OGH 3Ob135/87

OGH3Ob135/8723.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Kellner als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ingrid (Ingeborg) K***, Geschäftsfrau, St. Georgen a.d.St., Ragnitz 6, vertreten durch Dr. Leo Häusler, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die verpflichtete Partei Otto K***, geboren 25.10.1932, Angestellter, p.A. "OK Büroorganisation-Gesellschaft m.b.H.", Graz, Grazbachgasse 41, vertreten durch Dr. Michael Großschedl, Rechtsanwalt in Graz, wegen 46.802,25 S infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 26.August 1987, GZ 4 R 340/87-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 8.Mai 1987, GZ 10 E 7364/87-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die betreibende Partei beantragte, ihr zur Hereinbringung von 46.802,25 S unter anderem die Exekution durch Pfändung der der verpflichteten Partei (Otto K***, geboren 25.10.1932) auf Grund eines Notariatsaktes zustehenden Anspruches auf den unentgeltichen Erwerb von Geschäftsanteilen der OK B***

Gesellschaft mbH gegenüber Otto K***, geboren 2.2.1967, im Betrage von 15.000 S und der Ottilie E*** im Betrag von 485.000 S zu bewilligen. An den Verpflichteten möge das Gebot erlassen werden, sich jeder Verfügung über das gepfändete Recht zu enthalten. Dem Otto K*** und der Ottilie E*** möge verboten werden, an den Verpflichteten aus dem gepfändeten Recht zu leisten. Die betreibende Partei behauptete im Exekutionsantrag, daß von Otto K*** und Ottilie E*** unbefristete Anbote vorlägen, ihre Geschäftsanteile im Falle der Anbotsannahme unentgeltich an den Verpflichteten abzutreten und sich für die Dauer der Rechtswirksamkeit dieses Anbotes jeder Verfügung über die Geschäftsanteile ohne Zustimmung des Verpflichteten zu enthalten. Dieser sei berechtigt, auch die Abtretung von Teilen des Geschäftsanteiles in jeder beliebigen Größe geltend zu machen und auch dritte Personen zu benennen, an die diese Abtretung zu erfolgen habe. Dem Verpflichteten stehe daher aus dieser Konstruktion das exekutiv verwertbare Recht auf unentgeltlichen Erwerb der Geschäftsanteile zu.

Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag im dargestellten Umfange mit der Begründung ab, es liege kein verwertbares Vermögen und somit kein Exekutionsobjekt vor.

Das Gericht zweiter Instanz bewilligte die beantragte Pfändung. Es vertrat die Auffassung, daß das von der betreibenden Partei behauptete Recht des Verpflichteten, Geschäftsanteile einer GesmbH zu erwerben, ein Anwartschaftsrecht darstelle, das als nicht zu den Forderungen gehörendes Vermögensrecht des Verpflichteten im Sinne des § 331 Abs. 1 EO in Exekution gezogen werden könne. Ob das gepfändete Recht verwertbar sei, müsse erst im Verwertungsverfahren geprüft werden. Denkbar wäre eine Verwertung durch die Übertragung des Anwartschaftsrechts und anschließenden Verkauf der Geschäftsanteile gemäß § 76 Abs. 4 GmbHG.

Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Pfändung des behaupteten Anspruches vorhanden sei.

Rechtliche Beurteilung

In der Tat wurde das Problem bisher soweit ersichtlich nicht ausdrücklich behandelt (vgl aber immerhin den Sonderfall der Entscheidung EvBl 1980/140). Der Revisionsrekurs ist daher zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Nach herrschender Ansicht ist das aus einem noch aktuellen Offert erwachsende Gestaltungsrecht der Annahme des Offertes wie das aus einem Optionsvertrag abzuleitende Gestaltungsrecht, ein inhaltlich schon vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen, in gewissen Fällen - vor allem, wenn das Offert die Übertragbarkeit vorsieht - übertragbar und daher auch der Exekution unterworfen (Schauer ÖZW 1984, 75, dort 80 f; Peter Bydlinski, Die Übertragung von Gestaltungsrechten 237 ff, jeweils mwA), welcher Auffassung sich der erkennende Senat anschließt. Die eher unbegründeten Gegenmeinungen von Gschnitzer (Allgemeiner Teil 147) und Kollross (Die Exekution auf Vermögensrechte und Unternehmungen 27) sind nicht überzeugend, wobei nur etwa auf § 26 Abs. 2 KO hingewiesen sei. Wenn dort die Ausübung des Gestaltungsrechtes durch den Masseverwalter (was im vorliegenden Fall der Ausübung desselben durch die betreibende Partei entspricht) davon abhängig gemacht wird, daß kein anderer Wille des Antragstellers aus den Umständen hervorgehe (vgl dazu auch den Schlußsatz von § 862 ABGB), so geht es dabei mehr um die Frage, ob die Gegenpartei verpflichtet ist, auch mit einer anderen Person als ihrem ursprünglichen Vertragspartner den Vertrag abzuschließen, weniger darum, ob dem Empfänger des Antrages oder dem Optionsberechtigten nicht doch schon ein grundsätzlich übertragbares Recht zusteht. Ob im vorliegenden Fall aus den Umständen hervorgeht, daß hier das Gestaltungsrecht nicht übertragbar und daher auch nicht pfändbar ist, ist jedoch nicht schon im Verfahren zur Bewilligung der Exekution sondern erst im Verwertungsverfahren - und zwar nach der zwingend vorgeschriebenen Vernehmung der Beteiligten (§ 331 Abs. 2 EO) - zu klären; denn bei der Bewilligung der Pfändung ist nur zu prüfen, ob das Recht, dessen Pfändung beantragt wird, überhaupt einer Verwertung zugänglich ist (SZ 46/17). Im vorliegenden Fall sprechen aber schon jetzt gewisse Indizien für eine Übertragbarkeit (Teilbarkeit der Ausübung des Gestaltungsrechtes, Weitergaberecht). Sollte sich im Verwertungsverfahren herausstellen, daß die Vertragspartner des Verpflichteten aus dem strittigen Notariatsakt der Übertragung des Gestaltungsrechtes des Verpflichteten an einen Dritten zustimmen, stünde einer Verwertung desselben nichts entgegen. Die betreibende Partei könnte dann im Rahmen der vorliegenden Hilfsexekution anstelle des Verpflichteten das im Notariatsakt enthaltene Anbot für dessen Rechnung annehmen, der Verpflichtete würde Eigentümer des Geschäftsanteiles und dieser könnte dann im Rahmen der folgenden Hauptexekution nach den Regeln des § 76 Abs. 4 GmbHG verwertet werden.

Mit Recht verweist der Revisionswerber im übrigen darauf, daß es nicht möglich ist, ein aus der Ausübung des Gestaltungsrechtes erfließendes Einzelrecht herauszugreifen und gesondert in Exekution zu ziehen, sondern Gegenstand der Exekution kann immer nur das Gesamtrecht des Verpflichteten aus seiner Stellung als Empfänger eines noch bindenden Offertes oder aus einem Optionsvertrag sein (SZ 57/177, ebenso die in der Revision zitierte Entscheidung EvBl 1978/105). In diesem Sinne ist der vorliegende Exekutionsantrag aber so aufzufassen, daß die Gesamtrechte des Verpflichteten aus dem angeführten Notariatsakt gepfändet werden sollen, zumal sich nach der Behauptung der betreibenden Partei dieses Gesamtrecht hier in dem unentgeltlichen Erwerb der Geschäftsanteile erschöpft. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78 EO, 40 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte