OGH 7Ob17/88

OGH7Ob17/8819.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Angst und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erhard Franz Josef von R***, Kaufmann, Altmünster, Nachdemsee 185, vertreten durch Dr. Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D*** Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft, Wien 1, Schottenring 15, vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,005.800,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14. Jänner 1988, GZ 3 R 198/87-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 11. Juni 1987, GZ 12 Cg 23/85-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.526,51 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.556,96 an Umsatzsteuer und S 2.400,-- an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 17. Juli 1984 eingebrachten Klage stellte der Kläger das Hauptbegehren, es werde festgestellt, daß die beklagte Partei auf Grund einer näher bezeichneten Elektroanlagen- und Geräteversicherung für einen am 26. Juni 1982 entstandenen Schaden im Rahmen der vertraglichen Versicherungssumme deckungspflichtig sei, sowie das Eventualbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger S 1,005.800,-- s.A. zu bezahlen. Der Kläger brachte vor, die S*** Gesellschaft mbH habe für eine von ihr betriebene Discothek eine Elektroanlagen- und Geräteversicherung für alle in der Polizzenanlage angeführten Elektrogeräte mit einer Gesamtversicherungssumme von S 1,005.800,-- abgeschlossen. Bei einem Brand am 26. Juni 1982 seien die versicherten Anlagen und Geräte unbrauchbar geworden. Die beklagte Partei lehne die Deckung des Schadens ab. Für das Objekt habe auch eine Betriebsgesamtversicherung einschließlich Feuerversicherung bestanden. Die beklagte Partei lehne eine Leistung auch aus dieser Versicherung ab. Es sei deshalb hierüber ein Deckungsprozeß beim Landesgericht Salzburg anhängig. Die S*** Gesellschaft mbH habe ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten.

In einem nicht datierten, offensichtlich jedoch zu Beginn des Jahres 1985 hergestellten Vermerk hielt der Erstrichter fest, daß der Vertreter des Klägers verstorben und das Verfahren daher nach § 160 ZPO unterbrochen ist.

Mit Beschluß vom 8. Jänner 1987 trug das Erstgericht dem Kläger über Antrag der beklagten Partei auf, binnen vier Wochen einen neuen Vertreter zu bestellen und dies dem Gericht bei sonstigem Eintritt der Säumnisfolgen gemäß § 160 ZPO bekanntzugeben.

Der Kläger entsprach diesem Auftrag mit Schriftsatz vom 12. Februar 1987.

In der Tagsatzung vom 1. Juni 1987 wendete die beklagte Partei Verjährung des Anspruches ein, weil der Kläger das gegenständliche Verfahren durch mehr als zwei Jahre nicht fortgesetzt habe. Die Vorinstanzen wiesen sowohl das Haupt-, als auch das Eventualbegehren ab. Ein Interesse des Klägers an der von ihm begehrten Feststellung sei nicht gegeben, weil dem Kläger die Höhe des eingetretenen Schadens im Zeitpunkt der Einbringung der Klage bereits bekannt, der behauptete Leistungsanspruch bereits fällig gewesen sei. Der Leistungsanspruch des Klägers sei verjährt, weil er das fristgerecht eingeleitete Verfahren nicht gehörig fortgesetzt habe. Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjährten gemäß § 12 Abs. 1 VersVG in zwei Jahren. Die Verjährung beginne mit dem Schluß des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden könne. Die Anmeldung des Anspruches durch den Versicherten hemme die Verjährung bis zum Einlangen der schriftlichen Entscheidung des Versicherers. Die beklagte Partei habe ihre Leistungspflicht mit Schreiben vom 18. Jänner 1984 abgelehnt und damit die Verjährungsfrist in Gang gesetzt. Die Verjährungsfrist sei am 31. Dezember 1986 abgelaufen. Der Kläger habe die Klage zwar zeitgerecht erhoben, sei aber nach dem Tod seines Vertreters mehr als zwei Jahre untätig geblieben. Beachtliche Gründe für seine Untätigkeit habe der Kläger nicht nachgewiesen. Durch Einsicht in den Gerichtsakt hätte der Kläger jederzeit erfahren können, daß das Verfahren nicht bereits auf Grund des Unterbrechungsantrages der beklagten Partei unterbrochen worden sei. Daß er vom Ableben seines früheren Vertreters keine Kenntnis gehabt habe, habe der Kläger nicht einmal behauptet. Die ungewöhnlich lange Untätigkeit des Klägers lasse auf ein mangelndes Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens schließen. Der Kläger bekämpft das Urteil der zweiten Instanz aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Rechtliche Beurteilung

Diese Revision ist nicht gerechtfertigt.

