OGH 8Ob645/87

OGH8Ob645/8715.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach der am 11. September 1986 verstorbenen Barbara P***, zuletzt wohnhaft in Bräuhausstraße 2a/3, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Dieter Graf, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Günther H***, Rechtsanwalt, Schottengasse 7, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Otto Philpp und Dr. Gottfried Zandl, Rechtsanwälte in Wien, wegen 163.357 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19. Juni 1987, GZ 1 R 25/87-8, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28. November 1986, GZ 20 Cg 211/86-4, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind als weitere Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Der am 3. Juni 1982 verstorbene Herbert P*** war der Ehegatte der am 11. September 1986 verstorbenen Barbara P***. Der Nachlaß des Herbert P*** wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Salzburg vom 8. Oktober 1982 zu 2 A 321/81 zur Gänze seiner Gattin Barbara P*** eingeantwortet. Zum Nachlaß nach Barbara P*** wurden zu A 380/86 des Bezirksgerichtes Salzburg Erbserklärungen abgegeben, vom Abhandlungsgericht aber noch nicht angenommen.

Herbert P*** war Eigentümer eines Viertelanteiles der Liegenschaft EZ 748 KG Alsergrund, Haus in der Pramergasse 8/10. Mit Kaufvertrag vom 4. März 1974 veräußerte er diesen Viertelanteil an die Grundverwertungsgesellschaft mbH um den Kaufpreis von 1,500.000 S. Die Grundverwertungsgesellschaft mbH begehrte und erlangte vorläufige Grunderwerbssteuerbefreiung gemäß § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG 1955. Im Jahr 1975 wurde über ihr Vermögen das Konkursverfahren eröffnet. Mit Bescheid vom 23. Mai 1977 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien gegenüber Herbert P*** als Gesamtschuldner die Grunderwerbssteuer mit 120.000 S fest. Mit Bescheid vom 24. November 1983 wurde durch die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1985 als unbegründet abgewiesen.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin vom Beklagten als Vertragserrichter des Kaufvertrages Schadenersatz in der Höhe des Klagsbetrages, weil ihr als Rechtsnachfolgerin des Liegenschaftsverkäufers letztlich die Grunderwerbssteuer samt Stundungszinsen und Säumniszuschlag vorgeschrieben worden sei. Der Beklagte habe dem Verkäufer mitgeteilt, daß der für die Grunderwerbssteuer anfallende bzw. erforderliche Betrag von 120.000 S treuhändig in seiner Kanzlei erlegt würde, worauf das Geschäft im Vertrauen auf diese vorgeschlagene Abwicklungsmodalität durchgeführt worden sei. Der Beklagte wäre als Vertragserrichter auch dem Verkäufer gegenüber dahin aufklärungspflichtig gewesen, daß die gewährte Grunderwerbssteuerbefreiung lediglich eine vorläufige sei. Außerdem habe er es unterlassen, den Verkäufer davon zu unterrichten, daß der in seiner Kanzlei treuhändig erlegte Betrag nicht für die Sicherstellung der Grunderwerbssteuer verwendet worden sei und daß sich der Verkäufer um entsprechende Sicherstellungen allfälliger Regreßforderungen gegenüber der Käuferin für den Fall der späteren Vorschreibung der Grunderwerbssteuer bemühen müßte. Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, Herbert P*** sei bei Abschluß des Vertrages mit der Grundverwertungsgesellschaft mbH anwaltlich durch Dr. Georg R***, Rechtsanwalt in Salzburg, vertreten gewesen, sodaß wohl diesen, nicht aber den Beklagten irgendwelche Aufklärungs- und Belehrungspflichten im Zusammenhang mit der Grunderwerbssteuerbefreiung und -sicherstellung getroffen hätten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Seine wesentlichen Feststellungen lassen sich wie folgt

zusammenfassen:

