OGH 2Ob81/88

OGH2Ob81/8827.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Josef S***, Arbeiter, 2) Elfriede S***, Hausfrau, beide

wohnhaft in 4870 Vöcklamarkt, Sonnleiten 10, beide vertreten durch Dr. Rupert Stüger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wider die beklagten Parteien 1) Ingrid N***, Hausfrau, 2) Johann L***, Angestellter, beide wohnhaft in 4870 Vöcklamarkt, Haid 9,

3) I*** UNFALL- UND S***

Aktiengesellschaft, 1031 Wien, Ghegastraße 3, alle vertreten durch Dr. Friedrich Lorenz, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen restlich S 316.304,- s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22. Dezember 1987, GZ 4 R 155/87-37, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 17. März 1987, GZ 8 Cg 25/86-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit S 12.919,50 (darin keine Barauslagen und S 1.174,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte verschuldete am 10. August 1984 auf der Redleitner-Bezirksstraße im Bereich der Ortschaft Mörasing mit dem Fahrzeug des Zweitbeklagten, das bei der Drittbeklagten haftpflichtversichert war, einen Verkehrsunfall, bei dem die am 13. Jänner 1974 geborene Michaela S***, Tochter der Kläger, schwer verletzt wurde. Mit rechtswirksamem Vergleich vom 17. April 1985 zu 8 Cg 29/85 des Kreisgerichtes Wels wurde festgestellt, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig sind, den Klägern für alle künftigen Schäden hinsichtlich aller Mehraufwendungen in bezug auf die eheliche Tochter Michaela S*** aus Anlaß des Unfalles vom 10. August 1984 zu haften, wobei die Haftung der Drittbeklagten auf die Versicherungssumme eingeschränkt ist.

Mit der am 24. Jänner 1986 beim Kreisgericht Wels eingelangten Klage begehrten die Kläger von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Bezahlung eines Betrages von S 607.696,- s.A. Die Kläger seien gezwungen gewesen, ihr Einfamilienhaus rollstuhlgerecht umzubauen. Der von der Drittbeklagten beauftragte Bausachverständige habe die Umbaukosten mit dem vorgenannten Betrag errechnet. Tatsächlich sei der Umbau wesentlich teurer, daher werde die Ausdehnung des Klagebegehrens vorbehalten.

Die Beklagten stellten in ihrer Klagebeantwortung den Antrag, das Klagebegehren abzuweisen. Das Haus der Kläger befinde sich in wesentlichen Bereichen immer noch im Rohbau. Die Kläger hätten unzweckmäßig Lösungsvorschläge angeboten, die auch eine wesentliche Verbesserung der Lebens- und Wohnqualität mit sich brächten. Es bestehe nur eine Verpflichtung der Beklagten, einen rollstuhlgerechten Umbau des Hauses der Kläger zu bezahlen, eingegrenzt durch die Schadensminderungspflicht, und auf der Basis derjenigen Zustände, die zum Unfallszeitpunkt im Haus vorhanden gewesen seien. Jede Verbesserung dieses Zustandes müßten sich die Kläger als Wertverbesserung anrechnen lassen. Nach Einholung eines Gutachtens eines Bausachverständigen durch die Drittbeklagte hätten die Beklagten den aus diesem Gutachten resultierenden Betrag von S 607.696,- bereits an den Klagevertreter zur Überweisung gebracht. Die Kläger dürften nicht nur irgendwelche Kostenvoranschläge einholen und einen Umbau nach ihren Vorstellungen durchführen lassen, sondern sie hätten die billigste und am wenigsten aufwendige Umbaumethode anzuwenden, die einem notwendigen rollstuhlgerechten Umbau dieses Hauses entsprechen. Dabei sei immer von der Wohn- und Lebensqualität der Kläger zum Unfallszeitpunkt auszugehen. Hierauf schränkten die Kläger ihr Begehren um den bezahlten Betrag von S 607.696,- ein, dehnten das Klagebegehren aber gleichzeitig um weitere S 366.556,02 s.A. auf diesen Betrag aus. Sie hätten vor Baubeginn Kostenvoranschläge eingeholt, aus denen sich ein Aufwand von insgesamt S 1,304.725,94 ergeben habe. Der Umbau habe tatsächlich begonnen, der bisherige Aufwand von S 724.252,02 ergebe sich aus einem Materialeinsatz von S 569.952,02 und aus einem Entgelt für Eigenleistungen bzw. Robotdienste (S 100,- pro Stunde) von S 154.400,-. Abzüglich der vorgenannten Teilzahlung verbleibe ein offener Restbetrag von S 116.556,02. Die Umbauarbeiten seien noch nicht abgeschlossen. Es seien noch die Stufen beim Hauseingang zu entfernen, das Bad im Kellergeschoß zu montieren, das Kinderzimmer im Keller auszubauen, eine Garage bezüglich des Oberbaues zur Gänze anzufertigen, der Fitnessraum einzurichten, die Außenfassade beim umgebauten Bad und bei der umgebauten Garage anzubringen sowie die Holzdecken anzufertigen. Der Aufwand hiefür betrage noch mindestens S 250.000,-.

