OGH 5Ob19/88

OGH5Ob19/8815.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Hidir E***, Arbeiter, Wartmannstetten 44,

2.) Imam M***, Arbeiter, Ternitz, Schöllergasse 3, beide vertreten duch Dr. August Wippel, Dr. Andreas Wippel, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wider die Antragsgegner 1.) Erwin S***, Angestellter, 2.) Rosa S***, Kauffrau, beide Ternitz, Stapfgasse 8, beide vertreten durch Dr. Norbert Lehner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen §§ 7, 37 Abs 1 Z 4 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Rekursgerichtes vom 14. Dezember 1987, GZ R 488/87-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 29. September 1987, GZ Msch 4/84-28, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der Antragsgegner auf Zuspruch der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung für die Erstattung der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragsteller begehrten, die Antragsgegner zur ungeteilten Hand zu verpflichten, das von den Antragstellern gemietete Geschäftslokal im Erdgeschoß des Hauses Ternitz, Stapfgasse 8, bestehend aus einem Verkaufsraum, binnen 14 Tagen wiederherzustellen. Sie brachten vor, daß sie Mieter dieses Geschäftsraumes seien und das Haus auf Grund einer vor dem 30. Juni 1953 erteilten Baubewilligung errichtet worden sei. Der Mietvertrag sei am 1. November 1981 auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. In der Nacht vom 1. auf den 2. November 1983 sei das Mietobjekt aus bisher ungeklärter Ursache, jedoch ohne Verschulden der Antragsteller, abgebrannt. Für das Bestandobjekt und das von den Antragsgegnern benützte Objekt habe bei der I*** Versicherungs-AG eine Feuerversicherung bestanden. Die Antragsgegner seien aus diesem Versicherungsvertrag etwa Mitte Jänner 1984 zur Gänze mit einem Betrag von 438.872 S abgefunden worden. Sie seien gemäß § 7 Abs 1 MRG verpflichtet, diesen Betrag primär zur Wiederherstellung des Mietgegenstandes zu verwenden, die lediglich 216.000 S erfordern würde, woraus sich ergebe, daß die Leistung aus der bestehendne Versicherung zur gänzlichen Wiederherstellung des Mietgegenstandes ausreiche. Die von der I*** Versicherungs-AG vorgenommene Aufteilung des Betrages von 438.872 S auf das von den Antragsgegnern benützte Objekt und das Mietobjekt der Antragsteller im Verhältnis der Versicherungssummen 4:1 sei willkürlich und unrichtig; diese Aufteilung habe im Verhältnis des Schadensumfanges und tatsächlichen Wiederherstellungsaufwandes 2:1 zu erfolgen. Die Antragsgegner beantragten die Abweisung des Antrages und wendeten ein, sie hätten lediglich mit dem Zweitantragsteller einen Mietvertrag abgeschlossen, nicht aber mit dem Erstantragsteller. Bei der I*** Versicherungs-AG habe für das Mietobjekt eine Feuerversicherung über eine Versicherungssumme von 150.000 S bestanden. Das ebenfalls durch den Brand beschädigte Gebäude, welches an das Mietobjekt anschließe und im Besitz der Antragsgegner stehe, sei mit der gleichen Polizze auf eine Versicherungssumme von 600.000 S versichert gewesen. Die für die beiden Gebäude ausbezahlten Versicherungsleistung von 438.872 S teile sich auf Grund dieses Verhältnisses der Versicherungssumme im Verhältnis von 80 % für das Gebäude der Antragsgegner zu 20 % für das Mietobjekt auf. Die notwendigen Kosten für die Wiederherstellung des Mietobjektes überstiegen den zuletzt genannten Betrag bei weitem. Eine Verpflichtung zur Aufteilung der ausbezahlten Versicherungsleistung im Verhältnis der eingetretenen Schäden bestehe nicht; der von den Antragsgegnern auf das Mietobjekt der Antragsteller aufgewendete Betrag von 108.713,84 S übersteige aber selbst den bei einer derartigen Aufteilung der Versicherungsleistung sich ergebenden Betrag. Im übrigen sei im Mietvertrag vereinbart worden, daß Erhaltungsarbeiten zu Lasten des Mieters gingen; auch deswegen habe der Zweitantragsteller kein Recht, die Erneuerung des Mietobjektes auf Kosten der Antragsgegner zu fordern. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Zwischen den Antragsgegnern und dem Zweitantragsteller wurde am 20. Oktober 1981 ein Mietvertrag (beginnend mit 1. November 1981 auf unbestimmte Zeit) betreffend das Geschäftslokal im Haus Ternitz, Stapfgasse 8, bestehend aus einem Verkaufsraum, abgeschlossen. Eine Feststellung des Inhaltes, daß auch der Erstantragsteller Mieter dieses Lokales sei, kann nicht getroffen werden. In dem Mietvertrag wurde unter anderem unter Punkt V festgehalten, daß Reparaturen am Bestandobjekt einschließlich der Außenseite, der Fenster und des Portales dem Mieter obliegen, ferner unter Punkt VII, daß der Mieter kein Recht hat, "Bestandsminderung" zu begehren, und sämtliche Außenscheiben und Auslagenfenster zum Bestandobjekt gehören und von der Erhaltungs- bzw. Erneuerungspflicht des Mieters umfaßt sind. Neben dem Mietobjekt besteht an der gleichen Adresse ein weiteres Objekt, das ebenso wie das Mietobjekt den Antragsgegnern gehört.