Am 5. November 1973 schlug Herbert P*** telefonisch den Kaufpreis mit 1,5 Millionen Schilling vor, worauf der Beklagte als Rechtsvertreter der damit einverstandenen Käuferin an ihn das Schreiben vom 12. November 1973 (Beilage 2) richtete. Darin erklärte der Beklagte im Punkt 5, daß zur Gewährleistung einer raschen Durchführung der grundbücherlichen Eigentumsübertragung gleichzeitig mit dem Teilkaufpreis von 500.000 S der für die Grunderwerbssteuer anfallende bzw. erforderliche Betrag von 120.000 S treuhändig in seiner Kanzlei erlegt werde. In Beantwortung dieses Schreibens teilte Dr. Georg R*** namens des Verkäufers dem Beklagten mit Schreiben vom 27. November 1973 (Beilage 3) mit, daß er den vom Beklagten weitergeleiteten Abwicklungsmodus ablehne, insbesondere betreffend Ratenzahlung und Fälligkeit des Kaufpreises. Gleichzeitig gab Dr. R*** die detaillierten Wünsche seines Klienten hinsichtlich des Vertragsinhaltes bekannt und ersuchte um Übermittlung eines dementsprechenden Kaufvertragsentwurfes. Am 18. Februar 1974 übersendete der Beklagte Dr. Georg R*** den Kaufvertrag zur Unterfertigung durch Herbert P***. Dr. R*** schickte sodann den von seinem Klienten unterschriebenen Kaufvertrag am 5. März 1974 zurück. Die Errichtung eines Treuhanddepots zur Sicherstellung der Grunderwerbssteuer beim Beklagten erfolgte nicht. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß eine Haftung des Beklagten für den erhobenen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht gegenüber dem Verkäufer Herbert P*** zu verneinen sei, weil im Zeitpunkt der endgültigen Vertragsaushandlung und -unterfertigung Herbert P*** selbst anwaltlich vertreten gewesen sei und daher allenfalls sein Rechtsvertreter irgendwelche ihm oder seiner Rechtsnachfolgerin zum Schaden gereichende Unterlassungen verantworten müsse, nicht aber der passiv nicht klagslegitimierte Beklagte.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht führte im wesentlichen aus, daß Rechtsanwälte, wenn und insoweit sie bei der Errichtung und Abwicklung von Verträgen für beide Vertragspartner tätig seien, die Interessen beider Teile wahrzunehmen hätten, selbst wenn sie im übrigen nur die ausdrücklich Bevollmächtigten nur eines Vertragsteiles seien. Diese Haftung gründe sich auf die §§ 1299, 1300 ABGB, aber auch auf die dafür maßgeblichen Bestimmungen der RAO. Dabei dürfe die vom Rechtsanwalt verlangte Sorgfaltspflicht zwar nicht überspannt werden, jedoch müßten die Vertragsparteien darauf vertrauen können, daß der - wenn auch nur von einer Seite - beauftragte Rechtsanwalt in besonderem Maß darauf bedacht sein werde, sie vor Nachteilen zu schützen und für ihre rechtliche und tatsächliche Sicherheit zu sorgen.

Im vorliegenden Fall finde sich in den Urteilsfeststellungen kein konkreter Hinweis darauf, daß etwa der Rechtsvertreter des Liegenschaftsverkäufers mit seinem Antwortschreiben Beilage 3 den vom Beklagten im Schreiben Beilage 2 vorgeschlagenen Abwicklungsmodus gänzlich, also auch hinsichtlich der Sicherstellung der Grunderwerbssteuer in Form eines Treuhanderlages in seiner Anwaltskanzlei, abgelehnt hätte. Nach der Prozeßbehauptung der Klägerin sei vielmehr der Liegenschaftsverkäufer auch nach Errichtung und Abwicklung des Kaufvertrages davon ausgegangen, daß dieses Treuhanddepot zu seinen Gunsten beim Beklagten errichtet sei. Dieses Vorbringen sei auch unter Beweis gestellt worden, obzwar im Zeitpunkt der mündlichen Streitverhandlung das in der Klage gestellte Beweisanbot der Parteienvernehmung infolge des mittlerweiligen Todes der Barbara P*** sich nur mehr auf die Vernehmung des Beklagten beziehen habe können. Dem Akt sei allerdings nicht zu entnehmen, daß der Erstrichter die Parteien, insbesondere die Klägerin, zu einem ergänzenden Beweisanbot (etwa in Form der Nominierung des Zeugen Dr. Georg R***) angeleitet hätte, wozu aber zur abschließenden Prüfung und Beurteilung des Klagevorbringens über das Verständnis der Schreiben Beilage 2 und 3 Anlaß bestanden hätte. Der Erstrichter habe - ausgehend von seiner vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsansicht - über die Verlesung der vorliegenden Urkunden hinaus ein weiteres Beweisverfahren nicht für erforderlich gehalten. Ein solches sei aber zur Klärung des rechtserheblichen Vorbringens der Klägerin erforderlich, wie nun die Vertragspartner tatsächlich hinsichtlich der (vom Beklagten angekündigten, aber nicht erfolgten) Sicherstellung des Grunderwerbssteuerbetrages endgültig verblieben seien. Dabei komme es nicht darauf an, daß im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch der Liegenschaftsverkäufer anwaltlich durch Dr. Georg R*** vertreten gewesen sei, weil der Beklagte nach dem einleitend dargelegten Grundsatz auch gegenüber einer rechtlich vertretenen anderen Vertragspartei zur Interessenwahrung zumindest insoweit verpflichtet gewesen sei, als er namens seiner Klientin im Zuge der Vertragsverhandlungen abgegebene Sicherheitserklärungen (wie hier hinsichtlich des Grunderwerbssteuerbetrages) eindeutig und ausdrücklich widerrufen hätte müssen, wenn der andere - anwaltlich vertretene - Vertragspartner diese Anbote nicht ausdrücklich abgelehnt habe.

