OGH 12Os157/87

OGH12Os157/8725.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Februar 1988 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Hörburger, Dr. Lachner und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erich S*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Hans K*** und die Berufung des Angeklagten Hans H*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23.Juni 1987, GZ 10 Vr 2045/86-81, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, der Angeklagten Hans K*** und Hans H*** und der Verteidiger Dr. Stenitzer und Dr. Schaller zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten Hans K*** wird Folge gegeben und gemäß § 43 Abs 2 StGB die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Hingegen wird der Berufung des Angeklagten Hans H*** nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Hans K*** und Hans H*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen bezüglich anderer Angeklagten enthält, wurden Hans K*** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB, teils als Beteiligter nach § 12 (zu ergänzen: dritter Fall) StGB, und Hans H*** des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 12 (zu ergänzen: dritter Fall), 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt. Dem Angeklagten Hans K*** liegt laut Punkt II./ des Urteilssatzes zur Last, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung des schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nachgenannte Versicherungsanstalten durch Vorlage fingierter Schadensmeldungen über angeblich stattgefundene Verkehrsunfälle, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Auszahlung von Versicherungssummen verleitet zu haben, wobei die Unternehmen an ihren Vermögen um einen 5.000 S übersteigenden Betrag geschädigt worden sind:

1./ am 19.Juni 1985 in Graz die W*** S*** Versicherung

zur Bezahlung eines Betrages von 27.552 S,

2./ am 6.Dezember 1984 in Graz die WIENER S***

Versicherung zur Bezahlung eines Betrages von 16.780 S, 3./ am 28.Februar 1985 in Graz die M***-Versicherung zur Bezahlung von 15.592 S und 16.139 S,

4./ am 6.Oktober 1985 in Graz die B***-Versicherung zur Bezahlung eines Betrages von 5.523 S.

Außerdem ist Hans K*** gemäß Punkt III./2./ in Verbindung mit Punkt I./5./ des Urteilssatzes der Beitragstäterschaft zu einem von Erich S*** verübten Versicherungsbetrug zum Nachteil der B***-Versicherungsgesellschaft mit einem Schadensbetrag von 25.488 S (richtig: 25.844 S) schuldig befunden worden. Dem Angeklagten Hans H*** liegt laut Punkt III./1./ in Verbindung mit Punkt I./3./ des Urteilssatzes zur Last, zu einem von Erich S*** als unmittelbarem Täter verübten Versicherungsbetrug mit einem Schadensbetrag von 5.302 S durch eine fingierte Schadensmeldung beigetragen zu haben.

Der Angeklagte K*** bekämpft seinen Schuldspruch in den Fakten laut Punkt II./3./ und 4./ des Urteilssatzes mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an. Der Angeklagte H*** hat nur das Rechtsmittel der Berufung ergriffen, mit der er sich gegen die über ihn verhängte Strafe wendet.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K*** erweist sich als unbegründet:

Gegenstand des Schuldspruches im Faktum II./3./ des Urteilssatzes ist den Feststellungen des Erstgerichtes zufolge (Band III, S 382) eine vom Angeklagten K*** gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Manfred B*** bewerkstelligte Vortäuschung eines Unfalls mit Kraftfahrzeugschaden gegenüber der "M*** Versicherung", welche Kaskoversicherer und Haftpflichtversicherer für den Personenkraftwagen des Angeklagten K*** war. In einer von ihm als Versicherungsnehmer erstatteten und von der angeblichen Fahrzeuglenkerin Eleonore V*** sowie von Manfred B*** unterfertigten Schadensanzeige wurde Angestellten des Versicherungsunternehmens vorgespiegelt, daß der versicherte Personenkraftwagen im Rahmen eines üblichen Unfallgeschehens gegen das geparkte Fahrzeug des Manfred B*** gestoßen sei, obwohl tatsächlich eine derartige Kollision von beiden Autobesitzern bewußt herbeigeführt worden war, um für die solcherart vorsätzlich bewirkten Fahrzeugbeschädigungen unrechtmäßig Leistungen aus der Kraftfahrzeugversicherung in Anspruch nehmen zu können. Die "M***-Versicherungsgesellschaft Aktiengesellschaft" bezahlte auf Grund der gelungenen Täuschung als Kaskoversicherer dem Angeklagten K*** für die an seinem Fahrzeug notwendigen Reparaturen den Betrag von 15.592 S und leistete als Haftpflichtversicherer an Manfred B*** für den Schaden an dessen Fahrzeug eine Zahlung von 16.139 S (Band III, S 217 f, 248 f, 263 bis 283).

