, seine Lust am zusätzlichen Weingenuß nicht habe bezähmen können. Die Tat wäre daher richtig dem § 141 StGB zu unterstellen gewesen.
Der Beschwerde kommt - entgegen der Meinung der Generalprokuratur - auch in diesem Punkt keine Berechtigung zu. Eine Tatbegehung aus "Unbesonnenheit" scheidet nach Ansicht des Senates zunächst schon deshalb aus, weil sie einem Täter im Rahmen des § 141 StGB nur dann zustatten kommt, wenn seine Handlung einer augenblicklichen Eingebung, das heißt einem Willensimpuls entspringt, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch ruhiges Denken entzogen ist und nach dem Charakter des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (vgl Mayerhofer-Rieder StGB2 § 141 ENr 4 und 5). Davon kann aber vorliegend keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer zwölf Vorverurteilungen einschlägiger Natur, darunter sieben wegen Diebstahls, aufweist und er sonach als Rückfallstäter (§ 39 StGB) zu bezeichnen ist.
Der Ansicht des Beschwerdeführers und der Generalprokuratur zuwider waren vorliegend aber auch Feststellungen darüber, inwieweit der Angeklagte P*** zur Befriedigung eines Gelüstes gehandelt habe, nicht indiziert, beziehungsweise konnte die Erörterung der vom polizeilichen Meldungsleger sinngemäß festgehaltenen Äußerung des genannten Angeklagten, er habe plötzlich starke Lust gehabt, Wein zu trinken (S 47), sanktionslos unterbleiben. Hat er doch in der Hauptverhandlung am 7.Juni 1988 seine Motivation dafür, zwar einige Flaschen Bier ordnungsgemäß an der Kassa des Supermarkts zu begleichen, ein Fläschchen Wein aber im Gewand zu verbergen und, obwohl hiezu fähig, nicht zu bezahlen, dahin klargestellt, daß er (daheim) den Wein und das gekaufte Bier trinken wollte, ohne dabei aber auch nur anzudeuten, daß er sich zur Tat nur deshalb verleiten ließ, um ein im Tatzeitpunkt gegenwärtiges speziell und ausschließlich auf den tatgegenständlichen Wein (und nicht bloß allgemein auf Alkohol, über den er ohnedies - (infolge des gekauften Bieres - verfügte) gerichtetes Bedürfnis sofort oder zumindest alsbald zu befriedigen.
Es waren mithin die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend die einschlägige(n) Vorstrafe(n) der Angeklagten, wogegen es als mildernd den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist und bei K*** überdies den untergeordneten Tatbeitrag und seine Enthemmung durch Alkohol heranzog. Es hielt bei Erich P*** eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von fünfeinhalb Monaten (als Zusatzstrafe zu einer wegen versuchten Diebstahls ausgesprochenen dreieinhalbmonatigen Strafe) und bei K*** einen Freiheitsentzug in der Dauer von vier Monaten als tatschuldgerecht, wobei es beim letztgenannten Angeklagten die ausgesprochene Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Die dagegen von beiden Angeklagten erhobenen Berufungen, mit denen sie Strafherabsetzung anstreben, sind begründet. Berücksichtigt man nämlich den geringen Schuld- und Unrechtsgehalt der von den Angeklagten zu vertretenden Verfehlungen und bei Erich P*** auch zusätzlich das Geständnis im Faktum II als mildernd, sind die vom Erstgericht verhängten Strafen zu hoch. In Stattgebung der Berufungen waren sie daher auf das aus dem Spruch ersichtliche Maß zu reduzieren.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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