OGH 2Ob20/88

OGH2Ob20/8812.7.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz L***, Angestellter, 5211 Friedburg 45, vertreten durch Dr. Gunther Stemberger und Dr. Peter Zumtobel, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1) Verlassenschaft nach dem am 7.Dezember 1984 verstorbenen Robert F***, Elektriker, Thumeggerstraße 39, 5020 Salzburg, und

2) C*** V*** AG, Börsegasse 14, 1013 Wien, beide

vertreten durch Dr. Heinz Paradeiser und Dr. Raimund Danner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 333.716,35 s.A. und Feststellung (S 20.000,-), Revisionsstreitwert S 326.124,20, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2.November 1987, GZ 1 R 94/87-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30.Dezember 1986, GZ 14a Cg 167/85-24, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.467,24 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 1.133,39, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 25.3.1983 ereignete sich gegen 7,30 Uhr auf der Wiener Bundesstraße bei Km 295 im Gemeindegebiet von Hallwang (Freilandgebiet) ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen V 185.205 und Robert F*** (er ist am 7.12.1984 verstorben) als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen S 126.735 beteiligt waren. Die Zweitbeklagte ist der Haftpflichtversicherer des letztgenannten Kraftfahrzeuges. Die beiden Fahrzeuge kollidierten im Begegnungsverkehr. Dabei wurden beide Lenker verletzt und beide Fahrzeuge beschädigt. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde gegen den Kläger zu 27 U 433/84 und gegen Robert F*** zu 29 U 3372/84 des Bezirksgerichtes Salzburg ein Strafverfahren eingeleitet. Der Kläger wurde rechtskräftig gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen; das gegen Robert F*** eingeleitete Strafverfahren wurde gemäß § 227 StPO eingestellt.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 333.716,35 s A; überdies stellte er ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für seine künftigen Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren. Das Leistungsbegehren des Klägers, das ansonsten der Höhe nach nicht mehr strittig ist, umfaßt auch einen Betrag von S 300.000,- aus dem Titel des Schmerzengeldes. Auch das Feststellungsinteresse des Klägers ist nicht mehr strittig.

Dem Grunde nach stützte der Kläger sein Begehren im wesentlichen auf die Behauptung, daß Robert F*** das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall treffe. F*** sei mit seinem PKW in Richtung Eugendorf gefahren, wobei das Fahrzeug offenbar infolge überhöhter Geschwindigkeit auf der regennassen Fahrbahn ins Schleudern geraten, dabei auf die linke Fahrbahnseite gekommen und gegen den vom Kläger auf seiner rechten Fahrbahnseite gelenkten entgegenkommenden PKW gestoßen sei.

Die Beklagten wendeten dem Grunde nach im wesentlichen ein, das Alleinverschulden an diesem Verkehrsunfall treffe den Kläger, weil er einen LKW überholt habe und sich nicht mehr zur Gänze auf seine rechte Fahrbahnseite einreihen habe können. Dadurch sei der mit seinem PKW entgegenkommende Robert F*** zu einem starken Abbremsen seines Fahrzeuges gezwungen worden, wodurch das Fahrzeug ins Schleudern geraten und mit dem noch nicht rechts eingeordneten PKW des Klägers zusammengestoßen sei.

Die Beklagten wendeten ein, daß das vom Kläger verlangte Schmerzengeld überhöht sei. Schließlich wendeten sie eine Schadenersatzforderung der Erstbeklagten aus diesem Verkehrsunfall in der Höhe von S 68.700,- aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein. Der Höhe nach ist diese eingewendete Gegenforderung nicht mehr strittig.

Das Erstgericht entschied, daß die Klagsforderung mit S 80.020,-

s A zu Recht und mit S 253.696,35 s A nicht zu Recht besteht und daß die eingewendete Gegenforderung mit S 18.600,- zu Recht und mit S 50.000,- nicht zu Recht besteht. Es verurteilte daher die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 61.420,- s A und wies das auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 272.296,35 s A gerichtete Leistungsmehrbegehren des Klägers ab. Dem Feststellungsbegehren gab es in Ansehung der Hälfte der künftigen Unfallschäden des Klägers statt, wobei es die Haftung der Zweitbeklagten mit der Höhe der gesetzlichen Haftpflichtversicherungssumme begrenzte.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden für die allein noch strittigen Fragen der Haftung der Beklagten dem Grunde nach und der Höhe des Schmerzengeldanspruches des Klägers erheblichen Sachverhalt fest:

