OGH 10ObS208/88

OGH10ObS208/886.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, durch die Hofäte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Josef Fellner (Arbeitgeber) und Karl Klein (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Günter W***, ohne Beschäftigung, 4060 Leonding, Haidfeldstraße 19, vertreten durch Dr.Johannes Grund und Dr.Wolf D. Polte, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei P*** DER A***, 1021 Wien,

Friedrich Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. April 1988, GZ 12 Rs 44/88-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 7.Jänner 1988, GZ 14 Cgs 53/87-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 7.Mai 1986 wies die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom 22.Jänner 1986 auf eine Berufsunfähigkeitspension mangels Berufsunfähigkeit ab.

In der dagegen erhobenen Klage behauptet der Kläger, den erlernten und überwiegend ausgeübten Beruf als Tischler nicht mehr ausüben zu können. Er begehrt daher von der beklagten Partei eine Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.Februar 1986. Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage, weil der als Tischler im Angestelltenverhältnis tätig gewesene Kläger die bisherige Berufstätigkeit bzw eine ähnliche zumutbare Beschäftigung ausüben könne.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es stellte den körperlichen und geistigen Zustand des am 22. Jänner 1937 geborenen Klägers im einzelnen und seine Arbeitsfähigkeit dahin fest, daß er nur mehr leichte und fallweise (nach dem neurologischen Gutachten bis zwei Stunden täglich) mittelschwere Arbeiten (im Sitzen, Stehen und Gehen, wobei nach dem erwähnten Gutachten nach einstündigem Sitzen mindestens 15 Minuten eine andere Arbeitshaltung eingenommen werden muß) verrichten und bis 10 kg schwere Lasten heben und tragen kann. Zu vermeiden sind Arbeiten mit überwiegendem oder dauerndem Bücken bis zum Boden, im Knien, auf Leitern und Gerüsten, mit häufiger unvermeidbarer Durchnässung und Erkältung und ebensolchem starken Temperaturgefälle. Die Einnahme einer warmen Mittagsmahlzeit muß möglich sein. Der Kläger kann umgeschult, angelernt, unterwiesen und eingeordnet werden. Die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes ist nicht eingeschränkt. Der Kläger hat die Tischlerlehre im Jahr 1954 mit der Gesellenprüfung abgeschlossen und von 1966 bis März 1986 als Tischler gearbeitet.

Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes ist der Eintritt des Versicherungsfalles der geminderten Arbeitsfähigkeit beim Kläger, der Arbeitertätigkeiten verrichtet hat, für dessen Dienstverhältnis aber nach dem Dienstvertrag das Angestelltengesetz galt und der der P*** DER A*** leistungszugehörig ist,

inhaltlich nach § 255 Abs 1 ASVG zu prüfen, aber zu verneinen, weil der Kläger innerhalb seiner Berufsgruppe als Tischler noch eine Reihe von Tätigkeiten ausführen könne, die allerdings keine besonders qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten erforderten. Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Dieser könne zwar nicht auf Leimarbeiten, Montagearbeiten in der Sesselerzeugung und von Beschlägen sowie auf Beizarbeiten verwiesen werden, weil diese Tätigkeiten üblicherweise nicht von gelernten Tischlern ausgeübt würden und dazu keine besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich seien. Dies gelte aber nicht für die Tätigkeit eines Rahmentischlers, der runde, viereckige oder ovale Einfassungen von Bildern herstelle und dabei neben handwerklichem Können auch gewisse künstlerische Fähigkeiten benötige. Die Ausübung dieses Berufes, die nach dem berufskundlichen Gutachten möglich sei, bewege sich innerhalb der Berufsgruppe der Tischler und bringe keinen sozialen Abstieg mit sich.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, "das Urteil der beiden Unterinstanzen aufzuheben im Sinne einer Klagestattgebung" (richtig das angefochtene Urteil in diesem Sinn abzuändern) oder allenfalls das Verfahren zur Ergänzung und neuerlichen Entscheidung an eine Vorinstanz zurückzuverweisen. Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Einschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Dem Revisionswerber ist zuzugeben, daß die Tätigkeit eines Rahmentischlers in der Beschreibung der Tätigkeitsmerkmale des Tischlerberufes im Berufslexikon 1 Lehrberufe (Stand Jänner 1987) 326 nicht ausdrücklich erwähnt wird. Dies erklärt sich daraus, daß die nur zwei Spalten umfassende Berufsbeschreibung nur die zwei Hauptgruppen dieses Berufes, nämlich den Bau- und den Möbeltischler ausdrücklich nennt, jedoch - vermutlich wegen Platzmangels - keine der vielen allgemein bekannten Spezialisierungen dieses Berufes, zB den Kunst- und Antiquitätentischler, aber auch den Kassetten-, Kisten-, Parkett-, Rahmen- und Sargtischler (vgl zB Österr. Berufskartei Berufsbild 20; Berufscharakteristik; Deeken, BerufsLexikon Tischler, Bau- und Gerätetischler, Möbeltischler; Oberlandesgericht Wien 12.November 1980, 33 R 206/80 SSV 20/121 = SVSlg 25.957).

Die Spezialisierung des Rahmentischlers in der Bilderrahmenerzeugung wurde - wie vom Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben wurde - im schriftlichen Ergänzungsgutachten des Sachverständigen für Berufskunde ON 18 ausdrücklich genannt und als der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit des Klägers entsprechend bezeichnet. Die Einschränkung, daß es sich "bei diesen Tätigkeiten allerdings um solche handelt, die keine besonders qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern und für die üblicherweise keine gelernten Tischler verwendet werden", bezieht sich offensichtlich nicht auf den Rahmentischler, sondern nur auf die vom genannten Sachverständigen aufgezählten, bei arbeitsteiliger Produktion in Großwerkstätten vorkommenden Teiltätigkeiten der Leimarbeiten, Montagearbeiten in der Sesselerzeugung, Beizarbeiten und ähnliche, auf die der Kläger vom Erstgericht verwiesen wurde. Wenn sich der Revisionswerber auf die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 17.April 1984 (richtig 29.März 1984) (34)R 26/84, SVSlg 29.621 beruft, wonach die Berufe Tischler und Stukkateur "eine durchwegs mittelschwere Arbeitsleistung verlangen", ist er auf das im vorliegenden Fall erstattete, schon erwähnte berufskundliche Ergänzungsgutachten zu verweisen, wonach seine geringere Leitungsfähigkeit für die Tätigkeit als Rahmentischler (und wahrscheinlich auch für die eines Kassettentischlers) ausreicht. Da der Revisionswerber daher seinen erlernten und überwiegend ausgeübten Tischlerberuf jedenfalls noch als Rahmentischler weiter ausüben kann, hat das Berufungsgericht den Eintritt des Versicherungsfalls der geminderten Arbeitsfähigkeit ohne Rechtsirrtum verneint.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit b ASGG.

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