Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 828,61 (darin keine Barauslagen und S 75,32 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 4.491,12 (darin S 1.500,- Barauslagen und S 271,92 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 27. September 1986 ereignete sich um etwa 3.00 Uhr früh im Ortsgebiet von Eisenerz auf der Kreuzung zwischen Lindmoserstraße und Krumpentalerstraße ein Verkehrsunfall mit Sachschaden. Beteiligt waren der Bruder des Klägers, Josef G***, der den PKW VW Golf des Klägers, Kennzeichen St 127.152 lenkte, und der Erstbeklagte mit seinem PKW Mazda 626, Kennzeichen St 228.548, der bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert war. Kläger und Erstbeklagter sind Halter der genannten Fahrzeuge.
Der Kläger begehrte den Ersatz seiner Reparaturkosten von S 32.510,53; er brachte vor, er habe sein Fahrzeug ordnungsgemäß an der Verschneidungslinie zur Krumpentalerstraße angehalten und der Erstbeklagte sei mit überhöhter Geschwindigkeit und unter unzulässiger Benützung der linken Fahrbahnhälfte mit seinem PKW dagegen gestoßen.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendeten ein, daß der Kläger den Unfall allein verschuldet habe, weil er unter Mißachtung des Vorrangs des Erstbeklagten in den Kreuzungsbereich eingefahren sei und der Erstbeklagte die Kollision nicht mehr habe verhindern können. Hilfsweise machten sie eine Gegenforderung in Höhe von S 26.615,- (Reparaturkosten am Fahrzeug des Erstbeklagten) mit Aufrechnungseinrede geltend. Mit Schriftsatz vom 7. Mai 1987 verkündete der Kläger seiner Haftpflichtversicherung den Streit; diese hat sich jedoch am Verfahren nicht beteiligt. Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit S 19.506,32, die eingewendete Gegenforderung mit S 11.446,- als zu Recht bestehend und sprach daher dem Kläger S 8.060,32 s.A. zu; das Mehrbegehren von S 24.450,21 s.A. wurde abgewiesen.
Das Erstgericht ging zusammengefaßt den folgenden wesentlichen Feststellungen aus:
An der Unfallskreuzung schneiden einander die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Krumpentalerstraße und die in Ost-West-Richtung verlaufende Lindmoserstraße nahezu rechtwinkelig. Die Krumpentalerstraße ist unmittelbar südlich der Kreuzung in einer Breite von 4,80 m asphaltiert; westlich davon befindet sich ein zunächst 1,6 m breiter, sich nach Süden verjüngender Gehsteig, dahinter schließen Häuser mit ihren Straßenfronten an. Nördlich der Kreuzung führt die Krumpentalerstraße durch einen gemauerten Torbogen mit einer lichten Durchfahrtsweite von 4 m und einer Länge von rund 9 m, der ohne Gehsteig unmittelbar an den Kreuzungsbereich anschließt. Die Lindmoser straße ist an ihrer westlichen Einmündung in die Kreuzung 4,10 m breit; entlang ihrer Nordseite (im Urteil offenbar irrtümlich: "Südseite") verläuft ein 0,75 m breiter Gehsteig. Ein auf der Lindmoserstraße aus Westen zur Krumpentalerstraße heranfahrender PKW-Lenker gewinnt in Richtung Süden erstmals Sicht, wenn sich die Front seines Fahrzeuges auf Höhe des westlichen Fahrbahnrandes der Krumpentalerstraße befindet; in dieser Position reicht die Sicht über rund 70 m nach Süden. Hingegen ist die Sicht in Richtung Norden in dieser Position noch völlig durch den Torbogen blockiert; erst aus einer Sitzposition rund 0,2 m innerhalb der Fahrbahn der Krumpentalerstraße kann man bis etwa 10 m nördlich des Torbogens und aus einer Sitzposition rund 1,5 m innerhalb der Fahrbahn der Krumpentalerstraße etwa 70 m in Richtung Norden sehen. Bei der Ausfahrt auf der Krumpentalerstraße an die Kreuzung in Richtung Norden kann man aus einer Entfernung von mehr als 70 m vom südlichen Ende des Torbogens den westlichen Einmündungsbereich der Lindmoserstraße bis in eine Tiefe von 2 m einsehen. Auf den Unfallsbereich bezughabende Verkehrszeichen sind nicht vorhanden. Zur Unfallszeit fuhr Josef G*** mit dem PKW des Klägers auf der Lindmoserstraße in