Zur Unfallszeit war es bereits hell; es herrschte starker Regen. Der Kläger fuhr mit seinem PKW aus Richtung Eugendorf kommend den Rengerberg abwärts. Am Ende des ca 10 %igen Gefälles liegt eine Linkskurve; danach setzt sich die Wiener Bundesstraße fast eben über ca 300 m geradlinig fort. Ca 200 m nach Ende der Kurve und des Gefälles - in Fahrtrichtung des Klägers gesehen - ereignete sich der Zusammenstoß zwischen dem PKW des Klägers und dem aus Richtung Salzburg entgegenkommenden Fahrzeug des Robert F***. Knapp vor der Kollision schleuderte der PKW des F*** derart, daß er zum Kollisionszeitpunkt einen Winkel von 90 Grad zur Fahrbahnlängsachse einhielt, sodaß das Fahrzeug des Klägers mit der Front gegen die rechte Längsseite des PKW des Robert F*** stieß. Warum das Fahrzeug des F*** vor der Kollision schleuderte und wo sich die Kollisionsstelle, bezogen auf die Breite der Fahrbahn, genau befand, konnte nicht festgestellt werden. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, ob der Kläger mit seinem PKW unmittelbar vor der Kollision einen LKW überholte oder bereits längere Zeit vor diesem auf der rechten Fahrbahnseite fuhr. Es war nicht feststellbar, auf welcher Fahrbahnseite sich die Kollision ereignete und ob das Schleudern des PKW des F*** seine Ursache in der eigenen zu hohen Geschwindigkeit oder in einem abrupten Abbremsen wegen des entgegenkommenden überholenden PKW des Klägers hatte.

Der Kläger erlitt bei dem Unfall eine Gehirnerschütterung, einen Bruch des linken Jochbeines, einen Bruch des linken Oberarms durch das Ellbogengelenk und knapp oberhalb des Ellbogengelenkes, einen Bruch der linken Elle, einen Bruch des rechten Oberschenkels im Bereich des Kniegelenks und knapp oberhalb des Kniegelenks sowie einen Bruch der rechten Kniescheibe. Diese Verletzungen wurden zum Teil operativ, zum Teil konservativ versorgt. Der Kläger war ca 5 Monate bis Ende August 1983 im Krankenstand. Im Jahr 1984 wurde die Metallentfernung im Unfallkrankenhaus Salzburg durchgeführt. Damit war wieder ein vierwöchiger Krankenstand verbunden. Unter Berücksichtigung der mehrfachen operativen Eingriffe erlitt der Kläger (gerafft) 2 Wochen starke Schmerzen, 8 Wochen mittelstarke Schmerzen und 12 Wochen leichte Schmerzen. Die Rotation des linken Ellbogens ist zu einem Drittel eingeschränkt. Die Muskulatur des Ober- und Unterschenkels rechts ist deutlich verschmächtigt. Die grobe Kraft im rechten Bein ist herabgesetzt; das rechte Bein ist um 2 cm verkürzt und wird nur geringer belastet. Auf Grund der Brüche im Gelenksbereich des linken Ellbogens und des rechten Kniegelenks sind Dauerfolgen zurückgeblieben und es liegt eine Bewegungsbehinderung in Form einer Einschränkung der Beweglichkeit vor. Diese Behinderung ist bei Wetteränderungen und bei stärkeren Belastungen mit Schmerzen verbunden. In Zukunft sind pro Jahr 2 Wochen leichte Schmerzen zu erwarten. Diese Schmerzzustände werden zeitlebens wiederkehren, jedoch wird hinsichtlich der Bewegungseinschränkung eine Gewöhnung erfolgen. Der Kläger kann derzeit keinen Sport mehr betreiben; er kann nicht laufen oder schifahren. Im Zuge der Gewöhnung kann zwar hier eine Besserung eintreten; eine Behinderung wird jedoch erfahrungsgemäß zeitlebens bestehen bleiben. Auch kann infolge der beim Unfall erlittenen Verletzungen eine verstärkte Arthrose auftreten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß es keiner der Parteien gelungen sei, ein Verschulden des Gegners am Zustandekommen dieses Unfalles nachzuweisen. Infolge des Fehlens einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr und des Vorliegens einer gleich großen gewöhnlichen Betriebsgefahr sei im Sinne des § 11 EKHG von einer Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 auszugehen. Im Hinblick auf die Verletzungen des Klägers und ihre Folgen gebühre dem Kläger ein Schmerzengeld von (ungekürzt) S 200.000,-. Unter Berücksichtigung einer dem Kläger bereits zugekommenen Teilzahlung von S 30.000,- kam das Erstgericht zu der oben wiedergegebenen Entscheidung.

Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten keine Folge. Hingegen gab es der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Klagsforderung mit S 306.124,20 s A als zu Recht und mit S 27.592,15 s A als nicht zu Recht bestehend und die eingewendete Gegenforderung von S 68.700,- als nicht zu Recht bestehend erkannte. Es verurteilte daher die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 306.124,20 s A und wies das auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 27.592,15 s A gerichtete Mehrbegehren des Klägers ab. Dem Feststellungsbegehren des Klägers gab es in Ansehung aller künftiger Unfallschäden statt, wobei es die Haftung der Zweitbeklagten mit den Haftungshöchstbeträgen nach § 15 EKHG beschränkte; das Feststellungsmehrbegehren wies es ab.

Das Berufungsgericht stellte nach Beweiswiederholung ergänzend zu den Feststellungen des Erstgerichtes bzw diese abändernd fest, daß der Kläger vor dem Unfall einen von Franz H*** gelenkten LKW überholte. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, in welcher Entfernung vor der Zusammenstoßstelle der Kläger dieses Überholmanöver durchgeführt und abgeschlossen hatte. Im Zeitpunkt des Zusammenstoßes hatte er es jedoch bereits beendet gehabt und befuhr mit einer Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h wieder die rechte Fahrbahnhälfte. Im übrigen übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich.

Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, für die gegenseitige Ersatzpflicht der an einem Verkehrsunfall Beteiligten komme es nach der im § 11 Abs 1 EKHG aufgestellten Rangordnung in erster Linie auf das Verschulden der Beteiligten an; in Ermangelung eines Verschuldens eines der Beteiligten sei die auf der nächsten Rangstufe stehende außergewöhnliche Betriebsgefahr als Beurteilungsmaßstab heranzuziehen und erst nach dieser die überwiegende gewöhnliche Betriebsgefahr. Die Behauptungs- und Beweislast für ein Verschulden des Schädigers treffe den Geschädigten. Jede in dieser Richtung verbleibende Unklarheit gehe zu Lasten des ein Verschulden des Gegners behauptenden Beteiligten. Aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich, daß es zum Zusammenstoß der Fahrzeuge kam, nachdem der Kläger nach einem Überholmanöver bereits wieder auf die rechte Fahrbahnhälfte zurückgekehrt war und daß die Ursachen, aus denen der von Robert F*** gelenkte PKW ins Schleudern geriet, nicht geklärt werden konnten. Diese Feststellungen reichten nicht aus, um einem der beteiligten Halter und Lenker einen unfallskausalen schuldhaften Verstoß gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften und damit ein Verschulden am Unfall anzulasten. Dies gelte auch für Robert F***, weil nicht ausgeschlossen werden könne, daß das Schleudern seines PKW durch das Verhalten des Klägers veranlaßt worden sei. Zu prüfen sei daher, ob im Sinne des § 11 Abs 1 EKHG der Schaden durch außergewöhnliche Betriebsgefahr verursacht worden sei. Eine außergewöhnliche Betriebsgefahr im Sinne des § 9 Abs 2 EKHG und des § 11 Abs 1 EKHG sei dann anzunehmen, wenn die Gefahren, die regelmäßig und notwendig mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges verbunden seien, durch das Hinzutreten besonderer, nicht schon im normalen Betrieb gegebener Umstände vergrößert würden. Der Unterschied zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Betriebsgefahr sei funktionell darin zu erblicken, daß zur gewöhnlichen Betriebsgefahr besondere Gefahrenmomente hinzukämen, die nach dem normalen Ablauf der Dinge nicht schon dadurch gegeben gewesen seien, daß ein Fahrzeug überhaupt in Betrieb gesetzt worden sei. Unter diesem Gesichtspunkt müsse die von einem ins Schleudern geratenen Kraftfahrzeug, das von seinem Lenker nicht mehr beherrscht werden könne, ausgehende Gefahr als außergewöhnliche Betriebsgefahr im Sinne des § 9 Abs 2 EKHG und des § 11 Abs 1 EKHG qualifiziert werden.

