OGH 10ObS48/88

OGH10ObS48/8828.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux (Arbeitgeber) und Gerald Kopecky (Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Kurt B***, Neulinggasse 18/11, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Jörg Baumgärtl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, Friedrich Hillegeiststraße 1, 1200 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Feststellung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Oktober 1987, GZ 32 Rs 176/87-6, womit der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. Juli 1987, GZ 19 Cgs 1563/87-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 1.400,-- bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Kläger bezieht seit 1. Oktober 1967 eine Alterspension. Mit Bescheid vom 25. September 1985 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Gewährung einer (zweiten) Alterspension ab 1. April 1985 ab.

Die dagegen erhobene Klage wurde rechtskräftig (16 b C 156/85 des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien, 31 R 108/86 des Oberlandesgerichtes Wien) mit der Begründung abgewiesen, daß die Zuerkennung einer zweiten Alterspension aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden könne.

Am 18. Februar 1987 stellte der Kläger neuerlich einen Antrag auf Gewährung einer Alterspension, der mit Bescheid der beklagten Partei vom 16. März 1987 abgelehnt wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger beziehe seit 1. Oktober 1967 eine Alterspension, der Versicherungsfall sei nach § 223 ASVG bereits eingetreten. Mangels Eintrittes eines neuen oder weiteren Versicherungsfalles sei der Antrag abzulehnen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger das Urteil "es wird festgestellt, daß die klagende Partei nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses Anspruch auf die neuerliche Zuerkennung einer Alterspension hat." Das Erstgericht wies diese Klage zurück. Nach dem Prinzip der sukzessiven Kompetenz setze auch eine Feststellungsklage die Einrichtung eines vergleichbaren (vorgeschalteten) Verwaltungsverfahrens voraus. Ein solches Feststellungsverfahren sei weder vorgesehen noch habe es stattgefunden. Es sei vielmehr ein Leistungsbegehren des Klägers abgewiesen worden. Ein Verbesserungsverfahren habe unterbleiben können, weil einer positiven Erledigung eines Leistungsbegehrens die Rechtskraft der zu 16 C 156/85 des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Wien, 31 R 108/86 des Oberlandesgerichtes Wien ergangenen Entscheidung entgegenstünde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers keine Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Folgte man der Ansicht des Klägers, Feststellungsbegehren seien jedenfalls nach § 65 Abs 2 ASGG zulässig, das von der beklagten Partei durchgeführte Verfahren über den Pensionsantrag des Klägers, welches zur Erlassung des abweislichen Bescheides führte, müsse hier in weiter Auslegung des Gesetzes als "vorgeschaltetes Verwaltungsverfahren" angesehen werden, so würde dies dazu führen, daß über den Umweg einer Feststellungsklage in die materielle Rechtskraft einer Leistungsentscheidung eingegriffen werden könnte.

Rechtliche Beurteilung

Der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 67 ASGG darf in einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 1, 4 und 6 bis 8 sowie über die Kostenersatzpflicht eines Versicherungsträgers nach § 65 Abs 1 Z 5 vorbehaltlich des § 68 vom Versicherten eine Klage nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden oder den Bescheid nicht innerhalb der in Abs 1 Z 2 genannten Fristen erlassen hat.

Von den hier nicht relevanten Säumnisfällen abgesehen, setzt daher jede Klage einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers voraus. Die Entscheidung des Versicherungsträgers muß aber nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes "darüber", dh über den der betreffenden Leistungssache zugrundeliegenden Anspruch des Versicherten ergangen sein (vgl. Kuderna ASGG 368). Nun hat aber der Kläger einen Antrag auf Zuerkennung einer (zweiten) Alterspension, also einen Leistungsanspruch gestellt, nur über diesen Antrag hat die beklagte Partei entschieden. Mit der vorliegenden Klage ficht aber der Kläger den erflossenen Bescheid nicht etwa auch nur in einem Teil an, sondern begehrt ein Aliud, nämlich die Feststellung, daß ihm zu einem ungewissen, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt (nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses) ein Anspruch auf Zuerkennung einer weiteren Alterspension zustehe, er also ein Anwartschaftsrecht habe, wobei er schon in der Berufung erklärte, daß er eine Verbesserung des Klagebegehrens in Richtung eines Leistungsbegehrens nicht vorgenommen hätte.

Auch wenn durch § 65 Abs 2 ASGG anders als nach der bis dahin geltenden Rechtslage auch eine Feststellung Gegenstand eines Leistungsstreitverfahrens sein kann, so setzt eine Feststellungsklage jedenfalls einen Bescheid voraus, der über das gestellte Feststellungsbegehren abgesprochen hat. Da dies hier nicht zutrifft, war dem Revisionsrekurs schon deshalb keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. (SSV-NF 1/66)

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