Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 7.November 1985, GZ 7 Vr 925/82-99, verletzt, soweit der Angeklagte Dr.Klaus F*** zu Punkt A/ des Urteilssatzes des Verbrechens des schweren Betruges schuldig gesprochen wurde, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 146, 147 Abs. 3 StGB.
Das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im bezeichneten Schuldspruch sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Dr.Klaus F*** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe im Oktober 1979 in Villach mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Elisabeth S***, Gerlinde K***, Helmut K***, Karl I***, Erich L***, Emma H***, Wilfried F***, Gisela F***, Hans H***, Hans Joachim Z***, Gerhard F***, Albrecht P***, Helene P***, Barbara L***, Anton U***, Melitta U***, Dieter N*** und Brigitte N*** durch Täuschung darüber, daß er für die von ihm an der Liegenschaft EZ 1462 KG Villach erworbenen 5.552/50.000stel Anteile (Garagen und Abstellplätze) den anteilsmäßigen Kaufpreis von 521.880 S entrichtet habe, obwohl er tatsächlich nur 8.000 S dafür gezahlt hatte, zu Handlungen, nämlich zum Abschluß der Kaufverträge bezüglich ihrer Miteigentumsanteile zu einem überhöhten Preis, verleitet, wodurch die genannten Miteigentümer um den Betrag von insgesamt 498.660 S an ihrem Vermögen geschädigt wurden und er habe hiedurch das Verbrechen des Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das im aufrecht bleibenden Punkt B/ des Schuldspruchs bezeichnete Vergehen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 StGB wird Dr.Klaus F*** gemäß § 153 Abs. 2, erster Strafsatz, StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen, wobei der Beginn der Probezeit mit 12.November 1985 festgesetzt wird.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 7.November 1985, GZ 7 Vr 925/82-99, wurde der Kaufmann Dr.Klaus F*** neben einer anderen, hier nicht aktuellen Straftat (Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 StGB mit einem Schadensbetrag von rund 115.000 S) des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt (Pkt A/ des Urteilssatzes).
Darnach hat er im Oktober 1979 in Villach mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, 18 Personen durch Täuschung darüber, daß er für die von ihm von der in Rede stehenden Liegenschaft erworbenen 5.552/50.000stel Anteile (für Garagen und Abstellplätze) den anteilsmäßigen Kaufpreis entrichtet habe, obwohl er tatsächlich dafür nur 8.000 S gezahlt hatte, zum Abschluß der Kaufverträge bezüglich ihrer Miteigentumsanteile zu einem überhöhten Preis verleitet, wodurch sie um den Betrag von insgesamt 498.660 S an ihrem Vermögen geschädigt wurden.
Den wesentlichen Urteilsfeststellungen zufolge unterbreitete der Angeklagte der Kärntner Gebietskrankenkasse in Ansehung zweier in ihrem Eigentum stehender Häuser in Villach (Klagenfurterstraße 20-22) zur Errichtung von Eigentumswohnungen ein auf S 4,700.000 lautendes Kaufanbot, welches Offert die genannte Kasse am 27.Juli 1979 annahm. Der Angeklagte verpflichtete sich, bis 20. August 1979 eine Liste der Kaufwerber vorzulegen, wobei er selbst als Käufer auftreten sollte, falls für Restanteile an der Liegenschaft keine Interessenten vorhanden sein sollten, und brachte für die Kaufsumme eine Bankgarantie bei.
In der Folge schloß sodann die Gebietskrankenkasse mit den einzelnen Kaufinteressenten, unter denen sich bezüglich einer Wohnung sowie der Garagen und Abstellplätze der Angeklagte befand, Kaufverträge über die entsprechende Zahl ideeller Liegenschaftsanteile, die zu 50.000steln berechnet wurden, ab; der entsprechende Kaufpreis wurde in jedem Kaufvertrag ziffernmäßig angeführt. Der vom Angeklagten bezahlte Kaufpreis für die Garagen und die Abstellplätze (5.552./50.000stel Anteile) betrug 8.000 S; auf der Basis eines Anteilpreises von 94 S (4,700.000 S : 50.000) hätte er aber 521.888 S betragen müssen. Die Differenz trugen die Wohnungskäufer (darunter auch der Angeklagte) entsprechend der Zahl ihrer Anteile, was eine Erhöhung der Kaufpreise je nach Größe der Wohnung zwischen 117.027 S und 4.446 S ergab. Auf die vom Angeklagten gekaufte Wohnung entfiel so eine Mehrbelastung von
