OGH 9ObA47/88

OGH9ObA47/8813.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Dieter Waldmann und Mag. Günter Köstelbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Brigitte F***, Hausfrau, Spittal an der Drau, Rizzistraße 7, vertreten durch Dr.F. MüllerStrobl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Walter F***, Drogist, Seeboden, Süduferweg 45, vertreten durch Dr.Arno Kempf, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, wegen S 75.815,06 brutto sA (Revisionsstreitwert S 68.945 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. September 1987, GZ 7 Ra 1081/87-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 12.Mai 1987, GZ 34 Cga 1001/87-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht beschlossen und erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat ihre Revisionskosten selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage der Berechtigung des vorzeitigen Austritts der Klägerin richtig gelöst. Es reicht daher aus, auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen, daß entgegen der Ansicht des Revisionswerbers hinsichtlich des Tages der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine divergierenden Entscheidungen der Vorinstanzen vorliegen, da schon das Erstgericht feststellte, daß die Klägerin ihren vorzeitigen Austritt mit Schreiben vom 27. November 1986 erklärte und dieses Schreiben dem Beklagten am 1. Dezember 1986 zukam. Das Berufungsgericht übernahm diese Feststellungen und führte zutreffend aus, daß der Austritt der Klägerin damit am 1.Dezember 1986 wirksam geworden sei (vgl. Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht2 I 224 f). Dazu ist es ohne Belang, daß beide Teile (Beilage C) vorerst der Ansicht waren, das Arbeitsverhältnis sei bereits mit 27.November 1986 aufgelöst worden und die Klägerin am 28. November 1986 der Arbeit fernblieb, da sie in dieser Zeit ohnehin arbeitsunfähig war.

Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß der vorzeitige Austritt der Klägerin im Sinne des § 26 Z 1 AngG begründet erfolgte. Richtig ist, daß nach dieser Gesetzesstelle die Gesundheitsgefährdung durch die Arbeitsleistung an sich gegeben sein muß, um den vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers zu rechtfertigen (vgl. Martinek-Schwarz AngG6 § 26 Erl. 12). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen waren aber nicht nur familiäre Gründe und eheliche Differenzen dafür ausschlaggebend, daß die Klägerin ihre Tätigkeit ohne Schaden für ihre Gesundheit nicht mehr fortsetzen konnte. Der Beklagte legte sein Verhalten vielmehr gezielt darauf an, die psychisch ohnehin schon angegriffene Klägerin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu nötigen, um sich insbesondere die Abfertigung zu ersparen. Er mutete ihr nicht nur zu, mit einer Angestellten zusammenzuarbeiten, mit der er seit April 1986 ehewidrige Beziehungen unterhielt, sondern ließ auch die Schlösser des Geschäftslokals auswechseln, so daß die Klägerin keinen Zutritt mehr hatte, er verlangte von ihr, die Garderobe im Keller wie die anderen Angestellten zu benützen, erteilte ihr eine schriftliche Anweisung, daß sie keine Kunden mehr bedienen und nicht mehr kassieren dürfe, ohne ihr dafür ein anderes Tätigkeitsgebiet zuzuweisen, und er entriß und durchsuchte ihre Handtasche. Nach den Feststellungen geriet die Klägerin dadurch immer mehr in einem psychovegetativen Dekompensationszustand mit Suizidgefahr, so daß ärztlicherseits bei Fortsetzung ihrer Arbeit auch der Eintritt organischer Schäden zu befürchten gewesen wäre. Damit hat aber der Beklagte auch als Arbeitgeber durch die degradierende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen jenen Zustand der Gefährdung der Gesundheit der Klägerin herbeigeführt, der es ihr letztlich zur Gänze (Arb. 10.144; WBl. 1987, 308) unmöglich machte, ihre Tätigkeit ohne weiteren Schaden für ihre Gesundheit weiter auszuüben. Da es sich bei der psychischen Erkrankung der Klägerin um einen fortschreitenden Dauerzustand handelte, ging ihr Austrittsrecht nicht dadurch verloren, daß sie nach dem Ende ihres einwöchigen Urlaubs am 10.November 1986 vorerst noch weiterarbeiten wollte (vgl. Arb. 9.376).

Dem Klagevertreter wurde eine Gleichschrift der Revision am 23. Dezember 1987 zugestellt. Seine erst am 1.Februar 1988 überreichte Revisionsbeantwortung ist daher verspätet (§ 39 Abs 4 ASGG).

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 50 und 40 ZPO begründet.

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