OGH 7Ob622/88

OGH7Ob622/8822.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** L*** A***

G*** - K***, Klagenfurt, Domgasse 21, vertreten

durch Dr. Gottfried Hammerschlag, Dr. Wilhelm Dieter Eckhart und Dr. Gerhard Gratzer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Wolfgang S***, Angestellter, Völkermarkt, Hauptplatz 15, Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei D*** Gesellschaft m.b.H., Klagenfurt, Spitalbergweg 20, diese vertreten durch Dr. Christian Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 29.655,48 s.A. und Räumung, infolge Rekurses der Nebenintervenientin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 2. Mai 1988, GZ 2 R 156/88-17, womit die Berufung der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 19. Oktober 1987, GZ 2 C 39/87-9, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine Sachentscheidung über die Berufung aufgetragen. Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrt, gestützt auf den zweiten Fall des § 1118 ABGB, die Räumung der vom Beklagten von ihr gemieteten Geschäftsräumlichkeiten im Hause Völkermarkt, Hauptplatz 15, und die Bezahlung eines Mietzinsrückstandes von S 29.655,48 s.A. Die D*** Gesellschaft m.b.H. erklärte mit Schriftsatz vom 11. Mai 1987 ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seite des Beklagten. Sie behauptet, das in den Geschäftsräumlichkeiten betriebene Unternehmen erworben zu haben, so daß die Hauptmietrechte an dem Bestandobjekt gemäß § 12 Abs. 3 MRG auf sie übergegangen seien. Mit rechtskräftigem Beschluß vom 14. Mai 1987 erklärte das Erstgericht die Nebenintervention als zugelassen. Bei der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 19. Oktober 1987 war zwar der Vertreter der Nebenintervenientin anwesend, nicht jedoch auch der Beklagte. Das Erstgericht fällte über Antrag der klagenden Partei ein Säumnisurteil gemäß § 399 Abs. 1 ZPO, mit dem es dem Räumungsbegehren und dem Leistungsbegehren mit S 29.208,76 s.A. stattgab, das Leistungsmehrbegehren von S 446,72 s.A. dagegen abwies. Das Berufungsgericht wies die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Nebenintervenientin zurück. Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes komme der Nebenintervenientin kein rechtliches Interesse am Obsiegen des Beklagten zu, so daß die Nebenintervention nicht hätte zugelassen werden dürfen. Da die Nebenintervenientin selbst die Hauptmietrechte für sich in Anspruch nehme, sei nicht ersichtlich, welchen Einfluß es auf ihre rechtliche Interessenlage haben könnte, wenn der Beklagte im Sinne der von der klagenden Partei gestellten Begehren verurteilt werde. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Nebenintervention könnten zwar nicht mehr überprüft werden. Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel sei jedoch das Vorliegen einer Beschwer des Rechtsmittelwerbers, das heißt eine Beeinträchtigung seiner rechtlich geschützten Interessen durch die angefochtene Entscheidung. Auf Seite der Nebenintervenientin fehle eine solche Interessensbeeinträchtigung, so daß die Berufung zurückzuweisen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Rekurs der Nebenintervenientin ist berechtigt.

Die Nebenintervention ist der Beitritt eines Dritten in den zwischen anderen Parteien anhängigen Rechtsstreit zur Unterstützung einer Partei. Der Nebenintervenient ist weder Partei noch deren Vertreter, sondern ein an der Seite einer Partei im eigenen Namen auftretender Nebenbeteiligter (Streithelfer). Er kann - abgesehen vom streitgenössischen Nebenintervenienten - keine Prozeßhandlungen im eigenen Namen setzen. Er wird nur für die Partei, auf deren Seite er beigetreten ist, tätig und kann somit auch keine Einwendungen aus seinem Rechtsverhältnis zur Gegenpartei erheben (Fasching, LB Rz 393 und Komm II 207). An dieser Stellung des Nebenintervenienten ändert sich selbst dann nichts, wenn ihm die unterstützte Partei die volle Führung des Prozesses überläßt. Aus der Stellung des Nebenintervenienten ergibt sich, daß alle seine Handlungen nur für die unterstützte Partei erfolgen und für diese prozessual wirksam werden (Fasching Komm II 222). Daraus folgt aber auch, daß für die Beurteilung der Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung auch bei einem vom Nebenintervenienten erhobenen Rechtsmittel lediglich das Interesse der Hauptpartei an einer Änderung oder Beseitigung der angefochtenen Entscheidung maßgeblich ist. Daß dem Beklagten ein solches Interesse zukommt, kann nicht fraglich sein, so daß unerörtert bleiben kann, ob der Nebenintervenientin nicht die Stellung eines streitgenössischen Nebenintervenienten zukommt, in welchem Falle sie auch ein eigenes Rechtsschutzinteresse hätte. Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht die Berufung der Nebenintervenientin mangels Beschwer zurückgewiesen. Wurde die Nebenintervention nicht zurückgewiesen, steht dem Nebenintervenienten im Rahmen des § 19 Abs. 1 ZPO auch das Recht zu, Rechtsmittel zu ergreifen.

Demgemäß ist dem Rekurs Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

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