OGH 14Os33/88

OGH14Os33/8820.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.April 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Friedrich B*** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 20.November 1987, GZ 24 Vr 825/87-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Molling, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens über sein Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 57-jährige Friedrich B*** (zu 1.) des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB und (zu 2.) des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 26.Feber 1987 in Kundl

1. an einer fremden Sache, und zwar an der zur Hälfte seiner Ehegattin Hildegard B*** gehörenden Holzlagerhalle in Kundl, Austraße Nr 60, samt Zubehör, ohne Einwilligung der (Mit-)Eigentümerin Hildegard B*** durch Legen eines Feuers eine Feuersbrunst verursacht;

2. mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der N***ersicherung durch Täuschung über Tatsachen, und zwar dadurch, daß er dem Versicherungsangestellten dieser Versicherung Josef G*** meldete, die Lagerhalle und die Maschinen seines Betriebes in Kundl seien verbrannt, ohne anzuführen, daß er diese selbst angezündet hatte, zu einer Handlung, und zwar zur Auszahlung der Versicherungsentschädigung in der Höhe von insgesamt 1,757.972 S zu verleiten versucht, welche die N***ersicherung um diesen Betrag an ihrem Vermögen schädigen sollte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Als Verfahrensmangel (Z 4) wird die Abweisung mehrerer vom Angeklagten in der Hauptverhandlung gestellter Beweisanträge gerügt; dies jedoch zu Unrecht.

Die begehrte Einvernahme eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen, mit welcher dargetan werden sollte, daß die vom Angeklagten angegebene Zeit, in welcher er die "Kontrollfahrt" (zu seinem Betrieb in Kundl) in der Nacht zum 26.Feber 1987 durchführte, mit Rücksicht auf die von der Gendarmerie in seiner Garage wahrgenommene Erwärmung des Motorblocks seines PKW richtig ist (S 143/Bd II), konnte deshalb ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weil das Schöffengericht ohnedies von der Richtigkeit dieser Angabe ausgegangen ist (S 187/Bd II) und als (weiteres) Indiz für die Täterschaft des Angeklagten nicht etwa eine falsche Zeitangabe, sondern den Umstand wertete, daß der Angeklagte zunächst überhaupt geleugnet hatte, in dieser Nacht mit seinem PKW weggefahren zu sein (S 184/Bd II).

Ebensowenig war aber auch die begehrte Einvernahme eines Bausachverständigen zu dem hiefür angegebenen Beweisthema (S 144/Bd II) geboten; denn es wurde ohnehin als erwiesen angenommen, daß der tatsächlich eingetretene Schaden an dem in Brand gesteckten Objekt die zu erwartende Entschädigungssumme um ein Vielfaches überstiegen und daher die Versicherungssumme zur Abdeckung dieses Schadens nicht ausgereicht hat (S 180, 185, 187/Bd II). Allein darauf zielte aber der in Rede stehende Beweisantrag (nach dem in erster Instanz hiefür angegebenen Beweisthema) ab (vgl abermals S 144/Bd II).

Daß die festgestellten Benzinspuren an den Teppichresten, die am Weg zur Jenbacher Rodelhütte und zum Steinbruch (im Zusammenhang mit den vorangegangenen Brandversuchen des Angeklagten) gefunden wurden, auch in der Weise in die Teppiche gelangt sein können, wie dies der Angeklagte angibt, wurde ebenfalls als erwiesen angenommen (S 187/Bd II), sodaß es der hiezu beantragten Einvernahme eines Brandsachverständigen (S 144/Bd II) nicht bedurfte. Gleiches gilt schließlich auch für den Antrag auf Vernehmung des Zeugen W*** zum Beweis dafür, daß weder der Genannte noch die Zeugen L*** und B*** am 22.Feber 1987 in der Halle waren und daß daher die Gendarmerieprotokolle unrichtig sind (S 144/Bd II). Denn das Erstgericht räumt durchaus die Richtigkeit dieses Vorbringens und (aufgrund der Aussage des Zeugen L*** in der Hauptverhandlung) die Unrichtigkeit der dem widersprechenden Angaben vor der Gendarmerie ein (S 188/Bd II).

