Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es einschließlich der rechtskräftig gewordenen teilweisen Abweisung des Klagebegehrens zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger aus Anlaß des Arbeitsunfalles vom 31. Jänner 1985 eine Versehrtenrente im Ausmaß von 50 v.H. der Vollrente zuzüglich der Zusatzrente im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, wird abgewiesen."
Der Kläger hat sämtliche Verfahrenskosten selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer eines PKW, der am 31. Jänner 1985 repariert werden sollte. Er rutschte auf dem Gelände der Reparaturwerkstätte auf einer Eisplatte aus und zog sich dadurch einen Riß der Rotatorenmanschette der rechten Schulter zu. Das Erstgericht erkannte die beklagte Unfallversicherungsanstalt im zweiten Rechtsgang schuldig, dem Kläger aus Anlaß des Arbeitsunfalls vom 31. Jänner 1985 eine Versehrtenrente im Ausmaß von 30 % der Vollrente zu gewähren und wies das auf Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von weiteren 20 % der Vollrente sowie einer Zusatzrente gerichtete Klagemehrbegehren ab. Es stellte im wesentlichen noch folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger war zur Unfallszeit Arbeitnehmer eines Dachdecker- und Spenglereibetriebes. Sein PKW wurde auch für Fahrten zu Baustellen verwendet, auf denen für seinen Arbeitgeber Arbeiten zu verrichten und die schwer zu erreichen waren. Die Kosten der für den PKW abgeschlossenen Versicherung trug der Kläger, die Treibstoffkosten sein Arbeitgeber.
Es war vorgesehen, daß mit dem PKW des Klägers am Nachmittag des 31. Jänner 1985 ein Transport zu einer Baustelle durchgeführt wird. Der Kläger entgegnete auf den Wunsch seines Arbeitgebers, den dieser hiezu äußerte, daß er für den Vormittag einen Termin für die Reparatur des PKW vereinbart habe. Hierauf erwiderte sein Arbeitgeber, daß er zur Reparaturwerkstätte fahren solle, um die Reparatur zu betreiben und um zu sehen, daß der PKW bis Mittag fertiggestellt werde.
Zur Zeit dieses Gespräches befand sich der PKW noch nicht in der Reparaturwerkstätte. Der Kläger ersuchte seine Frau, das Fahrzeug umgehend dorthin zu bringen, und teilte ihr mit, daß er nachkommen werde. Die Reparatur sollte dazu dienen, Mängel zu beheben, die an einem früher auf dem PKW angebrachten Hardtop-Aufbau aufgetreten waren. Sie war für den Betrieb des Fahrzeuges nicht notwendig. Der Kläger fuhr sodann mit einem Fahrzeug seines Arbeitgebers zur Reparaturwerkstätte. Er hätte diese Fahrt nicht unternommen, wenn ihm sein Arbeitgeber nicht den Auftrag hiezu erteilt hätte. In der Reparaturwerkstätte urgierte er die rasche Fertigstellung seines PKW und ging gemeinsam mit einem Mechaniker um den PKW herum, um dem Mechaniker im einzelnen zu zeigen, welche Mängel zu beheben waren. Dabei kam er zu Sturz.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Unfall als Arbeitsunfall im Sinn des § 175 Abs 1 ASVG zu werten sei, weil er sich ereignet habe, als der Kläger einen Auftrag seines Arbeitgebers ausführte. Wenn dieser Auftrag auch nicht ausdrücklich dahin gelautet habe, die Mängel des PKW aufzuzeigen, so sei doch auch diese Tätigkeit hievon umfaßt gewesen, weil sie notwendig gewesen sei, um eine rasche und verläßliche Fertigstellung des PKW sicherzustellen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Die Reparatur des PKW sei zwar im eigenwirtschaftlichen Interesse des Klägers gestanden. Die Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet habe, sei aber vom Auftrag des Arbeitgebers des Klägers umfaßt gewesen. Hätte der Kläger die zu behebenden Mängel nicht mitgeteilt, hätte es nämlich dazu kommen können, daß sie erst später entdeckt und daß die Reparatur deshalb bis Mittag nicht beendet worden wäre. In diesem Fall hätte sich aber der Einsatz des Fahrzeuges verzögern können, was für den Betrieb von Nachteil gewesen wäre. Der Unfall des Klägers sei deshalb ein Arbeitsunfall. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Gemäß § 175 Abs 1 ASVG sind Arbeitsunfälle Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Wird die Versicherung durch die Erwerbstätigkeit des Versicherten begründet, so muß der Unfall daher mit dieser Erwerbstätigkeit im Zusammenhang stehen. Dabei wird bei einer im Betrieb ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht nur die Tätigkeit in der Betriebsstätte selbst, sondern auch die Zurücklegung von Wegen außerhalb der Betriebsstätte geschützt, wenn sie in Ausübung der Erwerbstätigkeit geschieht (Betriebswege; vgl. Tomandl in Tomandl, System, 3. Erg-Lfg. 280). Auf der anderen Seite scheiden Unfälle aus, die auf eine Tätigkeit zurückgehen, die entweder ausschließlich den Interessen des Versicherten oder zumindest nicht wesentlich den Interessen des Betriebes gedient hat (sogenannte eigenwirtschaftliche Tätigkeit; (vgl. Brackmann, Handbuch 60. Nachtrag 480 p ff; Lauterbach, Unfallversicherung3 § 548 Anm. 46). Ob hiefür in den Fällen eines erhöhten Gefahrenrisikos etwas anderes gilt (vgl. Tomandl aaO 307), ist hier nicht zu prüfen, weil ein solcher Fall nicht vorliegt. Unter diesem Gesichtspunkt sind Tätigkeiten, die mit der Reparatur eines dem Versicherten gehörenden Kraftfahrzeuges im Zusammenhang stehen, im allgemeinen nicht Teil seiner Erwerbstätigkeit, weil dabei andere als betriebliche Interessen selbst dann ausschlaggebend sind, wenn das Kraftfahrzeug auch für Zwecke des Betriebes verwendet wird. Es liegt vielmehr eine eigenwirtschaftliche, durch die Unfallsversicherung nicht geschützte Tätigkeit vor (so schon Oberlandesgericht Wien SSV 24/9 mwN). Ob unter besonderen Umständen, wie etwa dann, wenn die Reparatur ausschließlich durch eine im Interesse des Betriebes vorgenommene Fahrt verursacht wurde oder wenn nur durch die Reparatur die für kurze Zeit später vorgesehene Verwendung für den Betrieb ermöglicht wird, etwas anderes gilt, muß hier ebenfalls nicht geprüft werden, weil solche Umstände nicht in Betracht kommen.
Dies bedeutet für den hier zu entscheidenden Fall, daß der Weg zur Reparaturwerkstätte und der Aufenthalt dort entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Auffassung nicht nur durch die Unfallversicherung geschützt war, weil beides den eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten des Klägers zuzurechnen ist. Die Interessen seines Arbeitgebers waren nämlich nicht auf die Reparatur des Fahrzeuges, das auch ohne die Reparatur für die Zwecke des Betriebes hätte verwendet werden können, sondern nur darauf gerichtet, daß die - demnach ausschließlich im Interesse des Klägers gelegene - Reparatur rechtzeitig durchgeführt wird. Der eigenwirtschaftliche Charakter des Aufenthalts in der Reparaturwerkstätte ging nicht deshalb verloren, weil sich der Kläger im Auftrag seines Arbeitgebers dorthin begab. Der Auftrag war nämlich dahin zu verstehen und konnte vom Kläger auch nur dahin verstanden werden, daß er die - ihm notwendig erscheinende, in seinem Interesse liegende - Reparatur, wenn überhaupt, so rechtzeitig ausführen lassen solle, daß der PKW am Nachmittag für betriebliche Zwecke verwendet werden kann. Ebensowenig ist es von Bedeutung, daß der Kläger nach den Feststellungen des Erstgerichtes ohne den Auftrag seines Arbeitgebers nicht zur Reparaturwerkstätte gefahren wäre. Auch dies ändert nichts daran, daß er den Weg im eigenen Interesse unternahm. Der Fall liegt nicht anders, als wenn der Arbeitgeber dem Kläger die Erlaubnis erteilt hätte, während der Arbeitszeit die Reparatur seines Fahrzeuges in die Wege zu leiten. Dies allein war nämlich die Bedeutung des "Auftrages" seines Arbeitgebers.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes, das Aufzeigen der Mängel sei im Interesse des Betriebes gelegen gewesen, weil nur dadurch die rechtzeitige Fertigstellung der Reparatur habe gewährleistet werden können, trifft nicht zu. Da die Reparatur nicht erforderlich war, um das Fahrzeug für die Zwecke des Betriebes verwenden zu können, hätte es genügt, wenn der Kläger entweder die Reparatur auf einen anderen Tag verschoben hätte - das Fahrzeug befand sich ja noch gar nicht in der Reparaturwerkstätte - oder den Auftrag erteilt hätte, ihm den PKW unabhängig vom Fortschritt der Reparatur zu Mittag zu überlassen. Es standen daher auch beim Aufzeigen der Mängel die Interessen des Klägers im Vordergrund.
Der Unfall ereignete sich demnach im Zusammenhang mit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit des Klägers, weshalb er keinen Anspruch auf Leistungen aus der Unfallversicherung hat. Sein Klagebegehren war deshalb auch in dem Teil abzuweisen, in dem ihm die Vorinstanzen stattgegeben haben.
Der Ausspruch über die Verfahrenskosten beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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