OGH 10ObS34/88

OGH10ObS34/8827.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Dafert und Dr. Martin Mayr (beide AG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef S***, Pensionist, 5251 Höhnhart, Roith 7, vertreten durch Dr. Haratün Johannes Papazian, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei S*** DER

G*** W*** (Landesstelle Oberösterreich), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. November 1987, GZ 12 Rs 1143/87-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 17. September 1987, GZ 5 Cgs 1028/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1986 zur Erwerbsunfähigkeitspension eine Ausgleichszulage von monatlich S 1.465,30 zu leisten und ihm binnen 14 Tagen die Differenz zwischen der für diese Zeit bereits ausgezahlten Ausgleichszulage von monatlich S 506,90 und dem oben genannten Betrag, also monatlich S 958,40 nachzuzahlen und die mit S 2.829,75 (darin S 257,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger bezieht von der beklagten Partei seit 1. April 1981 eine Erwerbsunfähigkeitspension samt Ausgleichszulage. Mit Punkt 1. des Bescheides vom 7. Jänner 1987 entschied die beklagte Partei, daß dem Kläger die Ausgleichszulage vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1986 mit monatlich S 506,90 gebührt. Ihm und seiner Ehegattin stünden bei der Feststellung der Ausgleichszulage zu berücksichtigende Ausgedingsleistungen zu.

Diesem Bescheid lag folgende Berechnung zugrunde:

1. Pension des Klägers (§ 149 Abs. 1 GSVG) S 2.448,--

2. übrige Einkünfte des Klägers (§ 149 Abs. 1)

a) § 149 Abs. 3 Satz 2 S 520,--

b) § 149 Abs. 7 S 226,--

3. Einkommen der im gemeinsamen Haushalt

lebenden Ehegattin (§ 149 Abs. 2)

a) Pension S 1.023,--

b) Unfallrente S 1.303,70

c) § 149 Abs. 3 Satz 2 S 438,40

d) § 149 Abs. 7 S 226,--

4. Summe aus 1. bis 3. S 6.185,10

5. Richtsatz (§ 150 Abs. 1 lit. a sublit. aa)S 6.692,--

6. Unterschied zwischen 4. und 5. = Ausgleichszulage

(§ 153 Abs. 1) S 506,90

Die rechtzeitige Klage richtet sich ausschließlich gegen die

Berücksichtigung der unter 2 a und 3 c dieser Aufstellung genannten

Sachbezüge neben den unter 2 b und 3 d dieser Aufstellung genannten

Pauschalbeträgen. Der Kläger begehrt daher für die Zeit vom

1. Jänner bis 31. Dezember 1986 eine monatliche Ausgleichszulage von

S 1.465,30.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es ging von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Der Kläger und seine Ehegattin übergaben mit einem Übergabsvertrag vom 9. August 1984 dem Sohn und der Schwiegertochter zum 1. August 1984 die Liegenschaft EZ 220 KG St. Johann "Kainzengut Nr. 7 in Roith", deren Einheitswert zum 1. Jänner 1979 für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb S 12.000,-- und für "sonstiges bebautes Grundstück" im Sinn des § 33 Bewertungsgesetz 1955 S 67.000,-- betrug. Der übergebene landwirtschaftliche Betrieb hat eine Größe von 2,74 ha. Für die Übergabe wurde den Übergebern das freie Wohnungsrecht samt freier Beheizung und Beleuchtung (freie Station) und eine Reihe von Naturalleistungen eingeräumt. Im Jahr 1986 betrug der Wert der vollen freien Station monatlich S 2.040,--, der Wert der übrigen Naturalleistungen monatlich S 676,--. Der Kläger betrieb neben seiner Tätigkeit als Landwirt auch das Milchfuhrwerkgewerbe, für das jedoch kein gesondertes gewerbliches Betriebsvermögen vorhanden war, da die Milchtransporte nur mit dem landwirtschaftlichen Traktor durchgeführt wurden. Bei der Übergabe der Liegenschaft und insbesondere bei den vereinbarten Ausgedingsleistungen wurde zwischen der Übergabe des Hauses und der Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes nicht differenziert. Die eingeräumte freie Station und die Naturalleistungen sind die Gegenleistung für die Übergabe der gesamten Liegenschaft.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß bezüglich dieser Gegenleistung nicht nur vom fiktiven Ausgedinge im Sinn des § 149 Abs. 7 GSVG auszugehen sei. Das vereinbarte Wohnungsrecht und Ausgedinge dürften nicht außer Betracht bleiben, weil es dabei zum Teil auch um Gegenleistungen für die Übergabe des Hauses gehe. Das tätsächlich gewährte Ausgedinge sei nach § 149 Abs. 3 GSVG aber nur insoweit anzurechnen, als es das Übergabspauschale nach Abs. 7 leg. cit. übersteige, demnach für 1986 für die beiden Übergeber nur mit monatlich S 958,40. Dem Kläger gebühre daher die Ausgleichszulage nur in der im angefochtenen Bescheid festgestellten Höhe.