Beide Gebäude, sowohl das von den Antragsgegnern genutzte als auch das Mietobjekt, waren bei der I*** Versicherungs-AG zur Polizzennummer 6/12/38853773 versichert, wobei für das Objekt der Antragsgegner eine Gesamtversicherungssumme von 600.000 S und für das Mietobjekt eine solche von 150.000 S vorgesehen war. Durch ein in der Nacht vom 1. auf den 2. November 1983 stattgefundenes Brandereignis wurde der Gebäudetrakt des Hauses Ternitz, Stapfgasse 8, der Gegenstand des Mietvertrages war, stark beschädigt. Die Brandursache ist unbekannt. Beschädigungen durch das Brandereignis wies auch das von den Antragsgegnern benutzte Objekt auf.

Bei der Befundaufnahme durch den Gerichtssachverständigen am 20. November 1986, also mehr als 3 Jahre nach dem Brandereignis, konnte an Ort und Stelle folgendes festgestellt werden:

Das Gebäude Stapfgasse 8 bestand auf der ganzen Länge der straßenseitigen Liegenschaftsfront, die 24 m beträgt. Dieses Gebäude war durch eine Dachfläche überdeckt. In einem Abstand von 5 m von der nordöstlichen Liegenschaftsecke bestand eine Einfahrt, die 3 m breit war. Jener Teil des Gebäudes, welcher rechts von der Liegenschaftseinfahrt gelegen war und über einen straßenseitigen Zugang unmittelbar vom Gehsteig aus betreten werden konnte, umschloß das vom Zweitantragsteller gemietete Geschäftslokal. Der links der Einfahrt liegende Teil ist jener, der derzeit noch besteht und das Geschäft sowie die Wohnräume der Antragsgegner umschließt. Wo sich früher das gemietete Geschäftslokal des Zweitantragstellers befand, ist nunmehr eine Hausgartenanlage vorhanden, die nach außen von alten mitbenützten Mauern umschlossen ist und gegenüber der Einfahrt einen Gitterzaun aufweist. Den rückwärtigen Abschluß der Liegenschaft bildet ein Nebengebäude, das parallel zur Stapfgasse errichtet ist. Die straßenseitige Einfahrt war mit einem zweiflügeligen Holztor verschließbar eingerichtet. Trotz der Giebelmauern gegenüber der Durchfahrt brannte der gesamte Dachstuhl des Gebäudes samt der überdachten Liegenschaftseinfahrt ab. Eine Instandsetzung der Dachkonstruktion war nicht mehr möglich. Vom ursprünglich gemieteten Geschäftslokal des Zweitantragstellers bestehen nur mehr Mauerreste, die zu einer Einfriedungsmauer umgestaltet und umfunktioniert worden sind. Das Gebäude der Antragsgegner wurde instandgesetzt. Es weist nunmehr eine neue Dachkonstruktion samt Dachdeckung auf. Der Außenputz wurde erneuert und es wurden auch neue Fenster und Türen im Bereich der Fassaden eingebaut. Die Einfahrt und der rechts von der Einfahrt gelegene Teil des Gebäudes, in dem