OGH 5Ob568/88

OGH5Ob568/8827.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*** Einrichtungswerkstätten GesmbH, Triesterstraße 179, 8073 Feldkirchen, vertreten durch Dr. Horst Spuller, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Andreas DAX, Angestellter, und

2. Aloisia DAX, im Haushalt tätig, beide Gartengasse 13, 8141 Unterpremstätten, und vertreten durch Dr. Richard Kaan, Dr. Helmut Cronenberg, Dr. Hans Radl und Dr. Stephan Moser, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 17.981,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 22. März 1988, GZ 27 R 35/88-53, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Oktober 1987, GZ 7 C 44/86-43, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Beklagten beauftragten die klagende Partei nach ersten Gesprächen über die Möblierung des Hauses der Beklagten im Zuge der Grazer Herbstmesse zunächst am 13. September 1983 mit der Herstellung und Lieferung von Einrichtungsgegenständen für das Kinderzimmer, das Speisezimmer und einen Wohnraum. Die Farbauswahl für die Wohnraummöbel in "Esche blau gebeizt" trafen die Beklagten, die nicht auf die Möglichkeit einer Farbveränderung unter Lichteinfluß hingewiesen worden waren, nach einem von der klagenden Partei beigestellten Muster. Erst aus Anlaß der Lieferung wurde den Beklagten geraten, bei Sonnenschein die Jalousien herunterzuziehen, weil die Möbel in der Farbe heikel seien und sich verfärben könnten. Die Rechnung über die erste Lieferung vom 28. Dezember 1983 wurde bis zum 10. Feber 1984 bezahlt. Am 1. März 1984 beauftragten die Beklagten die klagende Partei mit der Herstellung und Lieferung eines Schiebetürenschrankes und eines Heizungs- und Wohnzimmerverbaues in "Esche natur aufgehellt" um S 57.550,--. Weiters bestellten die Beklagten noch Sockelleisten, Karniesen und Handläufe. Die Beklagten bezahlten S 20.000,-- am 9. März 1984 und S 30.000,-- am 12. Juli 1984, nicht aber die weitere Forderung der klagenden Partei von S 18.504,--.

Ab Juli 1984 rügten die Beklagten inzwischen aufgetretene Farbveränderungen an den blau gebeizten Möbeln. Trotz Zusage, sich um die Sache zu kümmern, geschah seitens der klagenden Partei nichts. Der Wohnzimmerschrank war in Fensternähe stärker, sonst schwächer in Richtung dunkel- bzw. olivgrün verfärbt. Er unterschied sich in der Farbe deutlich von den weiteren Einrichtungsgegenständen laut Rechnung vom 12. Juni 1984. Mängel an der Karniesenblende, einem Handlauf und den Sesselleisten wurden vor dem 10. August 1984 gerügt. 17 Laufmeter Sesselleisten lieferte die klagende Partei am 4. Dezember 1984 nach.

Die Behebung der Farbveränderungen ist nur durch Abschleifen, neuerliches Beizen und Lackieren der gesamten Wohnzimmereinrichtung behebbar, wodurch die Farbveränderung und Abweichung zwar nicht völlig beseitigt werden kann, aber nur mehr bei genauer Betrachtung erkennbar ist. Der damit verbundene Aufwand beträgt S 18.000,--. In dem farbveränderten Zustand hat der Wohnzimmerschrank einen Minderwert von 20 % des Neuwertes von S 95.282,64. Weitere Mängel lagen an den Eschensesselleisten, der Karniese und an einem Handlauf vor.

Die klagende Partei verwendete eine Beize der "A***-Werk Lackfabrik", die in einem Merkblatt darauf verwies, daß es sich um neuartige, wässrige Beizkonzentrate für Hölzer wie Eiche, Esche ..... handle, die ausgezeichnete Lichtechtheit und Säurebeständigkeit zeigten. Ein besseres Produkt gab es damals nicht auf dem Markt. Die klagende Partei hat sich an die Verarbeitungsrichtlinien des Beizenherstellers gehalten. Eschenholz besitzt aber die Neigung zum Vergilben. Mit blauer Beizfarbe verbunden treten je nach Dauer und Intensität von Lichteinfall Farbveränderungen am Eschenholz in Richtung zu grüner Farbe auf. Blau ist die ungünstigste Farbe zum Beizen. Ein Vergilben des Holzes kann durch Lackierung nicht verhindert sondern nur verzögert werden. Die klagende Partei erhob am 27. Feber 1985 gegen die Beklagten als Gesamtschuldner die Klage auf Zahlung des unberichtigt gebliebenen Restbetrages von S 18.504,-- sA für von der klagenden Partei im Rahmen ihres Tischlereibetriebes erbrachte Werkleistungen. Die Vergilbung an den blau gebeizten Möbelstücken sei schon ab April 1984 aufgetreten. Diese Farbveränderungen seien auch für die klagende Partei nicht voraussehbar gewesen. Der Hersteller habe die Beize für alle Holzarten empfohlen. Die Lichtechtheit der von den Beklagten nach einem Muster ausgesuchten Farbe sei nicht gewährleistet worden und könne auch nicht garantiert werden. Die Beklagten seien auf die Empfindlichkeit der Möbel aufmerksam gemacht worden.

Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens und wendeten aufrechnungsweise ihre Gegenforderung von S 130.000,-- aus der Rückabwicklung nach Wandlung ein. Die Werkleistungen der klagenden Partei seien mangelhaft erbracht; ihre Verbesserungszusage habe sie nicht eingehalten. Es liege ein einheitlicher Werkauftrag vor, die Lieferungen seien erst im Dezember 1984 mit dem Austausch der Sockelleisten beendet gewesen. Die Gewährleistungsfrist habe erst im Dezember 1984 begonnen und die Beklagten hätten zufolge Wandlung Anspruch auf Rückerstattung von S 130.000,--, zumindest aber auf Leistung eines Preisminderungsbetrages oder auf Ersatz des Behebungsaufwandes und auf Schadenersatz wegen Verletzung der Warnpflicht durch die klagende Werkunternehmerin. Sie seien auf die Gefahr der Farbveränderungen nicht rechtzeitig aufmerksam gemacht worden. Für die unbrauchbar gewordenen Möbel in "Esche blau gebeizt" hätten die Beklagten an die klagende Partei S 106.945,-- Werklohn bezahlt.

Das Erstgericht entschied, nachdem es im ersten Rechtsgang das Klagebegehren abgewiesen hatte, im zweiten Rechtsgang, daß die eingeklagte Forderung mit S 17.981,-- zu Recht bestehe, nicht aber die eingewendete Gegenforderung der Beklagten und daß diese daher an die klagende Partei S 17.981,-- sA zu bezahlen hätten. Die Abweisung des Mehrbegehrens blieb unangefochten. Das Erstgericht stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und meinte bei der rechtlichen Beurteilung, trotz getrennter Auftragserteilung liege in Wahrheit eine einheitliche Beauftragung mit der Herstellung der Einrichtung für das Haus der Beklagten vor. Die erste Lieferung sei zur Gänze bezahlt (S 274.285,--). Die Einwendungen und Einreden der Beklagten könnten keinen Erfolg haben. Die Farbveränderungen stellten nur eine optische Beeinträchtigung aber keinen Funktionsmangel dar. Ausdrücklich bedungene Eigenschaften seien nicht vereinbart. Ein Vertragsrücktritt sei nicht begründet. Auch wenn ein sorgfältiger tätiger Unternehmer zu einer eher zweckentsprechenden Ausführung des Werkes geraten hätte, komme eine Warnpflichtverletzung des Unternehmers nicht in Betracht, weil die Besteller keinen Stoff beigestellt und auch keine unrichtigen Anweisungen erteilt hätten. Die festgestellten anderen Mängel führten zur Preisminderung von S 523,--.

Das nun von den Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte das Urteil der ersten Instanz insoweit ab, als es die Gegenforderung der Beklagten bis zum Betrag von S 17.981,-- als zu Recht bestehend erkannte und daher das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei, stellte nach Beweisergänzung noch fest, daß die Beklagten im Dezember 1983 von Ronald F*** darauf hingewiesen wurden, daß die Möbel in ihrer Farbe heikel sind und sich verfärben könnten, weshalb die Beklagten schauen sollten, daß die Jalousien herunter gezogen sind, wenn die Sonne kommt, und legte sonst die Feststellungen des Erstgerichtes seiner Entscheidung zugrunde. Wandlungsansprüche aus dem ersten Auftrag hätten gerichtlich mit Klage geltend gemacht werden müssen, weil dieser gesonderte Vertrag von beiden Seiten erfüllt worden war. Es liege aber doch eine Verletzung der Warnpflicht des Unternehmers vor, weil das Werk infolge ihm erkennbarer Umstände mißlang und das die Schadenersatzverpflichtung begründende Verschulden darin lag, daß die als Tischlereiunternehmer auftretende klagende Partei für die von einem auf dem Gebiete sachverständigen Fachmann zu erwartende Sorgfalt einzustehen und die vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten einzusetzen hat. Die klagende Partei hatte die erforderlichen Kenntnisse und wies die Beklagten bei der Ablieferung der Möbel aus dem ersten Auftrag darauf hin, daß sie sich verfärben könnten. Das von ihr hergestellte Werk sei daher wegen Unterlassung der rechtzeitigen Warnung - nur eine Verletzung der Warnpflicht nach § 1168 a 3. Satz ABGB sei im Aufhebungsbeschluß mangels Vorliegens der Voraussetzungen verneint worden - mißlungen. Die klagende Partei habe den Beklagten den Schaden zu ersetzen, der sich aus dem mit S 18.000,-- festgestellten Aufwand für die Behebung der Mängel ergebe. Diese Forderung sei von den Beklagten unter anderem als Gegenforderung geltend gemacht worden.