15.227 S, welcher Betrag vom Schaden der übrigen Wohnungskäufer abgezogen wurde.
Die Miteigentümer wußten zwar, daß der Angeklagte die Garagen und Abstellplätze erworben hatte, kannten aber nur jeweils ihren eigenen Vertrag und hatten daher keine Kenntnis, daß der Angeklagte dafür nur 8.000 S bezahlte. Hätten sie von dieser Vorgangsweise Kenntnis gehabt, würden sie ihr nicht zugestimmt haben (US 7). Nach Annahme des Erstgerichtes hat der Angeklagte ihre Unkenntnis ausgenützt, sie solcherart getäuscht und um die auf ihre Wohneinheiten entfallenden zusätzlichen Kaufpreisanteile geschädigt. Zwar hätten die Miteigentümer ihre Mehrbelastung allenfalls selbst errechnen können, doch müsse eine Täuschungshandlung nicht besonders raffiniert sein, solange sie nur abstrakt zur Irreführung geeignet sei, was vorliegend zutreffe, da der Gesamtkaufpreis von 4,700.000 S in den einzelnen Kaufverträgen nicht genannt sei. Der Angeklagte habe auch vorsätzlich gehandelt, habe er doch selbst zugegeben, daß er durch die überhöhten Kaufpreise seinen Unternehmergewinn erzielen wollte (US 13).
Das Urteil blieb sowohl seitens des öffentlichen Anklägers als auch seitens des Angeklagten unangefochten und erwuchs solcherart in Rechtskraft.
Der Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren Betruges steht - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht in Einklang, weil die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen weder in objektiver noch in subjektiver Beziehung die Annahme des Tatbildes des Betruges decken.
Rechtliche Beurteilung
Betrug im Sinne des § 146 StGB erfordert auf der äußeren Tatseite Irreführung eines anderen durch Täuschung über Tatsachen, wodurch dieser zu einer Handlung verleitet wird, die den Schaden herbeiführt. Nun hat der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen die Wohnungskäufer weder über die Größe ihrer Wohnung noch über die Höhe des zu entrichtenden Kaufpreises getäuscht, sondern sie lediglich darüber in Unkenntnis belassen, daß er selbst Liegenschaftsanteile um einen nur symbolischen Kaufpreis erwarb. Wirtschaftlich gesehen ist für die Käufer von Eigentumswohnungen die Größe ihrer Wohnungen und der zu bezahlende Preis relevant, nicht aber der ideelle Liegenschaftsanteil, der in der Regel endgültig erst nach Fertigstellung der Wohnungen durch die sogenannte Parifizierung festgelegt wird. Eine Verpflichtung des redlichen Verkäufers, seine Preiskalkulation (und damit seine Gewinnspanne) offenzulegen, besteht grundsätzlich nicht. Das bloße Verschweigen des Umstandes, daß der Angeklagte selbst für ideelle Anteile an der Liegenschaft nur einen symbolischen Kaufpreis zahlte, stellte noch keine Irreführung der Käufer dar, die sich im übrigen schon deshalb über die Tatsache des Erwerbs der Garagen und Abstellplätze durch den Angeklagten im klaren sein mußten, weil ihnen diese zuzüglich zu ihrer Wohnung zum Kauf angeboten wurden. Es besteht auch kein Anspruch der Käufer auf Abschluß eines Kaufvertrages zu einem "gerechten" oder besonders vorteilhaften Preis; vielmehr wäre auch der Verkauf der Wohnungen zu individuell verschiedenen Preisen zulässig gewesen. Grundsätzlich ist der Wohnungseigentumsorganisator nicht verhalten, die Miteigentümer bei Grund- und Baukosten nach Verhältnis der Anteile gleich zu behandeln. Solche Vertragsbeschränkungen würden - zumindest bis zum Stadium des Kaufvertrages - gegen die Privatautonomie verstoßen (Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum WEG 1975, Rz 10 zu § 19). Daraus