OGH 1Ob583/88

OGH1Ob583/8831.8.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Schobel, Dr. Kropfitsch und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Kasimir W***, Bautechniker, Oberalm 501, vertreten durch Dr. Bernhard Prochaska, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Dietmar E***, Beamter, Innsbruck, Kapuzinerstraße 40, vertreten durch Dr. Klaus Herke, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 515.197,75 s.A. infolge Rekurses der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1988, GZ 3 R 24/88-71, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 20. November 1987, GZ 17 Cg 213/84-83, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Keinem der Rekurse wird Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte war mit der Gattin des Klägers Christine, geborene K***, verheiratet. Die Ehe wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24. Februar 1978, 15 Cg 67/78, geschieden.

Im Jahre 1969 oder 1970 erwarb der Beklagte um den Preis von ca. Lit 13,800.000 eine Eigentumswohnung im Haus Lazise am Gardasee, Esperia 40. Die Hälfte der Barmittel für die Anschaffung der Wohnung und deren Einrichtung brachte der Beklagte selbst auf, die zweite Hälfte stellte der damalige Schwiegervater des Beklagten, der im Jahre 1974 verstorbene Ing. Ernst K***, zur Verfügung. Der Beklagte wurde nach den Bestimmungen des italienischen Codice civile als Eigentümer des auf die Wohnung entfallenden Miteigentumsanteils einverleibt. Vor der Scheidung der Ehe wurden die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten geregelt; unter Mithilfe des Rechtsanwaltes Dr. Peter G*** wurde folgende Vereinbarung geschlossen:

"V E R E I N B A R U N G

getroffen im Hinblick auf die bevorstehende Ehescheidung zwischen Frau Christine E*** geb. K*** einerseits und Herrn

Dipl.Ing. Dietmar E*** andererseits betreffend die Wohnung in Lazise (Gardasee), Esperia 40:

1. Einvernehmlich festgestellt wird, daß nach dem Grundbuchsstande Dipl.Ing. Dietmar E*** als Alleineigentümer vorgenannter Wohnung in der Rechtsform des Condominium eingetragen ist. Dipl.Ing. Dietmar E*** anerkannte, daß zum seinerzeitigen Ankauf dieser Wohnung seitens Herrn Ing. Ernst K*** die Hälfte der Barmittel aufgebraucht wurde, so daß nach den Innenverhältnissen auch die Hälfte vorgenannter Wohnung samt Zubehör dem Ing. Ernst K*** bzw. der Verlassenschaft nach diesem zusteht. Dipl.Ing. Dietmar E*** anerkennt daher Ing. Ernst K*** bzw. dessen Rechtsnachfolger als Hälfteeigentümer vorbezeichneten Condominiums.

2. Im Innenverhältnis gelten daher für das Eigentum an vorbezeichneten Condominium die Bestimmungen über das Miteigentum.

Diese Bestimmungen werden ergänzt:

a) Jedem der Miteigentümer, solange die Verlassenschaft nach Ing. Ernst K*** nicht abgeschlossen ist, auch einzelnen Personen der Verlassenschaft, steht jederzeit das Recht zu, vom übrigen Miteigentümer die Ablöse dessen Anteils zum geschätzten Zeitwert zu fordern.

b) Sollte einer der Miteigentümer seinen Anteil veräußern wollen, so kann dies von der anderen Miteigentümerseite nicht verhindert werden, ist letztere aber berechtigt, dem Verkaufswilligen dessen Anteil zum anteiligen geschätzten Zeitwert abzukaufen. Die Vorgangsweise wird sinngemäß nach den Bestimmungen über das Vorkaufsrecht vereinbart, hat also der Verkaufswillige, soferne nicht eine andere Lösung im Einzelfall vereinbart wird, einen rechtsgültigen Kaufvertrag des dritten Kaufinteressenten dem Miteigentümer vorzulegen, der dann binnen 30 Tagen sich zu äußern hat, ob er den Anteil nach den Bedingungen des vorgelegten Vertrages zum Schätzwertanteil erwerben will oder nicht.

c) Ein Anspruch auf Vergütung für durchgeführte Verkaufsverhandlungen steht keinem der Miteigentümer den anderen Miteigentümern gegenüber zu.

