Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe wird der Akt dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil wurde Gerhard S*** des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 23.Jänner 1988 in Klagenfurt I. Maria H*** durch die Äußerung, sie andernfalls umzubringen, durch Würgen am Halse und Versetzen eines Faustschlages gegen das Gesicht mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zum außerehelichen Beischlaf genötigt, und II. versucht, sie durch gefährliche Drohung, nämlich durch die Äußerung, wenn sie etwas unternehme, werde es Leichen geben, er zerstöre sie oder lasse sie durch andere Leute fertig machen, zur Unterlassung einer Anzeigeerstattung wegen der unter I angeführten Tat zu nötigen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Schuldspruch gerichteten, auf die Z 3 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Er wendet sich mit der Behauptung, Maria H***, mit der er in aufrechter Lebensgemeinschaft stehe, habe nicht ausdrücklich auf ihr Entschlagungsrecht verzichtet, gegen deren Vernehmung als Zeugin (Z 3) und meint, für die Konstatierung des Schöffengerichtes, daß keine Lebensgemeinschaft bestanden habe, seien keine Gründe angegeben; sie stünde auch im Widerspruch zu den Aussagen der Zeugin H*** und des Angeklagten (Z 5).
Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.
Der Angeklagte selbst hatte in seiner Vernehmung vor der Sicherheitsbehörde behauptet, eine Lebensgemeinschaft habe zwischen ihm und der Zeugin H*** nie bestanden (S 25). Diese hatte vor der Bundespolizeidirektion Klagenfurt angegeben, mit dem Angeklagten, einem "ständigen Freund", nie zusammen gewohnt zu haben (S 17), es bestehe keine Lebens- oder Hausgemeinschaft (S 12). Auch in der Hauptverhandlung hatte sie ausgesagt, daß der Angeklagte (nur) ab und zu bei ihr wohne, sie fallweise für ihn die Wäsche wasche und er fallweise Lebensmittel einkaufe (S 54). Diesen Aussageinhalt verändert der Beschwerdeführer in der Nichtigkeitsbeschwerde durch Auslassung dieser - hier hervorgehobenen - Einschränkungen. In der Hauptverhandlung hat er selbst behauptet, mit der Zeugin dergestalt zusammengelebt zu haben, daß sie ihm das Essen zubereitet und die Wäsche gewaschen habe, hat jedoch eingeräumt, auch bei seiner Mutter gewohnt zu haben (S 52) und letztlich vorgebracht, er sei der Meinung, mit der Zeugin einen gemeinsamen Haushalt zu führen (S 53). Die Zeugin H*** unterhielt aber währenddessen auch fortgesetzt mit einem anderen Mann sexuelle Beziehungen und verbrachte mit diesem gemeinsame Urlaube, was der Angeklagte wußte und akzeptierte (S 17, 25, 53, 57).
Von einer Lebensgemeinschaft kann nach all diesen, dem Schöffengericht vorliegenden Beweisergebnissen nicht gesprochen werden.
Denn selbst nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers war keine fortlaufende Wohngemeinschaft zwischen ihm und der Zeugin H*** gegeben, weil er auch bei seiner Mutter wohnte, ganz abgesehen von den Bekundungen der Zeugin, nach denen es nur "fallweise" Elemente einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft gab.
Angesichts der dargestellten, sich dem Schöffengericht bietenden, für die Annahme einer Lebensgemeinschaft (§ 72 Abs 2 StGB) nicht hinreichenden Beweisgrundlagen, war es nicht gehalten, die Zeugin H*** über ein Entschlagungsrecht nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO zu belehren und ihre darüber abgegebene Erklärung in das Protokoll aufzunehmen. Die ohnedies erteilte Belehrung über das relative Entschlagungsrecht einer durch die strafbare Handlung in ihrer Geschlechtssphäre verletzten Person nach § 153 Abs 2 und 3 StPO und die Möglichkeit, die Beantwortung einzelner Fragen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich sowie nach Einzelheiten der strafbaren Handlungen zu verweigern, wird davon nicht tangiert. Das Schöffengericht stützte sich bei seinen Feststellungen insgesamt (auch) auf die als glaubwürdig befundene Aussage der Zeugin H***. Bei der Feststellung, daß keine Lebensgemeinschaft zwischen dieser und dem Angeklagten bestanden hatte, mußte es sich nicht überdies noch detailliert mit dieser Aussage beschäftigen, zumal - wie schon aufgezeigt - selbst die Verantwortung des Angeklagten keinen Anlaß bot, das Bestehen einer Lebensgemeinschaft im Sinne des § 72 Abs 2 StGB als gegeben anzunehmen. Die bloße subjektive, in diese Richtung gehende Einschätzung des Angeklagten (S 53) reicht dafür nicht hin. Auch dem weiteren Inhalt der Mängelrüge (Z 5) kann kein Erfolg beschieden sein.
Die Behauptung, entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne aus den Aussagen der Zeugen T***, G*** und R*** nicht geschlossen werden, daß die Verantwortung des Angeklagten widerlegt sei, beschränkt sich auf die bloße Negation einer Urteilspassage, ohne deutlich und bestimmt jene Tatumstände zu bezeichnen, die den angerufenen Nichtigkeitsgrund bilden sollten (§ 285 a Z 2 StPO), bleibt mithin unsubstantiiert und entzieht sich einer sachbezogenen Erwiderung. Das Erstgericht setzt sich mit den Aussagen dieser Zeugen im übrigen ohnedies eingehend auseinander. Inwieferne ihm hiebei eine Unvollständigkeit unterlaufen sein soll, ist der Mängelrüge, wie erwähnt, nicht zu entnehmen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers hinwieder, das Schöffengericht habe übergangen, daß die Zeugin H*** bestätigt habe, Liebesakte mit dem Angeklagten seien "besonderer Norm" und es habe sich nicht um einen einmaligen Vorfall gehandelt, verkehrt den Inhalt der Aussage der Zeugin ins Gegenteil, die ausdrücklich erklärte, daß es sich an jenem Abend sicher nicht um ein Liebesspiel oder um ein (daraus entsprungenes) Gerangel gehandelt habe (S 56) und es früher ähnliche Auseinandersetzungen wie am 23.Jänner 1988
nicht gegeben habe (S 58). Ein Begründungsmangel wird mit dieser aktenwidrigen Behauptung nicht aufgezeigt.
Soweit der Beschwerdeführer letztlich moniert, das Schöffengericht habe es unterlassen, die Zeugin H*** konkret zu befragen und ihr lediglich ihre Aussage vor der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vorgehalten, bringt er überhaupt keinen das Urteil treffenden Begründungsmangel zur Darstellung, sondern behauptet damit der Sache nach einen Verfahrensmangel (Z 4), zu dessen Geltendmachung ihm jedoch mangels einer darauf bezogenen Antragstellung in der Hauptverhandlung die Legitimation fehlt.
Aus den angeführten Gründen war somit die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 sowie Z 1 in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO). Eine Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld ist im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehen (§§ 280, 294 StPO) und damit unzulässig; dieses Rechtsmittel war deshalb gleichfalls bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe fällt demnach dem Oberlandesgericht Graz zu (§ 285 i StPO).
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