OGH 1Ob570/88

OGH1Ob570/8815.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Magdalena W***, Pensionistin, Innsbruck, Schneeburggasse 39, vertreten durch Dr. Martin Schatz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ing. Heinrich H***, Baumeister, Innsbruck, Schneeburggasse 39, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Wiederherstellung, Übergabe und Entfernung (Streitwert S 6.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 28. Jänner 1988, GZ 1 a R 452/87-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 18. Mai 1987, GZ 17 C 1091/86d-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Teilurteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.822,88 bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 302,08 Umsatzsteuer und S 1.500,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit 1939 Mieterin einer im ersten Stock des Hauses Innsbruck, Schneeburggasse 39, gelegenen Dreizimmerwohnung. Gemeinsam mit den beiden anderen Mietern des Altbestandes ist sie kraft Mietvertrages berechtigt, die im zweiten Stock gelegene Waschküche zu benützen.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 1. Februar 1978, 11 C 364/77-9 wurde der Beklagte schuldig erkannt, in dieser Waschküche den "früheren instandgesetzten Zustand" wiederherzustellen und der Klägerin nach Herstellung des früheren Zustandes diese Waschküche zur Mitbenützung wieder zu übergeben. Ein auf diesen Titel gestützter Exekutionsantrag der Klägerin wurde mangels Bestimmtheit abgewiesen. Vor dem Umbau der Waschküche durch den Beklagten befand sich dort ein Waschkessel mit Feuerstelle, ein Betonwaschtrog, ein Holztisch und ein Kaltwasseranschluß. Im Zuge der Umbauarbeiten wurde ein Fliesenboden gelegt, eine Dusche und ein Warmwasserboiler installiert, der Waschtrog gegen ein ca. 1,5 m langes Nirostawaschbecken ersetzt, ein Heizkörper eingebaut und eine Waschmaschine angeschlossen. Nach den Ergebnissen des vom Erstgericht vorgenommenen Augenscheines sind oberhalb des Waschbeckens zwei Spiegel mit zwei Lampen angebracht. Die Klägerin begehrt in diesem Verfahren u.a. das Urteil, der Beklagte sei schuldig, den früheren Zustand der Waschküche nach Entfernung der in der Waschküche befindlichen Einbauten und Installationen (d.s. Duschkabine, Waschbecken, Spiegel, Heizofen und Waschmaschine) wiederherzustellen und der Klägerin die Waschküche zur Mitbenützung mit den beiden anderen Parteien des Hauses zu übergeben. Im Jahre 1974 habe der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, er wolle die Waschküche renovieren und ihr diese nach Abschluß der Arbeiten mit einem Anschluß für ihre Waschmaschine wieder zurückstellen. Der Einbau der Dusche stelle einen Eingriff in ihre Mietrechte dar, diese Dusche werde ständig von fremden Männern und Ausländern, ja sogar von einer hausfremden Türkenfamilie benützt. Der Beklagte erhob die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache. Die Klägerin habe auch nach dem Umbau der Waschküche jederzeit die Möglichkeit, im Rahmen der Hausordnung ihre Wäsche zu waschen. Das Begehren auf Entfernung der Duschkabine, des Spiegels und des Ofens sei schikanös, es könne doch nicht verlangt werden, daß eine Waschküche auf den seinerzeitigen Zustand mit Waschkessel und Kaltwasserversorgung reduziert werde.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache und wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, der Waschraum werde seit dem Umbau der Waschküche von der Klägerin nicht mehr benützt, obwohl ihr die Benützung nicht verwehrt werde; die Tür zum Waschraum stehe immer offen. Im zweiten Stock errichtete Mansardenunterkünfte werden von Angestellten des Beklagten bewohnt. Diese benützten mit Erlaubnis des Beklagten den Waschraum.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die Wahrung und Verfolgung der Rechte aus einem Bestandvertrag im allgemeinen die Annahme einer schikanösen Rechtsausübung ausschließe. Aus der Tatsache, daß die Klägerin erst zehn Jahre nach erstmaliger Klagsführung versuche, in diesem Verfahren ein Urteil zu erhalten, das sich auch vollstrecken lasse, sei zu schließen, daß der rechtswidrige Zustand für die Klägerin doch nur einen ganz unwesentlichen Nachteil darstelle. Das Bestehen auf Rückversetzung des Raumes in den früheren, qualitativ minderen Zustand müsse als schikanös angesehen werden. Darüber hinaus solle nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Klägerin ihre nach dem Mietvertrag zustehende Mitbenützung der Waschküche vom Beklagten weder streitig gemacht noch verwehrt worden sei.