Seinen Rechtskraftvorbehalt begründete das Berufungsgericht damit, daß seine Entscheidung hinsichtlich der Haftung des Beklagten auch gegenüber dem anwaltlich vertretenen Vertragspartner von der Lösung einer materiellrechtlichen Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO abhänge. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß zu beheben und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Klägerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, sachlich aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Es entspricht Lehre und ständiger Rechtsprechung, daß von beiden Parteien mit der Vertragserrichtung beauftragte Rechtsanwälte verpflichtet sind, beide Parteien mit gleicher Sorgfalt zu behandeln und vor Interessengefährdungen zu bewahren, wobei sie nicht nur die rechtlichen, sondern auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen zu berücksichtigen haben. In diesem Sinne sind sie verpflichtet, die Parteien über die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Vertrages sowie allenfalls dagegen obwaltende Bedenken in verständlicher Weise aufzuklären und darauf bedacht zu sein, sie vor Nachteilen zu bewahren und für ihre rechtliche und tatsächliche Sicherheit zu sorgen (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 1299 mit umfangreichen Judikaturhinweisen; Fenzl-Völkl-Völkl in ÖJZ 1986, 418 f; MietSlg. 32.229 mwN; 8 Ob 593/87 uva). Beide Vertragspartner müssen darauf vertrauen können, daß der als Vertragserrichter fungierende Rechtsanwalt in besonderem Maße darauf bedacht sein werde, sie vor Nachteilen zu schützen und für ihre rechtliche und tatsächliche Sicherheit zu sorgen (NZ 1982, 142 mwN ua). Im Sinne des § 1299 ABGB hat der Rechtsanwalt den Mangel des notwendigen Fleißes und der erforderlichen nicht gewöhnlichen Kenntnisse seines Berufes zu vertreten. Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht auch eines Rechtsanwaltes nicht überspannt werden; es können von ihm nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die seine Fachgenossen gewöhnlich haben. Übertriebene Anforderungen, die über den Durchschnittsstandard vergleichbarer Fachgenossen hinausgehen, dürfen auch bei einem Rechtsanwalt nicht gestellt werden (siehe dazu Strasser in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 1012 und Reischauer, ebendort, Rz 2 zu § 1299 und die dort angeführte Judikatur).

Aus dem dargelegten Grundsatz, daß auch die an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwaltes zu stellenden Anforderungen nicht überspannt werden dürfen, ergibt sich für den vertragsverfassenden Rechtsanwalt, daß er dann, wenn auch der Vertragspartner seines Klienten anwaltlich vertreten ist, nicht gehalten sein kann, diesen über rechtliche und wirtschaftliche Folgen des Vertragsabschlusses aufzuklären, von denen er mit Grund annehmen kann, daß sie vom Rechtsvertreter des Vertragspartners überblickt werden. Denn er kann zweifellos davon ausgehen, daß dieser über die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt wie er selbst. Sollten sich allerdings in einem derartigen Fall für den vertragsverfassenden Rechtsanwalt Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Rechtsvertreter des Vertragspartners seines Klienten nicht über die erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Kenntnisse verfügt, um die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen des zu schließenden Vertrages überblicken zu können, wird er nach den dargestellten Grundsätzen den Vertragspartner seines Klienten bzw. dessen Vertreter entsprechend aufzuklären haben. In jedem Fall muß aber nach den dargestellten Grundsätzen von ihm verlangt werden, den Vertragspartner seines Klienten bzw. dessen Vertreter über die tatsächlichen Grundlagen des geplanten Vertragsabschlusses eindeutig und zweifelsfrei aufzuklären und alles zu vermeiden, was - für ihn erkennbar - zu einer unrichtigen Vorstellung des Vertragspartners seines Klienten bzw. dessen Vertreters über die tatsächlichen Grundlagen des geplanten Vertrages führen könnte.

Wendet man diese Grundsätzte auf den vorliegenden Fall an, dann ergab sich für den Beklagten zunächst keine Verpflichtung zur Aufklärung des Vertragspartners seiner Klientin über die Vorschriften des GrEStG 1955 (insbesondere dessen § 4), weil er die Kenntnis dieser Vorschriften auch vom Rechtsvertreter des Vertragspartners seiner Klientin voraussetzen konnte. Auch die Möglichkeit der späteren Vorschreibung der Grunderwerbssteuer (§ 4 Abs 2 GrEStG 1955) bildete für den Beklagten keinen Anlaß für eine besondere Aufklärung des Vertragspartners seiner Klientin, weil er auch die Kenntnis dieser Möglichkeit vom Rechtsvertreter des Vertragspartners seiner Klientin voraussetzen konnte und Umstände, aus denen zu schließen wäre, daß sich die Grundverwertungsgesellschaft mbH bereits zur Zeit des Vertragsabschlusses mit Herbert P*** in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befunden hätte, sodaß mit Schwierigkeiten des Verkäufers bei der Durchsetzung allfälliger späterer die Grunderwerbssteuer betreffender Regreßansprüche gegenüber der Käuferin gerechnet werden mußte (vgl. NZ 1987, 284), weder behauptet wurden noch hervorgekommen sind.

