Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Eigentümerin des Hauses Krumpendorf, Jägerweg 11, in dem sie die Erdgeschoßwohnung bewohnt. Die Beklagten haben ein Wohnungsrecht an der im ersten Stock des Hauses gelegenen Wohnung. Infolge Differenzen mit der Klägerin benützen sie jedoch diese Wohnung seit dem Jahre 1979 nicht mehr. Im Dezember 1979 erteilten sie einem Installateur den Auftrag, die Wohnung wintersicher zu machen. Dies erfolgte durch eine Entleerung der Leitung und Schließen des in der Wohnung befindlichen Absperrventils. Da die Leitung jedoch in Bodennähe keine Entleerungsmöglichkeit besitzt, bildete sich ein sogenannter "Wassersack". Dieser ist nicht entleerbar. In diesem Sack verblieben daher ca. 3 Liter Wasser, die mangels Beheizung der Wohnung in diesem Winter froren und zu einem Rohrbruch an der erwähnten Stelle führten. Dieser Rohrbruch verursachte jedoch wegen der geringen Wassermengen keine wesentlichen Schäden. Auf Frage des Erstbeklagten versicherte der Installateur, daß die Wohnung nach menschlichem Ermessen wintersicher sei, daß aber noch die Möglichkeit bestünde, in der Wohnung der Klägerin ein Zwischenventil im aufsteigenden Wasserstrang anzubringen. Die Klägerin verweigerte jedoch ihre Zustimmung zur Anbringung eines derartigen Ventils. Vor dem nächsten Winter überzeugte sich der Erstbeklagte durch Aufdrehen der Hähne davon, daß nach wie vor kein Wasser in der Leitung sei. Eine neuerliche Überprüfung oder Versorgung durch einen Installateur ließ er nicht mehr vornehmen (bezüglich der näheren Umstände der Versorgung der wasserführenden Anlagen wird auf die Feststellung des Erstgerichtes auf den Seiten 348 bis 357 des Aktes verwiesen).
In der Nacht vom 4. auf den 5.Februar 1981 kam es zum Austritt erheblicher Wassermengen aus der Leitung der Beklagten, die in der Wohnung der Klägerin Schäden verursachten.
Das Erstgericht hat auch im dritten Rechtsgang das auf 27.371,28 S samt Anhang gerichtete Schadenersatzbegehren der Klägerin abgewiesen, wobei es ausführte, es könne nicht festgestellt werden, ob durch die niedrigen Temperaturen ein Bruch der Dichtung des Absperrventiles in der Wohnung des Beklagten bewirkt worden oder ob das Absperrventil im Laufe des Winters geöffnet worden sei. Die einzige sichere Möglichkeit, den Austritt größerer Wassermengen zu vermeiden, wäre die Anbringung des oben geschilderten Ventiles in der Wohnung der Klägerin gewesen.
Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes haben die Beklagten alles in ihrer Macht stehende zur Vermeidung eines Wasserschadens getan. Ausschließlich das Verhalten der Klägerin sei für diesen Schaden verantwortlich gewesen.
Das Berufungsgericht hat die erstgerichtliche Entscheidung neuerlich, diesmal unter Rechtskraftvorbehalt, aufgehoben und nach Verlesung jenes Sachverständigengutachtens, auf das das Erstgericht seine Feststellungen über die Schadensursache gestützt hat, die erstrichterliche Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, ob die Dichtung des Absperrventils in der Wohnung der Beklagten gebrochen oder das Absperrventil geöffnet worden sei, durch die Feststellung, daß das Absperrventil in der Wohnung der Beklagten im Winter 1980/81 vor dem Schadensfall geöffnet wurde, wodurch in weiterer Folge das Wasser über die Rohrbruchstelle ausgelaufen ist, ersetzt.
