Spruch:
Dem Revisionsrekurs gegen die Abweisung des Antrages auf Exekutionsbewilligung wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes ON 3 auf Bewilligung der Fahrnisexekution wiederhergestellt wird. Der Rekurs und Revisionsrekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz über die Aufschiebung des Exekutionsverfahrens wird zurückgewiesen.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 2.357,85 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 214,35 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 3. November 1987, F 9/87-44, wurde der verpflichteten Partei die alleinige Wirtschaftsführung des Gutes H*** übertragen (Punkt 1), die verpflichtete Partei schuldig erkannt, dem betreibenden Gläubiger "ab sofort eine Rente von monatlich S 100.000,- ... fällig jeweils am 1. des Monats bei 10-tägigem Respiro zu dessen persönlicher Verfügung auszuzahlen" (Punkt 2), und auf zahlreichen im Allein- oder Miteigentum der betreibenden Partei stehenden Liegenschaften die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes angeordnet (Punkt 3).
Unter Berufung auf Punkt 2 dieser einstweiligen Verfügung beantragte die betreibende Partei mit einem am 16. Dezember 1987 eingelangten Antrag, ihr zur Hereinbringung des Rentenbetrages für Dezember 1987 von 100.000,- S die Exekution durch Pfändung und Verkauf beweglicher Sachen und Pfändung und Überweisung der Lohnforderung gegen einen im Sinne des § 294 a Z 2 EO zu ermittelnden Drittschuldner zu bewilligen.
Das Erstgericht bewilligte die Exekution.
Am 28. Dezember 1987 wurden verschiedene Fahrnisse gepfändet. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gab bekannt, daß kein Drittschuldner gespeichert sei. Mit Beschluß vom 1. Februar 1988 wurde das Exekutionsverfahren auf 50.000,- S sA eingeschränkt.
Auf Antrag der verpflichteten Partei bewilligte das Erstgericht die Aufschiebung der Exekution ohne Erlag einer Sicherheit, weil durch eine schon vollzogene Pfändung bereits Deckung gegeben sei. Das Gericht zweiter Instanz änderte infolge Rekurses der verpflichteten Partei den Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde (Punkt I), wies den gegen die Bewilligung der Aufschiebung der Exekution erhobenen Rekurs der betreibenden Partei (soweit er sich gegen die Lohnexekution richtet) zurück und gab ihm im übrigen nicht Folge (Punkt II) und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei (Punkt III).
Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß die vorliegende einstweilige Verfügung in ihrem Punkt 2 unbestimmt sei. Das Wort "auszahlen" sei für gewöhnliche Leistungsbefehle unüblich. Im Zusammenhnag mit Punkt 1 spreche diese Formulierung dafür, daß die verpflichtete Partei aus dem von ihr in Zukunft allein zu verwaltenden Vermögen der betreibenden Partei zu deren persönlichen Bedarf einen Rentenbetrag auszufolgen habe, was nicht dasselbe wie die Zahlung aus eigenem Vermögen sei. Eine solche Verpflichtung sei allenfalls nur nach den §§ 353, 354 EO vollstreckbar. Die Zurückweisung des Rekurses gegen die Bewilligung der Aufschiebung des Exekutionsverfahrens begründete die zweite Instanz mit der Beendigung der ins Leere gegangenen Lohnexekution. Die Aufschiebung der Fahrnisexekution sei zu Recht erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
1) Zum Revisionsrekurs und Rekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz über die Aufschiebung der Exekution:
Soweit das Gericht zweiter Instanz den erstrichterlichen Beschluß bestätigt hat, nämlich insoweit dem Rekurs der betreibenden Partei gegen die Bewilligung der Aufschiebung der Fahrnisexekution nicht Folge gegeben wurde, ist der Revisionsrekurs der betreibenden Partei gemäß §§ 78 EO, 528 Abs.1 Z 1 ZPO unzulässig. Soweit die zweite Instanz den Rekurs der betreibenden Partei gegen die Bewilligung der Aufschiebung der Lohnexekution zurückgewiesen hat, fehlt es der betreibenden Partei an einer Beschwer; denn die Lohnexekution ist, wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführt, ins Leere gegangen und beendet, sodaß der Entscheidung über die Richtigkeit der erstrichterlichen Entscheidung hier nur mehr theoretische Bedeutung zukäme (MietSlg. 35.860, 38.836 ua). Gleiches gilt auch für die Überprüfung des Zurückweisungsbeschlusses der zweiten Instanz. Der Rekurs der betreibenden Partei ist im übrigen zur Lohnexekution inhaltsleer, sodaß es hier auch am Vortrag eines Rekursgrundes fehlt.
