OGH 2Ob47/88

OGH2Ob47/8830.8.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Niederreiter als Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Peter D***, Frühpensionist, Koppstraße 89-93/1/3/11, 1160 Wien, vertreten durch Dr. Kurt Eckmair und Dr. Reinhard Neureiter, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Herbert K***, Angestellter, Korbergasse 24/3/19, 1120 Wien, 2) Manuela H***,

Angestellte, Wasagasse 10/20, 1090 Wien, und 3) G*** W*** V***, p.Adr. Lobkowitzplatz 1, 1010 Wien,

alle vertreten durch Dr. Hans Kreinhöfner und Dr. Thomas Mader, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1) S 4,016.932 s.A. und Feststellung (S 500.000), 4 Cg 726/85 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, und 2) S 3,091.899 s.A., 23 Cg 703/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, Revisionsstreitwert S 305.000, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 11. November 1987, GZ 18 R 231/87-56, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 27. Mai 1987, GZ 4 Cg 726/85-49, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus einem am 18. Jänner 1983 in Wien erlittenen Verkehrsunfall zu 23 Cg 703/86 des Erstgerichtes die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 3,091.899 sA und zu 4 Cg 726/85 des Erstgerichtes die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 4,016.932 sA; überdies stellte er hier ein Feststellungsbegehren. Die beiden Rechtsstreite wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Das zu 23 Cg 703/86 des Erstgerichtes vom Kläger gestellte Leistungsbegehren umfaßt unter anderem einen Betrag von S 305.000 sA, dessen Zuspruch der Kläger unter dem Titel "Verwaltungskosten" mit der Begründung begehrte, er könne entsprechend ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes hiefür 12 % der Schadenssumme geltend machen; aus "prozessualen Vorsichtsgründen" würden jedoch nur 6 % der Gesamtschadenssumme, also ein Betrag von S 305.000, geltend gemacht (Punkt 8) des zu 23 Cg 703/86 gestellten Klagebegehrens).

Die Beklagten wendeten dazu ein, daß der Kläger weder eine juristische Person sei noch Verwaltungsaufgaben zu verrichten habe. In Wahrheit wolle hier der Kläger einen Anspruch aus dem Vertrag zwischen ihm und dem VVS bzw. der Firma O*** auf den Schädiger überwälzen, "was aber nach der ständigen Judikatur nicht gerechtfertigt erscheine".

Das Erstgericht entschied mit Zwischenurteil, "daß das Klagebegehren mit Ausnahme der Begehren laut Punkt 8) und 9) zu 23 Cg 703/86, welche nicht zu Recht bestehen, dem Grunde nach zu Recht besteht".

Bezüglich des unter Punkt 8) zu 23 Cg 703/86 gestellten Klagebegehrens führte es aus, "Verwaltungskosten" in der vorliegenden Unbestimmtheit seien keine ersatzfähigen Schadenersatzansprüche; sie "schienen offenkundig nur dem Zweck zu dienen, die gerichtsnotorischen Provisionsansprüche des Unfallhelfers aufzufetten".

Der gegen dieses Zwischenurteil des Erstgerichtes gerichteten Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte bezüglich des Punktes 9) des zu 23 Cg 703/86 gestellten Begehrens die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es auch diese Klagsforderung dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannte; das im Punkt 8) zu 23 Cg 703/86 gestellte Klagebegehren wies es ab.

Bezüglich des letzterwähnten Begehrens führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, einen solchen Anspruch billige die Rechtsprechung etwa den ÖBB als Abgeltung des Aufwandes zu, der ihnen durch die Ausschreibung, Vergebung, Abrechnung, Prüfung und Abnahme der in Auftrag gegebenen Reparaturleistungen sowie durch die sonstige damit verbundene Verwaltungs- und Kassatätigkeit aufgelaufenen Selbstkosten entstanden sei. Soweit dem Kläger derartige Auslagen anläßlich des Erwerbes einer behindertengerechten Unterkunft tatsächlich entstehen sollten etwa durch die Bauüberwachung -, gehörten sie zu den dem Grunde nach bereits zugesprochenen Kosten der Beschaffung einer solchen Wohnung. Die bloße Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen rechtfertige aber den Zuspruch eines pauschalen Verwaltungskostenbetrages nicht. Hiefür könnten nur Kosten von dem entsprechenden Parteienvertreter im Rahmen des Kostenersatzanspruches geltend gemacht werden. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Tätigkeit eines Beraters in Versicherungsangelegenheiten ausgesprochen habe, der Geschädigte dürfe nicht genötigt werden, den geschäftsgewandten Beauftragten des Versicherers persönlich entgegenzutreten, oder, wenn er das tun wolle, auf einen sachkundigen Helfer zu verzichten. Damit sei nichts darüber ausgesagt, welche Kosten derjenige, der einen solchen Helfer in Anspruch nehme, dann ersetzt verlangen könne. Dazu komme, daß der Kläger im Verfahren erster Instanz überhaupt nicht konkretisiert habe, für welche bestimmten Tätigkeiten er den pauschalierten Verwaltungskostenbetrag begehre. Bei Verneinung der Berechtigung des gestellten Anspruches dem Grunde nach sei jedoch kein negatives Zwischenurteil, sondern ein abweisendes Endurteil zu fällen. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie im Umfang der Abweisung seines zu Punkt 8) in 23 Cg 703/86 des Erstgerichtes gestellten Begehrens aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, "daß ihm der Betrag von S 305.000 sA zugesprochen werde"; hilfsweise stellt er Aufhebungsanträge.

Die Beklagten haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Es trifft sicher zu, daß der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, daß jeder Geschädigte, der Zeit und Geld im Zusammenhang mit der Behebung des Schadens aufwenden muß, den Ersatz dieses Mehraufwandes vom Schädiger verlangen kann und daß in derartigen Fällen, wenn die Feststellung der Höhe eines solchen Mehraufwandes mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden wäre und unverhältnismäßig hohe Kosten erforderte, dieser Schaden mit einem angemessenen Pauschalbetrag abgegolten werden kann (SZ 40/144; ZVR 1977/10 ua).

Allein daraus ist im vorliegenden Fall für den Kläger nichts zu gewinnen, weil er im Verfahren erster Instanz zur Begründung seines behaupteten Anspruches gar nicht behauptet hat, daß er im Zusammenhang mit der Behebung des ihm zugefügten Schadens Zeit und Mühe aufwenden habe müssen. Dem Vorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz ist nicht einmal zu entnehmen, daß ihm auch nur im Zusammenhang mit der Geltendmachung seiner Schadenersatzforderungen bestimmte Kosten entstanden wären. Er verlangte vielmehr nur den Zuspruch eines bestimmten Prozentsatzes der von ihm behaupteten Schadenersatzforderung aus dem nicht näher umschriebenen Titel von "Verwaltungskosten". Ein derartiger Schadenersatzanspruch läßt sich aus den Bestimmungen des österreichischen Schadenersatzrechtes nicht ableiten.

In der Abweisung dieses Begehrens des Klägers durch das Berufungsgericht ist daher ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Der Revision des Klägers muß somit ein Erfolg versagt bleiben. Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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