OGH 7Ob723/87

OGH7Ob723/8725.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Norbert W***, Rechtsanwalt, Wiener Neustadt, Neunkirchnerstraße 17, als Masseverwalter im Konkurs der Ö*** K***

Gesellschaft mbH, Grünbach am Schneeberg, Am Neuschacht 1, wider die beklagten Parteien 1.) E*** U*** Aktiengesellschaft für elektrische Industrie, Wien 14., Penzingerstraße 76, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Ö*** L*** Aktiengesellschaft, Wien 1., Am Hof 2, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer und Dr. Wolfgang Putz, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 3,378.847,43 s.A. (Revisionsstreitwert S 1,778.392,43 s.A.) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. September 1987, GZ 5 R 143/87-48, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. April 1987, GZ 39 f Cg 313/82-42, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit S 24.439,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 5.400,-- Barauslagen und S 1.730,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am 20. März 1981 das Ausgleichsverfahren, am 5. Mai 1981 der Anschlußkonkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Der erstbeklagten Partei gehörten 50 % der Geschäftsanteile der Gemeinschuldnerin. Nach den Behauptungen des Klägers (soweit sie für das Revisionsverfahren von Belang sind) habe die Gemeinschuldnerin der erstbeklagten Partei am 10. November 1980 ihre näher bezeichneten Kundenforderungen in Höhe von S 4,768.973,84 abgetreten. Die zweitbeklagte Partei sei davon unter Anschluß der Liste der Kundenforderungen mit der Weisung verständigt worden, daß analog einer bereits am 23. Februar 1979 zur Kenntnis gebrachten Zessionsvereinbarung so vorzugehen sei, daß die Zahlungseingänge auf das Konto septo der Gemeinschuldnerin Nr. 333-133.496/81 mit der Bezeichnung E*** gutgeschrieben werden, welches durch die Vereinbarung vom 23. Februar 1979 zur Sicherstellung einer Bürgschaftsverpflichtung der erstbeklagten Partei eröffnet worden sei. Die zweitbeklagte Partei habe bereits anläßlich der ersten Zessionsvereinbarung einen Aufrechnungsverzicht abgegeben. Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung habe das Konto septo aus den obgenannten Zessionen ein Guthaben von S 1,778.392,43 aufgewiesen. Der Kläger ficht die Zession insbesondere aus den Anfechtungsgründen nach § 30 Abs. 1 Z 1 bis 3 KO und nach § 31 Abs. 1 Z 1 KO an. Er begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der Zession gegenüber den Konkursgläubigern (Punkt 1. des Urteilsantrages), die erstbeklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Auszahlung des Guthabens auf dem Konto septo einzuwilligen (Punkt 2. lit. a des Urteilsantrages), sowie die erstbeklagte Partei (aufgrund einer weiteren angefochtenen Rechtshandlung) zur Zahlung von S 1,600.455,-- s.A. (Punkt 2. lit. b des Urteilsantrages) und die zweitbeklagte Partei zur Zahlung von S 1,778.392,43 zu verurteilen (Punkt 3. des Urteilsantrages).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach Wiedergabe des gesamten Prozeßvorbringens führte es in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus, daß das gegen die erstbeklagte Partei gerichtete Begehren auf Einwilligung zur Auszahlung nicht zielführend sei. Die zweitbeklagte Partei habe (nach ihren Behauptungen) bereits in ihrer Forderungsanmeldung vom 29. Juni 1981 die Aufrechnung mit ihrer im Konkurs angemeldeten Forderung erklärt. Eine Einwilligung zur Auszahlung könne keine Wirkung äußern, weil der Kontobetrag bereits durch die Aufrechnung von der zweitbeklagten Partei vereinnahmt worden sei. Der Kläger müsse daher hinsichtlich des auf dem Konto septo erliegenden Betrages sein Anfechtungsbegehren gegen die zweitbeklagte Partei richten. Richtigerweise hätte in diesem Falle das Rechtsgestaltungsbegehren auf Unwirksamkeit der versuchten Aufrechnung durch die zweitbeklagte Partei lauten müssen. Das in späteren Schriftsätzen erstattete Vorbringen sowie die Ausführungen in der Tagsatzung am 22. Jänner 1987, der anfechtbare Tatbestand liege gegenüber der zweitbeklagten Partei darin, daß diese die Auszahlung des Betrages rechtsgrundlos verweigere, seien erst nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 43 Abs. 2 KO erfolgt. Auch aus dem sonstigen Vorbringen gehe nicht hervor, was eigentlich hinsichtlich der erst- und der zweitbeklagten Partei angefochten werde, weshalb das Klagebegehren als unschlüssig abzuweisen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Zahlungsbegehrens und hob im übrigen das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt auf. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes sei nach dem Parteienvorbringen hinsichtlich des Guthabens auf dem Konto septo von einer wirksamen Sicherungszession auszugehen. Gläubiger dieser Forderung sei nicht die Gemeinschuldnerin bzw. der Kläger, sondern die erstbeklagte Partei, an die diese Forderung abgetreten worden sei. Diese Abtretung sei Gegenstand der Anfechtung. Beim Anfechtungsanspruch handle es sich um einen Rechtsgestaltungsanspruch. Die Gestaltungswirkung eines Rechtsgestaltungsurteils trete dann ein, wenn das Rechtsgestaltungsurteil gegenüber allen Parteien formell rechtskräftig sei. Die angefochtene Zession sei daher erst mit Rechtskraft der Entscheidung über das Rechtsgestaltungsbegehren unwirksam. Bis dahin sei sie wirksam, sodaß die erstbeklagte Partei weiterhin nach außen die uneingeschränkte Stellung eines Forderungsinhabers und im Konkurs des Sicherungszedenten die Stellung eines Absonderungsberechtigten habe. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung über das Rechtsgestaltungsbegehren sei der Kläger daher nicht legitimiert, ohne Zustimmung der erstbeklagten Partei den auf dem Konto septo erliegenden Betrag von der zweitbeklagten Partei einzufordern. Diese Berechtigung komme dem Kläger erst zu, wenn die Sicherungszession durch ein gegen die erstbeklagte Partei rechtskräftig gewordenes Rechtsgestaltungsurteil beseitigt sei. Da ein solches Urteil bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz nicht vorgelegen sei, sei die Abweisung des gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Zahlungsbegehrens gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß nach den insoweit nicht strittigen bisherigen Prozeßbehauptungen Gegenstand der Abtretung die durch die Gutschriften auf dem mit der Subbezeichnung E*** versehenen Konto septo entstandene Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die zweitbeklagte Partei war. Durch die schuldbegründende Wirkung der Gutschriften auf dem Konto septo entstand eine Forderung der Gemeinschuldnerin in dieser Höhe gegen die Bank, über die die Gemeinschuldnerin als Kontoinhaberin auch im Wege der Abtretung verfügen konnte (vgl. Schinnerer-Avancini3 I 32 f und 105). Daß es sich hiebei im Zeitpunkt der Zessionsvereinbarung um eine künftige Forderung handelte, steht der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen, weil diese Forderung nach der Person des Schuldners und nach dem Grundverhältnis hinreichend bestimmt war (vgl. Ertl in Rummel ABGB Rz 4 zu § 1393). Die Kunden der Gemeinschuldnerin, die von einer Zession nie verständigt wurden, haben durch Überweisung auf das bezeichnete Konto der Gemeinschuldnerin mit schuldbefreiender Wirkung bezahlt, sodaß insoweit Forderungen der Gemeinschuldnerin nicht mehr bestehen (vgl. Reischauer in Rummel ABGB Rz 15 zu § 905). Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, daß es sich nach den insoweit gleichfalls nicht strittigen bisherigen Prozeßbehauptungen um eine Sicherungszession handelte, die den Publizitätserfordernissen entsprach, sodaß die Forderung aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin ausschied (SZ 54/89), im Konkurs des Sicherungszedenten aber dem Sicherungszessionar nur die Stellung eines Absonderungsberechtigten zukommt (Koziol-Welser7 II 129). Die Abtretung ist Gegenstand der Anfechtung. Hat diese Erfolg, fällt in die Konkursmasse nicht bloß ein allfälliger Überschuß nach Befriedigung des Sicherungszessionars.