Für den vorliegenden Fall ergebe sich daraus, daß der Kläger nur für die gewöhnliche Betriebsgefahr seines Kraftfahrzeuges einzustehen habe, weil er im Unfallszeitpunkt die rechte Fahrbahnhälfte mit einer nach den Umständen zulässigen Geschwindigkeit befahren habe. Der PKW des Robert F*** hingegen sei aus ungeklärter Ursache auf die linke Fahrbahnhälfte geschleudert und habe im Zusammenstoßzeitpunkt einen Winkel von etwa 90 Grad zur Fahrbahnlängsachse eingehalten, sodaß er die Fahrbahn weitgehend blockiert habe. Die von seinem schleudernden PKW ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr habe Robert F*** zu vertreten. Im Sinne der im § 11 Abs 1 EKHG normierten Rangordnung bestehe unter diesen Umständen kein Anlaß, den Kläger zum Schadensausgleich heranzuziehen, sodaß die Beklagten dem Kläger für den ihm entstandenen Schaden im Rahmen der Bestimmungen des EKHG hafteten. Bei der Bemessung des dem Kläger zustehenden Schmerzengeldes stehe neben den schweren Verletzungen, die mehrfache mit starken Schmerzen verbundene operative Eingriffe erfordert hätten, im Vordergrund, daß der Kläger auch in Zukunft zeitlebens pro Jahr 2 Wochen leichte Schmerzen zu erdulden haben werde. Berücksichtige man weiters die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers, die mit den dauernden Bewegungseinschränkungen des rechten Ellbogens und des linken Kniegelenks, der dadurch bedingten Unmöglichkeit, Sportarten wie Laufen oder Schilaufen auszuüben, und seiner geminderten Erwerbsfähigkeit verbunden seien, erscheine das vom Kläger begehrte Schmerzengeld von S 300.000,- berechtigt.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie in ihrem klagsstattgebenden Teil aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag. Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

Aber auch der Rechtsrüge der Beklagten kommt keine Berechtigung zu.

Soweit sie davon ausgehen, daß der Kläger den von Franz H*** gelenkten LKW "zumindest im näheren unmittelbaren Bereich der nachmaligen Kollisionsstelle" überholte, ist ihre Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Nach der vom Berufungsgericht getroffenen Negativfeststellung kann nämlich nicht festgestellt werden, in welcher Entfernung vor der Zusammenstoßstelle der Kläger sein Überholmanöver durchführte und abschloß. Entgegen der von den Beklagten vertretenen Rechtsansicht kann unter diesen Umständen dem Kläger keinesfalls ein schuldhafter Verstoß gegen das im § 16 Abs 1 lit a StVO normierte Überholverbot angelastet werden. Da vielmehr, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, die erhobene Sachverhaltsgrundlage (unter Einschluß der getroffenen Negativfeststellungen) nicht ausreicht, um einem der beteiligten Fahrzeuglenker ein Verschulden anzulasten, ist im Sinne der im § 11 Abs 1 EKHG normierten Rangordnung der dort genannten Zurechnungskriterien (ZVR 1982/37; ZVR 1983/173; ZVR 1984/124 uva) entscheidend, ob der Schaden durch außergewöhnliche Betriebsgefahr verursacht wurde.

Das Berufungsgericht hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung (ZVR 1983/1; ZVR 1984/49; ZVR 1984/129 uva) die von dem ins Schleudern geratenen Fahrzeug des Robert F*** ausgehende Betriebsgefahr als außergewöhnliche qualifiziert. In der Revision wird gegen diese zutreffende rechtliche Beurteilung nichts vorgebracht. Dem gegenüber hat der Kläger, der nach den getroffenen Feststellungen mit seinem PKW vor dem Zusammenstoß mit einer Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h auf der rechten Fahrbahnhälfte fuhr (daß die Annahme der Beklagten, der Kläger hätte im Nahbereich der nachmaligen Kollisionsstelle den LKW überholt, feststellungsfremd ist, wurde bereits ausgeführt), entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten nur die gewöhnliche Betriebsgefahr seines Fahrzeuges zu vertreten, sodaß im Sinne des § 11 Abs 1 EKHG kein Anlaß besteht, ihn zum Schadensausgleich heanzuziehen. Auch der in der Revision der Beklagten - ohne weitere Begründung - vertretenen Rechtsmeinung, die Verletzungen des Klägers und ihre Folgen rechtfertigten lediglich den Zuspruch eines Schmerzengeldes von S 200.000,-, kann nicht gefolgt werden. Im Hinblick auf die Vielzahl der Knochenbrüche, die der Kläger bei diesem Unfall erlitten hat, die Notwendigkeit mehrfacher Operationen, die von ihm zu ertragenden Schmerzen und die verletzungsbedingten, nicht unbedeutenden Dauerfolgen ist vielmehr auch in der vom Berufungsgericht vorgenommenen Schmerzengeldbemessung kein Rechtsirrtum zu erkennen. Der Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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