OGH 11Os33/88 (11Os34/88)

OGH11Os33/88 (11Os34/88)12.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.März 1988 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in der Strafsache gegen Manfred R*** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 StGB über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 11.Mai 1987, GZ 13 Vr 3237/86-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird verweigert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Manfred R*** meldete gegen das am 11.Mai 1987 mündlich verkündete Urteil, mit dem er wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 StGB schuldig erkannt wurde, durch seinen Wahlverteidiger Dr. Teja H. K*** am 13.Mai 1987 die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 52).

Die Urteilsausfertigung wurde am 14.Jänner 1988 seinem Verteidiger persönlich zugestellt (S 386), welcher in einem am 11. Februar 1988 zur Post gegebenen Schriftsatz - unter gleichzeitiger Ausführung der angemeldeten

Rechtsmittel - beantragte, dem Angeklagten die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der 14-tägigen

Rechtsmittel- (Ausführungs-)Frist zu bewilligen. Der Antrag wurde im wesentlichen damit begründet, daß nach der Zustellung der Urteilsausfertigung der Ablauf der Rechtsmittelfrist im Fristenbuch der Kanzlei des Verteidigers zwar vorgemerkt, dann jedoch wieder "außer Evidenz genommen" worden sei, weil die verläßliche Kanzleileiterin Edith K*** infolge einer Namensgleichheit zweier Klienten die Strafsache des Angeklagten irrtümlich für erledigt gehalten habe.

Infolge dieses erst am 29.Jänner 1988 festgestellten Irrtums sei die fristgerechte Rechtsmittelausführung unterblieben. Das Wiedereinsetzungsbegehren ist nicht gerechtfertigt. Gemäß dem § 364 Abs. 1 StPO hat die Bewilligung des vorliegenden Antrages unter anderem zur Voraussetzung, daß es dem Angeklagten durch unabwendbare Umstände ohne sein oder seines Verteidigers Verschulden unmöglich gemacht wurde, die (versäumte) Frist einzuhalten. Davon kann aber nach den Umständen dieses Falles nicht gesprochen werden.

Auf Grund des Wiedereinsetzungsantrages in Verbindung mit der (diesem angeschlossenen) schriftlichen Erklärung der Edith K*** vom 11.Februar 1988 steht nämlich fest, daß die "Fristenbereinigung" durch Verwechslung der verfahrensgegenständlichen, Manfred R*** betreffenden Strafsache mit einer bereits erledigten, eine gewisse Ernestine R*** betreffenden Verwaltungsstraf- und Verkehrsunfallssache u.a. darauf zurückzuführen ist, daß die Fristen in dem in der Kanzlei des Verteidigers des Angeklagten geführten Fristenbuch nur unter dem Familiennamen, nicht aber auch unter dem Vornamen des Klienten vorgemerkt werden.

Schon diese mangelhafte Organisation des Fristenvormerkes, welche bei mehreren Mandanten mit gleichen Zunamen (u.a.) die Möglichkeit von Versehen der verfahrensgegenständlichen Art geradezu eröffnet, muß - in Anbetracht der unter Umständen schwerwiegenden Folgen der Unterlassung von Rechtsmittelausführungen - als Vernachlässigung der pflichtgemäßen Sorgfalt und damit als (Mit-)Verschulden des Verteidigers Dr. K*** an der Fristversäumung angesehen werden. Für diese Versäumung hat der Angeklagte kraft ausdrücklicher Gesetzesvorschrift einzustehen.

Rechtliche Beurteilung

Die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmittel-(ausführungs-)frist war daher zu verweigern. Daraus ergibt sich, daß die in einem erst am 11.Februar 1988, somit nach Ablauf der vom Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Zustellung zu berechnenden 14-tägigen Frist des § 285 Abs. 1 bzw. des § 294 Abs. 2 StPO zur Post gegebenen Schriftsatz enthaltene Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel als verspätet anzusehen ist. Da auch bei der Anmeldung keiner der im § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurde, war zugleich die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten hingegen, deren rechtzeitiger Anmeldung im Zusammenhang mit dem vorliegenden Urteilsinhalt unmißverständlich zu entnehmen ist, daß damit der Ausspruch über die Strafe bekämpft wird (§ 294 Abs. 2 StPO nF), waren die Akten dem Oberlandesgericht Graz zuzuleiten (§ 285 i StPO nF).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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