Das Berufungsgericht gab der inhaltlich nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Weil die Einheitswerte für den landwirtschaftlichen Betrieb und das "sonstige bebaute Grundstück" beträchtlich auseinanderklafften, könnten das vereinbarte Wohnungsrecht und Ausgedinge bei der Bewertung der Sachleistungen nicht außer Betracht bleiben, zumal sie auch die Gegenleistung für die Übergabe des Hauses bildeten. Wegen des Fehlens gewerblichen Betriebsvermögens könne zwar keine Aufteilung des Ausgedinges auf landwirtschaftliches und gewerbliches Betriebsvermögen vorgenommen werden, allerdings auch nicht von einer reinen "landwirtschaftlichen" Betriebsübergabe gesprochen werden, weil die Gegenleistung ganz offensichtlich überwiegend wegen der Übergabe des Hauses vereinbart worden sei. Die Anrechnung eines pauschalen landwirtschaftlichen Ausgedinges nach § 149 Abs. 7 GSVG und eines tatsächlichen Ausgedinges für das Haus nach Abs. 3 leg. cit. sei daher begründet.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, inhaltlich nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls zwecks Zurückverweisung und neuerlicher Entscheidung durch das Berufungsgericht aufzuheben. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs. 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist berechtigt. Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 151 GSVG zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes, so hat der Pensionsberechtigte ... nach Maßgabe der Bestimmungen des die Ausgleichszulage regelnden

3. Unterabschnittes des Abschnittes III (Leistungen der Pensionsversicherung) des zitierten Gesetzes Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension (§ 149 Abs. 1), bei dessen Feststellung auch das gesamte Nettoeinkommen des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners ... zu berücksichtigen ist (Abs. 2 leg. cit).

Nettoeinkommen im Sinne der zitierten Absätze ist, soweit im

folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher

Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und

vermindert um die gesetzlichen Abzüge (Abs. 3 Satz 1 der zitierten

Gesetzesstelle). Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht

Abs. 7 anzuwenden ist, die Bewertung für Zwecke der

Lohnsteuer ... (Satz 2 des zuletzt zitierten Absatzes). Der

Ermittlung des Nettoeinkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen

Betrieb sind 85 v.H. des Versicherungswertes (§ 23 BSVG) zugrunde zu

legen; Abs. 10 der zuletzt genannten Gesetzesstelle ist hiebei

jedoch nicht anzuwenden. Dieser Betrag, gerundet auf volle

Schilling, gilt als monatliches Nettoeinkommen aus einem

land(forst)wirtschaftlichen Betrieb (§ 149 Abs. 5). Wurde ... der

land(forst)wirtschaftliche Betrieb übergeben ..., so sind der

Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers ... ohne

Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen 21,6 v.H.

des zuletzt festgestellten Einheitswertes der

übergebenen ... land(forst)- wirtschaftlichen Flächen zugrunde zu

legen, sofern die ... Übergabe ... nicht mehr als 10 Jahre,

gerechnet vom Stichtag, zurückliegt. Ein Zwölftel des auf diese

Weise errechneten Betrages, gerundet auf volle Schilling, gilt als

monatliches Einkommen ... (§ 149 Abs. 7 GSVG in der nach Art. II

Abs. 3 7.GSVGNov. BGBl. 1982/648 idF BGBl. 1983/384 im vorliegenden Fall anzuwendenden, am 31. Dezember 1982 in Geltung gestandenen Fassung).

