OGH 5Ob56/88

OGH5Ob56/886.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Norbert R***, Feldkirch, Neustadt 5, 2.) Anna H***, geb. P***, ebendort, beide vertreten durch Dr.Manfred Puchner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die Antragsgegnerin F*** Gesellschaft mbH, Feldkirch, Neustadt 5, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und § 12 Abs 3 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 27.April 1988, GZ 1 c R 81/88-26, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 31.Dezember 1987, GZ Msch 7/86-19, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Sachbeschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung über die Rekurse der Antragsteller und der Antragsgegnerin gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluß aufgetragen.

Der Antrag der Antragsteller sowie der Antrag der Antragsgegnerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden abgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind die Eigentümer des Hauses Feldkirch, Neustadt 5. Die Antragsgegnerin ist die Mieterin des im Erdgeschoß dieses Hauses gelegenen Geschäftslokals, bestehend aus Verkaufsraum, Lagerraum und Vitrinen, im Gesamtausmaß von rund 30 m2. Die Antragsgegnerin, eine Gesellschaft mbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.August 1984 gegründet und am 4. September 1984 unter HRB 2314 im Handelsregister beim Landes- als Handelsgericht Feldkirch eingetragen. Der Gesellschaftsvertrag wurde von den Geschwistern Frieda und Anna F*** geschlossen, die vor der Antragsgegnerin Mieterinnen des vorbezeichneten Geschäftslokals waren und darin in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Tabaktrafik und einen Handel mit Souvenirs, Zeitungen, Süßwaren, Textilien und Lederwaren betrieben. Die hier wesentlichen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages lauten:

"I. Die Schwestern Frieda F*** und Anna F*** haben sich im Jahre 1955 zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Betrieb der Firma "F***" mit dem Sitz in Feldkirch zusammengeschlossen, deren Gegenstand eine Tabaktrafik sowie der Handel mit Souvenirs, Zeitungen, Süßwaren und Lederwaren ist.

Die Schwestern Frieda F*** und Anna F*** vereinbaren hiemit, diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufzulösen und ihren Betrieb zur Gänze nach den Vorschriften des Art. III des Strukturverbesserungsgesetzes und auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum 1.Jänner 1984 in eine zum ausschließlichen Zweck der Fortführung dieses Betriebes zu gründende Gesellschaft mit beschränkter Haftung einzubringen.....

III. Gegenstand des Unternehmens ist die Fortführung des unter der Firma "F***" als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Geschäftsbetriebes, insbesondere daher: 1.) Der Betrieb einer Tabaktrafik, 2.) der Handel mit Souvenirs, Zeitungen, Süßwaren, Textilien und Lederwaren.....

V. Das Stammkapital beträgt 500.000 S. Von diesem Stammkapital haben übernommen: 1.) Frieda F*** eine Stammeinlage von 250.000 S, 2.) Anna F*** eine Stammeinlage von 250.000 S. Die Schwestern Frieda F*** und Anna F*** bringen

zunächst auf ihre Stammeinlagen ihren je ein Hälfteanteil an dem Betriebsvermögen der Firma "F***", einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum 1. Jänner 1984 unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Art. III des Strukturverbesserungsgesetzes ein. Der diese Sacheinlagen in Höhe von 200.000 S übersteigende Wert des eingebrachten Betriebes scheint in der Einbringungsbilanz als Rückstellung mit 10.000 S auf. Da jede der beiden Gesellschafterinnen eine Stammeinlage von 250.000 S übernimmt, leisten sie neben der Sacheinlage im Wert von je 100.000 S auf diese eine sofortige volle und bare Einzahlung von je 150.000 S. Es handelt sich bei der Errichtung dieses Gesellschaftsvertrages um eine Bar- und Sachgründung."

Mit Schreiben vom 6.Februar 1985 begehrten die Antragsteller von der Antragsgegnerin unter Berufung auf § 12 Abs 3 MRG die Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses von monatlich 1.600 S auf monatlich 5.000 S. Die Antragsgegnerin zahlte jedoch weiterhin nur den bisherigen Hauptmietzins.

Am 21.Februar 1986 stellten die Antragsteller beim Erstgericht den in der Folge (AS 79) modifizierten Antrag, den (Haupt-)Mietzins für das Geschäftslokal beginnend mit 1.März 1985 mit monatlich 4.180 S (ausschließlich Umsatzsteuer) festzusetzen und in der näher beschriebenen Weise wertzusichern.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag mangels Deckung in § 37 Abs 1 Z 8 und § 12 Abs 3 MRG zurück-, in eventu abzuweisen. Es liege keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG vor; der angemessene Hauptmietzins würde überdies lediglich 1.400 S monatlich betragen.