Der Beschluß auf Verwerfung der Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache erwuchs in Rechtskraft. Der Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht teilweise Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es ingesamt zu lauten habe: "Die beklagte Partei ist schuldig, binnen einer angemessenen Frist von zwei Monaten an der im ersten Stock des Hauses Innsbruck, Schneeburggasse 39, liegenden Waschküche den früher instandgesetzten Zustand wiederherzustellen und der Klägerin nach Herstellung des früheren Zustandes diese Waschküche zur Mitbenützung mit den beiden anderen Parteien des Hauses Schneeburggasse 39 (d.h. den Mietern der Wohnung im ersten Stock rechts vis-a-vis der Wohnung der Klägerin sowie der Wohnung im südöstlichsten Teil des zweiten Stockes des Hauses), wieder zu übergeben, wobei der klagsgegenständliche Raum, der sich nordwestlich des Stiegenaufganges im zweiten Stock des Hauses Schneeburggasse 39 befindet und auf dem beiliegenden Lageplan blau umrandet als Waschküche bezeichnet ist und ein Ausmaß von 11 m2 besitzt und wobei aus diesem Raum die Duschkabine samt den dazugehörigen Installationen sowie die Spiegel zu entfernen sind". Das Mehrbegehren, insbesondere Entfernung der restlichen Gegenstände, wies es ab. Es sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige. Die Revision erklärte es für zulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Schikane liege vor, wenn eine Rechtsausübung ohne eigenes Interesse des Berechtigten mit dem ausschließlichen Zweck, den anderen zu schädigen, gegeben sei, nicht aber, wenn ein berechtigtes Interesse auch nur mitbestimmend für die Rechtsverfolgung gewesen sei. Der Beklagte habe die Waschküche durch den Einbau einer Duschkabine räumlich beschränkt; mit seiner Duldung könnten auch andere Hausbewohner des zweiten Stockes die Waschküche benützen. Daß der Einbau einer Duschkabine begrifflich mit der Nutzung eines Raumes als Waschküche nicht vereinbar sei, ergebe sich wohl von selbst. Der Einbau dieser Duschkabine stelle daher eine nicht durch den Gebrauch des Gegenstandes bedungene Veränderung der Räumlichkeit dar. Die Klägerin sei durch den Einbau dieser Duschkabine in dem ihr eingeräumten Recht beeinträchtigt worden. Die Einschränkung verstoße gegen ihr Gebrauchsrecht, sie sei daher rechtswidrig. Stütze sich die Klägerin auf ein ihr vertraglich eingeräumtes Recht, so sei die Rechtsverfolgung nicht mehr mutwillig oder schikanös. Die Klägerin habe aber gemäß § 8 Abs 2 MRG eine Veränderung der Waschküche insofern zu dulden, als die Waschküche dem heutigen Standard angepaßt worden sei. In diesem Sinn sei es nicht zu beanstanden, anstelle eines betonierten Waschtroges ein Nirostawaschbecken anzubringen. Auch die Aufstellung einer Waschmaschine gehöre zum nunmehrigen Standard einer Gemeinschaftswaschküche, ebenso die Einleitung von Kalt- und Warmwasserinstallationen, die Verfliesung, das Einleiten einer Zentralheizung mit Radiator und das Anbringen eines Bodenabflußrohres. Daß ein Raum auch entsprechend auszuleuchten und die Anbringung von Leuchten zweckdienlich sei und jedenfalls eine Verbesserung darstelle, brauche wohl nicht eigens erwähnt werden. Diese vom Beklagten vorgenommenen Veränderungen stellten daher zulässige Verbesserungen des Mietobjektes dar, die die Klägerin zu dulden habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist berechtigt.

Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt nicht vor. Das Erstgericht hat die Einrede der Rechtskraft verworfen. Dieser Beschluß wurde rechtskräftig. Die Grundsätze des § 42 Abs 3 JN sind alle Entscheidungen über das Vorliegen von Prozeßhindernissen anzuwenden (JBl 1986, 38; Jud. 63 neu uva; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 735; derselbe, Kommentar I 271). Auch der Oberste Gerichtshof ist daher an die rechtskräftige Verwerfung der Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache gebunden. In der Sache selbst ist die Entscheidung des Berufungsgerichtes soweit auf Herstellung des "früheren instandgesetzten Zustandes" und auf Übergabe der Waschküche zur Mitbenützung in diesem Umfang unbestimmt und schon deshalb verfehlt, weil die Waschküche ohnedies wieder instandgesetzt wurde, benützungsfähig ist und der Klägerin auch zur Benützung offensteht, von ihr aber aus welchen Gründen immer nicht benützt wird.

Offen bleibt nur das Entfernungsbegehren (Duschkabine samt Installationen, zwei Spiegel oberhalb des Waschbeckens). Auch dieses Begehren erweist sich als nicht berechtigt. Bei der Renovierung und Umgestaltung der Waschküche im Zusammenhang mit dem Ausbau der Mansarde handelt es sich um eine nützliche Bauführung des Bestandgebers. Ob der Mieter solche Eingriffe in sein Mietrecht zuzulassen hat, ist nunmehr in der Bestimmung des § 8 Abs 2 Z 1 und 2 MRG geregelt. Diese gesetzliche Regel stellt sich als Ausformung jener Grundsätze dar, die schon früher in der Rechtsprechung entwickelt worden waren. Danach hat der Bestandnehmer solche Bauführungen zuzulassen und zu dulden, wenn sie ihm zumutbar sind, d.h. wenn daraus keine wesentliche Beeinträchtigung seines Bestandrechtes folgt. Die Frage der Zumutbarkeit und damit der Duldungspflicht ist auf Grund einer Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beantworten (MietSlg. 27.173/11, 18.173, 16.164; SZ 33/52; MietSlg. 9458, 9460/33; NZ 1931, 171; Würth in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 1098 und Rz 26 zu § 1118; Klang2 V 126). Diese Interessenabwägung schlägt hier zugunsten des Beklagten aus. Der Klägerin steht nunmehr eine moderne Waschküche zur Verfügung. Die über dem Nirostawaschbecken angebrachten Spiegel stellen für die Benützung des Raumes als Waschküche überhaupt keine Beeinträchtigung dar. Die Klägerin kann daher deren Entfernung nicht begehren. Durch den Einbau der Duschkabine wurde zwar die als Waschküche zur Benützung freistehende Fläche von 11 m2 auf 9 m2 verkleinert, dies wird aber bei weitem durch die moderne Ausstattung des Raumes mit Geräten, die weniger Fläche in Anspruch nehmen, wettgemacht. Die Interessenabwägung fällt daher eindeutig zugunsten des Beklagten aus. Die Frage, ob sich die Klägerin durch die Benützung der Waschküche durch die Bewohner des Mansardenausbaues beschwert erachten könnte, ist aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Der Revision ist Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichtes wenn auch aus anderen Gründen wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 391 Abs 2, 52 Abs 2, 41, 50 ZPO.

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