2) Zum Revisionsrekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz über die Exekutionsbewilligung:
Die Auslegung des Exekutionstitels durch das Gericht zweiter Instanz widerspricht dem normalen Sprachgebrauch. Mag auch die Auferlegung der Verpflichtung zur Leistung eines Geldbetrages im allgemeinen eher mit den Worten "zahlen" oder "bezahlen" formuliert werden, so kann dafür doch auch das weitgehend gleichbedeutende Wort "auszahlen" verwendet werden. Im großen Wörterbuch der deutschen Sprache von Duden wird die Bedeutung des Wortes "auszahlen" mit "einen Geldbetrag, der jemanden zukommt, zahlen, aushändigen" (1) und mit "entlohnen" (2) umschrieben. Als Verwendungsbeispiele werden zur ersten Bedeutung "Gehälter, Prämien auszahlen; er ließ sich von ihm sein Erbteil auszahlen; er zahlte ihm den Scheck anstandslos aus" und zur zweiten Bedeutung "die Landarbeiter auszahlen und entlassen; er hat seine Teilhaber ausbezahlt (abgefunden)" angeführt. Die Formulierung im strittigen Exekutionstitel geht gemäß der Begründung in der einstweiligen Verfügung auf eine Zustimmungserklärung der verpflichteten Partei zurück. Diese wurde bei der Vernehmung der verpflichteten Partei am 28. Oktober 1987 (ON 36 des Aktes F 9/87 des Bezirksgerichtes Hartberg) wie folgt protokolliert: "Im Falle mir (verpflichtete Partei) die Wirtschaftsführung im Rahmen der EV zugeteilt wird, könnte ich mir vorstellen, daß dem AG (betreibende Partei) eine monatliche Apanage von rund 100.000,- S zu seiner persönlichen Verfügung ausbezahlt wird." Gerade im Zusammenhang mit dem Wort "Apanage", worunter nach Duden eine "Zuwendung in Form von Geld ... an nicht regierende Mitglieder eines Fürstenhauses zur Sicherung des standesgemäßen Unterhalts" oder überhaupt "eine regelmäßige finanzielle Zuwendung größeren Stils" verstanden wird, klingt das Wort "auszahlen" nicht unüblich (vgl. die obigen Beispiele des Gehaltes, des Erbteiles oder der Abfindung).
Aber auch aus dem Zusammenhang mit den Punkten 1 oder 3 der einstweiligen Verfügung ergeben sich entgegen der Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz keine Anhaltspunkte dafür, daß die Verpflichtung zur Zahlung von monatlich 100.000,- S von irgendwelchen besonderen Umständen abhängig sein oder nur darin bestehen sollte, in Ausübung der Verwaltung bestimmte Beträge einem bestimmten Zweck zuzuführen. Der Sinn der einstweiligen Verfügung ist vielmehr klar: Der verpflichteten Partei sollte einstweilen die Verwaltung über erhebliche Vermögenswerte der betreibenden Partei übertragen werden, die betreibende Partei sollte aber dafür als Ausgleich einstweilen eine Apanage "ausbezahlt" erhalten. Es ist daher nicht ersichtlich, warum Punkt 2 der einstweiligen Verfügung keinen wirksamen und bestimmten Exekutionstitel darstellen soll. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 74 und 78 EO und 40, 41 und 50 ZPO (keine Verbindungsgebühr).
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