Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch eines 5.000 S übersteigenden Wertes der gestohlenen bzw verhehlten Sache, demgemäß in der Unterstellung der Tat des Oliver C*** auch unter die Qualifikation des § 128 Abs. 1 Z 4 StGB sowie gemäß § 290 Abs. 1 (zweiter Fall) StPO jener des Mario H*** unter die des § 164 Abs. 2 StGB, ferner bezüglich Oliver C*** im Strafausspruch und bezüglich Mario H*** im Ausspruch nach § 13 Abs. 1 JGG aufgehoben; gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird in der Sache selbst erkannt:
Durch die im aufrecht bleibenden Teil des erstgerichtlichen Schuldspruchs umschriebene, in bezug auf eine Sache, deren Wert 25.000 S nicht übersteigt, verübte Tat haben zu
1. Oliver C*** das Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und zu 2. Mario H*** das Vergehen der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB begangen.
Oliver C*** wird hiefür nach § 127 StGB unter Anwendung des § 11 Z 2 JGG 1961 zu einer Geldstrafe von 30 (dreißig) Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 15 (fünfzehn) Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt; die Höhe des Tagessatzes beträgt 30 (dreißig) Schilling.
Gemäß § 13 Abs. 1 JGG 1961 wird der Ausspruch und die Vollstreckung einer über Mario H*** zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von 2 (zwei) Jahren vorläufig aufgeschoben.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C*** verworfen.
III. Die Berufung des Angeklagten C*** wegen des Ausspruches über die Schuld wird zurückgewiesen.
IV. Mit ihren gegen den Ausspruch über die Strafe erhobenen Berufungen werden die Staatsanwaltschaft (bezüglich des Angeklagten C***) sowie der Angeklagte C*** auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.
V. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten C*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil wurden der am 12.Februar 1972 geborene Oliver C*** des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB (in der zum Zeitpunkt der Urteilsfällung geltenden Fassung) und der am 8.Dezember 1971 geborene Mario H*** des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 StGB (gleichfalls aF) schuldig erkannt.
Darnach haben am 21.April 1987 in Klagenfurt
1. Oliver C*** ein Rennfahrrad im Wert von 6.900 S dem Pedro A*** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,
2. Mario H*** dieses Fahrrad, das Oliver C*** durch ein Vergehen gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, dadurch verheimlicht, daß er es in seinem Keller aufbewahrte.
Mario H*** verzichtete auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil. Oliver C*** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie mit Berufung wegen Schuld; der diesen Angeklagten betreffende Strafausspruch wird sowohl von ihm als auch von der Staatsanwaltschaft angefochten.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu. In der Mängelrüge (Z 5) wendet der Angeklagte C*** gegen die Feststellung seiner Täterschaft ein, diese sei mit dem Hinweis auf die größere innere Wahrscheinlichkeit der Aussage des Mitangeklagten H***, mit dessen glaubwürdigerem Eindruck und mit dessen Unbescholtenheit offenbar nur unzureichend begründet. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, einen Begründungsmangel im Sinne des relevierten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen. Vielmehr bekämpft er damit, ebenso wie mit seinen weiteren Ausführungen, aus dem Versagen eines Entlastungsbeweises dürfe nichts für ihn Nachteiliges abgeleitet werden, bloß auf eine im Nichtigkeitsverfahren nicht vorgesehene und daher unbeachtliche Weise die beweiswürdigenden Argumente des Schöffengerichtes. Die außerdem erhobene Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld war, wie im gegebenen Zusammenhang vorweg auszuführen ist, mangels Zulässigkeit eines derartigen Rechtsmittels (§§ 280, 283 Abs. 1 StPO) zurückzuweisen.
Berechtigung kommt hingegen der Verfahrensrüge (Z 4) zu. Das Erstgericht wies den in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers, ein Sachverständigengutachten zum Beweis eines 5.000 S nicht übersteigenden Wertes des Fahrrades einzuholen, ab und verletzte dabei die ihm nach § 238 Abs. 2 StPO auferlegte Verpflichtung, die Gründe hiefür im Protokoll ersichtlich zu machen (S 80). In der im Urteil nachgeholten (US 5) Begründung vertrat es die Ansicht, ein Sachverständigengutachten sei schon "mit Rücksicht auf die klare Aussage" des Bestohlenen nicht notwendig, eine Wertermittlung durch einen Sachverständigen sei überdies wegen der Unauffindbarkeit des Fahrrades unmöglich. Diese Begründung ist aber schon deshalb unzulänglich, weil der Bestohlene in der Hauptverhandlung zwar angegeben hatte, das im Herbst 1986 gekaufte Fahrrad sei "nagelneu" gewesen, andererseits aber auch auf seine Angaben anläßlich der Anzeigeerstattung verwiesen hatte (S 79), in denen er wieder den Wert zur Zeit des Diebstahls mit 5.000 S angegeben und diesen dem Neuwert von 6.900 S (im Herbst 1986) gegenübergestellt hatte (S 13); selbst bei einer späteren Befragung nannte er einen Wert von "derzeit noch" 5.000 S (S 16, in der Hauptverhandlung verlesen laut S 81). Bei dieser Sachlage konnte die Bezugnahme auf die Aussage des Bestohlenen keine tragfähige Grundlage für das Zwischenerkenntnis des Schöffengerichtes bilden.
