OGH 14Os171/87

OGH14Os171/8710.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Februar 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard K*** und Robert K*** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagten) gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Krems/Donau vom 5. Oktober 1987, GZ 10 b Vr 271/87-77, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Eichenseder, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Gerhard K*** und Robert K*** wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der beiden Angeklagten wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB laut Punkt 2 des Urteilssatzes sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben. Für das ihnen nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch laut Punkt 1 des Urteilssatzes weiterhin zur Last liegende Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB werden die Angeklagten gemäß §§ 41 Abs. 1 Z 3, 143 erster Strafsatz StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar

Gerhard K*** zu 3 (drei) Jahren und Robert K*** zu 18 (achtzehn) Monaten.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten sowie die Staatsanwaltschaft auf obige Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden der am 18.Juli 1951 geborene Gerhard K*** und sein am 20.Mai 1960 geborener Bruder Robert K*** (zu 1.) des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB sowie (zu 2.) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie am 9.April 1987 in Oberstockstall

1. in Gesellschaft als Beteiligte versucht, dem Walter V*** mit Gewalt gegen dessen Person eine fremde bewegliche Sache, nämlich bis zu 20.000 S Bargeld mit dem Vorsatz abzunötigen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem Gerhard K*** ihm zahlreiche Faustschläge und Fußtritte gegen den Kopf und Körper versetzte, während Robert K*** ihn hielt, und

2. den Walter V*** durch die zu 1. beschriebene Tat am Körper verletzt, ihm nämlich zahlreiche Blutergüsse am Oberkörper und an den Oberarmen, Rippenprellungen, eine Platzwunde in der linken Brauenregion, ein Brillenhämatom und eine Hornhautabschürfung zugefügt.

Die Geschwornen hatten die anklagekonform nach schwerem Raubversuch (I a und I b) und nach Körperverletzung (II a und II b) gestellten Hauptfragen hinsichtlich Gerhard K*** jeweils einstimmig und hinsichtlich Robert K*** jeweils im Stimmenverhältnis 5 : 3 bejaht. Die nur bezüglich Gerhard K*** für den Fall der Bejahung der ihn betreffenden Hauptfragen gestellten Zusatzfragen 1 und 2 nach allfälliger Zurechnungsunfähigkeit (wegen Volltrunkenheit) wurden - allerdings jeweils mit unterschiedlichem Stimmenverhältnis (1 : 7 bzw. 0 : 8) - verneint. Folgerichtig unterblieb eine Beantwortung der auf diesen Angeklagten bezogenen Eventualfragen 1 und 2 in Richtung des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung.

Dieses Urteil wird von beiden Angeklagten mit (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft, wobei (zum Teil bloß der Sache nach) die Gründe der Z 6, 8, 9, 10 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerden sind nur teilweise berechtigt.

Unbegründet ist zunächst der Vorwurf einer Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6), denn weder die Aussage des Zeugen Walter V*** noch die Verantwortung des Angeklagten Robert K*** boten Anlaß zu einer ihn betreffenden

Eventualfrage nach dem Vergehen der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung (§ 286 Abs. 1 StGB). Die Verantwortung des Angeklagten Robert K*** (S 330 ff/II) enthält nämlich kein Tatsachenvorbringen, nach welchem im Falle seiner Richtigkeit ein Nichtverhinderungsvorsatz des Genannten dahin anzunehmen wäre, daß von seinem Bruder Gerhard K*** eine mit ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohte Vorsatztat (§ 142 Abs. 1 StGB) begangen werde; im Gegenteil: der Angeklagte Robert K*** hat sich damit verantwortet, daß er bestrebt gewesen sei, ein weiteres tätliches Vorgehen seines Bruders gegen Walter V*** aus Zorn über dessen Annäherungsversuche an Gerda B*** durch sein Dazwischentreten zu verhindern.

Das Vorbringen des Zeugen Walter V*** (S 343 ff/II) hinwieder läßt bei Annahme seiner Richtigkeit ausschließlich die (von den Hauptfragen I a und I b erfaßte) Beurteilung des Verhaltens der beiden Angeklagten nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB zu, weil darnach Robert K*** in Kenntnis der in seiner Gegenwart von Gerhard K*** bei dessen Tätlichkeiten gegen Walter V*** geäußerten Geldforderungen das Raubvorhaben durch Festhalten und Treten des Opfers gefördert hat.

Die reklamierte Eventualfrage war somit weder nach den erwähnten Aussagen noch sonst nach den in der Hauptverhandlung hervorgekommenen Verfahrensergebnissen indiziert.