Die Beklagten bestritten und brachten schließlich noch ergänzend vor, daß auf Grund der Familiensituation der Kläger zum Unfallszeitpunkt, nämlich zwei Erwachsene und drei Kinder, wobei zwei Kinder in je einem Kinderzimmer gewohnt hätten und ein Kind im elterlichen Schlafzimmer, unter Berücksichtigung einer normalen Familienentwicklung und eines normalen Raumangebotes der Ausbau eines weiteren Kinderzimmers zwingend notwendig gewesen wäre. Das Erstgericht sprach den Klägern S 316.304,- s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 50.252,05 s.A. ab, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Die minderjährige Michaela S***, Tochter der Kläger, erlitt durch den gegenständlichen Unfall vom 10. August 1984 zahlreiche schwere und schwerste Verletzungen, die eine komplette Querschnittlähmung (in Höhe des 5. Brustwirbelsegments) als Dauerfolge nach sich zogen. Es besteht auch eine bleibende Blasen- und Mastdarlähmung. Eine Besserung dieser Lähmungserscheinungen wird nicht mehr eintreten. Sie kann sich nur mit dem Rollstuhl fortbewegen. Zur Unfallszeit bestand die Familie der Kläger aus folgenden Personen: Den Eltern Josef und Elfriede S***, deren Kindern Monika (7 Jahre alt), Heidi (2 Jahre alt) und der am 13. Jänner 1976 geborenen Michaela. Nach dem Unfall, nämlich am 11. März 1986, wurde das vierte Kind Josef geboren. Die Familie S*** bewohnt seit 1979 das neu erbaute Haus in 4870 Vöcklamarkt, Sonnleiten 10. Dieses Haus wurde im Jahr 1977 zu bauen begonnen. Hinsichtlich des Baubestandes dieses Hauses zur Unfallszeit verwies das Erstgericht auf die Bestandpläne in Beil./1. Das Wohnhaus bestand zur Unfallszeit aus einem Untergeschoß, das an der Südwestseite vollkommen frei liegt, dem Erdgeschoß und in einem nicht ausbaufähigen Dachboden. Der Hauszugang erfolgt an der Nordostseite in das Erdgeschoß von der Straße aus über eine Anrampung. Das Haus steht auf einem leicht nach Südwesten fallenden Grundstück. Das Erdgeschoß besteht aus: Hauseingang mit Windfang, Diele, WC, Abstellraum und einem an der Nordwestecke gelegenen kleinen Kinderzimmer. Anschließend in Richtung Osten ist das Wohnzimmer und an der Südostecke das Elternschlafzimmer untergebracht. In Richtung Süden befindet sich die Küche mit dem Eßplatz und einem Balkon. In Richtung Norden ist ein zweites Kinderzimmer, an der Straßenseite das Bad und die Garage angeordnet. Das Bad, die Garage, das Kinder- und Elternschlafzimmer werden über einen Zwischenflur aufgeschlossen. Das Haus war zur Unfallszeit im wesentlichen fertiggestellt, außen verputzt, Rasen und Pflasterungen angelegt. Alle Anschlüsse waren vorhanden. Von den Innenräumen waren im Erdgeschoß - mit Ausnahme der Diele - alle Räume fertiggestellt und wohnlich eingerichtet. Es waren in allen diesen Räumen die Böden verlegt, das Bad verfliest und alle Türen vorhanden. In der Diele war nur der Estrich verlegt. An der Stiege waren die Stufen nur roh betoniert. Das Untergeschoß war nur im Rohzustand erstellt und es fehlten zum Teil die Zwischenwände. Es gab keine Türen. Am Boden befand sich eine betonierte Bodenplatte. Die Garage war fertiggestellt. Bis zum Unfall schlief die minderjährige Michaela im Kinderzimmer (6,92 m2), die minderjährige Monika in dem Raum, der im Bestandplan mit "Arbeitsraum" (7,26 m2) bezeichnet ist, die minderjährige Heidi im Schlafzimmer (16,5 m2) bei den Eltern. Es waren nun verschiedene Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen im Erdgeschoß und eine Deckung des erhöhten Raumbedarfes (auch Kellergeschoß) zur Eingliederung der nunmehr behinderten minderjährigen Michaela in den Familienverband notwendig (Phase 1). Die Innen- und Außenanlagen entsprechen vielfach nicht den Anforderungen für einen Rollstuhl. So war der Zugang zur Wohnung im Erdgeschoß nicht entsprechend, der Vorplatz vor der Haustür zu klein und mit zwei Stufen versehen. Die Rampe zum Garagentor war zu steil und konnte auch nicht verändert werden. Es fehlte eine Verhaltefläche. Die Garage war zu schmal. Im Windfang, in Speisekammer und WC fehlten vor den Türen die entsprechenden Bewegungsflächen. Das WC war für die Benützung durch das behinderte Kind nicht geeignet. Im Bad entsprachen Waschtisch, Installation und Ausstattung nicht den Anforderungen. Diese Umbaumaßnahmen waren im Zuge des Verfahrens erster Instanz schon im Gange, jedoch nur zum Teil abgeschlossen. Die erforderlichen Umbaumaßnahmen für diese derzeit notwendige Phase 1 (Phase 2 betrifft den Umbau für eine behindertengerechte, selbständige Haushaltsführung betreffend das gesamte Gebäude inklusive Kellergeschoß) erfordern folgende notwendige Umbaukosten:

