Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der am 5. September 1987 geborene Markus F*** ist ein uneheliches Kind der Johanna F***.
Das Erstgericht ordnete über Antrag des Amtsvormundes mit Zustimmung der Mutter gemäß § 26 Abs. 2 JWG die gerichtliche Erziehungshilfe an und genehmigte die Unterbringung des Kindes auf einem Pflegeplatz seit 26. September 1987.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Johanna F*** zog im August 1986 auf Grund ihrer Obdachlosigkeit in das Frauenheim der Gemeinde Wien in Wien 12., Ruttenstockgasse 2-4. Sie hatte bereits 1984 einige Zeit in diesem Heim gewohnt; zeitweise war sie auch im Frauenheim der Heilsarmee. Sie bezieht derzeit eine vorübergehende Invaliditätspension. Schon während ihrer Schwangerhaft kam es zu Schwierigkeiten, weil sie nicht bereit war, die Heimordnung in der Ruttenstockgasse einzuhalten. Sie fühlt sich verfolgt und spricht ständig von Intrigen anderer Heimbewohner gegen sie; auch hat sie permanent mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zeitweilig kümmert sich der Psychosoziale Dienst um die Mutter; eine Dauerbetreuung erfolgt nicht. Der Vater der Mutter war von ihrer Schwangerschaft nicht unterrichtet; er lehnte es ab, Mutter und Kind bei sich aufzunehmen. Die Eltern der Mutter sind geschieden; nach Meinung des Bezirksjugendamtes sind sie nicht geeignet, Mutter und Kind zu versorgen. Anläßlich der Geburt des Kindes gebärdete sich die Mutter derart auffallend, daß ein Psychiater zugezogen werden mußte. Das Kind wurde mit Gelbsucht in die Säuglingsabteilung des Wilhelminenspitals überstellt und die Mutter am 11. September 1987 in die Ruttenstockgasse entlassen. Sie nahm nicht zur Kenntnis, daß sie abgestillt worden war, sondern war viele Stunden damit beschäftigt, Milch abzupumpen. Das Kind besuchte sie nur sehr sporadisch. Der von ihr angegebene Vater - die Vaterschaft wurde bisher noch nicht festgestellt - ist nicht bereit, mit ihr eine Lebensgemeinschaft einzugehen. Er wohnte vor der Schwangerhaft kurzfristig mit ihr im gemeinsamen Haushalt, sieht sich aber infolge des oftmals sehr aggressiven und unberechenbaren Verhaltens der Mutter nicht in der Lage, eine gemeinsame Zukunft mit ihr anzustreben.
Die bereits während der Schwangerschaft beobachteten Verhaltensauffälligkeiten der Mutter sind auch nach der Entbindung nicht abgeklungen. Die Mutter ist nicht in der Lage, ein Gespräch zielgerichtet zu führen; sie schwenkt nach wenigen Worten jeweils auf ein völlig anderes Thema ab. Sie ist ständig damit beschäftigt, ihr vermeintliches Recht einzufordern, und beschäftigt damit Ämter und Gerichte. Sie ist keinesfalls in der Lage, einen Säugling regelmäßig zu versorgen. Ob sie dem Neugeborenen mütterliche Gefühle entgegenbringt, konnte nicht festgestellt werden. Sie ist vor allem mit ihren eigenen Problemen wie Geld, Geldforderungen etc. beschäftigt und um ihren eigenen Körper besorgt. Sie hat es nicht zustandegebracht, allein für ihr Kind einen Namen zu finden und eine Geburtsurkunde zu besorgen, sodaß dies von Amts wegen erfolgen mußte. Infolge der Fülle von Problemen, mit denen die Mutter zur Zeit beschäftigt ist, ihr ist ein intensives Kümmern um das Kind unmöglich.
Rechtlich erachtete das Erstgericht auf Grund dieses Sachverhaltes die Voraussetzungen des § 26 JWG für gegeben. Dem gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Rekurs der Mutter gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge. Es führte im wesentlichen aus, die unbedenklichen Feststellungen des Erstgerichtes rechtfertigten die angeordnete Maßnahme, weil gemäß § 26 Abs. 1 JWG die gerichtliche Erziehungshilfe gegen den Willen des Erziehungsberechtigten angeordnet werden könne, wenn sie geboten sei, weil der Erziehungsberechtigte seine Erziehungsgewalt mißbrauche oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfülle. Daß ein Erziehungsnotstand in diesem Sinne gegeben sei, liege nach den getroffenen Feststellungen auf der Hand. Die Mutter könne wegen ihrer eigenen Lebenssituation, vor allem wegen ihrer psychischen Verfassung, die dem Kind erforderlich scheinende Hilfe nicht gewähren. Bei einer erzwungenen Rückkehr zur Mutter bestünde für den Säugling die konkrete Gefahr schwerer psychischer und körperlicher Schäden und einer erheblichen Beeinträchtigung der weiteren Entwicklung.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde der Mutter am 18. Februar 1988 zugestellt.
Am 8.März 1988 langte beim Erstgericht ein am 4. März 1988 zur Post gegebenes Schreiben der Mutter ein, das als "Revisionsantritt" bezeichnet ist und dem zu entnehmen ist, daß die Mutter mit den Entscheidungen der Vorinstanzen nicht einverstanden ist und deren Beseitigung im Sinne der Abweisung des Antrages des Amtsvormundes auf Anordnung der gerichtlichen Erziehungshilfe anstrebt.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Rechtsmittel ist unzulässig und verspätet.
Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet gegen bestätigende Entscheidungen des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt. Das Vorliegen derartiger Rechtsmittelgründe wird im Revisionsrekurs der Mutter nicht einmal behauptet und es ergeben sich dafür auch aus der Aktenlage keinerlei Anhaltspunkte.
Im übrigen beträgt die Rechtsmittelfrist gemäß § 11 Abs. 1 AußStrG 14 Tage; der Revisionsrekurs der Mutter wurde aber erst am 15. Tag nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichtes zur Post gegeben. Eine Berücksichtigung des verspäteten Rechtsmittels der Mutter im Sinne des § 11 Abs. 2 AußStrG kommt nicht in Betracht, weil das Kind ein Recht auf Durchführung der in seinem Interesse angeordneten gerichtlichen Erziehungshilfe erworben hat (EFSlg. 34.949; EFSlg. 39.702 uva).
Der vorliegende Revisionsrekurs der Mutter mußte daher zurückgewiesen werden.
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