OGH 12Os54/88

OGH12Os54/8816.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Juni 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Toth als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard H*** wegen Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 4. November 1987, GZ 16 Vr 646/87-45, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek und des Verteidigers Dr. Brunner jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Strafe gemäß § 43 Abs 2 StGB aF unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen - auch einen (Teil-) Freispruch vom Vorwurf der Veruntreuung enthaltenden - Urteil wurde der Angeklagte Gerhard H*** - in Ergänzung des schon im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB - im zweiten Rechtsgang (unter überflüssiger Wiederholung des bereits rechtskräftigen Schuldspruchs) erneut des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit von 1980 bis einschließlich 1983 in Rohrendorf mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die Abnehmer seiner Weine durch Täuschung über die Tatsache, daß es sich zumindest bei 240.000 Liter des von ihm verkauften Getränkes um verkehrsunfähigen und wertlosen Wein handelte, zu Handlungen, nämlich zum Ankauf von 240.000 Liter nachgemachten Weins verleitet, wodurch andere, nämlich die Verkäufer, Wiederverkäufer und Letztverbraucher des Weines einen 100.000 S weit übersteigenden Schaden erlitten haben, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen.

Dieser Schuldspruch wird vom Angeklagten im Ausspruch über die Gewerbsmäßigkeit der Betrügereien und der darauf gegründeten Qualifikation nach § 148 StGB mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. Das Erstgericht stellte in diesem Zusammenhang fest, daß der Angeklagte bei den Verkäufen des Kunstweins in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmsquelle "mit häufigen Erlösen von jeweils über 5.000 S zu verschaffen" (S 497). Es nahm weiters auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer sukzessive eine Menge von 240.000 Liter des von ihm hergestellten Kunstweins verkaufte und bei einer Mehrzahl von Verkäufen einen Erlös von "mehr als jeweils 5.000 S zu erzielen trachtete und auch erzielte", um sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (S 498). Diese Konstatierungen stützte das Gericht auf die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, er habe an verschiedene Weinbauern als Wiederverkäufer Kunstwein in Mengen von 1.000 bis 3.000 Liter pro Lieferung zu einem Preis von 3 S bis 4 S, fallweise auch 6 S pro Liter verkauft.

Soweit der Beschwerdeführer seine Mängelrüge (Z 5) "vorsichtshalber" auch auf seine Ausführungen zur Rechtsrüge stützt, ist dieses Vorbringen mangels jeglicher Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.

Die Rechtsrüge (Z 10) hinwieder übergeht, soweit sie einwendet, im angefochtenen Urteil sei lediglich davon die Rede, daß der Angeklagte in einer Vielzahl von Fällen bei einzelnen Verkäufen einen 5.000 S übersteigenden Erlös "erwartete", welche Feststellung aber nicht die Annahme eines absichtlichen Handelns im Sinne des § 5 Abs 2 StGB rechtfertige, die oben wiedergegebenen maßgeblichen Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite und entbehrt damit einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung.

Der weitere Einwand aber, die Anwendung der Bestimmung des § 148 zweiter Fall StGB erfordere, daß jede einzelne beabsichtigte wiederkehrende Begehung für sich allein objektiv ein schwerer Betrug sei, was vorliegend nach den Urteilskonstatierungen nicht der Fall gewesen sei, weil der Beschwerdeführer lediglich bei der Mehrzahl der Verkäufe einen Erlös von mehr als 5.000 S zu erzielen trachtete, ist nicht berechtigt.

Der zweite Fall des § 148 StGB setzt zwar die - vorliegend festgestellte - Absicht des Täters voraus, sich durch die wiederkehrende Begehung eines schweren Betruges (im Sinne des § 147 StGB, ohne Heranziehung der Zusammenrechnungsvorschrift des § 29 StGB) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung ist es aber nicht erforderlich, daß der Täter ausschließlich schwere Betrügereien zu begehen beabsichtigt und daß es auch tatsächlich immer zur Verwirklichung des beabsichtigten schweren Betruges kommt. Das Vorliegen einzelner nicht zum schweren Betrug qualifizierter Fakten kann demnach die Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 148 StGB nicht hindern, sodaß dem angefochtenen Urteil der behauptete Subsumtionsirrtum nicht anhaftet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 147 Abs 3 StGB eine Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die mehrfache Qualifikation des Betruges zum Verbrechen, mildernd hingegen das teilweise Geständnis und den bisher ordentlichen Lebenswandel.

Der Berufung des Angeklagten, mit welcher einerseits die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und andererseits die Gewährung der bedingten Strafnachsicht angestrebt wird, kommt teilweise Berechtigung zu.

Dem Berufungsvorbringen zuwider kann nach der Aktenlage keine Rede davon sein, daß der Angeklagte durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage (im Sinne eines bestehenden oder drohenden Mangels am notwendigen Lebensunterhalt) zur Tat bestimmt worden ist (§ 34 Z 10 StGB). Auch wenn dem Berufungswerber, wie er dies an sich zutreffend reklamiert, als weiterer Milderungsgrund zugutegehalten wird, daß er die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat (§ 34 Z 18 StGB), so vermag dies eine Strafreduzierung im Hinblick auf die Höhe des Schadensbetrages und die Art der Begehung der Straftat nicht zu rechtfertigen. Das Strafmaß der ersten Instanz entspricht vielmehr durchaus der schwere der personalen Tatschuld des Angeklagten, weshalb eine Strafreduzierung nicht gerechtfertigt war. Was dagegen das Begehren um Gewährung bedingter Strafnachsicht betrifft, so vermeinte der Oberste Gerichtshof, daß im konkreten Falle - auf den allein abzustellen ist - ungeachtet der gewiß beachtlichen Erwägungen des Schöffengerichts die Voraussetzungen für die Gewährung bedingter Strafnachsicht nach § 43 Abs 2 StGB aF vorliegen. Wird berücksichtigt, daß die Tat bereits fünf Jahre zurückliegt und der Angeklagte sich seither wohlverhalten hat, daß er bis zur gegenständlichen Tat mit dem Strafgesetz nicht in Konflikt geraten und sich mithin rechtstreu verhalten hat und daß er ferner einer geregelten Tätigkeit nachgeht, die mit seinem früher ausgeübten Berufe in keinem Zusammenhang mehr steht, so erscheint aus diesen besonderen Gründen Gewähr dafür geboten, daß er in Hinkunft keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. Erwägungen der Generalprävention stehen dieser Maßnahme nicht entgegen.

In diesem Umfange war daher der Berufung des Angeklagten stattzugeben und die verhängte Strafe gemäß § 43 Abs 2 StGB aF unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.

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