OGH 12Ns6/88

OGH12Ns6/8825.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Februar 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Hörburger, Dr. Lachner und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ing. Franz W*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung, AZ 20 Vr 854/87 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz über die Ablehnung (aller Richter) des Oberlandesgerichtes Graz nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Ablehnung des Oberlandesgerichtes Graz ist nicht gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über die Ablehnung aller Richter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wird der Akt dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

In dem oben bezeichneten Strafverfahren, in welchem die Entscheidung über den von Ing. Franz W*** am 1.Dezember 1987 erhobenen Einspruch gegen die Anklageschrift noch aussteht, lehnt der Beschuldigte alle Richter des Oberlandesgerichtes Graz und des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als befangen ab. Nur über die Zulässigkeit der Ablehnung des Gerichtshofes zweiter Instanz hat der Oberste Gerichtshof zu entscheiden (§ 74 Abs. 2 letzter Fall StPO).

Rechtliche Beurteilung

Die Ablehnung ist nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 72 Abs. 1 StPO kann (ua) der Beschuldigte Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des Abzulehnenden in Zweifel zu ziehen; dabei müssen die Gründe der Ablehnung genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO).

Solche Gründe sind dem Vorbringen des Beschuldigten in seiner (ohne namentliche Anführung einzelner Richter) gegen das Oberlandesgericht Graz gerichteten Ablehnungserklärung nicht zu entnehmen. Dieses beschränkt sich vielmehr im wesentlichen auf den nicht näher substantiierten Vorwurf, das Oberlandesgericht Graz habe im Rahmen seiner im vorliegenden Verfahren ergangenen Beschwerdeentscheidungen zur Haftfrage (insbesondere in Ansehung des Tatverdachtes) den (als Ergebnis pflichtwidriger Willkür bezeichneten) erstgerichtlichen Standpunkt jeweils "ohne eigene Meinung" unkritisch übernommen. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem (für die Verhängung der Untersuchungshaft ausschlaggebenden) Anklagevorwurf in Richtung schweren Betruges den ihn belastenden Aussagen der Zeugen Gertrude B*** T*** und Johann S*** die Behauptung selbst erlittener Vermögensschädigung gegenüberstellt, vermag dies die Anführung konkreter Umstände, welche (objektiv) die Unvoreingenommenheit aller Richter des Oberlandesgerichtes Graz in Frage stellen und befürchten lassen würden, diese könnten sich bei ihrer Entscheidung von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (vgl. ua EvBl. 1973/326), nicht zu ersetzen. Die Ablehnung des Gerichtshofes zweiter Instanz in seiner Gesamtheit erweist sich daher als nicht gerechtfertigt. Zur Entscheidung über die Ablehnung aller Richter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz ist das Oberlandesgericht Graz zuständig (§ 74 Abs. 2 zweiter Fall StPO).

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