Demnach kann sich der Angeklagte durch die Abweisung der relevierten Beweisanträge nicht beschwert erachten, sodaß die Verfahrensrüge zur Gänze versagt.

Nicht berechtigt ist aber auch die Mängelrüge (Z 5). Entgegen dem Beschwerdevorbringen bedurfte die Urteilskonstatierung, wonach der Angeklagte bei Erstattung der (telefonischen) Schadensmeldung gewußt hat, daß die N***ersicherung keine Entschädigungsleistung erbringen würde, wenn sie davon Kenntnis hätte, daß er selbst das Feuer gelegt hat, keiner weiteren Begründung. Gehört doch die Tatsache der Leistungsfreiheit des Versicherers im Fall vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles durch den Versicherungsnehmer zum selbstverständlichen Allgemeinwissen jedes geistesgesunden Menschen von Alter und Beruf des Beschwerdeführers, dessen geistige Gesundheit aufgrund des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens ausdrücklich festgestellt wurde (S 186/Bd II), wobei das Beweisverfahren keinerlei erörterungsbedürftigen Umstände ergeben hat, die dahin gedeutet werden könnten, daß es dem Beschwerdeführer aus besonderen, in seiner Person gelegenen Gründen an diesem Allgemeinwissen gefehlt haben könnte.

Dem Urteil haftet auch nicht die (der Sache nach) behauptete Aktenwidrigkeit in bezug auf die Aussage des Zeugen D*** an. Wird doch in den Urteilsgründen im Einklang mit den Bekundungen des Genannten (S 157/Bd II) ausgeführt, daß er Treibstoffgeruch wahrgenommen hat (S 183/Bd II), nicht aber, daß er tatsächlich vorhandenen Treibstoff gesehen habe. Eine derartige Wahrnehmung hat vielmehr, wie das Urteil richtig annimmt, der Zeuge O*** gemacht (S 164/Bd II). Die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang herausgestellte Urteilspassage, wonach die angeführten beiden Zeugen "diese Beobachtungen" in der Hauptverhandlung glaubwürdig geschildert haben (S 183/Bd II), kann keineswegs, wie dies die Beschwerde offenbar meint, dahin verstanden werden, daß beide Zeugen dasselbe "beobachtet" haben, sondern bezieht sich jeweils auf jene Wahrnehmung, die jeder von ihnen (seinen Angaben zufolge) gemacht hat.

Daß das Gericht die Tatzeit "zwischen 0,00 Uhr und 4,00 Uhr" (statt wie in der Anklageschrift "zwischen 2,00 Uhr und 3,30 Uhr") angenommen hat, obwohl es davon ausging, daß der Angeklagte um 2,10 Uhr von zu Hause zum Tatort gefahren ist, sodaß die Brandstiftung jedenfalls nach diesem Zeitpunkt erfolgt sein muß, betrifft keine für die Schuldfrage entscheidende Tatsache, sodaß dem Urteil auch insoweit kein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO anhaftet.

In der (nur den Schuldspruch zu Punkt 2. des Urteilssatzes betreffenden) Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich wendet der Beschwerdeführer ein, die Erstattung einer telefonischen Schadensmeldung beim Vertreter seiner Brandschutzversicherung sei nicht als Betrugsversuch, sondern lediglich als (straflose) Vorbereitungshandlung zum Betrug zu beurteilen. Auch diese Rüge versagt.

