OGH 6Ob531/88

OGH6Ob531/883.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Familienrechtssache der Elisabeth E***, Angestellte, Ferdinand Raimund-Gasse 4, 2460 Bruck an der Leitha, vertreten durch Dr. Ronald Itzlinger, Rechtsanwalt in Bruck an der Leitha, und des Hans E***, Kaufmann, Brunnengasse 21, 2732 Würflach, wegen § 98 EheG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 30. November 1987, GZ R 419/87-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neunkirchen vom 11. September 1987, GZ Sch 11/87-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26. Februar 1987 gemäß § 55 a EheG geschieden, die Parteien verzichteten auf Rechtsmittel. In dem damals gemäß § 55 a Abs 2 EheG vor Gericht geschlossenen Vergleich ist zwar festgehalten, daß beide Ehegatten Schuldner zur ungeteilten Hand aus einem von der Sparkasse Neunkirchen gewährten Darlehen sind, eine Vereinbarung, wer im Innenverhältnis zur Zahlung dieser Kreditverbindlichkeit verpflichtet ist, wurde jedoch nicht getroffen. In ihrem am 15. April 1987 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte die Antragstellerin den Ausspruch, daß sie gegenüber der Sparkasse lediglich als Ausfallsbürgin zu haften habe. Sie brachte vor, der Antragsgegner habe die Rückzahlung des Kredites allein übernommen. Nach Vorlage einer schriftlichen Vereinbarung vom 4. Juni 1987, nach welcher sich der Antragsgegner verpflichtete, den noch offenen Kreditbetrag allein zu bezahlen, sprach das Erstgericht aus, daß gemäß § 98 EheG mit Wirkung für den Gläubiger der Antragsgegner Hauptschuldner und die Antragstellerin Ausfallsbürge gemäß § 1356 ABGB sei.

Die Sparkasse Neunkirchen erhob gegen diesen Beschluß Rekurs mit der Begründung, beide Parteien seien mit Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 3. August 1987 zur Rückzahlung verpflichtet worden, bei einer titulierten Forderung sei eine Entscheidung nach § 98 EheG nicht möglich.

Das Rekursgericht gab diesem Rekurs Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der im Sinne des § 98 EheG gestellte Antrag zurückgewiesen wurde. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, es liege keine Entscheidung des Gerichtes im Sinne des § 92 EheG darüber vor, wer im Innenverhältnis für die Kreditrückzahlung hafte. Aber auch eine Vereinbarung, wie sie von

§ 98 EheG durch das Zitat "§ 97 Abs 2, gegebenenfalls

§ 55 a Abs 2" gefordert werde, liege nicht vor. In der Vereinbarung

nach § 55 a EheG sei eine Regelung über die Kreditrückzahlung nicht erfolgt, sodaß nur eine Vereinbarung nach § 97 Abs 2 EheG in Frage käme. Eine solche liege aber auch nicht vor, denn die Ehe sei bereits am 26. Februar 1987 rechtskräftig geschieden worden, sodaß der im § 97 Abs 2 EheG geforderte Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren fehle.

Die Antragstellerin bekämpft diesen Beschluß mit Revisionsrekurs und beantragt die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Vorschrift des § 98 EheG bezieht sich ausdrücklich nur auf Vereinbarungen über die Rückzahlungspflicht im Innenverhältnis nach den §§ 55 a oder 97 Abs 2 EheG. Nur diese ganz bestimmt bezeichneten Vereinbarungen können Grundlage einer Entscheidung nach § 98 EheG sein (vgl. Gamerith in RdW 1987, 185). Eine Vereinbarung nach § 55 a Abs 2 EheG kann im vorliegenden Fall eine Entscheidung nach § 98 EheG nicht rechtfertigen, weil die Parteien in ihrem anläßlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleich eine Regelung über die Kreditrückzahlung nicht getroffen haben. § 97 Abs 2 EheG ist eine Ausnahmebestimmung zu § 97 Abs 1 EheG und diese behandelt nur Vereinbarungen, die im voraus getroffen wurden, also vor der Ehescheidung. Eine nach der Ehescheidung geschlossene Vereinbarung ist daher keine solche im Sinne des § 97 Abs 2 EheG. Ein Anlaß, die Bestimmung des § 98 EheG ausdehnend auszulegen (vgl. hiezu Koziol, RdW 1986, 5, der für eine enge Auslegung dieser Bestimmung eintritt), und zwar auf Vereinbarungen, die nach der Ehescheidung geschlossen wurden, könnte durch den mit der Regelung des § 98 EheG verfolgten Zweck nicht gerechtfertigt werden, weil nach § 98 EheG auch eine in einem Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG erfolgte Regelung (§ 92 EheG) Grundlage einer Entscheidung mit Wirkung für die Gläubiger sein kann. Die geschiedenen Ehegatten haben daher, auch wenn sie vor der Ehescheidung keine Vereinbarung getroffen haben, grundsätzlich die Möglichkeit, eine Entscheidung im Sinne des § 98 EheG zu erwirken. Ob im vorliegenden Fall eine Antragstellung im Verfahren Außerstreitsachen auf nacheheliche Vermögensaufteilung trotz der gemäß § 55 a EheG erfolgten Vereinbarung zulässig wäre, weil die Vereinbarung aus Irrtum oder Unkenntnis unvollständig blieb (vgl. EFSlg 46.386, 48.991) und ob der Antrag der Antragstellerin als Aufteilungsantrag aufgefaßt werden kann, braucht nicht erörtert zu werden, weil die Parteien - entgegen der im Revisionsrekurs aufgestellten Behauptung - in dem anläßlich der Ehescheidung geschlossenen Vergleich und zwar in dessen Punkt 6 auf eine Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG verzichtet haben. Ein derartiger Verzicht, der zulässig ist, verwehrt es den Parteien, einen Antrag im außerstreitigen Verfahren nach den §§ 81 ff EheG zu stellen. Da die Parteien vor der Ehescheidung keine Vereinbarung über die Kreditrückzahlung im Innenverhältnis schlossen und auf eine Antragstellung nach den §§ 81 ff EheG verzichtet haben, fehlt die Grundlage für eine Entscheidung nach § 98 EheG.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Es entspräche nicht der Billigkeit, für das erfolglose Rechtsmittel Kosten zuzuerkennen.

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