A) Garage, Vorplatz S 122.833,-

B) Hauseingang, Vorraum, Diele S 102.275,-

C) Bad, WC, Erdgeschoß S 138.595,-

D) Aufenthalts- u. Fittnessraum S 19.500,-

E) Adaptierung Kellergeschoß S 295.869,-

F) restliche Kellerräume S ---------

G) bestehende Garage, Provisorium S 81.449,-

H) Einbaumöbel, Türen S 34.000,-

S 794.521,-

zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer S 158.904,20

Gesamtkosten rund S 953.000,-

Erforderlich ist der Bau einer neuen Garage mit elektrisch betriebenem Kipptor und eine Asphaltierung des Vorplatzes, die Schaffung eines neuen rollstuhlgerechten Hauseinganges an der Nordwestecke mit Garage und Haus, der Umbau des Windfanges in eine Speisekammer und des nordwestlichen Kinderzimmers in einen Windfang, Vergrößerung der Tür ins Bad, Vergrößerung des Bades, Einbau eines WCs ins Bad, Umfunktionierung des Elternschlafzimmers als Aufenthalts- und Schlafraum für die minderjährige Michaela, Umbau des angrenzenden Kinderzimmers in einen Fitnessraum für die minderjährige Michaela, Schaffung von Ersatzaufenthaltsräumen im Kellergeschoß, nämlich eines Bades und eines WCs, eines Elternschlafzimmers auch zur Verwendung für das Kind Heidi, eines Kinderzimmers für die minderjährige Monika, weil im Erdgeschoß ein Kinderzimmer für die Neuschaffung des Hauseinganges wegfällt, eines Kinderzimmers, das für den Fitnessraum wegfällt, und des Elternschlafzimmers für den Aufenthalt und Schlafraum der minderjährigen Michaela, Schaffung von Bad und WC im Bereich der Schlaf- und Aufenthaltsräume im Kellergeschoß, da eine Benützung des Bades im Erdgeschoß wegen der zu großen Entfernung und der langen "Besetztzeiten" nicht zumutbar ist, provisorische Ausstattung der bestehenden Garage als Hauseingang bis zur Fertigstellung des neuen Hauseinganges nordwestseitig, nämlich Toraustausch, elektrischer Antrieb, Notstromaggregat, Ausstattung des Aufenthaltsraumes der minderjährigen Michaela mit einem behindertengerechten Kleiderschrank sowie ausreichenden Stauräumen, Versehen der Innentüren im Erdgeschoß mit Alustoßleisten gegen Beschädigung durch den Rollstuhl. Allerdings war die Adaptierung der Kellerstiege ohnehin notwendig und wäre von der Baubehörde die Errichtung eines Geländers vorgeschrieben worden. Auch die Verlegung eines Bodenbelages auf den Stufen samt Sockelleisten wäre notwendig gewesen, weshalb ein Betrag von S 29.000,- aus der Gesamtsumme der Adaptierungskosten für das Kellergeschoß herauszufallen hat, sodaß die gesamten Umbaukosten - um diesen Betrag vermindert - S 924.000,-