Nach den Urteilskonstatierungen war Josef G***, bei dem der Angeklagte die telefonische Schadensmeldung erstattete, der für ihn zur Entgegennahme von Schadensmeldungen zuständige Vertreter der N***ersicherung (S 180/Bd II), sodaß durch den Anruf bei G*** die Schadensmeldung an die Versicherung erfolgte. Wird aber an die Versicherung eine (durch bewußtes Verschweigen der vorsätzlichen Selbstverursachung des Schadensereignisses durch den Versicherungsnehmer) unrichtige Schadensmeldung erstattet, dann hat der Täter bereits dadurch ein taugliches Täuschungsmittel gegenüber der Versicherung angewendet, mithin schon mit der Ausführung des geplanten (Versicherungs-)Betruges begonnen und diesen demnach versucht (vgl Kienapfel BT II § 146 Rz 250; Leukauf-Steininger Komm2 § 146 RN 49 und die dort zit Judikatur). Der Beurteilung des festgestellten Tatverhaltens als versuchter (schwerer) Betrug haftet somit ein Rechtsirrtum nicht an.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Soweit der Verteidiger im Gerichtstag überdies - unter Bezugnahme auf das inzwischen in Kraft getretene Strafrechtsänderungsgesetz 1987 - vorbrachte, das Ersturteil sei nach Meinung des Beschwerdeführers auch mit Nichtigkeit im Sinne der (neuen) Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, weil sich aus den Verfahrensergebnissen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der erstrichterlichen Feststellungen ergäben, so entfernt er sich damit vom Inhalt seiner Rechtsmittelschrift. Der Sache nach ist das bezügliche Vorbringen als Anregung auf außerordentliche Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu werten, worauf gemäß § 362 Abs. 3 zweiter Halbsatz StPO nicht einzugehen ist.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 3 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 1/2 (eineinhalb) Jahren, wobei es diese Strafe gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen und den Umstand, daß die Wertgrenze des § 147 Abs. 3 StGB um ein Vielfaches überschritten werden sollte; als mildernd hielt es dem Angeklagten dessen bisherige Unbescholtenheit zugute, weiters daß der Betrug beim Versuch geblieben ist und daß zwar rechtlich eine Brandstiftung an einer fremden Sache ohne Einwilligung der Miteigentümerin vorliege, wobei aber die Tat bei lebensnaher wirtschaftlicher Betrachtung "nicht so stark ins Gewicht" falle, weil auch der Angeklagte selbst (als weiterer Miteigentümer) von den Tatfolgen unmittelbar betroffen sei.

Die besonderen Gründe für künftiges Wohlverhalten im Sinne des § 43 Abs. 2 StGB hinwieder wurden darin erblickt, daß der Angeklagte bisher nicht straffällig geworden war, bereits etwa dreieinhalb Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte und den durch die Brandstiftung entstandenen Schaden in sehr beträchtlicher Höhe selbst zu tragen haben werde, wodurch sich der vorliegende Fall von einer Brandstiftung an einer zur Gänze fremden Sache unterscheide, weshalb auch generalpräventive Gründe der Gewährung bedingter Strafnachsicht nicht entgegenstünden.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft, mit welcher zum einen eine Erhöhung der Strafe und zum anderen die Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht begehrt wird.

Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Daß der Angeklagte die Brandstiftung sorgfältig geplant und deren Ausführung schon Wochen zuvor eingehend vorbereitet hat, hat das Schöffengericht festgestellt und auch ersichtlich bei der Ausmessung der verwirkten Strafe entsprechend der allgemeinen Strafbemessungsvorschrift des § 32 Abs. 3 StGB (mit-)erwogen. Soweit die Anklagebehörde aber auf den (beabsichtigten) hohen Betrugsschaden verweist, so wurde dieser ohnedies als erschwerend festgestellt, wobei dem in Rede stehenden Umstand aber im Hinblick darauf, daß die Betrugsstraftat beim Versuch geblieben ist, sodaß die Versicherung letztlich keinen Schaden erlitten hat, nicht jenes Gewicht zukommt, das ihm die Berufung beimißt.

Ausgehend von den festgestellten Strafzumessungsgründen erweist sich das in erster Instanz gefundene Strafmaß auch unter Berücksichtigung der vom öffentlichen Ankläger herausgestellten allgemeinen Grundsätze für die Strafzumessung als tatschuldangemessen.

Aber auch dem weiteren Berufungsbegehren kommt nach Lage des Falles keine Berechtigung zu. Aus den vom Erstgericht angestellten Erwägungen kann nämlich, entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft, jene qualifiziert günstige Zukunftsprognose als gegeben angesehen werden, auf welche § 43 Abs. 2 (aF) StGB abstellt, zumal die Berufung keine konkreten Tatsachen vorzubringen vermag, die gegen diese Prognose sprächen.

Der Berufung mußte daher zur Gänze ein Erfolg versagt bleiben, weshalb insgesamt spruchgemäß zu erkennen war.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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