folgt weiters, daß den Erwerbern durch den - von ihnen allerdings de facto finanzierten - Vorteil des Angeklagten allein noch kein Schaden erwachsen ist; denn der Angeklagte ist als Unternehmer aufgetreten und als solcher zweifellos auch zu einer für ihn gewinnbringenden Kalkulation berechtigt gewesen. Könnte selbst ein über dem Marktwert liegender Preis nicht schlechthin als Vermögensschaden angesehen werden, so kann vorliegend von einem derartigen Schaden umsoweniger die Rede sein, als ein an sich überhöhter Preis der Wohnungen weder festgestellt worden ist, noch nach den Ergebnissen des Strafverfahrens hätte festgestellt werden können. Im Sinne des hier maßgebenden "wirtschaftlichen Vermögensbegriffs" (vgl Leukauf-Steininger, StGB2, RN 33 zu § 146; Kienapfel, BT II, RN 119 ff zu § 146) stellt sich ein Vermögensschaden als effektiver Verlust an Vermögenssubstanz dar. Nur wenn der durch den Erwerb der Eigentumswohnung eingetretene Vermögenszuwachs kleiner gewesen wäre, als die vom Wohnungseigentumswerber erbrachten Leistungen, könnte von einem Vermögensschaden gesprochen werden (Kienapfel, aaO, RN 160 ff zu 3 146). Ein solcher, durch Gesamtsaldierung zu ermittelnder Vermögensverlust auf Seite der Wohnungskäufer ist aber nach den Urteilsfeststellungen nicht eingetreten, sodaß auch das diesbezügliche Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens nicht gegeben ist.
Zur subjektiven Tatseite findet sich im Urteil weder eine klare Feststellung, über den (Betrugs-) Vorsatz des Angeklagten, noch eine Begründung für die dem Schuldspruch zugrundeliegende Annahme desselben; dazu hätte konstatiert werden müssen, daß der Angeklagte die Irreführung der Käufer gewollt und sich damit sowie mit deren hiedurch veranlaßter Schädigung abgefunden hat.
Den Bereicherungsvorsatz leitet das Erstgericht aus der Aussage des Angeklagten ab, er habe damit seinen Unternehmensgewinn lukrieren wollen. Diese schlichte Gleichsetzung des Gewinnstrebens eines Unternehmers mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern (US 13), ist verfehlt und beruht auf einer Fehlbeurteilung zulässigen wirtschaftlichen Gewinnstrebens.
Da sich die beschriebene Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt und bei der gegebenen Sachlage auch in einem erneuerten Verfahren ein dem Gesetz entsprechender Schuldspruch nicht zu erwarten ist, war in Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde im Umfang der Anfechtung sogleich mit einem Freispruch des Angeklagten vorzugehen. Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung für das verbleibende Vergehen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 StGB - nach Art XX Abs. 1, zweiter Satz, StrafrechtsänderungsG 1987 ist von den durch Art I Z 15 StRÄG geänderten Strafbestimmungen, mithin von einem Strafsatz bis zu drei Jahren auszugehen - wurde als erschwerend die Wiederholung der Angriffe, als mildernd hingegen der bisherige ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, sein erheblicher Beitrag zur Wahrheitsfindung sowie der Umstand gewertet, daß die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und der Angeklagte sich seither wohlverhalten hat.
Hievon ausgehend erschien dem Senat die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe tatschuldgerecht.
Die Unrechtsfolge war gemäß § 43 Abs. 1 StGB bedingt nachzusehen, weil eine derartige Nachsicht bereits im ersten Urteil rechtskräftig gewährt worden war (§§ 290 Abs. 2, 292, 293 Abs. 3 StPO).
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