sich das Mietobjekt befand, wurden nicht mehr aufgebaut. Im Bereich der Einfahrt wurde ein zweiflügeliges eisernes Tor versetzt. Soweit das Mauerwerk des Altbestandes des ehemaligen Mietobjektes für die Errichtung einer Abschlußmauer geeignet war, wurde es belassen und durch Ziegel abgedeckt. Alle übrigen Teile des Mauerwerkes und die Reste der Dachstuhl- und Deckenkonstruktion wurden abgebrochen. Der Schutt wurde entfernt. Im Bereich des ehemaligen abgebrannten Mietobjektes wurde Erdmaterial aufgeführt und eine kleine Gartenanlage hergestellt.

Von den Antragsgegnern wurde zur Herstellung des nunmehrigen Zustandes im Bereich des Gebäudestraktes rechts der Einfahrt, also zur Herstellung des gegenwärtigen Zustandes dort, wo das ehemalige Mietobjekt war, ein Betrag von 100.970,10 S aufgewendet. Das ehemalige Mietlokal wies eine verbaute Fläche von 45 m2 und einen umbauten Raum von 150 m3 (ohne Dachraum) auf. Der Kubikmeterpreis ergibt sich mit rund 1.400 S. Die Neuherstellungskosten einschließlich Mauerwerk und Fundamenten würden bei einem dementsprechenden Objekt einen Durchschnittsbetrag von 2.800 S je m3 erfordern. Für die Wiedererrichtung des vom Zweitantragsteller gemieteten Geschäftslokales ist unter Berücksichtigung eines vorhandenen Wasseranschlusses ein Aufwand von 216.000 S zu kalkulieren.

Die Gesamtaufwendungen zur Behebung des Brandschadens im Bereich des Geschäftsgebäudes der Antragsgegner ergeben einschließlich Mehrwertsteuer einen Betrag von 512.715,52 S.

Von der I*** Versicherungs-AG wurde den Antragsgegnern insgesamt ein Betrag von 438.872 S ausbezahlt, wobei nach interner Aufschlüsselung der Versicherung auf das Objekt der Antragsgegner ein Betrag von 351.098 S entfiel und auf das abgebrannte Mietobjekt ein Betrag von 87.774 S. Diese Beträge richteten sich nach dem aliquoten Anteil der Objekte im Verhältnis der Gesamtversicherungssummen von 600.000 S und 150.000 S zueinander. Der Gesamtbetrag von 438.872 S, der den Antragsgegnern ausgezahlt wurde, errechnete sich nach dem Gutachten des Versicherungssachverständigen.

Dem tatsächlichen Aufwand der Antragsgegner in Höhe von 512.715,52 S steht der von der Versicherung ausbezahlte Betrag von insgesamt 438.872 S gegenüber, woraus sich auch die Aufwendung von Eigenmitteln durch die Antragsgegner ergibt. Der Aufwand der Eigenmittel entspricht in etwa den Mehrkosten, die für eine Wiederherstellung aufzuwenden waren, die sich offensichtlich ausstattungsmäßig in bezug auf den Boden und die Wandgestaltung des Geschäftslokales der Antragsgegner vom ursprünglichen Zustand unterscheidet.