In rechtlicher Hinsicht verwies das Berufungsgericht auf die in seinen früheren Aufhebungsbeschlüssen geäußerte Rechtsansicht, derzufolge sich die Haftung des Wohnungsinhabers gemäß § 1318 ABGB auf alle von der Sache selbst ausgehenden Gefahren, die nach den allgemeinen Lebenserfahrungen einen konkreten Schaden wahrscheinlich machen, erstrecke. Ein Verschulden des Wohnungsinhabers sei nicht Voraussetzung. Bei einem Wasseraustritt werde nicht für jeden hiedurch verursachten Schaden gehaftet, sondern nur für einen solchen, der aus einer unzulänglichen Verwahrung des Wassers entstanden sei, was nach objektiven Kriterien beurteilt werden müsse. Diese Haftung erfordere über die bloße Verwahrung des Wassers im Rohrleitungssystem hinaus ein zusätzliches Gefahrenelement, das nach den allgemeinen Lebenserfahrungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Gefahr eines Wasseraustrittes nach sich ziehe. Es komme also darauf an, ob diese Gefahr objektiv erkennbar war, nicht jedoch auf die subjektive Absicht des Wohnungsinhabers. Ein Wasserrohrgebrechen rufe für sich allein noch keine Haftung des Wohnungsinhabers nach § 1318 ABGB hervor, weil das Wasser in einer Wasserleitung an sich noch nicht als unzulässig "verwahrt" angesehen werden könne und somit noch nicht zu einer gefährlich aufbewahrten Sache geworden sei. Denn nicht schon jede Möglichkeit einer Schadensverursachung könne im Rechtssinn als Gefahr gelten. Zur Gefahr im Sinne des § 1318 ABGB werde das Wasser aber, wenn Umstände hinzukommen, als deren Folge der Eintritt eines Wasserrohrbruches ohne weiters verständlich erscheine, Umstände also, die eine Gefahr in dieser Richtung bilden. In derartigen Fällen komme eine Haftung nach § 1318 ABGB in Betracht, möge auch die danach haftende Person aus besonderen Gründen die objektiv erkennbare Gefahr der Beschädigung in entschuldbarer Weise nicht erkannt haben. Nach dem nunmehr festgestellten Sachverhalt sei die Gefahr eines Wasseraustrittes geradezu wahrscheinlich gewesen. Der Frage des Einbaus eines Absperrventils in der Wohnung der Klägerin käme nur dann Bedeutung zu, wenn feststünde, daß alle dem Beklagten zumutbaren Maßnahmen nicht ausgereicht hätten, den dann eingetretenen Schaden hintanzuhalten. Davon könne aber hier keine Rede sein. Die Beklagten hätten also grundsätzlich für den durch den Rohrbruch verursachten Schaden zu haften. Demnach müsse die Höhe dieses Schadens geprüft werden.
Rechtliche Beurteilung
Der von den Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt. Der Angriff des Rekurses richtet sich in erster Linie dagegen, daß das Berufungsgericht trotz Widerspruchs der Beklagten in der mündlichen Berufungsverhandlung das vom Erstrichter eingeholte Sachverständigengutachten lediglich verlesen, nicht aber den Sachverständigen persönlich vernommen hat. Darin erblickt der Rekurs einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz.
Der nunmehr geschaffene § 281 a ZPO, der gemäß § 463 Abs. 1 ZPO auch im Berufungsverfahren anzuwenden ist, gibt nunmehr dem Richter ausdrücklich das Recht, die Aufnahme eines in einem zwischen den beteiligten Parteien in einem anderen Verfahren abgeführten Beweises durch bloße Verlesung des Protokolls oder des schriftlichen Sachverständigengutachtens zu wiederholen, wenn nicht eine der Parteien ausdrücklich das Gegenteil beantragt oder das Beweismittel nicht mehr zur Verfügung steht. Mit dieser Regelung soll aus Gründen der Verfahrensökonomie eine mittelbare Beweisaufnahme in größerem Maße als bisher ermöglicht werden (SZ 58/8, 7 Ob 