OGH 4Ob337/86

OGH4Ob337/869.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei WSV-Wettbewerbsschutzverband 1981, Linz, Hessenplatz 3, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Gerhard Otto K***, Auktionator, Wels, Volksgartenstraße 14, vertreten durch Dr. Peter Posch, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsstreitwert 400.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23. Jänner 1986, GZ 5 R 258/85-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 20. Juni 1985, GZ 2 Cg 113/84-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 14.956,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920 S Barauslagen und 1.185,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Inhaber einer Konzession für das Gewerbe "Versteigerung beweglicher Sachen" im Standort Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 27.

Mit der Behauptung, daß der Beklagte bei einer von ihm am 30. März 1984 in Linz durchgeführten Orientteppich-Auktion einen höchstens 60 Jahre alten Teppich (PZ 53) als "antik" und sechs andere, mit synthetischen Farben gefärbte Teppiche (PZ 9, 18, 47, 48, 60 und 63) mit dem Zusatz "NF" (= Naturfarben) bezeichnet und dadurch zur Irreführung der Kaufinteressenten über die Beschaffenheit und die Herstellungsart dieser Teppiche geeignete Angaben (§ 2 UWG) gemacht habe, begehrt der klagende Wettbewerbsschutzverband (u.a.) die Verurteilung des Beklagten, es zu unterlassen,

a) Teppiche, die weniger als 100 Jahre alt sind, als antik zu bezeichnen und

b) Teppiche, die nicht mit Naturfarben gefärbt sind, als mit Naturfarbe gefärbt zu bezeichnen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Teppich PZ 53 sei älter als 100 Jahre, die übrigen sechs Teppiche - ganz abgesehen davon, daß diese Frage grundsätzlich kein Wertkriterium sei - tatsächlich naturfarben gewesen. Das Erstgericht erkannte im Sinne des Unterlassungsbegehrens und nahm folgenden wesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

Im Katalog der Auktion vom 30. März 1984 war der Teppich PZ 53 als "antik" bezeichnet; tatsächlich war er weniger als hundert Jahre alt. Die Teppiche PZ 18, 47, 48 und 63 waren mit dem Zusatz "NF" (= Naturfarben) angekündigt; der bei ihrer Herstellung verwendete Farbstoff war jedoch Aninilfarbe und daher künstlichen Ursprungs. Die Bezeichnung "naturfarben" trifft auf Teppiche zu, deren Gewebe mit aus pfanzlichen, mineralischen oder tierischen Substanzen gewonnenen Farbstoffen gefärbt wurde, wie z.B. mit gelber Farbe aus Safran oder Gelbwurzel. Anilinfarben werden hingegen seit hundert Jahren verwendet und sind künstlicher Herkunft, kommen also in der Natur selbst nicht vor. Die Bezeichnung "Naturfarben" bewirkt üblicherweise eine Wertsteigerung; deshalb wird diese Bezeichnung auch verwendet. Sie ist ein Indiz für ein etwas höheres Alter eines Teppichs. Diese Wertsteigerung ist nur dort unerheblich, wo ein Teppich ein qualitativ überragendes Kunstwerk oder umgekehrt so minderwertig ist, daß auch die Farbbezeichnung schon unerheblich wäre. Handelsüblich sind die Bezeichnungen "antik" für einen mehr als hundert Jahre alten Teppich, "alt" für einen Teppich im Alter zwischen 60 und 100 Jahren sowie "semi-alt" für einen Teppich, der zwischen 40 und 60 Jahren alt ist.

Die wertbestimmenden Kriterien eines Teppichs sind die Dichte der Knüpfung, aber auch Musterung, Material und Farbe. Jede Generation von Teppichknüpfern hat bestimmte Eigenarten, an Hand deren das Alter eines Teppichs eben auf diese Generation genau bestimmt werden kann. Daneben unterliegen die Teppiche einem bestimmten Alterungsprozeß, welcher auch an den Farben sichtbar ist; diese bleichen nämlich etwas aus, wenn sie natürlicher Herkunft sind. Die im Alter erreichte Farbe wird auch als "Patina" bezeichnet; sie wirkt je nach individueller Eigenart werterhöhend oder auch nicht. Auch die Alterspatina der Teppiche ist ein Kriterium, das über das Alter Aufschluß geben kann. Um eine solche Alterspatina künstlich zu erreichen, wird mitunter auch eine künstliche, als "Antikwäsche" bezeichnete Behandlung angewendet.

Rechtlich hielt das Erstgericht das Unterlassungsbegehren des Klägers für berechtigt, weil der Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über die Beschaffenheit und den Ursprung der von ihm angebotenen Waren zur Irreführung geeignete Angaben gemacht habe (§ 2 UWG). Bei dieser Sachlage sei eine nähere Aufklärung der farblichen Beschaffenheit der Teppiche PZ 9 und 60 entbehrlich.

Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos; das Berufungsgericht bestätigte das Urteil der ersten Instanz und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteige. Die vom Erstgericht auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Tatsachenfeststellungen seien unbedenklich und würden daher vom Berufungsgericht übernommen; auf dieser Sachverhaltsgrundlage erweise sich auch die Rechtsrüge der Berufung als unbegründet.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird seinem ganzen Inhalt nach vom Beklagten mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft. Der Beklagte beantragt, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, diesem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die vom Beklagten behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens liegen ebensowenig vor wie die von ihm gerügte Aktenwidrigkeit (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). In der Nichtbezeichnung eines Sachverständigen aus dem Teppichfach ist entgegen der Meinung des Revisionswerbers keine vorgreifende Beweiswürdigung, sondern die Ablehnung eines Kontrollbeweises zu sehen. Ob einem Zeugen ohne weiteres Glauben zu schenken ist, oder erst noch Kontrollbeweise, insbesondere durch Sachverständige, aufgenommen werden sollen, ist aber eine Frage der im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (Arb 7824; EvBl 1962/133;

JBl 1951, 294 uva; ebenso Fasching, Komm IV 311 § 503 ZPO Anm 13;

derselbe, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechtes 873 Rz 1910).

Auch die Rechtsrüge der Revision muß erfolglos bleiben. Ob die Bezeichnung eines Teppichs als "naturfarben" auch dann gerechtfertigt ist, wenn zwar "geringfügige Farbtöne" von Kunstfarben stammen, die "dominierenden Farben in ihrer überwiegenden Gesamtheit" aber tatsächlich natürlichen Ursprungs sind, ist hier schon deshalb ohne entscheidungswesentliche Bedeutung, weil nach dem von den Vorinstanzen als erwiesen angenommnenen Sachverhalt bei der Herstellung (zumindest) der Teppiche PZ 18, 47, 48 und 63 nur Anilinfarben und damit Farbstoffe künstlichen Ursprungs verwendet worden sind. Mit seiner Behauptung, diese Teppiche seien jedenfalls überwiegend mit natürlichen Farbstoffen gefärbt worden, entfernt sich der Beklagte in unzulässiger Weise von den vom Berufungsgericht als unbedenklich übernommenen, für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen des Ersturteils.

Ob der Beklagte auf Grund seiner für den Standort Ried im Innkreis erteilten Konzession zur Durchführung einer Auktion in Linz befugt war, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Auch die - schon vom Berufungsgericht aufgeworfene - Frage eines allfälligen Verschuldens des Beklagten an der falschen Bezeichnung seiner Teppiche ist für den hier allein geltend gemachten, nach ständiger Rechtsprechung verschuldensunabhängigen (ÖBl 1980, 128 mwN; ÖBl 1984, 135 uva) Unterlassungsanspruch nach § 2 UWG ohne rechtliche Bedeutung.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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