Auf Grund der vom Gerichtssachverständigen ermittelten Herstellungskosten ist festzustellen, daß um den auf das Mietobjekt von der Versicherung ausbezahlten Betrag von 87.774 S eine benützungsreife Wiederherstellung des durch Brand stark beschädigten Mietlokales nicht möglich gewesen wäre; dieser Betrag hätte nicht einmal die Hälfte des notwendigen Aufwandes abgedeckt. Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 7 Abs 1 MRG sei der Vermieter zur Wiederherstellung des Mietgegenstandes in dem Maß verpflichtet, als die Leistungen aus der bestehenden Versicherung ausreichen, und nicht in dem Maß, als die Versicherung zu einer Leistung verpflichtet gewesen wäre. Für den Mietgegenstand habe die I*** Versicherungs-AG den Antragsgegnern tatsächlich einen Betrag von 87.774 S ausbezahlt. Die Wiederherstellung des Mietobjektes würde einen Betrag von 216.000 S erfordern. Gemäß § 50 VersVG hafte der Versicherer nur bis zur Höhe der Versicherungssumme. Art. 10 Abs 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Sachversicherung (ABS), denen die gegenständliche Polizze unterliege, laute: "Die Versicherungssumme bildet die Grenze für die Ersatzleistung des Versicherers, und zwar ist die Ersatzleistung für die unter jeder einzelnen Post der Polizze versicherten Sachen durch die für die betreffende Post angegebene Versicherungssumme begrenzt." Gemäß Art. 10 Abs 2 Satz 2 ABS sei für jede Post der Polizze gesondert festzustellen, ob Unterversicherung vorliege. Für die Versicherung habe kein Anlaß bestanden, nach Objekten zu trennen. Offenbar habe auf Grund des Versicherungsgutachtens auch keines der beiden Objekte einen Schaden aufgewiesen, dessen Höhe die jeweilige Versicherungssumme überstiegen hätte. Beim Objekt der Antragsgegner sei dies ohnehin offenkundig, weil der insgesamt ausbezahlte Betrag unter der Versicherungssumme von 600.000 S liege. Für den Mietgegenstand würde ein Wiederherstellungsbetrag von 216.000 S erforderlich sein. Die Versicherung wäre allerdings nur zu einer Höchstzahlung von 150.000 S verpflichtet gewesen. Offensichtlich sei der Schaden am Mietgegenstand von der Versicherung nicht höher als mit 150.000 S bewertet worden. Hätte sich für die Versicherung ein höherer Schaden ergeben, dann wäre Unterversicherung festgestellt worden, wofür sich jedoch kein Anhaltspunkt ergebe. Daraus folge, daß die Leistung der Versicherung für den Mietgegenstand maximal 150.000 S betragen haben könne. Der tatsächliche Schaden am Mietobjekt bzw. die Kosten für die Wiederherstellung beliefen sich jedoch auf 216.000 S. Eine vollständige Wiederherstellung des Mietgegenstandes mit den aus der Versicherung geleisteten Zahlung sei demnach nicht möglich gewesen, selbst wenn die Versicherungen die gesamte Versicherungssumme des Mietobjektes von 150.000 S und nicht nur den im Verhältnis der Versicherungssummen auf das Mietobjekt entfallenden Betrag von 87.774 S ausbezahlt hätte.

