Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bis einschließlich Mai 1985 bei der
R*** O***, Mischfutterwerke Lienz,
beschäftigt und im Rahmen dieser Tätigkeit unfallversichert. Durch die durch die Erwerbstätigkeit bedingte andauernde Berührung des Klägers mit Futtermitteln bildete sich ein Kontaktekzem. Diese Hautkrankheit verstärkte sich in ihren nachteiligen Folgeerscheinungen mehr und mehr, sodaß beim Kläger ab 24. Jänner 1983 berufsbedingt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt von 20 v.H. bestand. Auch ein in der Folge vom Kläger erreichter betriebsinterner Arbeitsplatzwechsel - er fungierte in der Folge als Schaltmeister im Mischfutterwerk in Lienz - führte zu keiner Besserung der Hauterkrankung, weil eine Berührung mit den das Kontaktekzem auslösenden Futtermitteln nach wie vor unvermeidlich war. Da auch nach intensiven Bemühungen, der Erkrankung durch wiederholte Kuraufenthalte und klinische Behandlung beizukommen, eine Besserung nicht erzielt werden konnte, sah sich der Kläger mit 15. Mai 1985 gezwungen, seine Erwerbstätigkeit aufzugeben. Daraufhin ist eine Zurückbildung der Hauterkrankung eingetreten. Eine neuerliche Aufnahme der Erwerbstätigkeit würde das Wiederauftreten der ekzematösen Hauterscheinungen bedingen.
Das Erstgericht gab dem auf Gewährung einer Versehrtenrente im Ausmaß von 20 v.H. der Vollrente ab 24. Jänner 1983 gerichteten Begehren des Klägers statt. Seit Beginn des vom Begehren umfaßten Zeitraumes bestehe zufolge einer berufsbedingten Kontaktallergie eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. Eine Wiederaufnahme der früheren Beschäftigung würde ein neuerliches Auftreten der Hauterkrankung zur Folge haben. Die Voraussetzungen für die begehrte Leistung seien daher erfüllt.
Diese Entscheidung blieb hinsichtlich der Gewährung der Leistung für die Zeit ab 21. April 1985 unangefochten.
Das Berufungsgericht gab der von der beklagten Partei gegen die Zuerkennung der Versehrtenrente für die Zeit vom 24. Jänner 1983 bis 20. April 1985 gerichteten Berufung Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes in diesem Umfang im Sinne einer Klageabweisung ab. Voraussetzung eines Entschädigungsanspruches wegen einer Hautkrankheit als Berufskrankheit sei die Aufgabe der schädigenden Erwerbstätigkeit. Es genüge nicht, daß objektiv ein Zwang zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit bestehe. Der Versicherte müsse vielmehr aus dieser Zwangslage auch die Konsequenz gezogen und die Erwerbstätigkeit aufgegeben haben. Auf einen tatsächlichen Berufswechsel oder die Aufgabe des Berufes sei nur dann nicht Bedacht zu nehmen, wenn der Versicherte durch außerhalb seines Entscheidungswillens gelegene beachtliche und triftige Umstände den Berufswechsel nicht sofort vornehmen könne. In dieser Richtung sei jedoch kein Vorbringen erstattet worden. Die tatsächliche Aufgabe der Erwerbstätigkeit sei aber erst mit 15. Mai 1985 erfolgt. Fraglich könnte lediglich sein, ob allenfalls auf Grund der Bestimmungen des § 174 Z 2 ASVG der Eintritt des Versicherungsfalles zu einem früheren Zeitpunkt anzunehmen sei, wogegen allerdings spreche, daß die Aufgabe des Berufes im Fall der Berufskrankheit laufende Nr. 19 Anlage 1 zum ASVG eine Voraussetzung des Anfalles der Versehrtenrente bilde. Der Frage komme jedoch keine entscheidende Bedeutung zu. Gehe man von dem für den Kläger günstigsten Fall - Eintritt des Versicherungsfalles am 24. Jänner 1983 - aus, so sei im Hinblick auf die Antragstellung am 21. Mai 1985 der Leistungsanfall gemäß § 86 Abs 4 ASVG erst mit diesem Zeitpunkt eingetreten, sodaß der Kläger durch die Zuerkennung der Leistung ab 21. April 1985 jedenfalls nicht beschwert sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revison des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im angefochtenen Umfang im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gemäß § 174 Z 2 ASVG gilt der Versicherungsfall bei Berufskrankheiten mit dem Beginn der Krankheit (§ 120 Abs 1 Z 1) oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, mit dem Zeitpunkt der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 203) ein. Dabei ist allerdings zu beachten, daß zur Erfüllung des Tatbestandes einer Berufskrankheit laufende Nr. 19 Anlage 1 zum ASVG neben der Erkrankung und dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit weitere Voraussetzungen erforderlich sind. Hautkrankheiten sind Berufskrankheiten im Sinn des § 177 ASVG gemäß laufende Nr. 19 der Anlage 1 zum ASVG, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Erwerbsarbeit zwingen. In der Stammfassung des ASVG lautete die laufende Nr. 19 der Anlage 1: "Schwere und wiederholt rückfällige berufliche Hautkrankheiten, die zum Wechsel des Berufes oder zur Aufgabe jeder Erwerbstätigkeit zwingen. Diese Fassung war der Anlage zur dritten Verordnung über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 16. Dezember 1936 DRGBl I S. 1117 idF der
4. Verordnung zur Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 29. Jänner 1943 DRGBl I S. 85 (dort Nr. 15) entnommen (599 BlgNR VII GP 63). Die geltende Fassung der laufenden Nr. 19 der Anlage 1 zum ASVG wurde mit der 29. ASVG-Novelle geschaffen. Hiezu führen die Gesetzesmaterialien
(404 BlgNR XXIII GP 131) aus, daß die Auslegung der Z 19 der Anlage 1 zum ASVG Schwierigkeiten bereite und in einzelnen Fällen zu problematischen Ergebnissen geführt habe, da der Begriff "Beruf" sich infolge der Entwicklung neuer Tätigkeitsformen immer weniger zuverlässig habe abgrenzen lassen. Andererseits könne gerade bei Hautkrankheiten auf die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit als Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch nicht verzichtet werden. Die Aufgabe der schädigenden Erwerbstätigkeit bildet daher ein Tatbestandsmerkmal dieser Berufskrankheit. Im Fall einer Hautkrankheit kann vor Erfüllung dieser Voraussetzung der Versicherungsfall nicht eintreten.