Richtung Osten an die Kreuzung heran, in der Absicht, dort nach links in Richtung Norden einzubiegen. Er näherte sich der Kreuzung mit Schrittgeschwindigkeit und hielt dabei einen Seitenabstand zwischen 0,75 m und 0,8 m zum südlichen Fahrbahnrand der Lindmoserstraße ein. Zur gleichen Zeit näherte sich auf der trockenen Krumpentalerstraße, in Richtung Norden fahrend, der vom Erstbeklagten gelenkte PKW mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h zunächst in einem Seitenabstand von nur 1 m zum westlichen Fahrbahnrand. Der Erstbeklagte beobachtete die vor ihm liegenden Verkehrsflächen nur mangelhaft; insbesondere beobachtete er den westlichen Einmündungsbereich der Lindmoserstraße nicht, sondern richtete für einige Sekunden sein Augenmerk ausschließlich auf das Autoradio. Dabei kam er mit seinem PKW zunächst bis auf etwa 0,7 m an den westlichen Fahrbahnrand der Krumpentalerstraße heran und streifte mit seiner linken Stoßstangenecke die Frontpartie des etwas schräg stehenden Fahrzeuges des Klägers, ohne es zuvor wahrgenommen zu haben. Er bemerkte dieses Fahrzeug auch anläßlich der Kollision nicht, sondern deutete den Zusammenstoß als Anstreifen am Torbogen und setzte seine Fahrt ohne anzuhalten fort. Durch den Zusammenstoß entstanden Schäden an beiden Fahrzeugen. Die Reparaturkosten des Klägers betrugen S 32.510,53, jene des Erstbeklagten S 28.615,-. Der Zinsenlauf für allfällige Schadenersatzforderungen des Klägers beginnt am 10. November 1986. Der Kläger hielt vor der Einfahrt in die Krumpentalerstraße sein Fahrzeug in einer Schrägstellung zwischen 30 und 45 Grad nach links derart an, daß die rechte vordere Begrenzung etwa 0,75 bis 1 m in den westlichen Teil der Krumpentalerstraße hineinragte.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, der Kläger habe die Vorrangregel des § 19 Abs 1 StVO, die für die ganze Breite der Krumpentalerstraße gegolten habe, verletzt; der Erstbeklagte hingegen habe durch seine unaufmerksame Fahrweise und weit links gelegene Fahrlinie gegen die Bestimmungen der §§ 20 Abs 1 und 7 Abs 1 StVO verstoßen. Bei einer Gegenüberstellung der beiderseitigen Fehlverhalten erscheine eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 40 : 60 zu Lasten der Beklagten angemessen. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten nicht Folge; hingegen wurde der Berufung des Klägers Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichtes dahin abgeändert, daß die Klagsforderung mit S 32.510,53 als zu Recht, die Gegenforderung der Beklagten als nicht zu Recht bestehend erkannt wurde und dem Kläger daher S 32.501,53 (richtig wohl: S 32.510,53) s.A. zugesprochen wurden. Das Berufungsgericht erklärte die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für nicht zulässig; es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich, gelangte jedoch zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Die im § 19 StVO geregelte Vorrangshierarchie zwischen (mindestens) zwei Fahrzeugen impliziere erst in Verbindung mit § 19 Abs 7 StVO bestimmte Verhaltensnormen: danach sei es dem jeweils in einer konkreten Situation Wartepflichtigen verboten, den Vorrangberechtigten durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen zu einem unvermittelten Bremsen oder Ablenken seines Fahrzeuges zu nötigen. Im vorliegenden Fall sei der Erstbeklagte nach § 19 Abs 1 StVO ("Rechtsregel") vorrangberechtigt gewesen und sein Vorrang habe sich nach ständiger Rechtsprechung auf die gesamte Breite der bevorrangten Fahrbahn (Krumpentalerstraße) erstreckt. Der Lenker des Fahrzeuges des Klägers habe aber durch sein Verhalten (Hineinragen von 0,75 m in die bevorrangte Fahrbahn) den mit einem Seitenabstand von 1 m zum linken Fahrbahnrand fahrenden Erstbeklagten weder zu einem Abbremsen noch zu einem Auslenken genötigt. Hätte der Erstbeklagte seine ursprüngliche, gegen das Rechtsfahrgebot des § 7 Abs 1 StVO verstoßende Fahrlinie bloß