§ 7 MRG gebe keine Auskunft darüber, wie vorzugehen sei, wenn die Leistungen aus einer bestehenden Versicherung nur zum Teil für die Wiederherstellung ausreichten. Das Gesetz lasse offen, welche Mietgegenstände bei teilweiser Deckung wiederherzustellen seien (Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 7 MRG). Im gegenständlichen Fall habe es sich um einen Mietgegenstand gehandelt, der nur aus einem Raum bestanden habe. Das bedeute, daß eine nur teilweise Wiederherstellung in der Form, daß etwa nur bestimmte Räume oder ein bestimmter Teil des Mietgegenstandes wiederaufgebaut werde, nicht möglich sei. Es wäre also mit den Mitteln aus der Versicherung eine Wiederherstellung, die auch vernünftig erscheine, nur dann möglich, wenn der Mietgegenstand kleiner als vor dem Brand wieder errichtet werden würde. Dies ließe sich allerdings nur dann verwirklichen, wenn nicht auf die noch nach dem Brand bestehenden Mauern wieder aufgebaut werden würde. Folglich würde zuerst die Entfernung der bestehenden Mauern erforderlich sein, um danach neu aufzubauen. Die alten Mauern hätten die Antragsgegner aber ohnedies abgerissen. Insgesamt seien von den Antragsgegnern Aufwendungen für das Mietobjekt von über 100.000 S getätigt worden, welche Aufwendungen auch tatsächlich gerechtfertigt gewesen seien. Damit sei jedoch bereits der von der Versicherung ausbezahlte Betrag erschöpft gewesen. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Versicherung den Gesamtversicherungsbetrag von 150.000 S für das Mietobjekt zur Auszahlung gebracht hätte bzw. von den Antragsgegnern ein Betrag von 150.000 S für das Mietobjekt Verwendung finden hätte können, müsse bedacht werden, daß bei einem Durchschnittsbetrag von 2.800 S je m3 Neuherstellungskosten die Errichtung eines im Hinblick auf die Größe wenigstens einigermaßen vernünftigen Mietgegenstandes unmöglich gewesen wäre.

Könne der Mietgegenstand nur teilweise wiederhergestellt werden, so sei eine teilweise Wiederherstellung nur insoweit tunlich, als es vom Standpunkt der Brauchbarkeit vernünftig erscheine. Sofern sich kein tauglicher beschränkter Gebrauch eines Mietgegenstandes erreichen lasse, sei eine Teilherstellung unangebracht (Krejci in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 229).

Somit sei auch eine Verpflichtung der Antragsgegner zur teilweisen Wiederherstellung des Mietgegenstandes zu verneinen. Was den Einwand der Antragsteller betreffe, daß der Umfang der Schäden an den beiden Gebäuden in einem Verhältnis von 2:1 und nicht - wie von der Versicherung berechnt - von 4:1 stehe, sei auszuführen, daß von der Versicherung insgesamt ein Betrag von 438.872 S geleistet worden sei und der nach Berechnung der Antragsteller auf das Mietobjekt entfallende Betrag bei Berücksichtigung des Verhältnisses von 2:1 146.291 S ausmachen würde. Auch damit jedoch lasse sich das Mietobjekt nicht wieder neu errichten, weil hiefür nach Berechnung des Sachverständigen ein Betrag von 216.000 S erforderlich sei.

Aus all dem ergebe sich, daß eine Wiederherstellung des Mietobjektes weder zur Gänze noch zum Teil möglich sei, weshalb der Antrag auf Wiederherstellung des Mietgegenstandes abzuweisen gewesen sei.

Letztlich sei auszuführen, daß der Erstantragsteller zur Antragstellung überdies nicht legitimiert sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es ließ die Frage, ob auch der Erstantragsteller Mieter des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokales sei, dahingestellt und übernahm im übrigen die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Zur Rechtsrüge der Antragsteller führte das Rekursgericht aus:

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei für die Wiedererrichtung des gemieteten Geschäftslokales ein Aufwand von 216.000 S zu veranschlagen. Insoweit die Antragsteller - unter Annahme einer verbauten Fläche von nur 32 m2 - zu einem Wiederherstellungsaufwand von etwa 150.000 S gelangen, entfernten sie sich vom festgestellten Sachverhalt und sei die Rechtsrüge nicht gehörig ausgeführt.

