OGH 2Ob21/88

OGH2Ob21/8815.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Christa M. G***, Magistratsbeamte, Noßbergerstraße 11/44, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Helmut König, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** W*** V***, Herrengasse 18-20, 8010 Graz, vertreten

durch Dr. Hans Kreinhöfner und Dr. Thomas Mader, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 72.669,70 s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 12. Jänner 1988, GZ Nc 4/88-8, womit dem Antrag der beklagten Partei auf Delegierung der Rechtssache stattgegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Am 7. Dezember 1986 ereignete sich in Villach ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin als Halterin und Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen L 43.437 und die in Landskron wohnhafte Marlies P*** als Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen K 116.139 beteiligt waren. Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des letztgenannten Kraftfahrzeuges.

Im vorliegenden zuletzt beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Rechtsstreit macht die Klägerin Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall geltend; sie begehrt den Zuspruch eines Betrages von S 72.669,70 s.A. (Schmerzengeld, Fahrzeugschaden, Wertminderung, Kreditkosten, Fahrtkosten, Kleiderschaden und Ersatz vielfältiger sonstiger Aufwendungen). Die Klägerin behauptet, daß Marlies P*** den Unfall allein verschuldet habe, und beruft sich zum Nachweis des Unfallsherganges auf die Durchführung eines Ortsaugenscheines, auf die Einvernahme einer in Linz wohnhaften Zeugin unn ihre eigene Einvernahme als Partei. Die Beklagte behauptet, daß die Klägerin das Alleinverschulden an diesem Unfall treffe. Beweise für diese Behauptung wurden von der Beklagten bisher nicht angeboten. Die Beklagte beantragte aus Zweckmäßigkeitsgründen die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Klagenfurt. Die Klägerin sprach sich gegen diese Delegierung aus. Das Oberlandesgericht Graz bestimmte anstelle des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz das Landesgericht Klagenfurt zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache. Es hielt die Delegierung für zweckmäßig, weil sich der Unfallsort in Villach befindet, ein Ortsaugenschein beantragt wurde und auch die Lenkerin des bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW im Sprengel des Landesgerichtes Klagenfurt wohnt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und dem Landlsgericht für Zivilrechtssachen Graz die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen, allenfalls den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Oberlandesgericht Graz die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 209; JBl 1960, 451; 7 Ob 600/87 uva), sachlich aber nicht berechtigt. Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei an Stelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung obliegt dem Oberlandesgericht innerhalb seines Sprengels, außerhalb desselben dem Obersten Gerichtshof. Gegen den Widerspruch einer Partei ist dem Delegierungsantrag nur zu entsprechen, wenn die Übertragung der Sache vom zuständigen Gericht an ein anderes im eindeutigen Interesse aller Verfahrensbeteiligten liegt. Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen.

Es handelt sich um einen Schadenersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall, der sich im Sprengel des Landesgerichtes Klagenfurt ereignete. Dem Umstand, daß im allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür sprechen, derartige Schadenersatzansprüche bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß er für derartige Prozesse im § 20 EKHG einen entsprechenden Gerichtsstand bei dem für den Unfallsort zuständigen Gericht schuf (8 Nd 10/85; 8 Nd 6/87; 8 Nd 8/87 uva). Dazu kommt im vorliegenden Fall, daß zur Klärung des Unfallsablaufes die Durchführung eines Ortsaugenscheins unter Beiziehung eines Verkehrssachverständigen kaum zu umgehen sein dürfte und überdies die Lenkerin des bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW im Sprengel des Landesgerichtes Klagenfurt wohnt, während die Klägerin selbst und die von ihr beantragte Zeugin, wenn ihre Einvernahme vor dem erkennenden Gericht erfolgen soll, entweder nach Graz oder nach Klagenfurt zureisen müßte. Unter diesen Umständen kann schon jetzt, ohne daß es irgendwelcher ergänzender Erhebungen bedürfte, gesagt werden, daß im Fall der Austragung des Rechtsstreites vor dem Landesgericht Klagenfurt mit einem wesentlich geringeren Zeit- und Kostenaufwand zu rechnen ist als bei seiner Weiterführung durch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Es liegt daher die Delegierung der Rechtssache auch im wohlverstandenen Interesse der Klägerin, weil die Sache aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Gericht des Unfallsortes zu Ende geführt werden kann. Wenn die Klägerin in ihrem Rechtsmittel die Möglichkeit einer Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen negiert, übersieht sie die Bestimmung des § 31 JN. Davon, daß die Klägerin durch eine derartige Delegierung in ihrem im § 83 Abs 2 B-VG normierten Recht auf den gesetzlichen Richter beeinträchtigt würde, kann entgegen den Rechtsmittelausführungen keine Rede sein.

Dem Rekurs der Klägerin muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Ein Zuspruch von Rekurskosten an die Klägerin kommt mangels eines Rechtsmittelerfolges nicht in Betracht.

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