betragen. Vor dem Unfall war von den Klägern beabsichtigt, daß sich die Kinder - wenn sie größer sind - im Untergeschoß in jenem Raum, der im Bestandplan mit "Zimmer" (25,91 m2) bezeichnet ist, einen Aufenthaltsraum einrichten. Ohne den gegenständlichen Unfall wären die übrigen Räume im Keller als Lageraum genützt worden. Die Umgestaltung der alten Garage, insbesondere durch den Einbau eines elektrischen Kipptores, Installation eines Notstromaggregates und Herstellung einer feuerhemmenden Verbindungstür zum Stiegenhaus war zur Befriedigung der anstehenden Bedürfnisse der minderjährigen Michaela notwendig, weil sie ansonsten die Wohnräume bis zur Fertigstellung des Hauseinganges (bis Schluß der Verhandlung erster Instanz noch nicht erfolgt) ohne fremde Hilfe nicht hätte erreichen können. Das Notstromaggregat in diesem Raum behält seine Funktion auch weiterhin.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß im vorliegenden Fall den Klägern als den Eltern der unfallsbedingt behinderten Tochter Michaela ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des rollstuhlgerechten Umbaues ihres Einfamilienhauses, also der unfallsbedingten Vermehrung der Bedürfnisse der Verletzten, zustehe. Bei den von den Klägern für die gesetzten Baumaßnahmen angesprochenen Beträgen handle es sich um Ausgaben, die dadurch entstanden seien, daß für die minderjährige Michaela infolge der unfallsbedingten Körperverletzung neue Bedürfnisse und dadurch Ausgaben entstünden. Es sei gerechtfertigt, die Aufwendungen zur Adaptierung der Räume bzw. Schaffung von Ersatzräumen für die übrigen Familienmitglieder den vermehrten Bedürfnissen zuzuzählen. In diesem Sinne stehe den Klägern der Ersatz der Aufwendungen von S 924.000,- zu. Hievon werde umfaßt der rollstuhlgerechte Umbau des Wohnhauses unter Berücksichtigung der Pflege und Wartung des Kindes Michaela im Familienverband, insbesondere die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen im Erdgeschoß und die Deckung des erhöhten Raumbedarfes unter Berücksichtigung nur derjenigen Zustände, die im Unfallszeitpunkt im Elternhaus vorhanden gewesen seien, somit der Wohn- und Lebensqualität zum Unfallszeitpunkt. Hiebei stünden auch die Kosten für die Neuanschaffung eines Kinderzimmers im Untergeschoß zu. Durch den erhöhten Raumbedarf im Erdgeschoß, insbesondere für die Schaffung eines neuen Hauseinganges, eines Fitnessraumes, eines Aufenthalts- und Schlafraumes für die minderjährige Michaela sei von den zwei im Erdgeschoß vorhandenen Kinderzimmern eines verloren gegangen, wofür im Untergeschoß Ersatz geschaffen habe werden müssen. Hiedurch trete in der Wohn- und Lebensqualität im Haus in bezug auf die Anzahl der vorhandenen Kinderzimmer keine Änderung ein. Vor dem Unfall hätten zwei Kinderzimmer im Erdgeschoß bestanden, nun bestünde ein Kinderzimmer im Erdgeschoß und ein Kinderzimmer im Untergeschoß. Nach Abzug der (Teil-)Zahlung der Drittbeklagten stünde den Klägern noch der Restbetrag von S 316.304,- zu.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Kläger beantragen in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagten führen aus, unter Zugrundelegung des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhaltes sei davon auszugehen, daß der rollstuhlgerechte Umbau des gegenständlichen Wohnhauses eine erhebliche und daher nicht zu vernachlässigende Wertverbesserung für die Kläger darstelle. Sowohl in der Klagebeantwortung, als auch im Rahmen der letzten mündlichen Streitverhandlung vor dem Erstgericht hätten die Beklagten auf diese Wertverbesserung hingewiesen, ein dementsprechendes Sachvorbringen erstattet und auch dementsprechend kausale Fragen an den Sachverständigen Dipl.Ing. S*** gerichtet. Als Basis für die Vorteilsanrechnung und die damit in Zusammenhang stehende Wertverbesserung sei der Zustand des gegenständlichen Wohnhauses zum Unfallszeitpunkt heranzuziehen. Ebenfalls als Basis für diese Beurteilungen müsse die Familiensituation, wie sie sich zum Unfallszeitpunkt präsentiert habe, herangezogen werden. Unter Berücksichtigung all dieser Prämissen ergebe sich jedoch einerseits, daß aufgrund des äußerst aufwendigen rollstuhlgerechten Umbaues des gegenständlichen Wohnhauses für die Kläger eine wesentliche Wertsteigerung des gesamten Bauobjektes gegeben sei. Im Falle eines Verkaufes dieses Wohnhauses würden die Kläger einen wesentlich höheren Kaufpreis erzielen, als wenn sie das gegenständliche Wohnhaus zum Unfallszeitpunkt verkauft hätten. Einerseits seien durch den aufwendigen Umbau und Ausbau vollkommen neue Räumlichkeiten geschaffen worden, das Kellergeschoß, das auch aufgrund der Hanglage des Hauses als Erdgeschoß verwendet werden könne, da ja ein direkter Ausgang zum Garten gegeben sei, sei vollkommen neu aus- bzw. umgebaut worden. Unter Berücksichtigung der Familiensituation zum Unfallszeitpunkt hätte man bei normaler Entwicklung der Familie in Zukunft mit Sicherheit einen Ausbau bzw. Umbau des gegenständlichen Wohnhauses vornehmen müssen. Ein derartiger Umbau sei ja bereits vor dem gegenständlichen Unfall von den Klägern insofern geplant gewesen, als sie ja schon im Einreichplan des gegenständlichen Wohnhauses Räumlichkeiten, die zum Unfallszeitpunkt als Keller und Abstellraum genutzt waren, als Wohnraum ausgewiesen hätten. Es sei auch ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß der gegenständliche Keller ja als Erdgeschoß in Zukunft von den Klägern hätte verwendet werden sollen, da der Keller aufgrund der Hanglage des Hauses auch als Erdgeschoß aufgrund des direkten Zuganges zum Garten verwendet werden könne. Auch seien nicht Kellerfenster, sondern normale Fenster eines Wohnraumes sowie eine große Glastür installiert worden, wobei aus diesen gesamten Baulichkeiten das künftige Bauvorhaben, nämlich Adaptierung dieser Räumlichkeiten zu Wohnräumen, zu ersehen gewesen sei. Aufgrund dieser Tatsachen sei daher davon auszugehen, daß der ohnehin zwingend notwendig gewordene Hausumbau durch den gegenständlichen Verkehrsunfall nur sozusagen "vorweggenommen" wurde. Die Kläger hätten sich daher diesen Vorteil einrechnen zu lassen, ebenso auch die erhebliche Wertsteigerung des Bauobjektes.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach ständiger Judikatur sind anrechenbare Vorteile nicht von Amts wegen wahrzunehmen. Die Behauptungs- und Beweislast für einen anzurechnenden Vorteil trägt der Ersatzpflichtige (ZVR 1972/34; SZ 52/84; Reischauer in Rummel II, Rdz 8 zu § 1312 ABGB). Demnach hat der Schädiger im Verfahren erster Instanz konkret die Umstände zu behaupten, die einen Vorteilsausgleich rechtfertigen (vgl. JBl. 1959, 156 uza). Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, sind die Beklagten schon dieser Behauptungspflicht nicht nachgekommen. Weder die allgemein gehaltenen Ausführungen in der Klagebeantwortung noch die in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 1986 vom Beklagtenvertreter an den Sachverständigen gestellten Fragen hinsichtlich der mit den erforderlichen Investitionen verbundenen Wertsteigerungen des Objektes vermögen ein Parteivorbringen in der Richtung, daß bei der Schadensermittlung ein bestimmter Betrag unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sei, zu ersetzen (vgl. ZVR 1973/7 ua). Zutreffend ist daher das Berufungsgericht auf die Frage eines Vorteilsausgleiches nicht eingegangen.

Die Beklagten führen weiters aus, daß der im "Bestandplan" mit "Zimmer" ausgewiesene Raum in der Größe von 25,91 m2 in der Zukunft als Zimmer und nicht als Keller oder Abstellraum vorgesehen war. Die Kläger hätten daher bereits zum Zeitpunkt der Einreichung des gegenständlichen "Bestandplanes" vorgehabt, hier ein Zimmer zu schaffen. Den Argumenten des Berufungsgerichtes, daß dieses Zimmer einen Aufenthaltsraum darstellen sollte und dieser Aufenthaltsraum erst dann installiert werden sollte, wenn die Kinder über ein eigenes Einkommen verfügen, könne nicht beigepflichtet werden. Richtig wäre vielmehr, diesen Sachverhalt dahingehend rechtlich zu würdigen, daß die Kläger ohnehin vorgehabt hätten, diesen Raum "als Zimmer", d.h. als Wohnraum zu adaptieren, wie dies ja durch den gegenständliche Umbau geschehen sei. Es sei nicht einzusehen, wieso dieser Raum erst durch das Einkommen der Kinder hätte geschaffen werden sollen. In Anbetracht der Familiensituation wäre es vielmehr zwingend notwendig gewesen, einen derartigen Raum zu schaffen. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes war vor dem Unfall von den Klägerin beabsichtigt, daß sich die Kinder - wenn sie größer sind - im Untergeschoß in jenem Raum, der im Bestandplan mit "Zimmer" (25,91 m2) bezeichnet ist, einen Aufenthaltsraum einrichten. Ohne den gegenständlichen Unfall wären die übrigen Räume im Keller als Lagerraum genützt worden. Soweit die Beklagten daher davon ausgehen, daß die Kläger bereits zum Zeitpunkt der Einreichung des "Bestandplanes" vorgehabt hätten, hier ein Zimmer, nicht aber einen Keller- oder Abstellraum zu erhalten, weichen sie von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen ab und bringen in diesem Umfang die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, sodaß auf das diesbezügliche Revisionsvorbringen nicht einzugehen war.