Unbekämpft stehe fest, daß die Antragsgegner bei der I*** Versicherungs-AG eine Feuerversicherung für das Mietobjekt mit einer Versicherungssumme von 150.000 S abgeschlossen hatten. Schon das Erstgericht habe zutreffend darauf verwiesen, daß gemäß § 50 VersVG der Versicherer nur bis zur Höhe der Versicherungssumme hafte. Art. 10 Abs 1 ABS bestimme, daß die Versicherungssumme die Grenze für die Ersatzleistung des Versicherers bilde, und zwar sei die Ersatzleistung für die unter jeder einzelnen Post der Polizze versicherten Sachen durch die für die betreffende Post angegebene Versicherungssumme begrenzt. Art. 16 Abs 1 AFB (Allgemeine Feuerversicherungsbedingungen) enthalte eine ähnliche Regelung. Der Auffassung der Antragsteller, die Antragsgegner hätten für die Wiederherstellung des beschädigten Mietobjektes die Leistung des Versicherers von 438.872 S zur Gänze verwenden müssen, könne schon deshalb nicht richtig sein, weil die Leistung des Versicherers nach dem oben Gesagten durch die Versicherungssumme begrenzt sei, welche für das beschädigte Mietobjekt 150.000 S betrage. Eine Verpflichtung der Antragsgegner, Versicherungsleistungen für ein anderes als das Mietobjekt zur Wiederherstellung desselben heranzuziehen, bestehe nach dem Gesetz nicht.

Die im Rekurs aufgestellte Behauptung, die Antragsteller wären bereit gewesen, etliche der vom Sachverständigen für die Wiederherstellung des Mietobjektes angenommenen Kosten selbst zu tragen, sei als unzulässige Neuerung unbeachtlich. Da feststehe, daß die Leistung des Versicherers zur völligen Wiederherstellung des Mietobjektes nicht ausreiche, sei die Frage zu klären, ob der Vermieter zur teilweisen Wiederherstellung des Bestandobjektes verpflichtet sei. Dies sei dann zu bejahen, wenn eine Teilherstellung vom Standpunkt der Brauchbarkeit her vernünftig erscheine. Soferne sich jedoch kein tauglicher beschränkter Gebrauch eines Mietgegenstandes erreichen lasse, sei eine Teilherstellung unangebracht (Krejci in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 229; Popper-Teufelhart, Handbuch des Immobilienrechts 32). Die Antragsteller seien aber in erster Instanz selbst davon ausgegangen, daß zur Wiederherstellung des Mietobjektes ein Aufwand im Bereich von etwa 200.000 S erforderlich sei. Daß mit einem geringeren Betrag eine teilweise Wiederherstellung des Mietobjektes, welche zu einem tauglichen, wenn auch beschränkten Gebrauch des Mietgegenstandes geführt hätte, möglich gewesen wäre, sei in erster Instanz nicht behauptet worden. Das Erstgericht sei daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Antragsgegner nicht verpflichtet seien, den Mietgegenstand wiederherzustellen. Aus diesem Grunde könne auch die Frage der Aktivlegitimation des Erstantragstellers auf sich beruhen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen gewesen, weil die Frage, inwieweit der Vermieter bei nicht ausreichender Versicherungssumme zur teilweisen Wiederherstellung des Mietgegenstandes verpflichtet sei, von grundsätzlicher Bedeutung sei (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG).

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der gänzlichen Antragsstattgebung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegner beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs gänzlich zurückzuweisen (offenbar gemeint: dem Revisionsrekurs zur Gänze nicht Folge zu geben).

Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Zunächst vertreten die Antragsteller den Standpunkt, in Verfahren nach § 37 MRG sei § 10 AußStrG anzuwenden. Das Rekursgericht hätte sich daher mit ihren im Rekurs gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluß aufgestellten Behauptungen auseinandersetzen und dazu allenfalls ergänzende Beweise aufnehmen müssen (§ 37 Abs 3 Z 17 lit g MRG), wonach das Mietobjekt lediglich eine Grundfläche von 32 m2 aufgewiesen habe, die Antragsgegner unabhängig von der Höhe der Versicherungsleistung von Anfang an nicht die Absicht gehabt hätten, das Mietobjekt wieder aufzubauen, und die Antragsteller für den Fall, daß die Versicherungsleistung für die gänzliche Wiederherstellung des Mietobjektes nicht ausreichen sollte, bereit wären, die fehlenden Fertigstellungsarbeiten am Mietobjekt selbst durchzuführen. Dem ist entgegenzuhalten, daß für Rekurse in Verfahren nach § 37 MRG - vorbehaltlich der Z 17 und 18 des § 37 Abs 3 MRG - der dritte Abschnitt des vierten Teils der ZPO (mit Ausnahme der Bestimmungen über die Unterfertigung eines schriftlichen Rekurses durch einen Rechtsanwalt) gilt (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG). Damit wurde das Rechtsmittelrecht des Außerstreitverfahrens grundsätzlich durch die Vorschriften der ZPO über den Rekurs ersetzt, wobei Rekurse gegen Sachbeschlüsse im wesentlichen der Berufung und Revision gleichgestellt wurden (Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 537; Würth-Zingher, MRG2, Anm. 52 zu § 37; MietSlg 35.438 ua). Für Rekurse in Verfahren nach § 37 MRG gilt daher das Neuerungsverbot der ZPO und nicht § 10 AußStrG. Die Bestimmungen des § 37 Abs 3 Z 17 lit f und g MRG sollen lediglich dem Rekursgericht die Überprüfung der erstgerichtlichen Feststellungen, nicht aber dem Rekurswerber das Vorbringen von Neuerungen ermöglichen. Das Rekursgericht hat demnach die oben wiedergegebenen Behauptungen der Antragsteller im Rekurs zu Recht als unbeachtliche Neuerungen abgetan.

Sodann machen die Antragsteller - davon ausgehend, daß von der Versicherungsleistung von 438.872 S zumindest ein Betrag von 150.000 S auf das Mietobjekt entfalle - geltend, daß mit einem Betrag von 150.000 S eine Wiederherstellung des Mietobjektes im Rohbau ohne weiteres möglich gewesen wäre; dafür, daß eine Rohbaufertigstellung des Mietobjektes für die Antragsteller nicht brauchbar gewesen wäre, fänden sich im gesamten Beweisverfahren keinerlei Hinweise; den Antragstellern wäre mit der Einräumung der Möglichkeit, ein Geschäftslokal im Rohbau in Eigenregie fertigzustellen, wesentlich mehr gedient als mit dem gänzlichen Entzug ihrer Erwerbsquelle. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte den Antragsgegnern der Auftrag erteilt werden müssen, das Mietobjekt insoweit wiederherzustellen, als dafür die von ihnen für das Mietobjekt vereinnahmte Versicherungssumme in Höhe von 150.000 S ausreiche. Dem kann nicht gefolgt werden.

Wird ein Mietgegenstand durch Zufall zur Gänze oder zum Teil unbrauchbar, so ist der Vermieter nach § 7 Abs 1 MRG zur baurechtlichen zulässigen und bautechnisch möglichen Wiederherstellung des Mietgegenstandes in dem Maß verpflichtet, als die Leistungen aus einer bestehenden Versicherung ausreichen; im übrigen gilt § 1104 ABGB. Zur Durchsetzung des Anspruches auf Wiederherstellung gilt § 6 MRG; zur Antragstellung sind die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich und jeder Mieter berechtigt, dessen Mietgegenstand unbrauchbar geworden ist (§ 7 Abs 2 MRG). Die Regierungsvorlage zum MRG (siehe Würth-Zingher, MRG2, 38) verweist dazu auf § 10 MG in Verbindung mit § 1104 ABGB und auf § 18 Abs 1 Z 4 des Entwurfes (= § 21 Abs 1 Z 4 MRG). Lehre und Rechtsprechung zu § 10 MG vertraten die Auffassung, daß es dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung bestehender Häuser und im Hinblick auf § 2 Abs 2 Z 4 MG auch der Billigkeit entspreche, daß die Versicherungssumme widmungsgemäß verwendet werde (Swoboda, MG2, 149; EvBl 1955/399). Diese Überlegung kann auch im Anwendungsbereich des MRG Geltung beanspruchen (vgl. dazu auch Palten, Das neue MRG 198).