3. Solange nicht durch Rechtsgeschäft dieses im Innenverhältnis bestehende Miteigentum aufgehoben ist, gelten, wie bereits ausgeführt, die Bestimmungen über das Miteigentum. Dipl.Ing. Dietmar E*** einerseits und der Verlassenschaft nach Ing. Ernst K*** bzw. dessen Rechtsnachfolgern andererseits stehen auf Grund des jeweiligen Hälftemiteigentums die gleichen Ansprüche zu, wie auch jede Miteigentumseite zu gleichen Teilen zu den Aufwendungen dieser Wohnung (Betriebskosten, Instandhaltungskosten etc.) beizutragen haben. Hiezu wird festgestellt, daß für Aufwendungen aus der Vergangenheit wechselseitig die Ansprüche ausgeglichen sind. (Dieser letzte Satz ist händisch durchgestrichen. Als Randnotiz hiezu findet sich der Vermerk "pauschal", der ebenfalls gestrichen ist. Sodann folgt der Vermerk "abzurechnen 50 %" sowie ein unleserliches kurzes Stenogramm).

Hinsichtlich der Benützungsregelung wird grundsätzlich festgestellt, daß die Benützung der Wohnung jeweils für einen Zeitraum von 4 Wochen je Miteigentumshälfte ausschließlich zusteht. Dieser Vier-Wochen-Rhythmus wechselt kalendermäßig, ist aber zu jedem Jahresbeginn wiederum zu wechseln, so daß ein Jahr die eine Hälfte mit dem Vier-Wochen-Rhythmus beginnt, während die zweite Hälfte das Jahr darauf beginnt. Diese Grundsatzregelung gilt nur für den Fall, als nicht eine anders lautende Regelung einvernehmlich zustandekommt, wird mit März 1979 begonnen und gilt für 6 Monate (die Zahl 6 ist gestrichen).

Eine Vermietung oder sonstige entgeltliche Überlassung während der jeweiligen Dauer der Benützungsperiode an dritte Personen ist einvernehmlich ausgeschlossen.

4. Soweit nicht zwingende Bestimmungen des italienischen Rechtes anzuwenden sind, gelten für dieses Miteigentumsverhältnis die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des österreichischen Rechtes.

5. Die beiden Partner sind sich darüber einig, daß gegenständliche Vereinbarung internen Zwecken dient.

6. Bis längstens 31. 5. 1978 muß sich die Gegenseite K*** erklären, ob sie den Hälfteanteil um ca. S 800.000 mit Inventar kaufen wolle, ansonsten wird zum Verkaufe ausgeschrieben (Punkt 6 wurde von Dr. G*** händisch ergänzt)".

In einem Aktenvermerk vom 20. 2. 1978 hielt Dr. G*** fest:

"Mit vorstehendem Inhalt unter Berücksichtigung der handschriftlichen Änderungen und Ergänzungen ist Dieter einverstanden".