Dafür, daß die Geschwornen unrichtig dahin belehrt (Z 8) worden wären, es sei "sinnlos und unmöglich, im Zweifelsfalle bei dem einen Angeklagten die Hauptfrage zu verneinen und zugleich bei dem anderen Angeklagten die Hauptfrage in Richtung der Bestimmung zu dieser Tat zu bejahen", bietet jedenfalls die insoweit allein maßgebliche schriftliche Rechtsbelehrung (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 2 zu § 345 Abs. 1 Z 8) nicht den geringsten Anhaltspunkt.

Dem Beschwerdevorbringen des Angeklagten Gerhard K*** zuwider begründet der Unterschied im Stimmenverhältnis bei der Verneinung der seine Zurechnungsunfähigkeit betreffenden Zusatzfragen 1 und 2 keinen inneren Widerspruch des Verdikts (Z 9). Dieser Nichtigkeitsgrund kann nur aus dem Inhalt des Wahrspruches selbst, nicht aber aus dem Vergleich des Abstimmungsverhältnisses bei der Beantwortung einzelner Fragen abgeleitet werden (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 22 zu § 332).

Unbegründet ist auch der Vorwurf, der Schwurgerichtshof habe den Geschwornen die Verbesserung des Wahrspruchs (zu den beiden Hauptfragen nach versuchtem schwerem Raub) gegen den Widerspruch des Verteidigers mit Unrecht aufgetragen (Z 10). Diesbezüglich ergeben sich aus dem darüber errichteten Protokoll (§ 332 Abs. 6 StPO), der vom Obmann der Geschwornen vorgenommenen Aufzeichnung des Wahrspruchs (§ 331 Abs. 2 StPO) und der von ihm abgefaßten Niederschrift über deren Erwägungen (§ 331 Abs. 3 StPO) folgende prozessualen Vorgänge:

In der nach Beendigung der ersten Abstimmung verfaßten Aufzeichnung des Wahrspruchs war die Hauptfrage I b, ob Robert K*** im Sinne der Anklage des versuchten schweren Raubes schuldig sei, im Stimmenverhältnis 3 : 5 verneint worden. Demgemäß findet sich auch bei der Bejahung der entsprechenden Hauptfrage I a hinsichtlich des Angeklagten Gerhard K*** der ein Gesellschaftsverhältnis verneinende Zusatz (§ 330 Abs. 2 StPO):

"nicht in Gesellschaft des R(obert) K(R***)". Als Erwägung, von der die Mehrheit der Geschwornen bei Verneinung der Hauptfrage I b (bzw. bei dem einschränkenden Zusatz zur Bejahung der Hauptfrage I a) ausgegangen ist, war in der Niederschrift (unter der fortlaufenden Zahl 4) ursprünglich angegeben: "aufgrund der Aussage des Herrn V***". Erst auf Veranlassung (ersichtlich) des Vorsitzenden wurde der Niederschrift in diesem Punkte zur Erläuterung noch beigefügt: "weil R(obert K(R***) kein Geld verlangt hat". Über Antrag des Staatsanwaltes und gegen den Widerspruch des Verteidigers, der diese "Begründung der Geschwornen" als ausreichend ansah, beschloß der Schwurgerichtshof daraufhin die Einleitung des Moniturverfahrens gemäß § 332 Abs. 4 StPO und begründete dies damit, daß sich aus der Niederschrift die Rechtsauffassung der Geschwornen ergebe, eine Beteiligung an einem Raubversuch könne nur in der Form erfolgen, daß auch der Mittäter Geld verlangt. Es sei daher eine ergänzende Rechtsbelehrung zu erteilen und den Geschwornen die Verbesserung des Wahrspruchs aufzutragen.

Nach "neuerlicher Rechtsbelehrung" (richtig: nach ergänzender Besprechung iS des § 323 Abs. 2 StPO auf der Grundlage der ursprünglichen - schriftlichen - Rechtsbelehrung) und nochmaliger Beratung verbesserten die Geschwornen ihren Wahrspruch zur Hauptfrage I b dahin, daß sie die Mittäterschaft des Robert K*** am versuchten Gesellschaftsraub nunmehr im Stimmenverhältnis 5 : 3 bejahten und demgemäß auch den entsprechend der zunächst angenommenen Einzeltäterschaft des Gerhard K*** angebrachten Zusatz bei der Beantwortung der diesen Angeklagten betreffenden Hauptfrage I a wieder ausstrichen. Als Erwägungen für diese Verbesserung wurden in der Niederschrift ergänzend angeführt:

