OGH 11Os6/88

OGH11Os6/889.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Februar 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred S*** wegen des Verbrechens des teils

versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28.Oktober 1987, GZ 3 a Vr 8.180/87-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB (Punkt II des Urteilssatzes), ferner in der rechtlichen Beurteilung (auch) der Tat laut Punkt I des Urteilssatzes sowie demgemäß im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der beschäftigungslose Manfred S*** wegen mehrerer gleichzeitig abgeurteilter Diebstähle ungeachtet des Zusammenrechnungsgrundsatzes des § 29 StGB (vgl. u.a. Foregger-Serini MKK3, Erläuterungen I letzter Absatz zu § 29 StGB) sowohl des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, 129 Z 1 und 2 und 15 StGB (I 1 und 2) als auch des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB (II) schuldig erkannt.

Nur den letztgenannten Schuldspruch wegen des Diebstahls einer Uhr im Wert von 7.000 S zum Nachteil des Peter F*** (II) bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt. Zutreffend macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend, daß das Urteil im Ausspruch über sein alleiniges Gelegenheitsverhältnis sowie den Wert des Diebsgutes an formellen Begründungsmängeln leidet.

Das Erstgericht gibt - wie der Angeklagte zunächst mit Recht moniert - den Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (ON 19) unrichtig bzw. unvollständig wieder, wenn es unter Bezugnahme auf die Aussage der Zeugin Pauline K*** (S 104 ff) davon ausgeht, daß zu dem am Tag der Tat von insgesamt drei Männern bewohnten Zimmer (im Anton Proksch-Heim in Wien), aus welchem die verfahrensgegenständliche Uhr gestohlen wurde, "fremde Personen keinen Zutritt hatten" (S 115, 116). Die genannte Zeugin beantwortete nämlich demgegenüber die Frage, ob das Zimmer vom Gang aus frei zugänglich sei, mit "ja" und erklärte u.a. ausdrücklich, nicht sagen zu können, ob das Zimmer "abgesperrt wird oder nicht". Da das Erstgericht nicht feststellte, daß das fragliche Zimmer abgeschlossen war, reicht auch die Feststellung, daß "zu dem im

2. Stock gelegenen Zimmer ... die Zimmergenossen Schlüssel" hatten (S 115), nicht für die Annahme aus, fremde Personen hätten sich keinen Zutritt zum angenommenen Tatort verschaffen können. Die für die Annahme der Täterschaft des Angeklagten im Faktum II angeführten Gründe sind - wie die Beschwerde weiter hervorhebt -, aber auch deswegen offenbar unzureichend, weil sich nach der eigenen Feststellung des Erstgerichtes neben dem Angeklagten und dem Bestohlenen zumindest "zeitweilig" der dritte Zimmergenosse im Tatraum aufgehalten haben muß (S 116), ohne daß sich das Schöffengericht mit diesem gegen seine Annahme eines ausschließlichen Gelegenheitsverhältnisses des Angeklagten sprechenden Umstand näher auseinandergesetzt hätte, und weil mangels Feststellung der Tatzeit nach der derzeitigen Aktenlage auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß der Diebstahl zwischen 17 bzw. 18 Uhr (Verlassen des Anton Proksch-Heimes durch den Angeklagten) und cirka 23 Uhr (Feststellung des Verlustes der Uhr durch den Eigentümer F***), somit erst zu einem Zeitpunkt begangen wurde, nachdem der Angeklagte bereits "geflüchtet" war (vgl. S 114 unten).

Rechtliche Beurteilung

Da auch der Ausspruch über den 5.000 S übersteigenden (§ 128 Abs. 1 Z 4 StGB) Wert des Diebsgutes der Angabe zureichender Gründe entbehrt, weil der Neupreis einer schon elf Jahre alten Uhr (vgl. in diesem Zusammenhang S 107) nicht ohne weiters mit dem zum Tatzeitpunkt bestehenden Wert des Diebsgutes gleichgesetzt werden kann, zeigt sich, daß im Hinblick auf die mehrfach vorliegende Nichtigkeit des Urteiles nach der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat. Über die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß dem § 285 e StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen, wobei die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in der rechtlichen Beurteilung (auch) der Tat laut Punkt I des Urteilssatzes wegen des eingangs dargelegten untrennbaren Zusammenhanges geboten war.

Mit seiner dadurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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