Der Kläger verweist darauf, daß er früher im Mischfutterwerk Lienz als Mischmeister tätig gewesen, nach Auftreten der Berufskrankheit jedoch als Schaltmeister eingesetzt worden sei; damit sei ein Berufswechsel vollzogen worden. Nach den Feststellungen ist die Berufskrankheit die Folge des Konaktes mit Futtermitteln. Der Kläger wurde wohl nach Auftreten der Berufskrankheit im selben Betrieb nunmehr als Schaltmeister eingesetzt, doch bestand der Kontakt mit Futtermitteln weiterhin und es trat auch keine Besserung seiner Krankheit ein. Von einer Aufgabe der schädigenden Erwerbstätigkeit kann in diesem Fall nicht gesprochen werden. Schädigend war für den Kläger jede Tätigkeit, die ihn in Kontakt mit Futtermitteln brachte. Dieser Kontakt bestand auch nach dem innerbetrieblichen Arbeitsplatzwechsel weiter. Der Kläger hat daher auch nach Änderung seiner Verwendung die schädigende Erwerbstätigkeit fortgesetzt.
Eine Ausnahme vom Grundsatz des Erfordernisses der Aufgabe der schädigenden Erwerbsarbeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Versehrtenrente will die Lehre dann gelten lassen, wenn triftige Gründe den Versicherten nötigen einstweiligen in seinem bisherigen Beruf weiterzuarbeiten Tomandl in Tomandl System 3. Erg Lfg, 273. Solche Gründe könnten vor allem in der sozialen oder wirtschaftlichen Lage des Erkrankten oder in unabweislichen Erfordernissen des Betriebes gelegen sein (so auch zur früheren - diesbezüglich mit der österreichischen Rechtslage vergleichbaren - Rechtslage in der BRD Brackmann II
58. Nachtrag, 492 d mwN). Diese Frage kann allerdings hier unerörtert bleiben.
Fest steht, daß bereits am 24. Jänner 1983 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. bestand, und daß im Hinblick auf die Art der Erkrankung die Aufgabe der Erwerbsarbeit medizinisch indiziert war. Hätte der Kläger desungeachtet seine Tätigkeit nur aus derartigen triftigen Gründen fortgesetzt, so wäre, folgte man den oben dargestellten Grundsätzen der Lehre, der Eintritt des Versicherungsfalles mit 24. Jänner 1983 anzunehmen. Gemäß § 86 Abs 4 ASVG fallen Leistungen aus der Unfallversicherung, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungfalles weder der Anspruch von Amts wegen festgestellt noch ein Antrag auf Feststellung des Anspruches gestellt wurde, mit dem Tag der späteren Antragstellung bzw. mit dem Tag der Einleitung des Verfahrens an, das zur Feststellung des Anspruches führte. Für Fälle, in denen weder die Einleitung eines Verfahrens, das zur Feststellung der Leistung führte noch eine Antragstellung innerhalb der Zweijahresfrist liegt, statuiert § 86 Abs 4 ASVG damit einen verspäteten Leistungsbeginn. Eine Anspruchsfeststellung ist innerhalb der Zweijahresfrist unbestritten nicht erfolgt. Der Kläger führt ins Treffen, daß innerhalb dieser Frist mehrfach Untersuchungen durchgeführt worden seien, er jedoch jeweils verständigt worden sei, daß eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. nicht vorliege; aus diesem Grund sei auf die Zweijahresfrist nicht Bedacht zu nehmen. Dem kann nicht beigetreten werden. Wie der Kläger selbst darlegt, führten die innerhalb der Zweijahresfrist eingeleiteten Verfahren nicht zur Feststellung des Anspruches; als Ergebnis dieser Verfahren wurde ihm jeweils mitgeteilt, daß ein Anspruch nicht bestehe. Diese Mitteilungen ließ der Kläger unbekämpft und beantragte auch nicht die formelle bescheidmäßige Entscheidung, die die beklagte Partei nach dem Inhalt dieser Mitteilung von einem besonderen Antrag des Klägers abhängig machte. Das Verfahren, das Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist und das letztlich zur Zuerkennung der Leistung (durch gerichtliches Urteil) führte, wurde aber erst über Antrag des Klägers vom 21. Mai 1985 eingeleitet. Käme man zum Ergebnis, daß die Voraussetzungen für die Annahme des Eintrittes des Versicherungsfalles bereits mit 24. Jänner 1983 vorgelegen seien, so läge der Tag der Antragstellung damit mehr als zwei Jahre nach dem Eintritt des Versicherungsfalles, weshalb die Gewährung einer Leistung für den Zeitraum, der vor der Antragstellung liegt, nach § 86 Abs 4 ASGG ausgeschlossen wäre.
Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z lit b ASGG.
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