beibehalten und nicht noch weiter nach links gelenkt, so wäre es nicht zur Kollision gekommen. Daß er seine Fahrlinie noch weiter nach links verlegt habe, sei keineswegs eine Folge des Hineinragens des Fahrzeuges des Klägers in die Krumpentalerstraße gewesen; erst dadurch sei der Zusammenstoß aber herbeigeführt worden. Dem Kläger liege somit keine Vorrangsverletzung zur Last. Der am Unfall allein schuldige Erstbeklagte und sein Haftpflichtversicherer hafteten daher für den gesamten Unfallschaden des Klägers zur ungeteilten Hand. Der Erstbeklagte habe seinen Schaden selbst zu tragen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die außerordentliche Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes. Der Kläger hat die ihm nach § 508 a Abs 2 ZPO vom Revisionsgericht freigestellte Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, allenfalls dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO); sie ist auch berechtigt. Die Beklagten führen in ihrem Rechtsmittel aus, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Revision für nicht zulässig erklärt, weil es in seiner Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erheblich abweiche und insbesondere den Rechtssatz "der Vorrang bezieht sich auf die gesamte Fahrbahnbreite" nicht unwesentlich relativiere. Dieser Relativierung eines ständig judizierten Rechtssatzes über eine für das gesamte Straßenverkehrsrecht so bedeutende Regelung wie die des Vorranges bedürfe zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung jedenfalls einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof. Für den Lenker des Fahrzeuges des Klägers sei infolge der äußerst ungünstigen örtlichen Situation eine Sicht nach Norden wegen des dort vorhandenen Torbogens erst dann gegeben gewesen, wenn er sich mit seiner Sitzposition rund 0,2 m innerhalb der westlichen Fahrbahn befunden habe. Erst bei einer Fahrerposition rund 1,5 m innerhalb der westlichen Fahrbahnhälfte habe auf etwa 70 m in Richtung Norden die Fahrbahn eingesehen werden können. Hingegen habe sich Richtung Süden, sohin in Ankommrichtung des Fahrzeuges des Erstbeklagten, für den Lenker des Fahrzeuges des Klägers bereits ausreichende Sicht ergeben, wenn sich die Front seines Fahrzeuges auf Höhe des westlichen Fahrbahnrandes der Krumpentalerstraße befunden habe. In dieser Position habe die Sicht des Fahrzeuglenkers über rund 70 m nach Süden bestanden. Für diese 70 m habe das Fahrzeug des Erstbeklagten bei der festgestellten Geschwindigkeit von 30 km/h rund 8 sec. benötigt. Da der Lenker des Fahrzeuges des Klägers gegenüber den von Norden kommenden Fahrzeugen bevorrangt war, könnten Überlegungen bezüglich des für ausreichende Sicht nach Norden erforderlichen Einfahrens in die Krumpentalerstraße vorerst außer acht gelassen werden. Vom Lenker des Fahrzeuges des Klägers als gegenüber den von Süden in der Krumpentalerstraße herankommenden Fahrzeugen Benachrangten sei jedoch zu verlangen gewesen, lediglich so weit in die Kreuzung einzufahren, bis er ausreichende Sicht auf von rechts kommende Fahrzeuge erlangte. Wäre der Lenker dieser Verpflichtung nachgekommen und hätte sein Fahrzeug in eben dieser Position (Front des Fahrzeuges auf Höhe des westlichen Gehsteiges der Krumpentalerstraße) angehalten, so hätte das Fahrzeug des Erstbeklagten anstoßfrei in Wahrung seines Vorranges die Kreuzung übersetzen können, und dies mit einem Sicherheitsabstand von rund 70 cm zwischen der linken Flanke des Fahrzeuges des Erstbeklagten und der rechten vorderen Ecke des Fahrzeuges des Klägers. Die Einhaltung der Fahrlinie zunächst 1 m und schließlich 0,75 m vom linken Fahrbahnrand der Krumpentalerstraße begründe zwar dessen erhebliches Mitverschulden, vermöge jedoch die Vorrangverletzung des Lenkers des Fahrzeuges des Klägers nicht zu entschuldigen. Die Schadensteilung des Erstgerichtes im Verhältnis von 40 : 60 zu Lasten der Beklagten sei daher gerechtfertigt.