Die handschriftlichen Ergänzungen gingen auf Wünsche des Beklagten zurück. Seine Gattin stimmte diesen Abänderungswünschen zu. Das Verlassenschaftsverfahren nach Ing. Ernst K*** ist mittlerweile abgeschlossen. Die Gattin des Klägers wurde von den erbserklärten Erben ermächtigt, die Rechte der Verlassenschaft an der Ferienwohnung im eigenen Namen geltend zu machen. Im Jahre 1979 entschloß sich der Beklagte, die Wohnung zu verkaufen. Er inserierte in Zeitungen mehrerer Länder und wollte zunächst als Kaufpreis S 1,4 Millionen und später S 1,2 Millionen. Um diesen Preis konnte er die Wohnung nicht verkaufen. Als sich die Gattin des Klägers im August 1980 an den Klagevertreter wandte, weil ihr der Beklagte die Benützung der Wohnung verweigerte, berief sie sich auf ihr Vorkaufsrecht laut Punkt 2 b der Vereinbarung. Der damalige Vertreter des Beklagten erachtete den Beklagten im Hinblick auf Punkt 6 der Vereinbarung als zum Verkauf der Wohnung befugt. In weiterer Folge bot der Beklagte der Gattin des Klägers unpräjudiziell an, ihr gegen Leistung des Betrages von S 900.000 die gesamte Liegenschaft zu übertragen. Er wies dabei auf die Möglichkeit eines baldigen anderen Vertragsschlusses hin. Der Beklagte setzte eine Überlegungsfrist von acht Tagen. Ca. zwei Wochen später lehnte der Vertreter des Klägers das Kaufanbot ab. Bei seinem Preisvorschlag von S 900.000 für den Hälfteanteil der Wohnung ging der Beklagte irrtümlich von einer Nutzfläche von 110 bis 120 m2 aus. Er hielt den Preis zwar selbst für sehr hoch gegriffen, glaubte aber, ein ernsthaftes Anbot zu machen. Mit dem Schreiben vom 4. September 1981 teilte der Beklagte dem Vertreter des Klägers schließlich mit, er habe die Liegenschaft samt Inventar um rund S 700.000 verkauft, ausgenommen einige persönliche Gegenstände seiner geschiedenen Gattin, die in Italien (bei einem Geschäftspartner) deponiert seien. Als der Beklagte diese Gegenstände später holen wollte, waren sie nicht mehr vorhanden. Der Kläger, dem Christine W*** alle ihr gegen den Beklagten zustehenden Ansprüche abgetreten hat, begehrt unter Berücksichtigung einer Teilzahlung von S 284.802,25 die Bezahlung des Betrages von S 515.197,75 s.A. Der Beklagte habe mit dem Verkauf der Eigentumswohnung die Rechte der Christine W*** an der Wohnung verletzt und habe ihr deshalb die Hälfte des Wertes der Wohnung samt Inventar, sohin S 800.000, zu ersetzen. Dabei sei schon berücksichtigt, daß der Beklagte von 1978 bis zum Verkauf zum Teil die gesamten Betriebs- und Erhaltungskosten der Wohnung getragen habe. Aus diesem Titel stünden dem Beklagten Ansprüche nur bis 31. Dezember 1979 zu. Ab dem 1. Jänner 1980 habe der Beklagte Christine W*** an der Nutzung der Wohnung gehindert, indem er sich geweigert habe, ihr einen Schlüssel auszufolgen. Auf den Ersatz früherer Betriebskosten habe der Beklagte verzichtet. Der Beklagte habe die Wohnung letztlich an Luciano M*** um 160 Millionen Lire verkauft, was dem Betrag von S 1,936.000 entspreche. In Ansehung eines Teiles der Christine W*** gehörenden Gegenstände habe der Beklagte seine Pflichten als Verwahrer nicht erfüllt, weshalb ein Teilbetrag von S 100.000 als Schadenersatz für die verlorengegangenen Gegenstände gebühre.