Gegen dieses abändernde Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die klagende Partei mit ihrer zugelassenen Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung nach "§ 503 Z 4 ZPO". Es liege kein Verschulden der klagenden Partei vor, denn sie habe nur auf ihrem Fachgebiet die entsprechenden Kenntnisse aufzuweisen, nicht aber als Tischlereiunternehmen entgegen den Zusicherungen des Herstellers Kenntnisse bei der Herstellung von Lacken oder Farbbeizen aufzuweisen. Der vom Berufungsgericht festgestellte Hinweis darauf, daß die Möbel heikel und vor Sonne zu schützen seien, müsse als Rat verstanden werden, farbige Gegenstände nicht dem Sonnenlicht auszusetzen. Die klagende Partei habe dem Prospekt des Erzeugers der Farbbeize und der angekündigten ausgezeichneten Lichtechtheit vertraut und keinen Verdacht gehabt, die Beize könne ungeeignet sein. Sie habe daher nicht schuldhaft eine Warnpflicht verletzt.

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig, weil sich den Ausführungen der klagenden Partei nicht entnehmen läßt, inwieweit das Urteil des Berufungsgerichtes auf der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts beruht, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt. Übersteigt der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht S 300.000,-- (hier S 17.981,--), so kann die Revision nach § 503 Abs 2 ZPO nur aus diesem gegenüber dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO von weiteren Voraussetzungen abhängigen Rechtsmittelgrund begehrt werden. Ganz allgemein ist für das Bestehen einer Warnpflicht, deren Verletzung schon nach den schadenersatzrechtlichen Grundsätzen zur Haftung führt, entscheidend, ob ein Schutzbedürfnis des Vertragspartners vorliegt. Eine Aufklärungspflicht wird anzunehmen sein, wenn ein Vertragsteil wegen seiner überlegenen Fachkenntnisse zugleich als Berater des anderen Teils auftritt. Er muß dann den nicht sachkundigen Teil auch über solche Umstände aufklären, deren Bedeutung dieser mangels Fachwissens nicht erkennt, deren Kenntnis aber für die Entscheidung zum Vertragsabschluß von maßgeblichem Einfluß sein muß (SZ 43/220; SZ 55/51; RdW 1985, 370 ua). Der Unternehmer hat den Besteller auch vor den mit der Verwendung neuer Baustoffe verbundenen Risken zu warnen (WBl 1987, 120). Daß zur Sachkunde eines Tischlereiunternehmers, der die Herstellung fertiger mit Farbbeize eingelassener Einrichtungsgegenstände übernimmt, auch das Wissen um die Gefahr der Farbveränderungen von Eschenholz und die Verfärbung blauer Beizfarbe zählen muß, versteht sich von selbst. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung im Rahmen der bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Schadenersatzpflicht des Unternehmers bei schuldhafter Unterlassung der Warnung des nicht fachkundigen Bestellers vor bei der gewünschten Herstellung nicht auszuschließenden Gefahren gehalten. Ob aber im Einzelfall das Unterbleiben der Aufklärung über den bei vorauszusetzender Sachkunde erkennbaren

Umstand - Wohnungseinrichtungsgegenstände pflegen im allgemeinen nicht mit besonderen Vorrichtungen vor Lichteinfall geschützt zu werden - eine schuldhafte haftungsbegründende Warnpflichtverletzung darstellt, kann wegen der Kasuistik der Fallgestaltung keine allgemein bedeutsame Frage des materiellen Rechts abgeben, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Nur unter dieser Voraussetzung wäre aber die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig. Die vom Berufungsgericht als Begründung für die Zulässigkeit der Revision angeführte ausstehende Klärung der Frage nach der Art der gerichtlichen Geltendmachung von Irrtums- und Wandlungsansprüchen durch Kompensandoeinrede wird in der Revision gar nicht aufgeworfen. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Da die Beklagten auf diese Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen haben, ist ihre Revisionsbeantwortung, mit der sie nur sachlich der Revision entgegentraten, zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig. Sie haben deshalb nach § 41 ZPO iVm § 50 ZPO keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens.

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