"a) Robert K*** hat von der räuberischen Absicht des Gerhard K*** gewußt, denn er hat die Geldforderung gehört b) weiters die Aussage v(on) H(errn) V***, daß er von beiden in den Keller gedrängt wurde c) anschließend suchten beide im Büro nach Geld". Eine der Voraussetzungen für die Einleitung des Moniturverfahrens gemäß § 332 Abs. 4 StPO ist, daß der Wahrspruch der Geschwornen mit dem Inhalte der im § 331 Abs. 3 StPO bezeichneten Niederschrift in Widerspruch steht. Diese Bestimmung ist ebenso wie die Niederschrift selbst erstmals durch das Geschwornengerichtsgesetz BGBl. 1950/240 in das österreichische Strafverfahrensrecht eingeführt worden, schließt allerdings inhaltlich an jene frühere, bis 1933 in Geltung gewesene (§ 331 StPO damalige Fassung), nunmehr gleichfalls in § 332 Abs. 4 StPO enthaltene Regelung an, wonach den Geschwornen ua dann eine Verbesserung ihres Wahrspruches aufzutragen ist, wenn dieser in sich widersprechend ist. Ein solcher innerer Widerspruch des Wahrspruches selbst ist dann gegeben, wenn darin Tatsachen festgestellt werden, die nach den Gesetzen des logischen Denkens einander ausschließen und daher unvereinbar sind (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 13 zu § 332). Diese Umschreibung läßt sich allerdings auf den Begriff des Widerspruchs zwischen Verdikt und Niederschrift nicht ohne weiteres übertragen, weil in der Niederschrift von den Geschwornen keine Tatsachen festzustellen, sondern vielmehr die Erwägungen anzugeben sind, von denen die Mehrheit der Geschwornen bei der Beantwortung der an sie gerichteten Fragen ausgegangen ist. Ihrem Wesen nach können aber solche Erwägungen nur mehr oder weniger geeignet (allenfalls sogar ungeeignet) sein, die Gedankengänge der Geschwornen bei Beantwortung der Fragen erkennbar und den Wahrspruch als Ergebnis derselben nachvollziehbar zu machen; in unmittelbaren logischen Widerspruch zu den Konstatierungen im Verdikt könnte die Niederschrift indes im obgemeinten Sinn nur dann geraten, wenn in ihr - über den vom Gesetz vorgegebenen eigentlichen Rahmen hinaus - ihrerseits bestimmte Tatsachen festgestellt werden, von denen die Geschwornen ausgegangen sind. Eine bloß auf diesen im Gesetz gar nicht vorgesehenen Fall abgestellte (restriktive) Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung stünde allerdings mit dem erklärten Ziel des Gesetzgebers bei der Wiedereinführung des Geschwornengerichtsverfahrens nicht im Einklang, durch neue Bestimmungen Fehlerquellen des früheren Verfahrens auszuschalten, die sehr häufig zu Mißverständnissen der Geschwornen und damit zu Fehlsprüchen geführt haben (EB zur RV 210 BlgNR VI. GP S 18; AB 242 BlGNR VI. GP; Schmid, Das Geschwornengerichtsgesetz, Vorwort und

