Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Text
Gründe:
Der am 6.April 1958 geborene Frührentner Albino Alfredo S*** wurde in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB. eingewiesen, weil er unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen Abartigkeit von höherem Grad beruht, Taten beging, die, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, ihm als das Verbrechen der versuchten Unzucht mit Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs 1 StGB. zuzurechnen gewesen wären; er hat nämlich in Ried im Innkreis nachstehende unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht zu mißbrauchen versucht, indem er
1. die am 14.Juni 1973 geborene Sonja M*** am 14.April 1987 von hinten packte, in ein Waldstück zerrte, sie niederriß, sich auf sie legte und sie in die linke Wange biß,
2. die am 8.Mai 1976 geborene Petra M*** im Frühjahr oder Sommer 1987 in einer Tiefgarage zu Boden warf, sich auf sie legte und sie zu küssen versuchte,
3. die am 3.April 1976 geborene Jasmin M*** im Frühjahr oder Sommer 1987 in einen Holzschuppen zerrte, wo er bereits vorher eine Decke aufgelegt hatte,
4. Jasmin M*** am 10.Juli 1987 in seine angrenzende Wohnung zerrte, nachdem er ihr im dunklen Hausflur eine Decke über den Kopf geworfen hatte.
Dieses Urteil ficht der Betroffene mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde, welche nominell auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. gestützt wird, erweist sich insoweit als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, als sie nicht den Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleicht. Der Beschwerdeführer vermeint, die vom Erstgericht festgestellten Handlungen seien sexuell indifferent und in keinen Zusammenhang mit sexuell erheblichen Handlungen zu setzen sowie der "weitergehende" Vorsatz sei als nicht existent anzusehen. Damit übergeht der Nichtigkeitswerber die Konstatierungen des Schöffengerichts, wonach er jeweils in der Absicht handelte, Sonja M*** (1), Petra M*** (2) und Jasmin M*** (3 und 4) zur Unzucht zu mißbrauchen. Als Berufungsvorbringen wird der Sache nach der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z. 11 StPO. zur Darstellung gebracht, indem behauptet wird, die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB. hätte deswegen nicht angeordnet werden dürfen, weil eine Anlaßtat nicht vorliege. Gemäß der angeführten Gesetzesstelle dürfe eine Einweisung nur stattfinden, wenn die Anlaßtat "begangen" worden ist, nach dem Inhalt der Ersturteils habe der Rechtsmittelwerber aber lediglich versucht, die ihm zur Last gelegten Taten zu begehen. Der Einwand dieser Nichtigkeit ist meritorisch zu erledigen, weil das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet worden ist (siehe EvBl 1988 Nr. 88). Allein der Einwand versagt: Der Betroffene stützt sich auf die Wortfolge "begeht jemand eine Tat" im § 21 Abs 1 Anfang StGB. Er verkennt indes den Begriff der Tat. Der Täter "begeht" nicht nur die vollendete, sondern auch die versuchte Tat. Weiters: Gemäß § 15 Abs 1 StGB. gelten die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch. § 21 Abs 1 StGB. stellt auf eine "mit einer ... Freiheitsstrafe bedrohte Tat" ab. Daraus folgt abermals, daß die Gleichstellung von Vollendung und Versuch (§ 15 Abs 1 StGB.) auch für den Begriff der Tat im § 21 Abs 1 StGB. gilt. Mit der Berufung bekämpft Albino Alfredo S*** im übrigen die urteilsmäßig angenommene ungünstige Prognose, zumal der Sachverständige Prof. Dr. J*** ausgeführt habe, der Betroffene sei eher ängstlich und man könne keine verläßliche Voraussage erstellen.
Auch dieses Berufungsvorbringen ist nicht begründet. Der gutächtliche Satz ist aus dem Zusammenhang gerissen. Prof. Dr. J*** hat auf die Frage des Verteidigers, ob der "Betreffende" von seinen potentiellen Opfern abläßt, wenn Widerstand da ist oder nicht, geantwortet: "Das kann man nicht voraussagen. Es kann der Betreffende sich durch Schreie abhalten lassen, aber manche halten dann grade den Mund zu und ich habe Fälle sezieren müssen, wo es eben dann, weil die geschrien haben, zum Erwürgen gekommen ist und Ersticken oder sonstigen Tathandlungen. Das ist von vornherein nicht abzuschätzen. Im allgemeinen ist er eher ängstlich, aber wie weit es dann im speziellen Fall geht, das kann man nicht sagen. Er ist so wenig einfühlbar und durchschaubar, daß man da keine Prognose stellen kann" (S. 206 f.). Mit dieser von der Berufung nur bruchstückweise wiedergegebenen Äußerung hat der Sachverständige zum Ausdruck gebracht, Widerstand des Opfers könne zur Beendigung der Aggression, aber auch zum Tod des Opfers führen. Dies sei von vornherein nicht abschätzbar, auch nicht beim Berufungswerber. In keiner Weise bezieht sich aber die erwähnte Passage in der Vernehmung des Sachverständigen auf die individuelle Gefährlichkeitsprognose. Diese hat das Schöffengericht auf Grund der insoweit übereinstimmenden Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. J*** und Prof. Dr. K*** mängelfrei begründet (S. 225 i.V.m. S. 45 f. und S. 206).
Die vom Erstgericht angeordnete Unterbringung des Albino Alfredo S*** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB. erweist sich demnach in jeder Hinsicht als zutreffend, sodaß sowohl der Nichtigkeitsbeschwerde als auch der Berufung des Betroffenen ein Erfolg zu versagen war.
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