§ 7 MRG ist eine Ausnahmeregelung zur allgemeinen Bestimmung des § 1104 ABGB, die für Fälle gänzlicher Unbrauchbarkeit des Mietgegenstandes infolge außerordentlicher Zufälle wie Feuer usw. weder eine Wiederherstellungspflicht des Bestandgebers noch eine Zahlungspflicht des Bestandnehmers kennt. Soferne eine Wiederherstellungspflicht besteht, wird der Mietvertrag trotz Unterganges des Mietgegenstandes nicht aufgelöst (Krejci in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 226 f; vgl. Swoboda, MG2, 149 f). Da der Vermieter dem Mieter gegenüber zum Abschluß von Versicherungen nicht verpflichtet ist, kann der Mieter dem Vermieter auch nicht den Vorwurf der Unterversicherung machen (Krejci aaO 229; siehe auch Popper-Teufelhart, Handbuch des Immobilienrechts 32). Kann der durch Zufall unbrauchbar gewordene Mietgegenstand mangels ausreichender Versicherungsleistung nicht zur Gänze wiederhergestellt werden, so ist Teilherstellung geboten, jedoch nur insoweit, als es vom Standpunkt der Brauchbarkeit vernünftig erscheint. Sofern sich kein tauglicher beschränkter Gebrauch eines Mietgegenstandes erreichen läßt, ist eine Teilherstellung unangebracht (Krejci aaO 229; Popper-Teufelhart aaO). Es kommt dabei auf den bedungenen Gebrauch an (Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1104).

Im vorliegenden Fall ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen davon auszugehen, daß die Wiederherstellungskosten des Mietgegenstandes 216.000 S betragen würden, die (auf den Mietgegenstand enfallenden) Leistungen aus der bestehenden Versicherung aber - wie den Vorinstanzen beizupflichten ist - höchstens 150.000 S ausgemacht haben. Daß mit dem zuletzt genannten Betrag eine teilweise Wiederherstellung des Mietgegenstandes, die zu einem tauglichen, wenn auch beschränkten (bedungenen) Gebrauch des Mietgegenstandes geführt hätte, zu erreichen gewesen wäre, ist in erster Instanz weder von den Antragstellern behauptet worden noch im Beweisverfahren hervorgekommen. Die Antragsgegner sind daher gemäß § 7 Abs 1 MRG weder zur gänzlichen noch zur teilweisen Wiederherstellung des Mietgegenstandes verpflichtet. Die Frage, ob die Antragsgegner zur Wiederherstellung des Mietgegenstandes im Rohbau verpflichtet gewesen wären, wenn die Antragsteller die für die Fertigstellung des Mietgegenstandes erforderlichen finanziellen Mittel bzw. Materialien und Arbeitsleistungen beigestellt hätten, kann schon deshalb auf sich beruhen, weil dies bis zum Schluß des erstinstanzlichen Verfahrens nicht geschehen ist. Von Amts wegen war diese Frage nicht aufzuwerfen. Es brauchte ferner nicht untersucht zu werden, ob einem Erfolg des gegenständlichen Antrages auch die Mietvertragsbestimmungen über die Erhaltungs- und Erneuerungspflicht des Mieters entgegenstünden.

Dem Revisionsrekurs war mithin ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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