OGH 9ObS37/87

OGH9ObS37/8710.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Theodor Zeh und Franz Breit als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wilhelm M***, kfm. Angestellter, Wien 14, Felbigergasse 80/1, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** U***, Wien 20,

Adalbert Stifter-Straße 65 (im Revisionsverfahren nicht vertreten), wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11.September 1987, GZ 32 Rs 158/87-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20.Mai 1987, GZ 1 b Cgs 418/86-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG). Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 2. Dezember 1987, 9 Ob S 23/87, mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, kommen die Bestimmungen über den Berufsschutz im Bereich der Unfallversicherung nicht zur Anwendung. Ebensowenig kann die abstrakte Erwerbsfähigkeit eines Menschen vor der Schädigung an seiner momentanen konkreten Einkommenshöhe gemessen werden. Mit dem Begriff der Erwerbsfähigkeit wird die Fähigkeit eines Menschen, sich auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens einen Verdienst zu verschaffen, umschrieben, wobei grundsätzlich der allgemeine Arbeitsmarkt das Verweisungsfeld auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung bildet. Grundlage für die Ermittlung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist regelmäßig ein ärztliches Gutachten über die Unfallfolgen und deren Auswirkungen, wobei der Gutachter auch über seine Meinung zum Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu befragen ist. Ausgangspunkt dieser Einschätzung sind die in Jahrzehnten entwickelten und angewendeten Richtlinien über die Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit von Unfallverletzten wie sie etwa in den Tabellen von Mollowitz, Der Unfallmann10, für Österreich in Krösl-Zrubecky, Die Unfallrente3, enthalten sind. Der Einwand, daß bloß der Grad der Versehrtheit beurteilt und über die Erwerbsfähigkeit keine Aussagen getroffen werden, geht fehl, weil bei Erstellung dieser Richtlinien den Veränderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und damit den an den arbeitenden Menschen gestellten Anforderungen Rechnung getragen wird. Die ärztliche Einschätzung, die unter Berücksichtigung dieser Komponenten erfolgt, ist aber nicht die alleinige Grundlage der gerichtlichen Entscheidung. Zu prüfen bleibt, ob im Hinblick auf die besondere Situation im Einzelfall die Ausbildung und die bisherigen Berufe des Unfallverletzten zur Vermeidung unbilliger Härten zu berücksichtigen sind. Die Entscheidung, ob ein derartiger Härtefall vorliegt, der ein Abweichen von der ärztlichen Einschätzung geboten erscheinen läßt, und in welchem Umfang dem bei Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit Rechnung getragen werden muß, ist Gegenstand der rechtlichen Beurteilung. Ein solcher Härtefall liegt hier aber nach den Feststellungen nicht vor.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG; Umstände, die einen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch sind solche Gründe aus dem Akt ersichtlich.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte