Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 9 (neun) Monate herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gertraud Juliane P*** der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 und § 15 StGB (A), der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 (erster Fall) StGB (B) und der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 1, 224 StGB (C) schuldig erkannt.
Darnach hat sie
A) anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S
übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,
1) a) - f) am 20. Februar 1987 in Wels in sechs Fällen Verfügungsberechtigten diverser Kaufhäuser verschiedene Kleidungsstücke im Wert von 4.468 S weggenommen,
2) am 4. März 1987 in Steyr Verfügungsberechtigten des K*** eine Hundeleine im Wert von 149 S wegzunehmen versucht und
3) am 30.Juni 1987 in Ried im Innkreis dem Josef W*** verschiedene Kleidungsstücke im Wert von 3.792 S weggenommen,
B) am 20. Februar 1987 in Wels dadurch, daß sie sich gegenüber
Beamten der Bundespolizeidirektion Wels als ihre Schwester Maria Christine P*** ausgab, deren Geburtsdaten und Anschrift nannte und unter dem Namen ihrer Schwester ein Geständnis bezüglich der unter Punkt A) 1) angeführten Diebstähle ablegte und ferner am 4. März 1987 in Steyr dadurch, daß sie sich gegenüber Beamten der Bundespolizeidirektion Steyr ebenfalls für ihre Schwester Maria Christine P*** ausgab und unter diesem Namen den zu Punkt A) 2) angeführten Diebstahlsversuch gestand, Christine Maria P*** vorsätzlich dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß sie diese der von Amts wegen zu verfolgenden Vergehen nach § 127 Abs. 1 und 2 Z 1 StGB sowie §§ 15, 127 Abs. 1 StGB falsch verdächtigte, wobei sie gewußt hat, daß die Verdächtigungen falsch gewesen sind, und
C) am 20.Februar 1987 in Wels eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht werde, indem sie anläßlich ihrer polizeilichen Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wels die Niederschrift mehrmals mit dem Namen Christine P*** unterfertigte, wobei die Tat in Beziehung auf eine inländische öffentliche Urkunde begangen worden ist.
Die auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten wendet sich gegen die Schuldsprüche in den Fakten B und C.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Beschwerdeführerin unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO in bezug auf den Schuldspruch wegen Verleumdung behauptet, im angefochtenen Urteil seien keine Feststellungen des Inhalts getroffen worden, daß sie ihre Schwester der Gefahr einer behördlichen Verfolgung aussetzen wollte, übergeht sie die sehr wohl dahingehenden Urteilskonstatierungen (US 6, 3. und 4. Absatz); solcherart bringt sie daher die Rechtsrüge nicht zu gesetzmäßiger Darstellung. Diese Feststellungen wurden aber mit dem Hinweis (US 7) auf das von der Angeklagten letztlich abgelegte Geständnis auch ausreichend begründet. Das (aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gerügte) Unterbleiben einer Auseinandersetzung mit der von Gertraud Juliane P*** zunächst gewählten Verantwortung - sie habe nur einer Verhaftung entgehen wollen; sie habe sich nichts dabei gedacht; sie habe ihre Schwester nicht der Strafverfolgung aussetzen wollen - bedeutet deshalb keinen Begründungsmangel, weil die damit erwähnten Einlassungen (S 150, 151) durch ihr später (nach entsprechenden Vorhalten) abgelegtes, ersichtlich auch die subjektive Tatseite umfassendes Schuldbekenntnis (S 153) überholt waren.
