OGH 11Os172/87

OGH11Os172/879.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Februar 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Samek als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut O*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. September 1987, GZ 3 e Vr 6.178/87-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 2.Dezember 1960 geborene, zuletzt beschäftigungslose Helmut O*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 7.Juni 1987 in Wien versucht zu haben, fremde bewegliche Sachen, insbesondere Bargeld, dem Inhaber der T***-T*** Gerhardusgasse 17, Dr. Ahmad B***-W***, durch Einbruch wegzunehmen, indem er die Türverglasung des Büroraums einschlug.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer nominell auf die Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und (ebenso wie die Staatsanwaltschaft) im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer bringt keinen der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Angeklagte sinngemäß die Unterlassung der zeugenschaftlichen Vernehmung der in der Nähe des Tatorts wohnhaften Doris M***, wodurch ihm im Sinn seiner (leugnenden) Verantwortung der Nachweis dafür verwehrt worden sei, daß er sich im Zeitpunkt seiner Verhaftung ausschließlich zu Besuchszwecken im Nahbereich der tatbetroffenen Tankstelle aufgehalten habe. Unter dem Gesichtspunkt des § 3 StPO wäre das Erstgericht verhalten gewesen, das Vorbringen des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 20.August 1987, wonach er im Vorverfahren erfolglos um die Vernehmung der Zeugin "gebeten" hätte, als Beweisantrag zu behandeln.

Abgesehen davon, daß es für die Gelegenheit zur Tatausführung keinen Unterschied macht, ob der Beschwerdeführer den Tatort im Zuge eines Besuchsvorhabens zufällig oder nach vorgefaßtem Plan gezielt aufsuchte, es bei der gegebenen Sachlage daher selbst im Fall eines ausdrücklichen Beweisantrages des - anwaltlich

vertretenen - Angeklagten der Anführung konkreter Gründe bedurft hätte, aus denen dem unter Beweis gestellten Umstand entscheidungswesentliche Bedeutung zukommen konnte, stellt der Beschwerdeeinwand nicht auf Ergebnisse der am 24.September 1987 gemäß dem § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung ab. Von einer unter Nichtigkeitssanktion stehenden Verletzung gerichtlicher Manuduktionspflicht kann mithin ebensowenig die Rede sein, wie von einer Vernachlässigung eines prozessual tauglichen Beweisantrages. Keinen entscheidungswesentlichen Umstand betrifft zunächst der die Mängelrüge (Z 5) einleitende Beschwerdeeinwand, die Wiedergabe der das mitgeführte Einbruchswerkzeug betreffenden Verantwortung des Angeklagten in der Begründung des angefochtenen Urteils (US 6) sei aktenwidrig. Logische Rückschlüsse auf den Belastungswert der beim Angeklagten anläßlich seiner Betretung am Tatort sichergestellten Werkzeuge konnte nämlich vorweg nur seine in bezug auf das Mitführen zum Aufbrechen von Sperrvorrichtungen geeigneter Mittel abgegebene Erklärung, nicht aber der (vom Angeklagten vor der Polizei im übrigen ausdrücklich als "nicht bestimmt" bezeichnete - AS 23) Beweggrund für den behaupteten Ankauf des in Rede stehenden Werkzeuges am Tag vor der Tat eröffnen.

Im Ergebnis bloß eine für ihn vorteilhaftere Würdigung der Beweisergebnisse strebt der Beschwerdeführer unzulässigerweise mit dem weiteren Einwand an, das (auch mit einem Faustschlag oder Fußtritt schlüssig erklärbare) Einschlagen der Türverglasung am Einbruchsobjekt lasse nicht zwingend auf einen Einsatz des sichergestellten Werkzeuges schließen. Die bloße Möglichkeit von den Urteilserwägungen abweichender, für den Angeklagten günstigerer Schlußfolgerungen stellt nämlich für sich allein kein Kriterium unzureichender Begründung im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO dar. Daß dem Erstgericht aber, soweit es zwischen dem dem Angeklagten angelasteten Diebstahlsvorsatz und den von ihm mitgeführten Einbruchsmitteln einen Zusammenhang herstellte, eine denkunmögliche Würdigung von Verfahrensergebnissen unterlaufen wäre, wird nicht einmal behauptet.

Jedweden logischen Zusammenhanges mit den entscheidungswesentlichen Komponenten der Schuldfrage entbehren auch jene Umstände, deren Nichterörterung der Angeklagte als Unvollständigkeit der Urteilsbegründung geltend macht. Aus den bereits dargelegten Erwägungen gilt dies zunächst dafür, daß der Angeklagte in unmittelbarer Nähe der Wohnung der Doris M*** verhaftet wurde. Nicht anders verhält es sich auch mit der Frage, ob zur Tatzeit überhaupt Bargeld in den tataktuellen Tankstellenräumlichkeiten verwahrt wurde. Da Lokale der in Rede stehenden Art regelmäßig (auch) der Verwahrung von diebstahlsfähigen Sachwerten gewidmet sind, macht es rechtlich keinen Unterschied, ob die Tatvollendung vorliegend daran scheiterte, daß im Tatzeitpunkt zufällig keine geeignete Diebsbeute vorrätig war oder der Täter eine allenfalls tatsächlich vorhandene nicht aufzufinden vermochte. Soweit der Beschwerdeführer erneut unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit des angefochtenen Urteiles ein Eingehen auf seine Verantwortung, lediglich aus Angst vor Verhaftung im Zusammenhang mit einem offenen Strafvollzug vor den intervenierenden Polizeibeamten geflüchtet zu sein, sowie darauf vermißt, daß seiner Identifizierung als Täter durch die Zeugen Hannes F*** und Renate F*** keine sicherheitsbehördliche Wahlkonfrontation zugrunde lag, vernachlässigt er die bezüglichen erstgerichtlichen Ausführungen auf Seite 8 der Urteilsausfertigung.

Schließlich verfehlt auch die (infolge Vorliegens eines wegen vollendeter Sachbeschädigung qualifizierten Einbruchsversuchs sachlich auf den § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte) Rechtsrüge eine gesetzmäßige Darstellung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes, den der Beschwerdeführer in (vermeintlichen) Feststellungsmängeln zur Frage des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) im wesentlichen mit der Begründung verwirklicht sieht, daß sein vorübergehendes kurzfristiges Verlassen des Tatortes im Zusammenhang mit der späteren Rückkehr eine eingehende Prüfung der für das Unterbleiben der Tatvollendung maßgeblichen Umstände nahegelegt hätte. Der Beschwerdeeinwand setzt sich nämlich über die tatrichterliche Feststellung hinweg, daß es vorliegend nur deshalb beim Versuch blieb, weil dem Täter die Sachwegnahme mißlang (US 10). Damit liegt dem angefochtenen Schuldspruch jedoch unmißverständlich ein Tatsachensubstrat zugrunde, das für die Annahme eines strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch keinen Raum offen läßt. Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß ein gegenüber dem lärmintensiven Einschlagen der Türverglasung zeitversetzes Durchsuchen der Tankstellenräumlichkeiten nach Sachwerten der Beschwerdeauffassung zuwider nach forensischer Erfahrung damit in Einklang zu bringen ist, daß es dem Täter dabei auf eine Minimierung des Entdeckungsrisikos ankam.

Die aus den dargelegten Erwägungen insgesamt nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war mithin gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Mangels Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde fehlt es an der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofes zur Erledigung der Berufung. Über sie wird das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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