S 5). So sollte insbesondere die Niederschrift eine effizientere Vorprüfung des Wahrspruchs gewährleisten, indem gerade sie weitere Anhaltspunkte für die allfällige Einleitung des Moniturverfahrens bieten kann (EB aaO S 25, AB aaO; Schmid aaO S 7). Von daher ist die Auslegung zu rechtfertigen, daß mit der (neuen) Bestimmung des § 332 Abs. 4 fünfter Fall StPO dem Schwurgerichtshof ein Instrument an die Hand gegeben worden ist, jeden durch die Niederschrift offenkundig gewordenen (etwa auch durch eine irrige Rechtsansicht ausgelösten) Denkfehler der Geschwornen (und nicht bloß einen unmittelbaren Widerspruch im Tatsachenbereich), der den Wahrspruch nicht als logische Konsequenz der dafür als maßgeblich angeführten Erwägungen und ihn solcherart zu diesem in einem "gewissen Gegensatz" (JBl. 1955, 629) erscheinen läßt, schon im Wege des formlosen Verbesserungsverfahrens durch die Geschwornen selbst (nach entsprechender Anleitung) aus der Welt schaffen zu lassen, ohne deshalb gleich den weit aufwendigeren (bei negativem Ergebnis des Moniturverfahrens immer noch offenstehenden, primär allerdings für Irrtümer im Bereich der Beweiswürdigung gedachten) Weg einer Aussetzung des Wahrspruchs gemäß § 334 StPO beschreiten zu müssen. Demnach berechtigen zur Monitur nicht nur - von der Konzeption der Niederschrift her eher seltene - direkte Widersprüche zwischen allfällig in Form von Erwägungen gekleideten Tatsachenfeststellungen und solchen im Wahrspruch selbst, sondern insbesondere auch aus der Niederschrift hervorgehende Mißverständnisse der Geschwornen über die Fragestellung und die Rechtsbelehrung, aber auch unsachliche oder sonstige Überlegungen, aus welchen sich der Wahrspruch denkgesetzlich unter keinen Umständen ableiten läßt, stehen doch in allen diesen Fällen die niederschriftlichen Erwägungen im dargelegten weiteren Sinn mit dem Wahrspruch "in Widerspruch" (vgl. SSt. 33/25, EvBl. 1973/62, 10 Os 32/75 nv; Bertel, Strafprozeßrecht2, Rz. 717 Punkt C). Dabei ist freilich niemals außer acht zu lassen, daß die Erwägungen nicht etwa die Entscheidungsgründe des Urteils darstellen (AB aaO) und ihnen daher eine gewisse Großzügigkeit (Schmid aaO S 8) entgegenzubringen ist, was gleichwohl das Recht des Vorsitzenden nicht zu beeinträchtigen vermag, im Rahmen seiner Verpflichtung zur Prozeßleitung und Manuduktion (§ 302 Abs. 2 StPO) die Geschwornen, wenn erforderlich, zu ergänzenden Angaben über ihre Erwägungen zu verhalten (vgl. EvBl. 1973/62), um insbesondere die Notwendigkeit einer Monitur abzuklären.

Insoweit bot im vorliegenden Fall der ursprüngliche Hinweis (zur Hauptfrage I b = fortlaufende Zahl 4) auf die "Aussage des Herrn V***" zunächst für den Vorsitzenden tatsächlich berechtigten Anlaß zur Anordnung einer derartigen Ergänzung, denn der Zeuge Walter V*** hat - wie bereits erwähnt - den Angeklagten Robert K*** ua gerade jener Tathandlung (Festhalten während der gegen ihn gerichteten Tätlichkeiten des Angeklagten Gerhard K***) bezichtigt, auf welche sich die Hauptfrage I b bezog, sodaß die angegebene Erwägung als Grundlage des Wahrspruchs unverständlich erscheinen mußte. Zur Prüfung, ob deshalb das Moniturverfahren einzuleiten sei, war eine nähere Erläuterung der in der Niederschrift dargelegten Erwägung erforderlich, doch legte gerade diese ("weil Robert K*** kein Geld verlangt hat") die Annahme nahe, daß die Geschwornen auf Grund eines Mißverständisses der (richtigen) Rechtsbelehrung über die Voraussetzungen gesellschaftlicher Beteiligung am Raub (Rechtsbelehrung S 9, 13) den eigentlichen Inhalt der Frage verkannt hatten, weil die Aufstellung einer Geldforderung durch den Angeklagten Robert K*** selbst weder Gegenstand der Fragestellung war noch überhaupt ein Kriterium für seine Raubgenossenschaft darstellt.

Daß aber der Schwurgerichtshof zutreffend ein den Geschwornen unterlaufenes, durch ein Mißverständnis der Rechtsbelehrung bedingtes Mißverständnis der Fragestellung angenommen hat, geht aus dem Ergebnis des Moniturverfahrens eindeutig hervor. Hätten sie nämlich durch den erwähnten Zusatz bloß zum Ausdruck bringen wollen, daß dem Angeklagten Robert K*** mangels einer von ihm selbst während des Vorfalls geäußerten Geldforderung der Raubvorsatz nicht nachzuweisen sei, dann würden sie sich keineswegs zur Abänderung ihres Wahrspruchs veranlaßt gesehen, sondern diesen (allenfalls unter präzisierender Ergänzung der ihm zugrunde liegenden Erwägungen) in seiner ursprünglichen Form wiederholt haben. Mit Recht hat daher der Schwurgerichtshof den Geschwornen die Verbesserung ihres Wahrspruchs zu den auf versuchten Gesellschaftsraub gerichteten Hauptfragen aufgetragen, dem daher Nichtigkeit nicht anhaftet.

Im bisher erörterten Umfang waren die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten sohin zu verwerfen.