548/85 ua). Die in § 281 a ZPO gemachte Einschränkung soll sicherstellen, daß dem Berufungsgericht auf Wunsch einer der Parteien dasselbe Verfahrensbild zur Verfügung steht wie dem Erstrichter. Die Parteien haben also einen Anspruch darauf, daß das Berufungsgericht vom Erstrichter unmittelbar aufgenommene Beweise selbst unmittelbar aufnimmt und daher ebenfalls nur aufgrund des unmittelbaren Eindruckes im selben Umfang entscheidet, wie dies das Erstgericht gemacht hat. Demnach ist das Berufungsgericht berechtigt, schon vom Erstgericht nur mittelbar aufgenommene Beweise bei einer Beweiswiederholung bloß durch Verlesung der Beweisaufnahmeprotokolle zu wiederholen (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1807). Geht man von dem aufgezeigten Zweck des § 281 a ZPO aus, so kann der Partei lediglich das Recht zugebilligt werden, die Beweiswiederholung auf jene Weise zu verlangen, wie die Beweisaufnahme im erstgerichtlichen Verfahren erfolgt ist. War Grundlage der erstrichterlichen Entscheidung lediglich eine schriftliche Beweisaufnahme, so hat die Partei nur ein erzwingbares Recht auf Wiederholung der schriftlichen Beweisaufnahme. Sie kann aber nicht eine Erweiterung der Entscheidungsgrundlage durch Ersetzung der schriftlichen Beweisunterlagen durch mündliche Ergänzungen erzwingen. Wurde ein Sachverständigengutachten im Verfahren erster Instanz nur schriftlich abgegeben, ohne daß eine mündliche Erörterung beantragt oder durchgeführt worden ist, so liegt die Sache ebenso, wie wenn das Erstgericht die Aussage eines im Rechtshilfeweg vernommenen Zeugen nur verlesen und diesen Zeugen nicht selbst gehört hat. Dies ergibt sich schon aus dem Begriff einer Beweis-"Wiederholung" der klar zum Ausdruck bringt, daß das Berufungsgericht auf Verlangen einer Partei all jene Schritte zu unternehmen hat, die vom Erstgericht gesetzt worden sind, nicht aber zusätzliche Schritte. Auf eine Erweiterung der Entscheidungsbasis durch das Berufungsgericht hat die Partei keinen Anspruch. Natürlich ist das Berufungsgericht berechtigt, wenn es ergänzende Schritte für erforderlich hält oder wenn ihm ein schriftliches Gutachten nicht überzeugend erscheint, solche Schritte, etwa die mündliche Befragung des im erstgerichtlichen Verfahren nur schriftlich vernommenen Sachverständigen, vorzunehmen. Hiebei handelt es sich aber nicht um ein der Partei aus § 281 a ZPO erwachsendes Recht, sondern um eine Ermessensentscheidung des Berufungsgerichtes, die in das Gebiet der vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung fällt (6 Ob 588/87, SZ 58/8, 7 Ob 548/85 ua).
Durch die bloße Verlesung des Sachverständigengutachtens hat demnach das Berufungsgericht keinen Verfahrensverstoß begangen. Ob das Berufungsgericht unzulässigerweise von seiner in früheren Aufhebungsbeschlüssen geäußerten Rechtsansicht abgegangen ist oder nicht, muß nicht geprüft werden, weil der Oberste Gerichtshof jedenfalls verpflichtet ist, aufgrund eines an ihn zulässig gelangten Rekurses gegen einen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß die Rechtssache selbständig rechtlich zu prüfen. Wenn daher das Berufungsgericht, entgegen der Bindungswirkung einer in einem vorangegangenen Aufhebungsbeschluß geäußerten Rechtsansicht, diese durch eine andere, ihm nunmehr richtig erscheinende ersetzt, kommt dem im Falle eines Rechtskraftvorbehaltes keine entscheidende Bedeutung zu, weil der Oberste Gerichtshof an die im ursprünglichen Aufhebungsbeschluß geäußerte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes keinesfalls gebunden ist.