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Er habe im Jänner 1971 von Tomaso B*** die streitgegenständliche Wohnung gekauft, Ing. Ernst K*** habe die Hälfte des Kaufpreises inklusive Nebenkosten sowie die Kosten der Wohnungseinrichtung, insgesamt ca. S 270.000, bezahlt. In der Vereinbarung vom 20. Februar 1978 sei er ermächtigt worden, nach Ablauf der der Verlassenschaft nach Ing. Ernst K*** gesetzten Frist (31. Mai 1978) die Wohnung von sich aus zu verkaufen. Trotz intensiver Bemühungen habe er das Objekt nur um 50 Millionen Lire veräußern können. Er habe von diesem Betrag die Umsatzsteuer von 3,1 Millionen Lire zu entrichten gehabt und einen Betrag von 4,350.000 Lire als Sicherstellung für weitere Umsatzsteuer beim Notar hinterlegen müssen. Von diesem Betrag seien seinem Steuerberater Lit 3,590.000 refundiert worden. Hievon habe der Steuerberater sein Honorar von Lit 470.000 abgezogen, so daß ihm nur mehr Lit 3,120.000 zugekommen seien. Der reine Verkaufserlös habe demnach Lit 45,670.000 betragen, was unter Berücksichtigung des Kurswertes im Zeitpunkt des Verkaufes und des bis zur Auszahlung des Erlages weiter gesunkenen Kurswertes der Lire einem Schillinggegenwert von S 634.604,50 entspreche. Die in den Jahren 1972 bis 1980 auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten hätten S 56.550, seine Spesen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Wohnung S 18.450 betragen, so daß vom Verkaufspreis insgesamt S 75.000 in Abzug zu bringen seien. Daraus errechne sich für den Hälfteanteil der Christine W*** ein reiner Verkaufserlös von S 279.802,25, der an den Kläger überwiesen worden sei. Überdies habe er S 5.000 für verloren gegangene Fahrnisse bezahlt. Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger den Betrag von S 107.334,25 s.A. zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zuspruch von S 407.863,50 s.A. wies es ab. Das Erstgericht stellte fest: Nach Bauweise und Ausstattung sei der Neuwert von 1 m2 Wohnnutzfläche im Haus mit etwa S 8.000 zu bewerten. Der Zeitwert im Jahre 1981 betrage für das Appartement als solches, den Grundanteil und die damals vorhandene Einrichtung S 816.282,96. Der Ertragswert der Wohnung habe sich im Jahre 1981 auf S 734.000 belaufen, woraus sich ein Verkehrswert mit S 775.141 ergebe. Der Beklagte habe vom Käufer der Ferienwohnung einen Kaufpreis von 50 Millionen Lire erhalten, was im Jahre 1981 bei einem Kurs von ca. S 1,41 für 100 Lire dem Betrag von S 705.000 entsprochen habe. Es könne nicht festgestellt werden, daß der Beklagte weitere Beträge vom Käufer erhalten habe. Der Beklagte habe dem Vertragsverfasser Notar M***, Verona, einen Betrag von Lit 1,010.000 und dem Steuerberater Z***, Bozen, für Umsatzsteuer Lit 470.000 zu entrichten gehabt. Nicht feststellbar sei, wie hoch die Betriebskosten gewesen seien, die der Beklagte seit dem Jahre 1971 bis zum Verkauf der Wohnung bezahlt habe.