Als stichhältig erweist sich hingegen die (der Sache nach) auf den Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge gegen die Beurteilung der Tat auch als (mit dem Verbrechen des versuchten schweren Raubes eintätig zusammentreffendes) Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB:

Bei all jenen Delikten, bei denen die Gewaltanwendung wenigstens eines der tatbildlichen Begehungsmittel darstellt und für den Eintritt von Verletzungsfolgen eine höhere Strafdrohung vorgesehen ist (hier: §§ 142 Abs. 1, 143 dritter Fall StGB), ist - sofern der Täter seinem Opfer nicht über das Gewaltdelikt (Grunddelikt) hinausgehende Verletzungen zufügen wollte - eine durch die Tat herbeigeführte leichte Körperverletzung nicht gesondert zuzurechnen, sondern durch das Grunddelikt mitabgegolten (vgl. die Übersicht über Literatur und Rechtsprechung bei Kienapfel, BT I2 § 83 RN 54; insb. SSt. 46/66).

Diesem Grundsatz wäre im vorliegenden Fall, in welchem ein Vorsatz der Angeklagten, über die Folgen der Gewaltanwendung beim Raub hinausgehende Verletzungen zuzufügen, nach den Verfahrensergebnissen nicht indiziert ist, durch Stellung ausschließlich auf das Verbrechen des versuchten schweren Raubes lautender Hauptfragen (unter Abstandnahme von zusätzlichen Hauptfragen nach dem Vergehen der Körperverletzung) Rechnung zu tragen gewesen. Insoweit war der Schwurgerichtshof auch nicht an die verfehlte rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch die Anklagebehörde - welche echte Idealkonkurrenz angenommen hatte - gebunden (Mayerhofer-Rieder, StPO2, E 9, 14 zu § 312). Die auf die Übernahme dieser Rechtsauffassung zurückzuführenden Mängel der Fragestellung und der Rechtsbelehrung, die in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführern zusätzlich gerügt werden, können allerdings angesichts des aus dem Wahrspruch selbst hervorgehenden Subsumtionsfehlers auf sich beruhen. Demnach war den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten in diesem Punkte (teilweise) Folge zu geben und der verfehlte Schuldspruch wegen Vergehens der Körperverletzung (nicht auch der bloß die als solche unbestrittenen Tatsachen feststellende Wahrspruch) ersatzlos zu beseitigen (§ 351 erster Satz StPO). Bei der zufolge der damit verbundenen Aufhebung auch des Strafausspruches notwendig gewordenen Strafneubemessung nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB war bei beiden Angeklagten die Zufügung erheblicher, wenngleich insgesamt noch leichter Verletzungen sowie der Umstand erschwerend, daß Gerhard K*** schon mehrmals und Robert K*** bereits einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden sind; mildernd hingegen war bei beiden, daß es beim Versuch blieb, daß der Verletzte durch sein Benehmen die Angeklagten zu den einleitenden Tätlichkeiten provoziert hat sowie beim Angeklagten Gerhard K*** auch dessen alkoholbedingte Beeinträchtigung seiner Zurechnungsfähigkeit, weil er von Walter V*** zu übermäßigem Alkoholkonsum geradezu genötigt worden ist (S 83 a/I verso, 326 f/II), demnach die Vorwurfsabwägung (§ 35 StGB) zu seinen Gunsten ausschlägt. Beim Angeklagten Robert K*** hinwieder war auch seine Minderbeteiligung an der Tat zu berücksichtigen. Die angeführten Milderungsgründe überwiegen die Erschwerungsgründe beträchtlich und es besteht bei beiden Angeklagten - auch bei Gerhard K***, dessen gravierende einschlägige Vorstrafe schon lange Zeit zurückliegt - die begründete Aussicht, daß sie selbst bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werden (§ 41 Abs. 1 Z 3 StGB). Auch unter Bedachtnahme auf das beiderseitige Berufungsvorbringen erschien dem Obersten Gerichtshof das aus dem Spruch ersichtliche - schon vom Erstgericht erkannte - Strafausmaß der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) der beiden Angeklagten als angemessen, zumal die vorgenommene Korrektur der rechtlichen Beurteilung des ansonsten gleichbleibenden Sachverhalts insoweit keine Veränderung herbeizuführen vermochte. Eine - nach dem Gesetz nur beim Angeklagten Robert K*** mögliche - bedingte Strafnachsicht kam wegen dessen einschlägiger Vorstrafe mangels Gewähr (§ 43 Abs. 2 StGB) künftigen Wohlverhaltens, aber auch aus generalpräventiven Erwägungen bei schweren Gewalttaten nicht in Betracht.

Die Entscheidungen über den Ersatz der Verfahrenskosten fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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