Schließlich führen die Beklagten aus, die Kläger seien ihrer Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen. Richtig wäre vielmehr, diesen Sachverhalt dahingehend rechtlich zu würdigen, daß die Kläger ohnehin vorgehabt hätten, diesen Raum "als Zimmer", d.h. als Wohnraum zu adaptieren, wie dies ja durch den gegenständlichen Umbau geschehen sei. Es sei nicht einzusehen, wieso dieser Raum erst durch das Einkommen der Kinder hätte geschaffen werden sollen. In Anbetracht der Familiensituation wäre es vielmehr zwingend notwendig gewesen, einen derartigen Raum zu schaffen. Den Klägern wäre es insbesondere in Anbetracht der langen Zeitdauer leicht möglich gewesen, für die gegenständliche Garage bei einem rollstuhlgerechten Umbau des Hauses bereits eine technische Endlösung herbeizuführen und nicht ein teures Provisorium in der Größenordnung von S 81.000,-

zu installieren, das nicht mehr weiterverwendet werden könne. Des weiteren habe sich bei der Begutachtung durch den Sachverständigen Dipl.Ing. S*** herausgestellt, daß ohnehin eine zweite Garage gebaut werden müsse. Die Kläger hätten daher die Verpflichtung gehabt, unverzüglich nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall bzw. nach Kenntnis der Tatsache, daß ihre Tochter eine Querschnittlähmung hat, die Planung für einen rollstuhlgerechten Umbau des gegenständlichen Wohnhauses einzuleiten, und es wäre auch innerhalb der großen Zeitspanne, in der sich die Tochter im Rehabilitationszentrum befunden habe, leicht möglich gewesen, einen rollstuhlgerechten Umbau des Hauses vorzunehmen, auch wenn man berücksichtige, daß naturgemäß bei einem Hausumbau gewisse Verzögerungen einzurechnen seien.