Die Konkursordnung enthält keine Definition des im Anfechtungsprozeß als Anfechtungsgegner passiv Legitimierten. Als Anfechtungsgegner ist nach übereinstimmender Ansicht derjenige anzusehen, zu dessen Gunsten die angefochtene Rechtshandlung vorgenommen wurde und der aus ihr einen Vorteil erlangt hat (JBl. 1979, 603; EvBl. 1964/454; Bartsch-Heil4 Rz 384; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung 32; Ehrenzweig, Kommentar zur Anfechtungsordnung 373 f). Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß zufolge § 38 Abs. 2 KO neben den Erben auch andere Rechtsnachfolger oder Rechtsnehmer in den Kreis der Anfechtungsgegner einbezogen sind. Davon betroffen sind Rechtsnachfolger, denen das anfechtbar Erworbene in derselben Gestalt und mit demselben Inhalt übertragen wurde, aber auch solche, die sich lediglich auf den Ersterwerb stützen, um aber eine qualitativ andere Rechtsstellung zu erlangen (König aaO 34). Durch die Abtretung einer Forderung wird deren Rechtszuständigkeit zugunsten des neuen Gläubigers verändert, auf den Schuldner wirkt sie sich nur insoweit aus, als er einen neuen Gläubiger erhält. Ein Vermögensvorteil ist für den Schuldner mit der Abtretung in der Regel nicht verbunden. Der Schuldner ist daher nicht "Begünstigter" der Abtretung, ihm kommt auch nicht die Stellung eines Rechtsnachfolgers im Sinne des § 38 Abs. 2 KO zu. Er ist daher auch nicht Anfechtungsgegner. Ist daher, wie im vorliegenden Fall, die abgetretene Forderung noch nicht bezahlt, hat sich die Anfechtungsklage in Form einer Rechtsgestaltungsklage gegen den Zessionar zu richten. Gegen den Schuldner erlangt der Anfechtende erst mit der Rechtskraft der Anfechtungsklage ein Recht (Bartsch-Pollak3 I 245). Der Revisionswerber kann sich für seinen gegenteiligen Standpunkt auf Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 385, berufen. Dem steht jedoch die Meinung Ehrenzweig's (aaO 397) entgegen, wonach das Rechtsgestaltungserkenntnis die Konkursmasse auch gegen den Schuldner legitimiert. Es handelt sich hiebei um eine Frage der Bindungswirkung der stattgebenden rechtsgestaltenden Anfechtungsklage. Es kann hiebei auf sich beruhen, ob Urteile, mit denen Rechtsgestaltungsklagen stattgegeben wird, Rechtskraftwirkung gegen jedermann zukommmt oder ob solche Urteile nur zwischen den Parteien des Prozesses wirken (vgl. Fasching III 733 und 744). Als Folge der Rechtskraft äußern gerichtliche Entscheidungen auch sogenannte Tatbestands- oder Reflexwirkung. Die Tatsache, daß ein Urteil zwischen den Parteien des Vorprozesses ergangen ist, muß - nach Maßgabe des Spruches dieser Entscheidung - auch von jedem Dritten in jenem Umfang hingenommen werden, als damit neue rechtliche Voraussetzungen, sei es für die Bildung neuer Privatrechtsansprüche, sei es für deren Änderung oder Erlöschen, geschaffen wurden (SZ 48/142 mwN). Wird die Forderungsabtretung im Anfechtungsprozeß gegen den Zessionar den Konkursgläubigern gegenüber für unwirksam erklärt oder die Rückabtretung ausgesprochen (vgl. hiezu Bartsch-Pollak aaO 244), wirkt dies auch gegen den Schuldner insoweit, als er sich der Konkursmasse gegenüber nicht mehr auf die angefochtene Forderungsabtretung berufen kann. Entgegen der Meinung des Revisionswerbers kommt daher dem debitor cessus auch nicht wegen des engen Kreises der Bindungswirkung von Urteilen die Stellung eines Anfechtungsgegners zu. Vor rechtskräftiger Anfechtung der Abtretung kann aber vom Schuldner nicht die Bezahlung der abgetretenen Forderung verlangt werden.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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