Rechtlich führte das Erstgericht aus: In der Vereinbarung vom 20. Februar 1978 habe sich der Beklagte im Innenverhältnis gegenüber der Verlassenschaft nach Ing. Ernst K*** verpflichtet, sich so zu verhalten, als ob Miteigentum vorläge. Nach Punkt 6 der Vereinbarung sei dem Beklagten das Recht eingeräumt worden, die Wohnung ohne Kontaktnahme mit der Gegenseite zu verkaufen, wie dies auch seiner Stellung als Alleineigentümer entsprochen habe. Der Beklagte sei allerdings verpflichtet gewesen, beim Verkauf mit gehöriger Sorgfalt vorzugehen. Unter diesem Gesichtspunkt sei er verpflichtet, den halben Verkehrswert der Wohnung abzüglich der mit dem Verkauf verbundenen Spesen, somit einen Betrag von S 377.136,50, zu bezahlen. Darüber hinaus habe er den Wert der abhanden gekommenen persönlichen Gegenstände der Christine W***, der gemäß § 273 ZPO mit S 15.000 anzunehmen sei, zu ersetzen. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten geleisteten Zahlung von S 284.802,25 stehe dem Kläger demnach noch eine Forderung von S 107.334,25 s.A. zu.

Das Berufungsgericht gab den gegen dieses Urteil erhobenen Berufungen beider Streitteile Folge, hob es mit Ausnahme des rechtskräftig gewordenen Zuspruchs von S 10.000 s.A. unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Weder der Wortlaut noch der Sinn des Punktes 6 der in Ansehung der Eigentumswohnung geschlossenen Vereinbarung könne dahin verstanden werden, daß der Beklagte nach dem 31. Mai 1978 die Wohnung eigenmächtig zu einem ihm genehmen Preis veräußern durfte. Die bisherigen Verfahrensergebnisse böten auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Verlassenschaft nach Ing. Ernst K*** von jeder Mitsprache und Mitentscheidung beim Verkauf der Eigentumswohnung ausgeschlossen sein sollte. Das Erstgericht werde deshalb durch ergänzende Einvernahme des Vertragsverfassers Rechtsanwalt Dr. Peter G*** und der Vertragsteile den Umfang der dem Beklagten eingeräumten Befugnis zu klären haben, insbesondere zu welchen Konditionen der Beklagte die Wohnung verkaufen durfte und ob ihm ein Preislimit vorgegeben war. Aber auch ohne ausdrückliche oder schlüssige Preisvorgabe habe den Beklagten als Bevollmächtigten und Geschäftsbesorger gemäß § 1009 ABGB eine umfassende Treuepflicht getroffen. Sie beinhalte die Verpflichtung, die Wohnung zum bestmöglichen Preis, keinesfalls aber unter dem Marktwert, zu verkaufen. Wenn der Beklagte gegen den Willen der Verlassenschaft nach Ing. Ernst K*** den Verkauf vorgenommen haben sollte, sei er als Geschäftsführer gemäß § 1040 ABGB zu behandeln und hätte jeden Anspruch auf Ersatz des mit dem Geschäft verbundenen Aufwandes verloren. Zu ersetzen sei aber nur der Verkehrswert, da der Kläger ein Vorbringen, daß ihm der Wert der besonderen Vorliebe gebühre, nicht erstattet habe. Der Verkehrswert richte sich im vorliegenden Fall danach, welchen Verkaufswert (Marktpreis) die Wohnung im Verkaufszeitpunkt hatte. Die Feststellung des Verkaufswertes erfordere die Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen Günther M*** dahin, welche Preise für nach Errichtungszeitpunkt, Ausstattung und Lage vergleichbare Wohnungen im Jahre 1981 tatsächlich erzielt wurden. Zu berücksichtigen sei auch, daß nach den Ergebnissen des gegen den Beklagten eingeleiteten Strafverfahrens die Wohnung von Luciano M*** um insgesamt Lit 70 Millionen gekauft wurde. Die Errechnung des arithmetischen Mittels aus Ertrags- und Bauwert sei nicht angemessen. Das Erstgericht werde auch konkrete Feststellungen über den Wert der vom Beklagten verkauften Einrichtungsgegenstände und jener Fahrnisse der Christine W***, die verloren gegangen sind, zu treffen haben. Durch Ausschöpfung der Beweismittel werde auch festzustellen sein, welche Betriebs- und Erhaltungskosten der Beklagte getragen habe. Was die vom Beklagten in Anrechnung gebrachten Aufwendungen für die Einschaltung des Steuerberaters, des Notars bzw. an Gebühren und Steuern betreffe, so werde zu klären sein, ob die Einschaltung dritter Personen zur Abwicklung des Kaufvertrages notwendig war und ob die aufgelaufenen Kosten nicht ohnehin vom Käufer zu tragen waren bzw. getragen wurden.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobenen Rekursen der Streitteile kommt Berechtigung nicht zu.

Punkt 6 der getroffenen Vereinbarung ist jedenfalls dahin zu verstehen, daß der Beklagte, wenn "die Gegenseite K***" den Hälfteanteil nicht um den Preis von S 800.000 erwarb, zum Verkauf der Eigentumswohnung berechtigt war, so daß der Verkauf auch keine verbotene Geschäftsführung gemäß § 1040 ABGB darstellte. Dem Berufungsgericht ist aber darin beizupflichten, daß Punkt 6 den Beklagten nicht berechtigte, die Eigentumswohnung zu einem ihm genehmen Preis zu veräußern. Da sich die Vertragsteile die Rechtsstellung von Miteigentümern einräumten, kam dem Beklagten bei Veräußerung der Eigentumswohnung, was die Hälfte seiner geschiedenen Gattin betrifft, die Rechtsstellung eines Bevollmächtigten zu. Der Machtgeber hat Anspruch auf die uneingeschränkte Wahrung seiner Interessen durch den Machthaber. Die Durchführung des Verkaufes hatte nach der Übung des redlichen Verkehrs, d.h. nach Treu und Glauben, zu erfolgen und erforderte die tätige Wahrnehmung der Interessen des andern Teils durch den Beklagten (EvBl. 1959/261; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 9, 17 zu § 1009). Daß dem Beklagten ein bestimmtes Preislimit vorgegeben gewesen wäre oder sonst Konditionen des Verkaufes vereinbart worden wären wurde nicht behauptet, so daß eine Ergänzung des Verfahrens in dieser Richtung unterbleiben kann. Der Beklagte durfte aber in Wahrung der Interessen seiner geschiedenen Gattin nur zum Verkehrswert veräußern. Ein Verkauf zu einem darunter liegenden Preis machte ihn schadenersatzpflichtig. Daß die Veräußerung der Eigentumswohnung grundsätzlich zum Verkehrswert zu erfolgen hatte, erweisen auch die Punkte 2 a und 2 b der Vereinbarung, wonach jedem der Miteigentümer das Recht eingeräumt wurde, vom anderen, insbesondere bei Verkauf an einen Dritten, die Ablöse des Anteiles zum geschätzten Zeitwert zu begehren.