In einer anderen Richtung wäre hingegen dem Beklagten im Sinne obiger Rechtsausführungen ein Sorgfaltsverstoß anzulasten, der, sollte er für den der Klägerin entstandenen Schaden kausal gewesen sein, zur Schadenersatzpflicht des Beklagten führen könnte. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß nach dem Inhalt der vorliegenden Urkunden das Anerbieten des Beklagten, die Zahlung der Grunderwerbssteuer durch die Käuferin durch die Errichtung eines entsprechenden Treuhanddepots in seiner Kanzlei sicherzustellen (Punkt 5 des Schreibens Beilage 2), von ihm vor Vertragsabschluß nicht ausdrücklich widerrufen wurde und daß auch aus dem Schreiben des Vertreters des Verkäufers Beilage 3 eine Ablehnung dieses Anerbietens nicht zu entnehmen ist. Die Frage eines allfälligen Sorgfaltsverstoßes des Rechtsvertreters des Verkäufers ist in diesem Rechtsstreit nicht zu untersuchen. Für den Beklagten bestand aber unter den gegebenen Umständen im Sinne obiger Rechtsausführungen die Verpflichtung, gegenüber dem Verkäufer bzw. dessen Rechtsvertreter die tatsächlichen Grundlagen des geplanten Vertragsabschlusses eindeutig und zweifelsfrei offenzulegen. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Beklagte sein Schreiben Beilage 2 als einheitliches Anbot betrachtet, das durch die Nichtannahme in seiner Gesamtheit gegenstandslos geworden sei. Er hatte vielmehr den Verkäufer bzw. dessen Vertreter vor Vertragsabschluß eindeutig und zweifelsfrei darüber aufzuklären, ob die Verpflichtung der Käuferin zur Zahlung einer allenfalls zur Vorschreibung gelangenden Grunderwerbssteuer in der im Punkt 5 seines Schreibens Beilage 2 angebotenen Weise gesichert werden sollte oder nicht. Der Umstand, daß im schriftlichen Kaufvertrag (Beilage 4) eine derartige Vereinbarung nicht enthalten ist, sagt darüber nichts, weil eine derartige Abrede ja auch außerhalb des schriftlichen Kaufvertrages getroffen werden konnte. Hätte unter diesen Umständen Herbert P*** den Kaufvertrag mit der Grundverwertungsgesellschaft mbH unter der Vorstellung geschlossen, daß allfällige Regreßansprüche aus einer späteren Vorschreibung der Grunderwerbssteuer gegenüber der Käuferin durch ein beim Beklagten eingerichtetes Treuhanddepot gesichert seien, so wäre der nunmehr geltend gemachte Schadenersatzanspruch dem Grunde nach zu bejahen, weil den Beklagten im Sinne obiger Ausführungen (zumindest auch) ein Verschulden an dieser unzutreffenden Vorstellung träfe. Sollte allerdings eine derartige Vorstellung des Verkäufers dem Abschluß des Kaufvertrages nicht zugrunde gelegen sein bzw. wäre derartiges durch die Klägerin nicht nachweisbar, dann müßte die vorliegende Schadenersatzklage mangels eines für den Eintritt des behaupteten Schadens kausalen Verschuldens des Beklagten abgewiesen werden. Das gleiche gilt selbstverständlich auch dann, wenn der Beklagte vor Vertragsabschluß den Verkäufer bzw. dessen Rechtsvertreter eindeutig darüber aufgeklärt hätte, daß das zunächst in Aussicht genommene Treuhanddepot in seiner Kanzlei nicht errichtet werde.

Wenn das Berufungsgericht, im wesentlichen ausgehend von dieser Rechtsansicht, das Verfahren für ergänzungsbedürftig erachtete, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Eine Verletzung von die Stoffsammlung im Zivilprozeß betreffenden Vorschriften durch das Berufungsgericht liegt entgegen der im Rekurs des Beklagten vertretenen Rechtsmeinung nicht vor, da dieses in Wahrheit wegen bestehender Feststellungsmängel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO zur Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichtes gelangte. Dem Rekurs des Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Da dieses Rechtsmittel zur Klärung der Rechtslage beigetragen hat, ist die Entscheidung über die Rekurskosten im Sinne des § 52 ZPO dem weiteren Verfahren vorzubehalten (EvBl 1958/28 ua).

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