OGH 11Os75/88

OGH11Os75/884.7.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Juli 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl Michael P*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 15.Dezember 1987, GZ 18 Vr 2.531/87-5, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Jerabek, des Angeklagten Karl Michael P*** und des Verteidigers Dr. Walter Suppan zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten wird dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt wird.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Juni 1956 geborene beschäftigungslose Karl Michael P*** des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Klagenfurt mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht zu haben, Angestellte der M*** Wechselseitige Versicherungsanstalt durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen zu verleiten, die das Versicherungsunternehmen in einem 100.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigen sollten, und zwar 1./ am 10.Oktober 1986 zur Auszahlung einer Versicherungsleistung von 400.000 S aus dem Titel der Haushaltsversicherung;

2./ am 29.April 1987 zur Auszahlung einer Versicherungsleistung in der Höhe von ca 20.000 S aus dem Titel der Privathaftpflichtversicherung.

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 9 lit a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch in keinem Anfechtungspunkt Berechtigung zukommt.

In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes wendet der Angeklagte ein, es liege absolut untauglicher Versuch der beiden urteilsgegenständlichen Taten vor, weil schon aus "Aufbau und System" der Sachversicherung ersichtlich sei, daß der zum Faktum 1./ als Versicherungsleistung beanspruchte Wert des Diebsguts vom Versicherer niemals anerkannt worden wie auch die zu Faktum 2./ begehrte Entschädigung unter keinen Umständen durchzusetzen gewesen wäre, zumal die "Bewertung und Ermittlung der Schadenshöhe" letztlich dem Versicherer selbst unter Heranziehung der "strengen Versicherungsbedingungen" zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschwerdestandpunkt ist zunächst schon deshalb verfehlt, weil es bei (wie hier) aufrechtem Versicherungsverhältnis von vornherein nicht als denkunmöglich ausgeschlossen werden kann, daß der Versicherer tatsächlich, und sei es auch nur kulanzhalber, Leistungen erbringt, zu denen er sich ohne Täuschung nicht veranlaßt gesehen hätte (vgl EvBl 1972/80). Bereits unter diesem allgemeinen Gesichtspunkt kann von absoluter Untauglichkeit des Versuchs nicht geprochen werden, die zur Voraussetzung hätte, daß die Tatbestandsverwirklichung auf die vorgesehene Art unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls geradezu denkunmöglich wäre, somit unter keinen wie immer gearteten Umständen erwartet werden könnte. Gegen eine derartige (generelle) Aussichtslosigkeit spricht hier schon die Tatsache, daß die belangte Versicherung nach Einlangen der in Rede stehenden Schadensanzeigen eingehende interne Erhebungen über das Bestehen bzw den Umfang ihrer Leistungspflicht veranlaßte, deren Ergebnis anschaulich vergegenwärtigt, daß der Versuch des Angeklagten, betrügerisch ihm nicht zustehende Versicherungsleistungen zu erwirken, lediglich an der (keineswegs zwingend vorauszusetzenden) Prüfungstätigkeit pflichtbewußter Versicherungsreferenten, nicht aber infolge genereller (absoluter) Untauglichkeit scheiterte. Die Tatvollendung unterblieb damit nur wegen konkreter Umstände des Einzelfalls, obwohl die Tathandlungen an sich jeweils zur Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolges in abstracto geeignet waren: damit liegt aber bloß relativ untauglicher (strafbarer) Betrugsversuch vor.

Das auf die Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Vorbringen leitet das behauptete Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes des freiwilligen Rücktritts vom Versuch zu Urteilsfaktum 1./ aus den urteilsfremden (vgl US 5, 6 in Verbindung mit AS 77) Prämissen ab, daß der Angeklagte nach Erstattung der Schadensmeldung bzw Annahme des Entschädigungsbetrages von 35.790 S ungeachtet einer diesbezüglichen Aufforderung des Versicherers keine weiteren Schritte zur Verfolgung des geltend gemachten Anspruchs unternommen und somit konkludent auf jede weitere Forderung verzichtet habe. Abgesehen davon, daß der Betrugsversuch mit der Ablehnung des Mehrbegehrens durch den Versicherer mißlungen und strafaufhebender Rücktritt vom Versuch schon aus dieser Sicht ausgeschlossen war, orientiert sich der Beschwerdeführer mit seiner Argumentation nicht am Urteilssachverhalt, weshalb er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung bringt.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 147 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die vom Tätervorsatz umfaßte Schadenshöhe, die Wiederholung der Betrugshandlungen und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen das Geständnis und den bloßen Versuch. Allein das Ausmaß der ausgesprochenen Freiheitsstrafe bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch (zu seinem Nachteil) die Staatsanwaltschaft jeweils mit Berufung, wobei sich nur jene des Angeklagten als berechtigt erweist.

Im Sinn der Argumentation des Angeklagten trifft es nämlich zu, daß vor allem die Modalitäten der Tathandlung zu Punkt 1.) des Schuldspruchs (krasse und vorweg wenig überzeugende Überbewertung von Diebsgut in der Schadensmeldung) im Zusammenhalt mit der (die Wahrheitsfindung entscheidend fördernden) geständigen Verantwortung ein insgesamt einfach strukturiertes Betrugsvorhaben erkennen lassen, dessen Ahndung weder aus spezial- noch aus generalpräventiver Sicht ein wesentliches Überschreiten der (durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 inzwischen überholten) gesetzlichen Mindeststrafdrohung erforderlich macht. So gesehen kann aber nach Lage des Falles mit einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten das Auslangen gefunden werden.

Mit ihrer (aus den dargelegten Erwägungen unbegründeten) Berufung war die Staatsanwaltschaft dementsprechend auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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