Es ist auch nicht zutreffend, daß das Berufungsgericht eine unzulässige Neuerung berücksichtigt hätte. Die oben dargelegte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, derzufolge § 1318 ABGB ein Verschulden des Wohnungsinhabers nicht voraussetzt, entspricht ebenso der Lehre und ständigen Judikatur (Klang2 VI, 104 ff, Koziol2 II, 391 f, Mietsammlung 33.233 ua), wie die weitere Rechtsansicht, daß es darauf ankomme, ob die Gefahr objektiv erkennbar war, nicht jedoch auf die subjektive Ansicht des Wohnungsinhabers (Mietsammlung 33.233, 24.196 ua). Bei einem Wasserschaden wird es darauf ankommen, ob Umstände vorliegen, als deren Folge der Eintritt eines Wasserrohrbruches oder Wasserschadens ohne weiters verständlich erscheint, Umstände also, die eine Gefahr in dieser Richtung bilden. Z.B. wird der Wohnungsinhaber stets für durch schlechten Verschluß des Wasserhahnes verursachte Wasserschäden zu haften haben (Mietsammlung 27.234, SZ 20/203 ua). Dies muß natürlich auch für den Fall gelten, daß Ventile, die zu einer Sicherung eingebaut worden sind, nicht geschlossen gehalten werden. Nach Ansicht des erkennenden Senates stellt überhaupt das Leerstehenlassen einer Wohnung über die kalte Jahreszeit durch Jahre hindurch ein erhöhtes Gefahrenmoment dar, weil bekanntlich das lange Unterkühlen von Räumen leicht zu einem Einfrieren des Wassers und damit zu Rohrbrüchen führen kann. Richtig hat daher das Berufungsgericht schon in seinen seinerzeitigen Aufhebungsbeschlüssen darauf hingewiesen, daß in derartigen Fällen der Wohnungsinhaber für die durch einen Rohrbruch verursachten Wasserschäden nur dann nicht haftet, wenn er sämtliche in solchen Fällen nach objektivem Maßstab erforderlichen Maßnahmen gesetzt hat. Jedenfalls werden in solchen Fällen die wasserführenden Anlagen meist als gefährlich im Sinne des § 1318 ABGB anzusehen sein. Die Klägerin hat nun einen Schaden durch einen Rohrbruch in der Wohnung der Beklagten sowie als Ursache für diesen Rohrbruch mangelhafte Verwahrung durch die Beklagten behauptet. Der Schaden wurde von ihr ebenso bewiesen, wie die Tatsache, daß die Wohnung bis zum Schadeneintritt durch zwei Kälteperioden hindurch unbeheizt war. Den von ihr auf jeden Fall zu fordernden Beweis hat sie demnach erbracht. Nach § 1318 ABGB ist der Wohnungsinhaber nur dann nicht für den durch das aus seiner Wohnung fließende Wasser verursachten Schaden ersatzpflichtig, wenn er beweist, daß er alle objektiv erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um die nach den allgemeinen Lebenserfahrungen und Lebensgewohnheiten mit einer dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entsprechenden Wahrscheinlichkeit berechenbaren Risken in zumutbarer Weise ausgeschaltet oder doch wenigstens auf ein unvermeidbares Maß verringert hat (Mietsammlung 33.231, ähnlich Koziol2 II, 392, SZ 37/140 ua). Was die zuletzt aufgezeigte Beweislastverteilung anlangt vertritt zwar Reischauer (in Rummel Rz 16 zu § 1318) eine gegenteilige Rechtsansicht, doch führt auch er aus, der Geschädigte habe lediglich "prima facie" zu beweisen, daß der Schaden durch mangelhafte Verwahrung oder Kontrolle entstanden sei, in welchem Falle es dem Wohnungsinhaber obliege, einen Gegenbeweis zu erbringen.
Geht man von der nach der herrschenden Rechtsprechung angenommenen Beweislastverteilung aus, so wäre es Sache der Beklagten gewesen, eindeutig darzutun, daß sie alles in ihrer Macht stehende unternommen hätten, um den Schaden abzuwenden. Nicht die Klägerin hätte in einem solchen Fall die spezielle Ursache für den Rohrbruch zu beweisen gehabt, sondern die Beklagten hätten beweisen müssen, daß der Rohrbruch entstanden ist, obwohl sie alle objektiv erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr des Rohrbruches unternommen haben. Selbst wenn man sich aber der Rechtsansicht Reischauers anschließen würde, hätte die Klägerin zumindest prima facie dargetan, daß die überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Verabsäumen einer bestimmten Maßnahme durch die Beklagten besteht. Auch hier wäre es also Sache der Beklagten gewesen, den Gegenbeweis zu erbringen, ohne daß es einer detaillierten Behauptung der Klägerin, welche konkrete Einzelmaßnahme unterlassen wurde, bedurft hätte.
Es ergibt sich sohin, daß das Berufungsgericht zu der gerügten Feststellung betreffend das Offenlassen eines Absperrventiles auch ohne die Behauptung der Klägerin in der Berufung berechtigt war. Es hat mit dieser Feststellung nicht gegen das Neuerungsverbot verstoßen.
Daß die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes richtig ist wurde bereits oben dargelegt. Es tifft zu, daß die Judikatur den Wohnungsinhaber nicht schlechthin für sämtliche Folgen jedes Wasserrohrbruches haften läßt, doch liegen, wie bereits oben dargelegt wurde, hier jene besonderen Umstände vor, die die Haftung der Beklagten als Wohnungsinhaber begründen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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