OGH 6Ob637/88

OGH6Ob637/886.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei LE C*** Verwaltungsgesellschaft mbH, Hans-Sachs-Gasse 4, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Eric Agstner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "D***-D***" Gastronomiebetriebe Gesellschaft mbH, Pfarrplatz 20, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Hugo Schally und Dr. Anton Knees, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 1. Februar 1988, GZ 1 R 39/88- 11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 11. November 1987, GZ 14 C 776/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.444,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.222,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Günther K*** ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 817 KG Pörtschach mit den Grundstücken 16, 37/4 und 38, auf welchen das Strandcasino W*** samt dem Bad "Beach-Club" betrieben wird. Dieses Unternehmen verpachtete er der beklagten Partei gegen Entrichtung eines jeweils am 1. März fälligen jährlichen Pachtzinses für die Dauer von 20 Jahren. Nach Punkt 11. des Pachtvertrages kann das Bestandverhältnis unter anderem vorzeitig aufgelöst werden, wenn die Pächterin mit einer "fälligen Pachtzinszahlung länger als einen Monat im Rückstand bleibt". Mit Zessionsvertrag vom Jahre 1986

übertrug Günther K*** "sämtliche Rechte und Verpflichtungen" aus dem Unternehmenspachtvertrag vom 17. Jänner 1978 und dem Zusatzvertrag vom 29. März 1985 (betreffend den "Beach Club") der klagenden Partei, sodaß diese berechtigt sein sollte, alle Rechte des Günther K*** wahrzunehmen, aber auch verpflichtet sein sollte, die Erfüllung aller Rechte aus den Verträgen zu überwachen.

Die beklagte Partei hat auf den für das Jahr 1987 zufolge der vereinbarten Wertsicherung mit S 598.449,40 errechneten Pachtzins im Laufe des Monates März 1987 S 537.700,-- und den Rest von S 61.749,40 noch vor dem 10. April 1987 bezahlt. Mit Schreiben vom 10. April 1987 gab die klagende Partei der beklagten Partei die Auflösung des Pachtverhältnisses wegen nicht fristgerechter Zahlung des für das Jahr 1987 zu entrichtenden Pachtzinses bekannt. Dieses Schreiben ist der beklagten Partei erst nach dem 10. April 1987 und somit erst nach vollständiger Entrichtung des Pachtzinses zugegangen.

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Räumung des Bestandgegenstandes und berief sich hiezu einerseits auf den Zessionsvertrag und andererseits auf die Auflösungserklärung vom 10. April 1987.