Nicht berechtigt erweist sich die Revision zunächst, soweit die Vorinstanzen das Hauptbegehren (Feststellungsbegehren) abgewiesen haben. Da der Leistungsanspruch des Klägers mit Ablehnung der Deckung durch die beklagte Partei fällig geworden ist, ist ein rechtliches Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung nicht mehr gegeben. Das als Eventualbegehren gestellte Leistungsbegehren bietet dem Kläger alles, was mit der Klage auf Feststellung der Deckungspflicht erreicht werden kann. Zutreffend habe die Vorinstanzen aber auch die Ansicht vertreten, daß der Kläger das Verfahren nach dessen Unterbrechung gemäß § 160 ZPO nicht gehörig fortgesetzt hat, so daß der geltend gemachte Anspruch verjährt ist.

Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß nicht nur bei Ruhen des Verfahrens, sondern auch im Fall einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 160 ZPO aus der Unterlassung einer Verfahrensaufnahme seitens des durch den verstorbenen Anwalt vertreten gewesenen Klägers auf beharrliche Untätigkeit geschlossen werden kann, an welches Kriterium von Lehre und Rechtsprechung der Verlust der mit der Klageeinbringung bewirkten Verjährungsunterbrechung geknüpft wird (8 Ob 10/72, 6 Ob 696/82). Ob ein längeres Zuwarten mit der Verfolgung des Anspruches noch hingenommen werden kann oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, ist nach den Umständen des Falles zu beurteilen (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 1497). Die Gründe für die Untätigkeit müssen im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein (Schubert aaO, JBl. 1983, 148). Für die Frage, ob eine ungebührliche Untätigkeit vorliegt, kommt es nicht nur auf die Dauer, sondern auch auf die Gründe der Untätigkeit an (SZ 52/30). Entscheidend ist, ob das Verhalten des Klägers auf sein mangelndes Interesse an der Verfahrensfortsetzung schließen läßt (Schubert aaO). Nach Erhebung der Verjährungseinrede durch die beklagte Partei oblag dem Kläger die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen beachtlicher Gründe, die ungeachtet der objektiv ungewöhnlich langen Untätigkeit des Klägers von etwa 2 1/4 Jahren auf einen stets aufrecht gebliebenen Forderungsdurchsetzungswillen schließen lassen; denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, von Amts wegen nach Umständen für die Dauer der Untätigkeit des Klägers zu forschen (SZ 52/30, 8 Ob 10/72).

Der Kläger hat lediglich vorgebracht, er sei der Meinung gewesen, das Verfahren sei auf Grund des Unterbrechungsantrages der beklagten Partei bereits vor dem Ableben seines Vertreters unterbrochen worden, so daß er keinen Anlaß habe, einen Fortsetzungsantrag zu stellen. Zu dieser seiner Annahme aber hatte der Kläger keinerlei Anlaß, zumal er selbst sich (durch seinen Vertreter) gegen eine Unterbrechung des Verfahrens ausgesprochen hatte und die nach dem Unterbrechungsantrag durchgeführte Tagsatzung erstreckt worden war. Den Vorinstanzen ist auch darin beizupflichten, daß der Kläger sich vom Nichtzutreffen der von ihm behaupeten Annahme jederzeit und ohne Schwierigkeiten durch Einsicht in den Akt hätte überzeugen können.

Die Behauptung einer solchen Annahme rechtfertigt deshalb nicht die ungewöhnlich lange Untätigkeit des Klägers.

Das Vorbringen des Klägers, er sei der Meinung gewesen, das Verfahren sei bereits vor dem Tod seines Vertreters im Hinblick auf das Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung unterbrochen worden, betrifft nicht das Verhältnis zwischen ihm und der beklagten Partei und rechtfertigt auch deshalb nicht seine Untätigkeit.

Daß der Kläger etwa deswegen, weil sich die beklagte Partei in der Tagsatzung vom 25. Oktober 1984 eine Stellungnahme zu seinem Vorbringen im vorbereitenden Schriftsatz vom 19. Oktober 1984, ON 3, vorbehalten hat oder weil beide Parteienvertreter in jener Tagsatzung erklärten, noch außergerichtliche Klarstellungen vornehmen zu wollen, untätig geblieben sei, behauptet er nicht. Die genannten Umstände vermöchten auch die lange Dauer des Zuwartens des Klägers keineswegs zu rechtfertigen.

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen die Ansicht vertreten, daß das Verhalten des Klägers in der Zeit zwischen der Tagsatzung vom 25. Oktober 1984 und der Vollmachtsbekanntgabe vom 12. Februar 1987 auf ein mangelndes Interesse an der Verfahrensfortsetzung schließen läßt, so daß der Anspruch des Klägers verjährt ist.

Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

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