Auch die Annahme, die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei wegen der Unauffindbarkeit des Fahrrades aussichtslos, ist nicht haltbar, denn ein Sachverständiger könnte ein Gutachten anhand (einzuholender) näherer Angaben des Bestohlenen über den Zustand des Fahrrades, über den Umfang der Benützung während rund eines halben Jahres bis zum Zeitpunkt des Diebstahls, sowie unter Berücksichtigung seines Erfahrungswissens über einen Zeitwert erstellen.
Der unterlaufene Verfahrensmangel würde an sich eine (teilweise) Erneuerung des Verfahrens erforderlich machen. Da aber im zweiten Rechtsgang bereits die durch das am 1.März 1988 in Kraft getretene StRÄG 1987, BGBl Nr 605/1987, geänderte Wertgrenze des § 128 Abs. 1 Z 4 StGB zugrundezulegen wäre (Art XX Abs. 1 zweiter Satz StRÄG 1987), die unter keinen Umständen überschritten sein kann, ist eine sofortige Entscheidung in der Sache selbst möglich und geboten.
Gemäß § 290 Abs. 1 (zweiter Fall) StPO kommt der vom Angeklagten C*** geltend gemachte zuletzt bezeichnete Nichtigkeitsgrund auch dem Angeklagten H***, der das Urteil unangefochten ließ, zustatten, denn die Qualifikation des § 164 Abs. 2 StGB fällt in gleicher Weise dahin wie jene des § 128 Abs. 1 Z 4 StGB. Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher teilweise Folge zu geben und - teilweise gemäß § 290 Abs. 1 StPO - hinsichtlich des Schuldspruches wie aus dem Spruch ersichtlich in der Sache selbst zu erkennen.
Bei der erforderlichen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof beim Angeklagten C*** die einschlägige Vorstrafe als erschwerend und keinen Umstand als mildernd, beim Angeklagten H*** keinen Umstand als erschwerend und das Geständnis sowie den bisher ordentlichen Lebenswandel als mildernd. Beim Angeklagten C*** war nach diesen Strafzumessungsgründen die Verhängung einer dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Täters entsprechenden Geldstrafe von 30 Tagessätzen erforderlich. Die Höhe des Tagessatzes war mit dem (nun geltenden) Mindestsatz zu bestimmen. Der Angeklagte C*** ist in einem Lehrlingsheim untergebracht, es werden ihm von der Lehrlingsentschädigung (lediglich) 460 S monatlich überlassen. Da keinesfalls gesagt werden kann, daß die Art der gewählten Berufsausbildung unzweckmäßig wäre, kann der Angeklagte - entgegen der Ansicht des Erstgerichtes - nicht auf die Möglichkeit einer "bezahlten Arbeit" mit einem Monatseinkommen von 4.000 bis 5.000 S verwiesen werden. Nach seinen tatsächlichen Einkommensverhältnissen erscheint aber ein höherer Tagessatz nicht angebracht.
Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte C*** auf die Strafneubemessung zu verweisen. Beim Angeklagten H*** war aus den schon vom Erstgericht angestellten Erwägungen (erneut) vom Ausspruch und der Vollstreckung einer Strafe abzusehen (§ 13 Abs. 1 JGG). Das Verschlimmerungsverbot hätte bei diesem Angeklagten, hinsichtlich dessen das erstgerichtliche Urteil mit 23.Oktober 1987 in Rechtskraft erwachsen war, die Bestimmung einer über den 23.Oktober 1990 hinausreichenden Probezeit jedenfalls verhindert. Dem Obersten Gerichtshof erschien eine Probezeit von zwei Jahren angemessen.
Anzumerken bleibt, daß über eine allfällige nachträgliche Festsetzung und Vollziehung einer Strafe bezüglich Oliver C*** hinsichtlich des mit dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 12.Jänner 1987, GZ 11 Vr 2270/86-14, gefällten Schuldspruches gemäß § 495 StPO das Erstgericht zu entscheiden haben wird, weil sich das Rechtsmittelverfahren auf eine darüber ergangene, sei es positive, sei es negative Entscheidung der ersten Instanz (§ 494 a StPO) nicht erstreckte (15 Os 30,31/88, 13 Os 23/88).
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