Die beklagte Partei wendete ein, die klagende Partei sei auf Grund der behaupteten Zession zur Räumungsklage nicht legitimiert. Außerdem habe die beklagte Partei den Pachtzins noch vor dem Zugang der Auflösungserklärung zur Gänze bezahlt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, die Vertragspartner hätten keine Vereinbarung über die Erfordernisse der Einmahnung bei nicht fristgerechter Bezahlung des Pachtzinses und Zustellung der Auflösungserklärung getroffen, weshalb der Vertrag insoweit einer Ergänzung durch § 1118 ABGB bedürfe. Danach sei das Räumungsbegehren abzuweisen, wenn der Zinsrückstand - wie im vorliegenden Falle - noch vor Zustellung der Auflösungserklärung bezahlt worden sei. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Es führte aus, die Wirksamkeit einer außergerichtlichen Auflösungserklärung hänge auch davon ab, ob sie sich auf einen als Auflösungsgrund vereinbarten Tatbestand stützen könne. Als Auflösungsgrund sei unter anderem die länger als einen Monat währende Säumigkeit mit der Bezahlung des fälligen Pachtzinses vereinbart worden. Von dem im Pachtvertrag enthaltenen Passus, ansonsten gälten die gesetzlichen Bestimmungen über die Einmahnung des Zinses, könne mangels Feststellung durch das Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung nicht ausgegangen werden. Es bedürfe aber keiner Beweisergänzung in zweiter Instanz, weil das Räumungsbegehren auch ohne eine solche Vereinbarung nicht zum Erfolg führen könne, sei der Zinsrückstand doch noch vor der Zustellung der Aufhebungserklärung bezahlt worden. Es sei bedeutungslos, ob die Auflösungserklärung dem Pächter mit der Räumungsklage oder außerhalb des Prozesses zugegangen sei. Die Räumungsklage könne entweder auf eine wirksame Auflösungserklärung gestützt werden oder sie stelle selbst die Auflösungserklärung dar, weil für diese keine bestimmte Form vorgesehen sei. Entscheidend sei vielmehr, daß die Auflösungserklärung ihre Wirkung nur entfalte, wenn der Auflösungstatbestand im Zeitpunkt ihres Zuganges an den Bestandnehmer zur Gänze verwirklicht gewesen sei, sodaß sie unwirksam bleibe, wenn der Bestandnehmer den Zinsrückstand noch vor Zustellung der Erklärung bezahlt habe. Da die beklagte Partei den Rückstand vollständig beglichen habe, ehe ihr die Auflösungserklärung vom 10. April 1987 zugekommen sei, habe das Erstgericht allein schon deshalb das Räumungsbegehren zu Recht abgewiesen. Die Einwendung mangelnder Aktivlegitimation müsse daher nicht näher geprüft werden.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei gegen dieses Urteil erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Da die Unternehmenspacht kein geschütztes Bestandverhältnis ist, können die Vertragsteile abweichend von § 1118 ABGB auch andere Auflösungsgründe wirksam vereinbaren (MietSlg 36.830/17 uva; Würth in Rummel, ABGB § 1118 Rz 7). Von dieser privatautonomen Gestaltungsfreiheit haben die Vertragspartner auch insoweit Gebrauch gemacht, als sie den als Auflösungstatbestand vereinbarten Zinsrückstand abweichend von § 1118 zweiter Fall ABGB geregelt haben. Im übrigen verweist der Vertrag in bezug auf die Auflösungstatbestände auf die gesetzlichen Bestimmungen, sodaß es einer Vertragsergänzung - die wohl, und insoweit ist den Vorinstanzen zuzustimmen, zum gleichen Ergebnis führen müßte - gar nicht erst bedarf.

Für die Auflösung des Pachtverhältnisses wegen Zinsrückstandes sind demnach, abgesehen vom Ausmaß des Rückstandes, die zu § 1118 zweiter Fall ABGB entwickelten Grundsätze anzuwenden. Danach ist das Aufhebungsbegehren auch dann berechtigt, wenn nur Säumnis mit der Bezahlung eines Teilbetrages vorliegt (MietSlg 37.185 ua). Unter den Zinsbegriff des § 1118 ABGB fallen auch Rückstände an Wertsicherungsbeträgen (MietSlg 37.185, 28.165; Würth aaO Rz 15). Die Auflösungserklärung im Sinne des § 1118 ABGB wird jedoch nicht wirksam, wenn der Mieter den Mietzinsrückstand noch vor dem Zugang der Erklärung (oder - falls die Auflösung mit der Klage erklärt wird - vor Klagszustellung) bezahlt hat (MietSlg 37.185, 33.206, 27.209 uva; Würth aaO Rz 18; ähnlich Klang in Klang2 V 123). Da feststeht, daß die beklagte Partei auch den restlichen Betrag, mit dem sie - entgegen Punkt 11. b) des Unternehmenspachtvertrages - länger als einen Monat im Rückstand geblieben war, noch vor dem Zugang der mit 10. April 1987 datierten Auflösungserklärung beglichen hat, war die Räumungsklage auf keinen wirksamen Aufhebungstatbestand gestützt (Würth aaO Rz 18 mwN).

Zu Recht haben die Vorinstanzen das Räumungsbegehren allein schon deshalb abgewiesen, ohne sich auf eine Prüfung der Klagslegitimation der klagenden Partei einzulassen, die diese aus dem Zessionsvertrag aus dem Jahre 1986 ableitet. Ob die dort formulierte Abtretung einer unwirksamen Einziehungsermächtigung (vgl. Koziol-Welser, Grundriß8, I 282 und FN 42) gleichkommt, muß deshalb nicht erörtert werden. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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