Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.
Text
Begründung
Die der Abhandlung zu unterziehende Verlassenschaft nach der am 5. Dezember 1983 gestorbenen Bauernpensionistin besteht vor allem in einer landwirtschaftlichen Besitzung, deren Eigenschaft als Erbhof im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 AnerbenG noch nicht abschließend beurteilt ist (6 Ob 4/87 = ON 40).
Die im 85.Lebensjahr als Witwe gestorbene Erblasserin wurde von einer im Zeitpunkt des Todesfalles 52 Jahre alten Tochter und einem damals 49 Jahre alten Sohn überlebt. In ihrem Testament vom 4. Dezember 1981 hatte die Erblasserin ihren Sohn zum Alleinerben eingesetzt und ihre Tochter mit dem Wunsch auf den gesetzlichen Pflichtteil beschränkt, daß sie auch diesen nicht verlangen möge. In ihrem Testament hielt die Erblasserin ausdrücklich fest, daß sie ihrem Sohn, dessen damalige Beschäftigung sie mit "Karosseriespengler" bezeichnete, "bisher für Arbeitslohn in" ihrem "landwirtschaftlichen Betrieb durch 20 Jahre hindurch einen Betrag von mindestens S 800.000,- schuldig" sei. Dieser Sohn der Erblasserin gab aufgrund des erwähnten Testamentes die bedingte Erbserklärung ab. Eine Entscheidung über diese Erklärung erging bisher noch nicht.
Die Tochter der Erblasserin ist sieben Wochen nach ihrer Mutter gestorben. Namens ihrer Verlassenschaft hat die Enkelin, der die Verwaltung und Besorgung des Nachlasses nach ihrer Mutter überlassen wurde, die Geltendmachung des Pflichtteils angemeldet, Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses beantragt und in der Folge gegen den Testamentserben eine Pflichtteilsklage erhoben. Nach dem Befund des Schätzungsgutachters in dem am 25.Juli 1984 abgeschlossenen Gutachten waren die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke der Erblasserin seit dem Jahre 1981 an einen anderen Landwirt verpachtet.
Einer schriftlichen Auskunft der Bezirksbauernkammer vom 14. Mai 1987 zufolge bewirtschaftet der Alleinerbe den Besitz seit 1984 zur Gänze selbst, wobei die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen derart aufgeteilt ist, daß auf 3,2 ha Mais, 1,7 ha Weizen, 2 ha Sonnenblumen und weiteren 2 ha Obstkulturen (Himbeeren und Erdbeeren) gepflanzt wurden, die maschinelle Ausrüstung des Betriebes aus drei Traktoren und weiteren Gerätschaften älterer Herstellungsjahre besteht und keine Tierhaltung betrieben wird. Der Alleinerbe gab im Abhandlungsverfahren bisher seine Beschäftigung stets mit "Landwirt" an.
Am 2.Oktober 1986 stellte die Enkelin der Erblasserin namens der Verlassenschaft nach ihrer pflichtteilsberechtigten Mutter einen Antrag auf Verlassenschaftsabsonderung, Inventarisierung, Verwahrung und Versiegelung der beweglichen Nachlaßgegenstände, Bestellung eines Absonderungskurators und grundbücherlicher Anmerkung dieser Bestellung sowie der Absonderung.
Zur Begründung der geltend gemachten Besorgnisse im Sinne des § 812 ABGB machte die Pflichtteilsberechtigte geltend:
Der Erbe führe einen gewerberechtlich nicht genehmigten KFZ-Spengler-Betrieb und sei im übrigen einkommens- und vermögenslos. Er habe sich noch nie für die Landwirtschaft interessiert und beabsichtige auch nicht die landwirtschaftliche Nutzung des mütterlichen Betriebes. Die Antragstellerin besorge deshalb, daß der Erbe die Landwirtschaft auflöse und dabei einerseits die landwirtschaftlichen Geräte zu Schleuderpreisen veräußere, den verwertbaren Baumbestand der (an sich geringfügigen) forstwirtschaftlich genutzten Flächen schlagen lassen, vor allem aber die landwirtschaftlich genutzten Flächen ehestmöglich verkaufen werde, vor allem dann, wenn die in die Abhandlung gefallene landwirtschaftliche Besitzung nicht als Erbhof gewertet werden sollte. Der Erbe könnte die Liegenschaft auch pfandrechtlich belasten.
Das Abhandlungsgericht ordnete die beantragte Absonderung der Verlassenschaft an, bestellte einen Rechtsanwalt zum Separationskurator und verfügte die grundbücherliche Anmerkung dieser Bestellung.
Das Rekursgericht änderte diese Anordnungen im Sinne einer Abweisung des Absonderungsantrages ab.
Es wertete die zur Begründung der Nachlaßabsonderung vorgetragenen Argumente nicht als konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Besorgnis im Sinne des § 812 StGB.
Die Verlassenschaft nach der pflichtteilsberechtigten Tochter ficht die abändernde Rekursentscheidung mit einem auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses zielenden Abänderungsantrag an.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Alle zur Stützung des erstinstanzlichen Antrages auf Nachlaßabsonderung dargelegten Ableitungen einer auch bloß subjektiven Besorgnis der Antragstellerin beruhen auf der Unterstellung, der Erbe sei an einer persönlichen Fortführung des mütterlichen Landwirtschaftsbetriebes in keiner Weise interessiert und werde diese Besitzung sobald wie möglich veräußern. Diese Annahme steht zunächst in einem nicht aufgeklärten Widerspruch zu der im Testament niedergelegten Behauptung der damals 82 Jahre alten Erblasserin, ihr Sohn habe bis dahin durch 20 Jahre hindurch in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb Arbeitsleistungen im Gegenwert von mindestens 800.000 S erbracht.
Da es sich um eine Prognose der künftigen Absichten des Erben handelt, ist es gerechtfertigt, auch den erst nach Erlassung der angefochtenen Entscheidung eingelangten Bericht der Bezirksbauernkammer vom 14.Mai 1987 zu berücksichtigen, demzufolge der Erbe seit 1984 den landwirtschaftlichen Betrieb zur Gänze selbst führe. Das erschüttert die auf den Befund im Schätzungsgutachten gegründete Behauptung der Antragstellerin über das Interesse des Erben und seine voraussichtlichen Absichten hinsichtlich einer Weiterführung des mütterlichen Betriebes. Zur Rechtfertigung der Nachlaßabsonderung wäre im übrigen nicht das Fehlen von Aktivvermögen des Erben, sondern ausschließlich das Vorhandensein von Verbindlichkeiten des Erben gegenüber Gläubigern erheblich, die im Falle der Einantwortung des Nachlasses in Konkurrenz mit den im § 812 ABGB genannten Gläubigern auch auf die ehemaligen Nachlaßbestandteile greifen könnten. Über Schulden des Alleinerben fehlt aber jede Antragsbehauptung und auch jeder aktenkundige Anhaltspunkt.
Noch weniger vermag der Hinweis auf die bloß theoretische Möglichkeit einer pfandrechtlichen Belastung ohne konkret ausgeführten Verdacht eines solchen Vorhabens den Absonderungsantrag zu rechtfertigen.
Die bloß auf eine nach der Aktenlage zweifelhafte Tatsachenbehauptung gestützte Schlußfolgerung auf mögliches künftiges Verhalten des Erben gegründete subjektive Besorgnis reicht zur Darlegung der Antragsvoraussetzung für eine Nachlaßabsonderung nach § 812 ABGB nicht hin.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)