OGH 11Os57/88

OGH11Os57/8810.5.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter R*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 1.April 1987, GZ 7 E Vr 351/86-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Kreisgerichtes Ried in Innkreis vom 1. April 1987, GZ 7 E Vr 351/86-20, verletzt mit dem darin enthaltenen Ausspruch über die Verlängerung der bereits bestimmten Probezeit auf fünf Jahre das Gesetz in der Vorschrift des § 53 Abs. 1 und Abs. 2 StGB.

Dieser Ausspruch wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Walter R*** wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 28.Mai 1986, GZ 7 E Vr 351/86-12, des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wurde die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Nachträglich erging wegen einer bereits im Jänner 1986 verübten Betrugstat eine neuerliche Verurteilung des Walter R***. Das Kreisgericht Ried im Innkreis erkannte ihn mit rechtskräftigem Urteil vom 20.Februar 1987, GZ 8 E Vr 72/87-6, des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB für schuldig und verhängte unter Anwendung der §§ 31 sowie 40 StGB eine das eingangs genannte Straferkenntnis berücksichtigende Zusatzstrafe von drei Monaten, welche ebenfalls für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Zufolge eines Antrages des öffentlichen Anklägers "auf Absehen vom Widerruf und Verlängerung der Probezeit (§ 55 Abs. 3 StGB)" beschloß das Kreisgericht Ried im Innkreis am 1.April 1987, GZ 7 E Vr 351/86-20, die bedingte Nachsicht der mit Urteil vom 28. Mai 1986 über Walter R*** verhängten sechsmonatigen Freiheitsstrafe nicht zu widerrufen, jedoch die bereits bestimmte Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Aus der Begründung des Beschlusses wird deutlich, daß sich das Gericht dabei von der unzutreffenden Annahme leiten ließ, die nachträgliche Verurteilung des Walter R*** im Verfahren AZ 8 E Vr 72/87 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis sei wegen eines innerhalb der Probezeit verübten Deliktes ergangen und es liege daher ein Anwendungsfall des § 53 StGB vor, wogegen in Wahrheit eine früher begangene Tat abgeurteilt worden war und die zitierte Widerrufsregelung nach Lage des Falles nicht herangezogen werden konnte.

Rechtliche Beurteilung

Denn hier ging es nicht darum, aus einer innerhalb der gerichtlich bestimmten Probezeit begangenen und nunmehr abgeurteilten strafbaren Handlung Folgen abzuleiten, sondern allein um die Beurteilung, ob die bedingte Nachsicht der im Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 28.Mai 1986, GZ 7 E Vr 351/86-12, verhängten Strafe angesichts der nachträglichen Verurteilung Walter R*** im Sinn des § 31 StGB mit Urteil desselben Gerichtshofs vom 20.Februar 1987, GZ 8 E Vr 72/87-6, widerrufen werden sollte, weil sie bei gemeinsamer Aburteilung nicht gewährt worden wäre (§ 55 Abs. 1 StGB). Das Gesetz enthält keine Regelung, wonach das Unterbleiben eines solchen Widerrufs mit einer beschlußmäßigen Verlängerung der Probezeit verbunden werden darf; es sieht vielmehr bloß als eine von gerichtlichen Entscheidungen unabhängige Folge vor, daß bei einem derartigen Zusammentreffen von Probezeiten aus mehreren Verurteilungen eine Verlängerung bis zum Ablauf jener Probezeit eintritt, die zuletzt endet, jedoch nicht länger als fünf Jahre (§ 55 Abs. 3 StGB). Es war somit unzulässig, daß das Kreisgericht Ried im Innkreis - welches die Widerrufsvoraussetzungen unter Heranziehung des § 55 Abs. 1 StGB zu prüfen gehabt hätte, wobei im Sinn des § 495 Abs. 2 StPO in der Strafsache AZ 8 E Vr 72/87 zu entscheiden gewesen wäre, weil dort das Urteil zuletzt rechtskräftig wurde - anläßlich des Absehens vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht eine Probezeitverlängerung verfügte (Ö*** 1977/243). In dieser Beziehung wäre in der Strafsache AZ 7 E Vr 351/86 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis nach der Klärung, daß die bedingte Strafnachsicht nicht widerrufen wird, bloß eine deklarative Entscheidung über die eingetretene Angleichung der Probezeitdauer an jene aus dem Verfahren AZ 8 E Vr 72/87 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis in Betracht gekommen. Der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und zu Gunsten des Verurteilten wie im Spruch zu erkennen.

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