Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Mai 1932 geborene Sägewerksbesitzer Rudolf F*** des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 "zweiter Deliktsfall" (gemeint: erster Deliktsfall, höherer Strafsatz; vgl. EvBl. 1982/198, Ö*** 1984/129 ua) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er "am 4.Mai 1987 bzw. am 19. Juni 1987" in Grafenstein den Kurt A*** durch die gegenüber Gendarmeriebeamten des Postens Grafenstein geäußerte Behauptung, er sei am 4.Mai 1987 von Kurt A*** geschlagen und gestoßen worden, wodurch er unter anderem eine schwere Verletzung, nämlich eine schwere Gehirnerschütterung und einen Schädelbruch, erlitten habe, einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB, falsch verdächtigt, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war.
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt schon insoweit Berechtigung zu, als damit aus dem zuletzt bezeichneten Nichtigkeitsgrund Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite geltend gemacht werden.
Der innere Tatbestand der Verleumdung erfordert hinsichtlich der falschen Verdächtigung wissentliches Handeln (§ 5 Abs. 3 StGB). Demnach muß es der Täter für gewiß halten, daß die von ihm ausgesprochene Tatsachenmitteilung (Vorwurf) falsch ist und der Verdächtigte die Handlung, deren er bezichtigt wird, nicht begangen hat. Hinsichtlich der durch die falsche Verdächtigung bewirkten konkreten Gefährdung des Verleumdeten, also des Aussetzens des Bezichtigten der Gefahr einer behördlichen Verfolgung, genügt hingegen bedingter Vorsatz (Leukauf-Steininger Komm.2 § 297 RN 13). Vorliegend stellte das Schöffengericht fest, daß die beim Angeklagten am 7.Mai 1987 im Landeskrankenhaus Klagenfurt diagnostizierten Verletzungen durch den vom Angeklagten am 4. Mai 1987 um 21.05 Uhr in Klagenfurt verursachten Verkehrsunfall und nicht durch den Zeugen Kurt A*** ca. eine Dreiviertelstunde vorher in Poggersdorf bei einer dort mit dem Angeklagten stattgefundenen Auseinandersetzung entstanden sind (vgl. insbesondere US 10). Zur subjektiven Tatseite kann dem Urteil lediglich entnommen werden, daß der Angeklagte am 4.Mai 1987 um
20.15 Uhr gegenüber dem Journaldienst des Gendarmeriepostenkommandos Grafenstein die falsche Behauptung erhob, in dem von ihm verpachteten Cafe "F***" in Poggersdorf vom Zeugen A*** geschlagen worden zu sein, und diese Behauptung am 19.Juni 1987 dahin erweiterte, dabei einen Schädelbruch und eine schwere Gehirnerschütterung erlitten zu haben, welche Verletzungen keinesfalls durch den Anprall des von ihm gelenkten PKW gegen einen abgestellten LKW (Pritschenwagen) im Zuge des von ihm verursachten Auffahrunfalles in Klagenfurt entstanden seien. Feststellungen darüber, daß der Angeklagte wußte, daß die von ihm gegen A*** erhobene Verdächtigung falsch ist, sind hingegen den Urteilsgründen - welche das bezügliche (subjektive) Tatbestandserfordernis auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung unerörtert lassen (vgl. abermals US 10), sondern lediglich hinsichtlich der Aussetzung einer Gefahr behördlicher Verfolgung zum Ausdruck bringen, der Angeklagte habe "des weiteren mit dem bedingten Vorsatz gehandelt, weil die Verleumdung wegen schwerer Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet wird und ihm der schwere Grad der von ihm erlittenen Schädelfraktur jedenfalls von Dr. M*** bekanntgegeben worden ist" - nicht zu entnehmen. Die bloße Zitierung der verba legalia "... wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch war" im Urteilsspruch (S 171) vermag die fehlenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite demzufolge nicht zu ersetzen (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 8 zu § 281 Z 9 a). Dies umso weniger, als es nach den Urteilsannahmen in den Abendstunden des 4.Mai 1987 in Poggersdorf im Cafe "F***" zwischen dem damals erheblich alkoholisierten (vgl. US 3 iVm S 11, 13, 25, 47, 51, 59, 63) Angeklagten und Kurt A*** tatsächlich zu einer Auseinandersetzung gekommen war, bei welcher dieser - seinen eigenen Angaben zufolge - den Angeklagten mit beiden Händen an den Schultern ergriff, ihn rückwärts schiebend aus dem Lokal drängte und vor dem Lokal gegen einen Tisch drückte, auf dessen Platte der Angeklagte "halb lehnend zu sitzen kam", von wo er auf einen nebenstehenden Gartensessel "glitt" (US 3), und der Angeklagte (bereits) um ca.
20.15 Uhr, also noch vor dem Verkehrsunfall, über Tätlichkeiten des A*** telefonisch bei der Gendarmerie Anzeige erstattet hatte (US 4, 11). Hinzu kommt, daß von dem als Zeugen vernommenen Polizeiarzt Dr. B***, dem der Angeklagte nach dem kurze Zeit später in Klagenfurt verursachten Verkehrsunfall um 21.15 Uhr des 4. Mai 1987 vorgeführt worden war, außer einem Nasenbluten (noch) keine weiteren Verletzungen festgestellt werden konnten und vom Angeklagten solche auch nicht behauptet wurden (US 5 iVm S 84). Als sich der Angeklagte drei Tage später, nämlich am 7. Mai 1987 - nachdem er zuvor den praktischen Arzt Dr. M*** und den Röntgenfacharzt Dr. G*** aufgesucht hatte, wobei von letzterem ein Schädeldachbruch rechts festgestellt wurde (US 5) - in stationäre Behandlung des Landeskrankenhauses Klagenfurt begab, wurden neben dem in Rede stehenden Knochenbruch auch eine Gehirnerschütterung sowie ein Brillenhämatom festgestellt (Krankengeschichte S 75, 77). Zu Recht wendet die Beschwerde in diesem Zusammenhang im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit ein, daß das beim Angeklagten im Krankenhaus festgestellte Brillenhämatom im Urteil unerörtert blieb. Die Frage der Entstehung dieses Brillenhämatoms und des Zeitpunkts dessen (äußerlicher) Erkennbarkeit betrifft abgesehen davon, daß vom Polizeiarzt Dr. W*** am 4.Mai 1987 außer dem Nasenbluten noch keine weitere Verletzung festgestellt werden konnte (vgl. S VII und verso in ON 14, S 83 f, 138 f), eine für die Klärung der subjektiven Tatseite - wissentliches Handeln des ersichtlich medizinisch nicht vorgebildeten Angeklagten unter Berücksichtigung seiner Alkoholbeeinträchtigung und des Vorliegens einer Gehirnerschütterung - entscheidungswesentliche Tatsache, weil der medizinische Sachverständige Dr. Z*** das in der Krankengeschichte angeführte Brillenhämatom in seinem schriftlichen Gutachten (ON 20) unerwähnt ließ und in der Hauptverhandlung hiezu ausführte (S 165), daß Brillenhämatome (als Blutergüsse unter den Augen bzw. auch über den Augenlidern) nicht in jedem Fall für das Vorliegen einer knöchernen Schädelverletzung sprechen müssen und bei Faustschlägen in die Augengegend ein Brillenhämatom "immer erst viele Stunden nach der Verletzung" sichtbar wird.
Die dem angefochtenen Urteil im bezeichneten Belang anhaftenden, vom Beschwerdeführer zutreffend gerügten Feststellungs- und Begründungsmängel lassen eine abschließende rechtliche Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten nicht zu.
Da sohin eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich ist, war übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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