Schließlich kann den Beschwerdeausführungen auch insoweit nicht gefolgt werden, als damit der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO geltend gemacht und eine Beurteilung des der Angeklagten als Verleumdung angelasteten Tatverhaltens bloß als Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Sinne des § 298 Abs. 1 StGB angestrebt wird. Zufolge der im § 298 Abs. 1 StGB enthaltenen Subsidiaritätsklausel kommt nämlich eine Subsumtion unter diesen Tatbestand nur dann in Betracht, wenn die Tat nicht nach § 297 Abs. 1 StGB mit Strafe bedroht ist. Davon abgesehen wäre aber für eine Unterstellung des inkriminierten Verhaltens der Beschwerdeführerin unter § 298 Abs. 1 StGB auch deshalb kein Raum, weil die von ihr - mit Bezug auf Pallin im WK § 298 Rz 4 und im Sinn älterer Judikatur (vgl. SSt. 47/19) - vertretene Ansicht, der in Rede stehende Tatbestand liege nicht nur dann vor, wenn eine Straftat überhaupt nicht begangen wurde, sondern auch dann, wenn sie ein anderer Täter verübt hat, als derjenige, der gegenüber der Behörde als solcher bezeichnet worden ist, nach nunmehr ständiger Rechtsprechung (vgl. ÖJZ-LSK 1981/62 = JBl. 1981, 603; JBl. 1982, 607 = EvBl. 1982/192 ua) und überwiegender Lehre (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN 3 zu § 298 StGB sowie das dort zitierte Schrifttum) nicht zutrifft.
Den Schuldspruch wegen Urkundenfälschung bekämpft die Angeklagte aus § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO mit der Behauptung, das Urteil enthalte nicht die zur Annahme, daß sie eine falsche Urkunde hergestellt oder eine echte verfälscht habe, "notwendigen Sachverhaltsfeststellungen".
Da ihr sowohl im Tenor (US 3) als auch in den Gründen (US 6, Abs. 3) ausdrücklich nur angelastet wird, daß sie, indem sie das am 20. Februar 1987 (bei der Bundespolizeidirektion Wels) mit ihr aufgenommene Protokoll (S 33 ff) mit dem Namen Christine P*** unterzeichnete, eine falsche Urkunde herstellte, geht dieses Vorbringen jedenfalls insoweit ins Lere, als es gegen die Annahme einer Urkunden-Verfälschung gerichtet ist.
Unzutreffend aber ist die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht, sie habe das erwähnte Protokoll gar nicht (selbst) "hergestellt". Denn unbeschadet dessen, daß schon durch die vom vernehmenden Polizeibeamten unterfertigte Beurkundung ihrer Angaben eine (dessen Erklärung über den Inhalt ihrer Verantwortung betreffende) eigene (öffentliche) Urkunde errichtet wurde (vgl. 15 Os 130/87), hat sie doch durch die Unterfertigung dieses Protokolls - sei es unmittelbar oder sei es in Form eines Genehmigungsvermerks auf demselben Urkundenträger ("g.g.g."
= gelesen, genehmigt, gefertigt) - jedenfalls auch ihrerseits eine rechtserhebliche schriftliche Erklärung ausgestellt, und damit gleichfalls eine (einen integrierenden Bestandteil der vorerwähnten öffentlichen Urkunde darstellende weitere) Urkunde hergestellt (vgl. Kienapfel im WK § 223 Rz 9, 87, 89 bis 91).
Jene Urkunde jedoch war im Hinblick darauf, daß sie von der Angeklagten zum Zweck der Identitätstäuschung mit dem Namen ihrer Schwester unterfertigt wurde, sehr wohl unecht und damit "falsch" iS §§ 223 f StGB, sodaß entgegen der Beschwerdeauffassung von einer bloßen "schriftlichen Lüge" (als im Gegensatz dazu nur inhaltlich unrichtiger Erklärung) - und damit auch von einer (deshalb nicht weiter erörterungsbedürftigen) "bloßen Namenslüge" - keine Rede sein kann (vgl. Kienapfel aaO Rz 147, 149, 152 f, 156 bis 158). Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach § 128 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB eine einjährige Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, den überaus raschen Rückfall und das Zusammentreffen mehrerer Straftaten, als mildernd hingegen das Geständnis und die Schadensgutmachung durch Sicherstellung. Mit ihrer berechtigten Berufung begehrte die Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.
Zutreffend rügt die Verurteilte, daß ein weiterer ihr zugutekommender Milderungsgrund, nämlich daß die Tat im Faktum A) 2) beim Versuch geblieben ist (§ 34 Z 13 StGB), übersehen wurde. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes und bei Bedacht auf den Wert der Diebsbeute, der sich auf weniger als 9.000 S beläuft, erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von neun Monaten als tätergerecht und schuldangemessen. Die Freiheitsstrafe war demnach auf dieses Ausmaß herabzusetzen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)