Der Verkehrswert einer Liegenschaft kann grundsätzlich auf verschiedene Art bestimmt werden. Bei Gebäuden und Eigentumswohnungen ist sowohl die Vergleichswert- als auch die Ertragswert- und Sachwertmethode anwendbar (SZ 55/56; vgl. Rummel-Schlager, Enteignungsentschädigung 110, 113, 115). Für die Wahl der Berechnungsmethode kommt es vor allem auf den Zweck an, für den die Wertfeststellung erfolgen soll (SZ 55/56; SZ 49/118). Nach der Vergleichswertmethode wird der Verkehrswert (Austauschwert) unter Heranziehung von Preisen ermittelt, die für Grundstücke gleicher Art und Beschaffenheit im örtlichen Bereich von Kauflustigen geboten werden. Eine völlige Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit der Beschaffenheit der zu vergleichenden Grundstücke wird aber kaum jemals gegeben sein, so daß der Gutachter in Wahrheit ohne zusätzliche abstrakte Bewertungen nicht auskommen kann. Sind aber ausreichend viele tatsächliche Verkäufe nachweisbar, ist primär auf diese abzustellen, da diese Methode doch mit weniger Unsicherheit behaftet ist als eine bloß abstrakte Wertermittlung. Bei Anwendung der Vergleichswertmethode ist aber doch eine gewisse Vorsicht am Platz, weil neben anderen verfälschenden Faktoren vielfach nicht die wirklich erzielten Kaufpreise beurkundet werden (Rummel-Schlager a.a.O. 112). Die Ertragswert- und Sachwertmethode kann dann zur Überprüfung des mit der Vergleichswertmethode ermittelten Verkehrswertes herangezogen werden. Da Ferienwohnungen im geschäftlichen Verkehr vielfach vermietet werden, bildet der Ertrag aus den Zinseinnahmen eine taugliche weitere Grundlage für die Errechnung des Wertes der Wohnung (SZ 55/56; SZ 53/167; SZ 49/118; RummelSchlager a.a.O. 113). Da die Vergleichswertmethode primär für die Ermittlung des Verkehrswertes in Betracht kommt, ist dem Auftrag des Berufungsgerichtes zur Ergänzung des Beweisverfahrens über die im Jahr 1981 für vergleichbare Objekte konkret erzielten Preise, wenngleich Verfahrensergebnisse in dieser Richtung bereits vorliegen (vgl. ON 44), nicht entgegenzutreten. Für die Ermittlung des Verkehrswertes mag es auch von Bedeutung sein, daß nach den bisherigen Feststellungen dem Beklagten zwar für die Wohnung selbst kein höherer Betrag als 50 Millionen Lire zugeflossen ist, daß der Käufer Luciano M*** nach den Ergebnissen des gegen den Beklagten eingeleiteten Strafverfahrens (33 Vr 4077/81 des Landesgerichtes Innsbruck, ON 23) für die ihm vom Beklagten verkauften Einrichtungsgegenstände aber einen weiteren Betrag von 16 Millionen Lire bezahlt haben soll; es wird zu klären sein, für welche Einrichtungsgegenstände dieser erhebliche Teilbetrag bezahlt worden sein soll. Für die Ermittlung des Verkehrswertes ist es hingegen ohne Bedeutung, daß der Beklagte selbst davon ausging, daß der Hälfteanteil einen Wert von S 900.000 repräsentiere, als er seiner geschiedenen Gattin den Hälfteanteil zu diesem Preis zum Erwerb angeboten hat. Der Wert der besonderen Vorliebe wäre vom Beklagten nur zu ersetzen, wenn die Voraussetzungen des § 1331 ABGB gegeben wären, was nicht behauptet wurde. Den weiteren Aufträgen des Berufungsgerichtes treten die Rechtsmittelwerber nicht entgegen. Demzufolge ist dem Rekurs der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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