Diese im Einklang mit der geständigen Verantwortung des nunmehrigen Beschwerdeführers K*** und seinem "vollinhaltlichen" Schuldbekenntnis (Band III, S 358) im Sinne der modifizierten Anklage (Band III, S 354) getroffene Sachverhaltsfeststellung ist in Ansehung der an Manfred B*** geleisteten Versicherungszahlung von 16.139 S dem Beschwerdevorbringen zuwider weder mit einer mangelhaften Begründung behaftet, noch hat sie eine unrichtige rechtliche Beurteilung gefunden: Zunächst bringt die Überlegung des Beschwerdeführers, er habe in diesem Faktum nur die von ihm selbst erhaltene Versicherungsleistung (15.592 S) zu verantworten und sei hinsichtlich des darüber hinaus bezahlten Betrages von 16.139 S vom Anklagevorwurf freizusprechen, weil die Haftpflichtversicherungsleistung ausschließlich dem Zahlungsempfänger Manfred B*** zur Last falle, weder einen Widerspruch noch eine andere Unzulänglichkeit der Entscheidungsgründe im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO zum Ausdruck, sondern enthält vielmehr den Einwand einer verfehlten rechtlichen Subsumtion des Urteilssachverhaltes. Diese Rechtsrüge versagt jedoch, weil der als maßgebend bezeichnete Umstand, daß Manfred B*** und nicht der Angeklagte K*** die Versicherungsleistung von 16.139 S kassiert hat, für die Schuldfrage bedeutungslos bleibt. Die Verwirklichung eines Betruges nach § 146 StGB setzt nämlich nicht voraus, daß der Täter die eigene Bereicherung anstrebt oder daß nur er selbst der Empfänger einer herausgelockten Leistung ist; vielmehr genügt es, wenn er mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten zu bereichern, jemanden durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet, welche diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt. Daher haftet ein Versicherungsbetrüger, der Angestellten eines Versicherungsunternehmens einen anspruchsbegründenden Schadensfall vortäuscht, auch für die tatplangemäße Verleitung zu jenen Versicherungsleistungen, die nicht ihm selbst, sondern anderen Personen zugute kommen. Die Beurteilung, daß dem Angeklagten K*** im vorliegenden Fall nicht nur die Herauslockung der von ihm selbst kassierten Zahlung aus der Kaskoversicherung, sondern auch die sachverhaltsmäßig damit verbundene Verleitung zur Leistung aus dem Titel der Haftpflichtversicherung an Manfred B*** als Betrug anzulasten ist, erfolgte somit ohne Rechtsirrtum. An diesem Ergebnis vermag der Umstand nichts zu ändern, daß nach den Urteilsfeststellungen auch Manfred B*** diesbezüglich eine strafrechtliche Haftung trifft.

Die gegen diesen Punkt des Schuldspruchs vorgebrachte weitere Beschwerdeargumentation, wonach der Angeklagte K*** in jener Versicherungssache "mit der Verfassung der Schadensmeldung" nichts zu tun gehabt haben soll, geht nicht vom Urteilssachverhalt aus und entspricht daher auch nicht dem Erfordernis der prozeßordnungsgemäßen Ausführung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, weshalb es hiezu keiner weiteren inhaltlichen Erwiderung bedarf.

Gegen den Schuldspruch im Faktum II./4./ des Urteilssatzes führt der Angeklagte K*** in seiner Mängelrüge ins Treffen, daß die Urteilsannahme eines Schadensbetrages von 5.523 S in den Gründen der Entscheidung keine Deckung finde, weil dort die erlangte Versicherungszahlung mit 4.000 S beziffert sei. Diesem Vorbringen ist jedoch durch die inzwischen erfolgte Berichtigung der Entscheidungsgründe mit (unangefochtenem) Beschluß des Vorsitzenden vom 24.September 1987 (Band III, ON 103, S 451) der Boden entzogen, sodaß der Einwand schon aus diesem Grund ins Leere geht. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hans K*** war daher zu verwerfen.

Hans K*** wurde nach dem § 148 2. Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten und Hans H*** nach §§ 147 Abs 1, 37 StGB zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 50 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt; der Tagessatz wurde mit 120 S festgesetzt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht beim Angeklagten Hans K*** als erschwerend die mehrfache Verbrechensqualifikation, die vielfache Tatwiederholung durch einen langen Zeitraum, die führende Tatbeteiligung und die den jeweiligen Qualifikationsbetrag bei weitem übersteigende Schadenshöhe, als mildernd die Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung; beim Angeklagten Hans H*** war erschwerend kein Umstand, mildernd die Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis, die führende Beteiligung des Angeklagten S*** und die gänzliche Schadensgutmachung.

Die Berufung des Angeklagten K***, mit der er bedingte Strafnachsicht anstrebt, ist berechtigt: Dem vom Erstgericht angenommenen Erschwerungsumstand der vielfachen Tatwiederholung durch einen langen Zeitraum kommt bei einem gewerbsmäßig handelnden Täter keine besondere Bedeutung zu (LSK 1978/70). Nach den Urteilsfeststellungen übersteigt beim Angeklagten K*** der Unrechtsgehalt seiner Tathandlungen nicht den durchschnittlichen Unrechtsgehalt bei Begehung gewerbsmäßigen Betruges; das Erstgericht hat ihm somit zu Unrecht die führende Tatbeteiligung als erschwerend angelastet. Bei den Milderungsgründen kommt diesem Angeklagten nicht nur die teilweise, sondern die im Gerichtstag nachgewiesene gänzliche Schadensgutmachung zugute. Das reumütige Geständnis des Angeklagten hingegen wurde bereits vom Schöffengericht berücksichtigt. Daß er außerdem Mittäter preisgegeben hat, kann ihm nicht noch zusätzlich als mildernd angerechnet werden. Im übrigen hat das Erstgericht die Strafbemessungsgründe zutreffend festgestellt. Obwohl das Erstgericht - was sich zugunsten der Angeklagten ausgewirkt hat - trotz einer Schadenssumme von (knapp) über 100.000 S nicht auch die Qualifikation nach § 147 Abs 3 StGB angenommen hat, ist mit Rücksicht auf die bisherige Unbescholtenheit und die gänzliche Schadensgutmachung des sozial integrierten Angeklagten dafür Gewähr gegeben, daß er keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, wobei auch generalpräventive Erwägungen nicht gegen die bedingte Strafnachsicht sprechen. In Stattgebung der Berufung des Angeklagten war daher die verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 2 StGB unter Bestimmung einer angemessenen Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.

Bei Hans H*** hat das Erstgericht die Strafbemessungsgründe richtig festgestellt und zutreffend gewürdigt. Auch wenn Mitangeklagte - im Verhältnis zu H*** - recht milde bestraft wurden, ist angesichts des 5.000 S übersteigenden Schadensbetrages auch bei gebotener Berücksichtigung der gegebenen Milderungsumstände die über H*** unter Anwendung des § 37 StGB verhängte Geldstrafe von 100 Tagessätzen seinem Verschulden angemessen und nicht überhöht. Seiner Berufung, die sich nur gegen die Anzahl der Tagessätze richtet, war somit ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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