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß sich der Vorrang auf die ganze Fahrbahn der bevorrangten Straße bezieht (ZVR 1984/36, ZVR 1977/53 uva). Der Vorrang ist nicht auf, sondern vor der Kreuzung zu beachten (ZVR 1977/122 ua). Er ist nur dann gewahrt, wenn der wartepflichtige Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug noch vor der Querstraße anhält. Selbst durch ein vorschriftswidriges Verhalten des im Vorrang befindlichen Verkehrsteilnehmers geht der Vorrang nicht verloren, auch nicht dann, wenn sich dieser auf der linken Fahrbahnhälfte bewegt (ZVR 1974/123; ZVR 1984/36 ua). Nach ständiger Rechtsprechung (ZVR 1975/177, 1979/64 uva) hat sich der benachrangte Kfz-Lenker, um eine ihm obliegende Wartepflicht erfüllen zu können, dann, wenn es die schlechten Sichtverhältnisse erfordern, äußerst vorsichtig der Kreuzung zu nähern und sich auf dieser vorzutasten, um die notwendige Sicht zu gewinnen. "Vortasten" bedeutet dabei in der Regel ein schrittweises Vorrollen in mehreren Etappen bis zu einem Punkt, von dem aus die erforderliche Sicht möglich ist (ZVR 1984/36 uva). Der Wartepflichtige darf gemäß § 19 Abs 7 StVO durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen, die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.
Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist davon auszugehen, daß nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes der Lenker des Fahrzeuges des Klägers, der sich auf der Lindmoserstraße der Kreuzung mit der Krumpentalerstraße näherte, in Richtung Süden auf den auf der Krumpentalerstraße von rechts kommenden Verkehr erstmals Sicht auf ca. 70 m erlangte, wenn sich die Front seines Fahrzeuges auf der Höhe des westlichen Fahrbahnrandes der Krumpentalerstraße befand; hingegen war die Sicht in Richtung Norden in dieser Position noch völlig durch den Torbogen verstellt. Nachdem im Unfallbereich keine Verkehrszeichen aufgestellt waren, war der Lenker des Fahrzeuges des Klägers gemäß § 19 Abs 1 StVO gegenüber dem von rechts aus der Krumpentalerstraße kommenden Verkehr wartepflichtig, hingegen gegenüber dem von links durch den Torbogen kommenden Verkehr im Vorrang. Er hatte daher sein Augenmerk vorerst auf den von rechts kommenden Verkehr zu richten, um dessen Vorrang wahren zu können. Dies war ihm nach den Feststellungen möglich, wenn sich die Front seines Fahrzeuges auf der Höhe des westlichen Fahrbahnrandes der Krumpentalerstraße befand. Bei Anwendung der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit hätte er daher die Scheinwerfer des sich der Kreuzung mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h nähernden Fahrzeuges des Erstbeklagten wahrnehmen und dessen Vorbeifahrt durch Anhalten derart, daß sich die Front seines Fahrzeuges auf der Höhe des westlichen Fahrbahnrandes der Kreuzung, somit noch außerhalb des Kreuzungsbereiches, befand, abwarten müssen. Durch das Einfahren in die Kreuzung und Anhalten in einer Schrägstellung nach links derart, daß sie die rechte vordere Begrenzung des Fahrzeuges mindestens 0,75 m innerhalb des Kreuzungsbereiches befand, hat der Lenker gegen die Schutznorm des § 19 Abs 1, aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes auch gegen jene des § 19 Abs 7 StVO verstoßen, weil er den vorrangberechtigten Erstbeklagten, der eine - wenngleich vorschriftswidrige - Fahrlinie von zunächst 1 m und zuletzt 0,75 m vom linken Fahrbahnrand der Krumpentalerstraße entfernt einhielt, durch sein Anhalten innerhalb des Kreuzungsbereiches zur Vermeidung einer Kollision jedenfalls zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt hätte. Der Lenker des Fahrzeuges des Klägers hat damit schuldhaft gegen Schutznormen im Sinn des § 1311 ABGB verstoßen und hätte daher, um von der Haftung für die durch diese Übertretung eingetretenen Folgen befreit zu werden, den Beweis erbringen müssen, daß der Schaden auch ohne diese Übertretung in gleicher Weise und mit den gleichen Folgen eingetreten wäre (ZVR 1985/1, ZVR 1984/340 ua). Diesen Beweis hat der Kläger jedoch nicht erbracht. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Erstgericht dem Kläger eine Vorrangverletzung zur Last gelegt, während dem Erstbeklagten ein schwerwiegender Verstoß gegen die Bestimmung des § 7 Abs 1 StVO anzulasten ist. Da das Berufungsgericht mit seiner Rechtsauffassung, trotz Einfahrens in den Kreuzungsbereich sei dem Lenker des Fahrzeuges des Klägers keine Vorrangverletzung anzulasten, von der oben dargestellten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, war die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig. Mit Rücksicht darauf, daß Verletzungen der Bestimmungen über den Vorrang bei der Schadensteilung besonderes Gewicht beizumessen ist, kann sich der Kläger über die vom Erstgericht vorgenommene Schadensteilung im Verhältnis von 40 : 60 zu Lasten der Beklagten jedenfalls nicht beschwert erachten. Der Revision war daher Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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