OGH 7Ob589/88

OGH7Ob589/8816.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Peter K***, geboren am 20. Juni 1970, Rauchfangkehrerlehrling, Ebensee, Hauptstraße 12, vertreten durch seine Mutter Maria K***, Vertragsbedienstete, ebendort, diese vertreten durch Dr. Wilfried Mayer, Rechtsanwalt in Gmunden, infolge Revisionsrekurses des Vaters Waldemar K***, Bundesbahnpensionist, Traunkirchen 120, vertreten durch Dr. Georg Pammesberger, Rechtsanwalt in Gmunden, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 29. Jänner 1988, GZ R 1115/87-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 29. Oktober 1987, GZ P 103/87-15, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Eltern des Minderjährigen leben nicht bloß vorübergehend getrennt. Die Mutter hat eine Klage auf Scheidung der Ehe eingebracht. Sie beantragt den Ausspruch, daß ihr die elterlichen Rechte allein zustehen, und begehrt vom Vater für den Minderjährigen einen monatlichen Unterhalt von S 2.500,--.

Das Erstgericht entschied über den erstgenannten Antrag noch nicdt, erkannte jedoch den Vater schuldig, dem Minderjährigen ab 15. Juni 1987 einen monatlichen Unterhalt von S 1.100,-- zu Handen der Mutter zu bezahlen. Das Unterhaltsmehrbegehren wies das Erstgericht ab. Nach seinen Feststellungen ist der Minderjährige Rauchfangkehrerlehrling bei Franz M*** in Oberweis. Von Montag bis Freitag befindet er sich bei seinem Lehrherrn, bei dem er freie Unterkunft und das Frühstück erhält. Seine monatliche Lehrlingsentschädigung beträgt S 2.379,--. Nach den weiteren Feststellungen über das Einkommen und das Vermögen des Vaters erachtete das Erstgericht unter Berücksichtigung des eigenen Einkommens des Minderjährigen und der von der Mutter für ihn bezogenen Familienbeihilfe einen monatlichen Unterhaltsbeitrag des Vaters von S 1.100,-- als eine den Bedürfnissen des Minderjährigen und der Leistungsfähigkeit des Vaters angemessene Unterhaltsleistung. Das Rekursgericht hob die nur in seinem stattgebenden Teil angefochtene Entscheidung des Erstgerichtes im Umfang der Anfechtung auf und trug dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung eine neue Entscheidung auf. Nach der Auffassung des Rekursgerichtes sei die Mutter so lange zur Stellung eines Unterhaltsantrages namens des Kindes berechtigt, als eine Entscheidung über die Zuweisung der elterlichen Rechte noch nicht erfolgt sei, selbst wenn sich das Kind gegen den Willen des Vaters bei der Mutter befinde. Voraussetzung für einen Unterhaltszuspruch sei jedoch, daß der fordernde Elternteil tatsächlich den Haushalt führe. Darüber fehlten Feststellungen. Das Erstgericht werde daher nach Verfahrensergänzung Feststellungen darüber zu treffen haben, inwieweit die Mutter tatsächlich die vom Gesetz geforderten Betreuungsleistungen erbringe. Erst wenn diese Feststellungen vorliegen, könne beurteilt werden, ob und in welcher Höhe der Vater zu einer Unterhaltsleistung verpflichtet sei.

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, weil der Vater die Antragslegitimation der nicht zur besonderen Sachwalterin bestellten Mutter bestreitet und insoweit eine unrichtige Beurteilung einer verfahrensrechtlichen Voraussetzung geltend macht (SZ 57/84 uva).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Unrichtig ist, daß die Mutter den Unterhaltsanspruch nicht namens des Minderjährigen geltend macht. Aus ihrem Antrag (AS 2, ON 1) ergibt sich zweifelsfrei, daß sie den Unterhaltsanspruch in Vertretung des Minderjährigen erhebt. Die Vorinstanzen haben dem auch durch eine entsprechende Parteienbezeichnung Rechnung getragen. Beizupflichten ist dem Rechtsmittelwerber darin, daß nach der bereits zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ 57/84 bei gemeinsamem Haushalt der Eltern und bei gemeinsamer Pflege der Kinder kein Elternteil seine Kinder im Unterhaltsbemessungsverfahren gegen den anderen Elternteil vertreten darf. Hiezu bedarf es vielmehr der Übertragung der mit der vollen Betreuung der Kinder zusammenhängenden Rechte und Pflichten gemäß § 176 Abs 1 ABGB auf den antragstellenden Elternteil. Insoweit der Rechtsmittelwerber aber auch die in der obgenannten Entscheidung ausgesprochene Rechtsansicht bekämpft, daß ohne solche Anordnung des Gerichtes die alleinige Wahrnehmung der Rechte der Kinder in Unterhaltsbelangen durch einen Elternteil (nur) dann in Betracht kommt, wenn die Eltern nicht nur vorübergehend (§ 177 ABGB) getrennt leben und somit feststeht, welcher Elternteil die Kinder pflegt und erzieht und daher vom anderen Unterhalt in Geld begehren kann und welcher zur Geldalimentierung verhalten ist, oder wenn dies nach der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Eltern eindeutig ist, kann ihm nicht gefolgt werden. Seine Argumentation, bei Zutreffen dieser Rechtsansicht sei eine Entscheidung nach § 177 Abs 2 ABGB überflüssig, übersieht, daß sich die elterlichen Rechte nicht in der Vertretung im Unterhaltsbemessungsverfahren erschöpfen. Im vorliegenden Fall liegt kein gemeinsamer Haushalt der Eltern und keine gemeinsame Pflege des Minderjährigen vor. Es ist daher davon auszugehen, daß im Teilbereich der Verpflichtung des Vaters zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages der Mutter das Vertretungsrecht zusteht (so auch 3 Ob 560/85).

Gegen die vom Rekursgericht aufgetragene Verfahrensergänzung wendet sich der Rechtsmittelwerber ohnehin nicht. Diese betrifft nämlich den Bemessungskomplex und könnte daher nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden. Zur Unterhaltsbemessung gehört nämlich unter anderem auch die Beurteilung der Frage, inwieweit sich die Unterhaltspflicht des einen Elternteils auf die Höhe der Unterhaltspflicht des anderen Elternteils auswirkt, falls ein Streit oder Unklarheit darüber besteht, inwieweit der eine Elternteil seinen Unterhaltsbeitrag schon dadurch leistet, daß er im Sinne des § 140 Abs 2 ABGB den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut (EFSlg 44.591, 42.277, 39.733; 3 Ob 560/85 ua).

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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