OGH 14Os192/87

OGH14Os192/872.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.März 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Engelbert A*** wegen des teils vollendeten, teils versuchten Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a, b und c PornG, § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 27.Oktober 1987, GZ 34 b Vr 1790/86-72, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, und des Verteidigers Dr. Füreder jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt 1.2.2., jedoch nur in Ansehung der dort genannten (beiden) Videokassetten "Young Big Tits Nr. 336" und "Beate Uhse, New Wave Hoakers Nr. 1006", sowie demgemäß auch im Strafausspruch einschließlich des auf die beiden genannten Gegenstände bezughabenden Verfallserkenntnisses aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die obige Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Kaufmann Engelbert A*** des teils vollendeten, teils versuchten Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a, b und c PornG, § 15 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit von 1986 bis zum 28.August 1987 in Linz in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften, Abbildungen und Laufbilder, nämlich zahlreiche, im Urteilsspruch näher bezeichnete Magazine, Videofilme und Spielkarten, die größtenteils lesbische Szenen und im übrigen bildliche (und wörtliche) Darstellungen sexueller Gewaltanwendung enthielten, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten (Punkt 1.1. des Urteilssatzes), durch Verkauf anderen - nämlich Elisabeth S*** (Punkt 1.2.1.) und Nikolaus B*** (Punkt 1.2.2.) - überlassen und solche Gegenstände auch einzuführen versucht (Punkt 1.3.).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den Verfahrensmangel (Z 4) erblickt er in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme des Zeugen Nikolaus B*** zum Nachweis dafür, daß von diesem im Zeitraum Oktober 1986 beim Angeklagten "in dessen persönlichen Wirkungsbereich keinerlei Bestellungen oder Lieferungen von hartpornographischen Artikeln, insbesondere von zwei Videokassetten und 13 Farbmagazinen bestellt bzw. bezogen wurden" (S 156/Bd. II). Das Schöffengericht wies den Beweisantrag im wesentlichen mit der Begründung ab, daß das relevierte Beweisthema für die Entscheidung deshalb ohne Belang sei, weil die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten nicht seine unmittelbare (persönliche) Mitwirkung an der (einzelnen) Geschäftsabwicklung voraussetze (S 157/Bd. II).

Rechtliche Beurteilung

Der Argumentation des Erstgerichts ist noch hinzuzufügen, daß die Konstatierung, wonach die in Rede stehenden (13) Magazine - die Auswirkung des Beweisantrages auf die beiden Videofilme wird an anderer Stelle erörtert werden - die durchwegs (auch) lesbipche Szenen bzw. Darstellungen sexueller Gewaltanwendung enthielten (vgl. US 6 iVm S 241, 243/Bd. I), aus dem Unternehmen des Angeklagten stammten, in den Polizeiangaben des Nikolaus B*** (als Geschäftsführer der in Wels etablierten Sexboutique "N*** L***-S***") volle Deckung findet. Diese Urteilsannahme steht auch mit der Verantwortung des Angeklagten nicht im Widerspruch, wonach er "keine Materiallieferungen an B*** veranlaßt" habe, jedoch nicht sagen könne, ob dies der seiner Verantwortung zufolge hiefür zuständige - im selben Verfahren mittlerweile rechtskräftig freigesprochene Mitangeklagte - Franz H*** getan hat (S 333/Bd. I). Daß aber der Angeklagte bei der in Rede stehenden Lieferung der Magazine mit B*** persönlich in Verbindung getreten wäre, ist der Aussage des Genannten nicht zu entnehmen (vgl. S 245/Bd. I); eine derartige persönliche Geschäftsabwicklung wurde auch vom Erstgericht gar nicht festgestellt. Es leitete die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten vielmehr daraus ab, daß dieser nach seiner (einschlägigen) Verurteilung im März 1986 im Rahmen seines Geschäftsbetriebes den Handel mit unzüchtigen Schriften und Laufbildern fortgesetzt hat, wobei er sämtliche den Ein- und Verkauf der inkriminierten Gegenstände betreffenden unternehmerischen Entscheidungen selbst traf (US 6 f), während H*** lediglich Hilfsdienste leistete (US 12). Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde somit durch die Ablehnung des bezüglichen Beweisantrages keineswegs über die Glaubwürdigkeit des Angeklagten abgesprochen. Im übrigen kann aus der Mitwirkung von Verkäufern bzw. sonstigen Angestellten des Händlers für sich allein zwingend weder deren Tatbeteiligung (§ 12 StGB) noch das Fehlen einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn abgeleitet werden.

Ein Verfahrensmangel ist demnach - soweit sich der Beweisantrag auf die (13) Magazine bezieht - nicht unterlaufen.

Die Mängelrüge (Z 5) hinwieder zielt inhaltlich im wesentlichen bloß auf eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung ab, indem versucht wird, die Glaubwürdigkeit des Franz H***, auf dessen Angaben im Vorverfahren (vgl. insbesondere S 235 f, 328, 435/Bd. I) die Tatrichter im wesentlichen den Schuldspruch gegründet und durch welche sie die Verantwortung des Beschwerdeführers, Franz H*** sei als "Generalbevollmächtigter" beauftragt gewesen, alle Gegenstände des Pornohandels auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen, wie auch die in der Hauptverhandlung auf diese Verantwortung einschwenkende (geänderte) Darstellung des H*** als widerlegt erachtet haben (US 7 ff), in Zweifel zu ziehen. Formale Begründungsmängel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO werden damit nicht dargetan. Wenn der Beschwerdeführer - der Sache nach - eine offenbar unzureichende bzw. aktenwidrige Begründung reklamiert, so übersieht er, daß sich seine Einwände teils auf nicht entscheidungswesentliche Umstände beziehen, wie etwa der Einwand, die - ohnehin nur in der Möglichkeitsform enthaltenen und darum wegen der solcherart letztlich fehlenden (vollen) Überzeugung des Schöffensenats an sich

überflüssigen - Andeutungen, Franz H*** "soll homosexuell veranlagt" sein (US 11) bzw. der in der Sexartikelbranche als Unternehmer schon einmal tätig gewesene und dabei gescheiterte H*** habe damals allenfalls (auch schon) "als Strohmann für einen anderen" (US 12) fungiert; zum anderen Teil betreffen sie Umstände, welche das Erstgericht ohnedies ausdrücklich in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat, wie etwa eine gewisse Hörbehinderung H*** (US 11). Im übrigen mußte sich das Urteil nicht im voraus mit allen Einwendungen gegen die Beweiskraft einzelner Verfahrensergebnisse auseinandersetzen, sofern es nur - wie vorliegend geschehen - jene Erwägungen in gedrängter Darstellung anführt, aus welchen die Tatrichter zu der den Schuldspruch tragenden Überzeugung gelangten (US 7 f). Dies gilt namentlich auch für die Konstatierung über Umfang und Inhalt der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Gegenstände, die das Schöffengericht dem Beschwerdevorbringen zuwider aus den in der Hauptverhandlung verlesenen und im Urteil ausdrücklich genannten (vgl. US 7) Polizeiberichten über den jeweiligen Inhalt der einzelnen Gegenstände abgeleitet hat.

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) schließlich bekämpft der Beschwerdeführer den Schuldspruch nur insoweit, als er sich auf pornographische Darstellungen lesbischer Unzucht bezieht, während er die absolute Unzüchtigkeit der Darstellung sexueller Handlungen unter Gewaltanwendung nicht bestreitet. Wie schon im Vorverfahren (13 Os 83/86) vermeint der Beschwerdeführer, daß die Darstellung einer erlaubten Tätigkeit wie der gleichgeschlechtlichen weiblichen Unzucht nicht strafbar sein könne, weil dadurch das menschliche Zusammenleben nicht gestört und in der Öffentlichkeit keineswegs berechtigtes Ärgernis erweckt werde.

Die Rüge versagt.

Unzuchtshandlungen mit Personen des gleichen Geschlechts setzen nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einen intensiven Körperkontakt im Bereich der Geschlechtsteile voraus, welcher nicht in beischlafsähnlichen Handlungen bestehen muß. Um Darstellungen derartigen Sexualverkehrs als absolut unzüchtig zu qualifizieren, reichen vielmehr auch sonstige (nicht bloß flüchtige) Manipulationen an den Geschlechtsteilen des Unzuchtspartners aus. Daß die in den inkriminierten Magazinen, Filmen und Spielkarten enthaltenen lesbischen Szenen diese Voraussetzungen erfüllen, stellte das Erstgericht ausdrücklich fest (US 6 f). Die Beschwerdeausführungen bieten keinen Anlaß, von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl. ÖJZ-LSK 1981/32; SSt. 51/51 - verstärkter Senat - uva) abzugehen, daß pornographische Darstellungen von Unzuchtsakten, die entweder - wie insbesondere mit Gewalt gegen Personen verbundene Sexualakte - schon ihrer Art nach verboten sind oder - wie Unzucht mit Personen gleichen Geschlechts - keinesfalls propagiert werden dürfen (§ 220 StGB), absolut, also unabhängig davon, welchem Abnehmerkreis sie zugänglich gemacht werden, und unabhängig von einer allfälligen propagandistischen Wirkung (im Sinn einer Massenbeeinflussung) unzüchtig sind. Für ein (von der Beschwerde angeregtes) Vorgehen gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 OGHG besteht demnach kein Anlaß.

Im bisher erörterten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Begründet ist sie hingegen, soweit sich der vom Beschwerdeführer gerügte - eingangs bereits wiedergegebene - Verfahrensmangel auf die vom Schuldspruch laut Punkt 1.2.2. gleichfalls erfaßten (beiden) Videokassetten "Young Big Tits Nr. 336" und "Beate Uhse, New Wave Hoakers Nr. 1006" bezieht. Denn insoweit hat der als Zeuge beantragte Nikolaus B*** - im Gegensatz zu den (13) Magazinen, die er seinen Angaben zufolge "allesamt vom Großhändler A*** bezieht" - ausdrücklich erklärt (vgl. S 245/Bd. I), daß er die in Rede stehenden Videokassetten aus der Bundesrepublik Deutschland "über das Welser Zollamt" importiert habe.

Unter diesen (besonderen) Umständen ist jedenfalls nicht unzweifelhaft erkennbar, daß die gerügte Formverletzung auf die bezügliche Entscheidung (hinsichtlich der beiden Videokassetten) keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs. 3 StPO).

Da der aufgezeigte Verfahrensmangel in Ansehung des bezüglichen Schuldspruchs eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich macht, war der Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Umfang Folge zu geben.

Mit seiner durch die Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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