Auch diesen Ausführungen kommt keine Berechtigung zu. Nach der

ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat der

Geschädigte im Rahmen der Schadensminderungspflicht die ihm

zumutbaren Maßnahmen von sich aus zu treffen; was ihm hiebei

zumutbar ist, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile und den

Grundsätzen des redlichen Verkehrs; es kommt dabei immer auf die

Umstände des Einzelfalles an. Ein Verstoß gegen die

Schadensminderungspflicht liegt vor, wenn der Geschädigte Handlungen

unterlassen hat, die geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu

verringern, sofern diese von einem "verständigen

Durchschnittsmenschen" gesetzt worden wären, um eine nachteilige

Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten. Die

Behauptungs- und Beweislast für eine Verletzung der

Schadensminderungspflicht durch den Geschädigten trifft den

Schädiger (vgl. SZ 55/104, ZVR 1982/137, ZVR 1979/304 ua).

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des

Erstgerichtes waren verschiedene Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen im

Erdgeschoß und eine Deckung des erhöhten Raumbedarfes (auch

Kellergeschoß) zur Eingliederung der nunmehr behinderten

minderjährigen Michaela in den Familienverband notwendig (Phase 1).

Die Innen- und Außenanlagen entsprachen vielfach nicht den

Anforderungen für einen Rollstuhl. So war der Zugang zur Wohnung im

Erdgeschoß nicht entsprechend, der Vorplatz vor der Haustür zu klein

und mit zwei Stufen versehen. Die Rampe zum Garagentor war zu steil

und konnte auch nicht verändert werden. Es fehlte eine Verhaltefläche. Die Garage war zu schmal. Diese Umbaumaßnahmen waren im Zuge des Verfahrens erster Instanz schon im Gange, jedoch nur zum Teil abgeschlossen. Die erforderlichen Umbaumaßnahmen für diese derzeit notwendige Phase 1 bedingten unter anderen folgende notwendige Umbaukosten: Garage, Vorplatz: S 122.833,-, bestehende Garage, Provisorium: S 81.449,-. Erforderlich ist der Bau einer neuen Garage mit elektrisch betriebenem Kipptor und eine Asphaltierung des Vorplatzes, die Schaffung eines neuen rollstuhlgerechten Hauseinganges an der Nordwestecke mit Garage und Haus. Erforderlich ist auch die provisorische Ausstattung der bestehenden Garage als Hauseingang bis zur Fertigstellung des neuen Hauseinganges nordwestseitig, nämlich Toraustausch, elektrischer Antrieb und Notstromaggregat.

Werden die dargelegten Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt angewendet und insbesondere berücksichtigt, daß nach den erstgerichtlichen Feststellungen die Phase 1 des rollstuhlgerechten Umbaues des Einfamilienhauses der Kläger bis Schluß der Verhandlung erster Instanz noch nicht abgeschlossen und die Teilzahlung der Beklagten zur Finanzierung des Bauvorhabens nicht ausreichend war, das Notstromaggregat seine Funktion auch weiterhin behält und daher nicht als Provisorium zu bezeichnen ist und im übrigen nach den Feststellungen die Schaffung des Provisoriums bei der bestehenden Garage ebenso für die rollstuhlgerechte Adaptierung des Hauses notwendig war wie die Schaffung einer neuen Garage, ist den Beklagten der Beweis einer Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Kläger nicht gelungen. Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß erfahrungsgemäß die volle Tragweite einer unfallsbedingten Querschnittlähmung erst nach geraumer Zeit abzusehen ist und außerdem der ordnungsgemäße rollstuhlgerechte Umbau eines Hauses einer entsprechenden Planung und Bauvorbereitung bedarf und diese Umstände unter Bedachtnahme auf die eigentliche Bauzeit mit nicht auszuschließendem Eintritt von Verzögerungen eine Verweisung der Kläger auf die Möglichkeit des rollstuhlgerechten Hausumbaues während des Aufenthaltes des Kindes im Krankenhaus bzw. im Rehabilitationszentrum ausschließen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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