Der in der letztzitierten Gesetzesstelle verwendete Begriff des "zuletzt festgestellten Einheitswertes der übergebenen land(forst)wirtschaftlichen Flächen" ist im Sinne des Bewertungsgesetzes 1955 BGBl. 148 zu verstehen, wie das nunmehr insbesondere § 149 Abs. 10 GSVG iVm § 23 Abs. 2 und 4 BSVG deutlich macht. Nach § 19 dieses Gesetzes gelten die Werte, die nach den Vorschriften seines die Einheitsbewertung regelnden Ersten Abschnittes des Zweiten Teiles (Besondere Bewertungsvorschriften) für wirtschaftliche Einheiten (land- und forstwirtschaftliche Betriebe, gewerbliche Betriebe sowie Grundstücke und Gewerbeberechtigungen, die nicht zu einem gewerblichen Betrieb gehören) oder Untereinheiten (Grundstücke und Gewerbeberechtigungen, die zu einem gewerblichen Betrieb gehören) gesondert festgestellt werden, als Einheitswerte. Diese werden nach § 20 Abs. 1 Z 1 unter anderem für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und des Grundvermögens in Zeitabständen von je neun Jahren allgemein festgestellt (Hauptfeststellung), wobei die letzte Hauptfeststellung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zum 1. Jänner 1979 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1980, die letzte Hauptfeststellung des Grundvermögens zum 1. Jänner 1973 erfolgte. Die Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens wurden ab 1. Jänner 1983 um 5 v.H., die des Grundvermögens ab 1. Jänner 1977 um 10 v.H., ab 1. Jänner 1980 um 20 v.H. und ab 1. Jänner 1983 um 35 v.H. (jeweils gegenüber der Basis 1973) erhöht. Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört nach § 29 BewG unter anderem das landwirtschaftliche Vermögen, zu dem nach § 30 Abs. 1 alle Teile (insbesondere Grund und Boden, Gebäude, stehende und umlaufende Betriebsmittel, Nebenbetriebe und Sonderkulturen) einer wirtschaftlichen Einheit gehören, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb). Der den Vergleichswert übersteigende Teil des Wohnungswertes gemäß § 33 Abs. 2 BewG gilt jedoch nach dessen § 30 Abs. 2 nicht als Teil des landwirtschaftlichen Betriebes. Nach § 33 Abs. 1 ist Wohnungswert der Wert der Gebäude oder Gebäudeteile, die dem Betriebsinhaber, seinen Familienangehörigen, den Ausnehmern und den überwiegend im Haushalt des Betriebsinhabers beschäftigten Personen als Wohnung dienen. Er ist beim landwirtschaftlichen Vermögen und beim Weinbauvermögen bis zu einem, nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken ermittelten Wohnungswert von S 30.000,-- Bestandteil des Vergleichswertes (§ 39). Übersteigt er jedoch S 30.000,--, so ist der übersteigende Teil des Wohnungswertes nach § 33 Abs. 2 als sonstiges bebautes Grundstück (§ 54 Abs. 1 Z 5) dem Grundvermögen zuzurechnen. Das stellt eine Ausnahme von der Zurechnungsregel des § 52 Abs. 1 BewG dar, wonach Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört, nicht zum Grundvermögen zählt. Im Fall des § 33 Abs. 2 sind also zwei Einheitswerte festzustellen, einer für den landwirtschaftlichen Betrieb (sogenannter "A"-bewerteter landwirtschaftlicher Einheitswert) und ein weiterer für den den Vergleichswert übersteigenden Teil des Wohnungswertes, der nicht als Teil des landwirtschaftlichen Betriebes, sondern als sogenanntes "B"-bewertetes sonstiges bebautes Grundstück gilt.

Da aber auch in einem solchen Fall nur ein landwirtschaftlicher Betrieb übergeben wurde, also eine reine landwirtschaftliche Übergabe vorliegt, ist unter der dort genannten zeitlichen Voraussetzung nur Abs. 7 des § 149 GSVG, nicht aber auch dessen Abs. 3 Satz 2 anzuwenden (arg "soweit nicht Abs. 7 anzuwenden ist"; (so auch Radner-Steingruber-Windhager-Engl, Handbuch zum BSVG2 Anm. 10 zum gleichlautenden § 140 Abs. 3 BSVG; vgl. auch Fürböck-Teschner, SV der Bauern 17.ErgLfg. 373 zu den Voraussetzungen für die Pauschalierung nach der Praxis der SVA der Bauern.)).In einem solchen - auch diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden - Fall sind der Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers nach § 149 Abs. 7 GSVG daher ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der bei der Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes ausbedungenen Leistungen 21,6 v.H. des zuletzt festgestellten Einheitswertes der übergebenen landwirtschaftlichen Flächen zugrunde zu legen, nicht aber auch des Einheitswertes des den Vergleichswert übersteigenden Wohnungswertes.

§ 149 Abs. 3 Satz 2 ist daher bei der Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebes nur insoweit anzuwenden, als die Übergabe mehr als 10 Jahre, gerechnet vom Stichtag, zurückliegt, oder soweit auch Sachleistungen zu bewerten sind, die in keinem Zusammenhang mit dem übergebenen landwirtschaftlichen Betrieb stehen, z.B. für die Übergabe eines gewerblichen Betriebes ausbedungene Leistungen (sogenannte gemischte Übergabe). Der Kläger wendet sich daher zu Recht dagegen, daß bei der Feststellung der Ausgleichszulage für das Jahr 1986 neben dem ihm und seiner Ehegattin wegen der Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des § 149 Abs. 7 GSVG angerechneten Übergabspauschales in der nicht bekämpften Höhe von je (?) S 226,-- noch unter Berufung auf Abs. 3 der zitierten Gesetzesstelle mit S 520,-- und S 438,40, zusammen also mit S 958,40 bewertete Sachbezüge berücksichtigt wurden.

Die für das Jahr 1986 gebührende monatliche Ausgleichszulage beträgt daher nicht S 506,90, sondern S 1.465,30.

Der Revision war daher Folge zu geben und das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern, wobei entsprechend dem auch in der Revision gestellten Antrag die beklagte Partei nur zur Nachzahlung des Differenzbetrages zu verurteilen war. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. a und Abs. 2 ASGG (Bemessungsgrundlage S 30.000,--).

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