Das Erstgericht setzte den (Haupt-)Mietzins für das Geschäftslokal ab 1.März 1985 mit monatlich 3.720 S (ausschließlich Umsatzsteuer) fest und wies das Mehrbegehren (Mehrbetrag von [4.180 S minus 3.720 S =] 460 S monatlich und Wertsicherung) ab. Es vertrat die Auffassung, daß die Übertragung des von Frieda und Anna F*** im Geschäftslokal betriebenen Unternehmens auf die Antragsgegnerin als Unternehmensveräußerung im Sinn des § 12 Abs 3 MRG zu beurteilen sei, und gelangte aufgrund zweier voneinander abweichender Sachverständigengutachten (Mietwert 4.180 S bzw. 3.285 S monatlich) zu dem Ergebnis, daß der angemessene Hauptmietzins mit dem Mittel aus den beiden vorgenannten Beträgen, also mit 3.720 S monatlich, anzunehmen sei.

Die Antragsgegnerin erhob gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluß Rekurs mit dem Antrag, das Begehren der Antragsteller abzuweisen, in eventu den angemessenen Mietzins ab 1.März 1985 mit monatlich 2.907,60 S festzusetzen. Die Antragsteller bekämpften den erstgerichtlichen Sachbeschluß insoweit, als der angemessene Mietzins nicht mit 4.180 S monatlich (ohne Umsatzsteuer) festgesetzt und wertgesichert wurde.

Das Rekursgericht wies den Antrag der Antragsteller in Stattgebung des Rekurses der Antragsgegnerin zur Gänze ab, verwies die Antragsteller mit ihrem Rekurs auf diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es führte aus:

Die entscheidende Frage sei, ob es sich hier um die Veräußerung eines Unternehmens im Sinne des § 12 Abs 3 MRG handle. Diese Frage sei zu verneinen.

Als Veräußerung des Unternehmens könne nur eine endgültige Übertragung der Rechte an diesem angesehen werden, wie sie etwa durch Kauf, Schenkung, Übergabs- und Leibrentenvertrag etc., wohl auch durch Einbringung in eine Gesellschaft quoad sortem geschehe, also stets nur Einzelrechtsnachfolge. Eine Universalsukzession (etwa eine Fusionierung oder eine Änderung der Rechtsform) werde vom § 12 Abs 3 MRG nicht erfaßt (Würth in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 12 MRG). Beispielsweise ermögliche das Umwandlungsgesetz BGBl. 1954/187 übertragende Umwandlungen, durch die das Vermögen einer Kapitalgesellschaft unter Ausschluß der Liquidation von Gesetzes wegen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Nachfolgeunternehmer bzw. auf das Nachfolgeunternehmen übertragen werde. Durch diese Gesamtrechtsnachfolge trete schon kraft Gesetzes ein Mieterwechsel ein, es liege keine Vertragsübernahme vor (MietSlg 36.280, 37.280 ua).

Das Rekursgericht vertrete nun die Auffassung, daß es sich hier nicht um eine Veräußerung im rechtlichen Sinne handle. Frieda und Anna F*** hätten die Firma "F***" bis zum 4.September 1984 in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben. Mit Gesellschaftsvertrag vom 30.August 1984 hätten sie diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst und ihren Betrieb zur Gänze nach den Vorschriften des Art. III des Strukturverbesserungsgesetzes in eine zum ausschließlichen Zweck der Fortführung dieses Betriebes zu gründende Gesellschaft mit beschränkter Haftung eingebracht. Alleinige Gesellschafter dieser GmbH seien wiederrum Frieda und Anna F***. Sie führten ihren früheren Betrieb lediglich unter einer anderen Unternehmensform (GmbH) fort. Diese Art von Betriebsfortführung sei aber vom § 12 Abs 3 MRG nicht umfaßt. Da daher eine Veräußerung im Sinne der genannten Bestimmung nicht vorliege, stehe den Antragstellern auch nicht das Recht zu, eine Erhöhung des Hauptmietzinses zu begehren.

Der Ausspruch über die Bewertung des Streitgegenstandes und die Zulässigkeit des Revisionsrekurses beruhe auf § 500 Abs 2 Z 3 und Abs 3, § 526 Abs 3 ZPO, § 37 Abs 3 Z 16 MRG. Soweit ersichtlich, gebe es zur Frage, ob es sich um eine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG handle, wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ihren Betrieb zur Gänze nach dem Strukturverbesserungsgesetz in eine zum ausschließlichen Zweck der Fortführung des Betriebes zu gründende Gesellschaft mit beschränkter Haftung einbringe, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung.

Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Mietzins für das Geschäftslokal ab 1.März 1985 mit dem angemessenen Betrag von monatlich 4.180 S zuzüglich Umsatzsteuer festgesetzt und in der näher beschriebenen Weise wertgesichert werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nach § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß dem gegenständlichen Verfahren ein im Sinne des § 37 Abs 1 Z 8, § 12 Abs 3 MRG zulässiger Antrag der Vermieter auf Feststellung der "Angemessenheit" des von ihnen begehrten Hauptmietzinses zugrundeliegt.

Das Rekursgericht hat richtig erkannt, daß zunächst die Frage entscheidend ist, ob der hier gewählte Vorgang - die Schwestern Frieda und Anna F*** lösten die zwischen ihnen bestandene Gesellschaft bürgerlichen Rechtes auf und brachten ihren in dieser Rechtsform geführten Betrieb zur Gänze nach den Vorschriften des Art. III des Strukturverbesserungsgesetzes und auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum 1.Jänner 1984 in eine zum ausschließlichen Zweck der Fortführung dieses Betriebes gegründete Gesellschaft mbH als Sacheinlage ein - als Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG zu beurteilen ist. Diese Frage ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes in Übereinstimmung mit dem Standpunkt der Antragsteller zu bejahen. Als Veräußerung des Unternehmens im genannten Sinne kann nur eine endgültige Übertragung der Rechte an diesem im Wege der Einzelrechtsnachfolge angesehen werden (Würth in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 12 MRG; MietSlg 37.280 ua). Eine solche Einzelrechtsnachfolge liegt nach herrschender Auffassung auch vor, wenn ein Betrieb (oder Teilbetrieb) eines Einzelunternehmers oder einer Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, im Sinne des Art. III des Strukturverbesserungsgesetzes als Sacheinlage in eine inländische Kapitalgesellschaft ausschließlich gegen Gewährung von neuen Gesellschaftsanteilen eingebracht wird (Kastner-Mayer-Frint, Kommentar zum Strukturverbesserungsgesetz 80; Helbich, Umgründungen auf der Grundlage des Strukturverbesserungsgesetzes 207 f; Helbich, Neuerungen im Strukturverbesserungsrecht2, 28; GesRZ 1983, 221 und GesRZ 1986, 99 = JBl 1986, 454 mit Anmerkung von Reich-Rohrwig je mwN; WBl 1987, 276 ua). Es wird zwar vielfach von der Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft gesprochen, die jedoch in Wahrheit nicht vorliegt; es handelt sich dabei nicht um die Fortführung des bisherigen Unternehmens in einer anderen Gesellschaftsform (GesRZ 1983, 221). Die Einbringung kann auch durch die Gesellschafter bzw. Mitunternehmer selbst vorgenommen werden (vgl. Kastner-Mayer-Frint aaO 61 f [insbesondere auch zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts]; Helbich, Neuerungen im Strukturverbesserungsrecht2, 66). Die herrschende Auffassung geht daher folgerichtig dahin, daß ein derartiger Einbringungsvorgang eine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG darstellt (Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechts 120; Schauer in JBl 1985, 268 mwN; Eiselsberg in GesRZ 1985, 20; Gabler in ImmZ 1986, 168; Nowotny in GesRZ 1986, 18; ebenso schon WBl 1987, 276 für den Fall der Einbringung eines Einzelunternehmens als Sacheinlage in eine GmbH gemäß Art. III des Strukturverbesserungsgesetzes), welcher Auffassung sich der Oberste Gerichtshof anschließt (die vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen MietSlg 36.280 und 37.280 betrafen Fälle der Gesamtrechtsnachfolge: Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz bzw. Verschmelzung nach § 218 AktG). Dies hat zur Folge, daß dem Revisionsrekurs im Sinne des Aufhebungsantrages der Revisionsrekurswerber stattzugeben und dem Rekursgericht die neue Entscheidung über die Rekurse der Antragsteller und der Antragsgegnerin gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluß unter Zugrundelegung der Auffassung, daß eine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs 3 MRG vorliegt, aufzutragen ist.

Die Abweisung der Anträge der Antragsteller und der Antragsgegnerin auf Zuerkennung der Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung im Revisionsrekursverfahren beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG; eine mutwillige Kostenverursachung durch Stellung nicht gerechtfertigter Anträge ist zu verneinen.

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