Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.719,20 S (darin 247,20 S Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei vermietete in einem ihr gehörenden Haus der beklagten Partei Geschäftsräumlichkeiten um einen monatlichen Zins von 18.000 S zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten. Der am 22. Februar 1985 errichtete Mietvertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
"IV.
Diverse Bestimmungen
1. Die Mieterin übernimmt das Bestandobjekt in dem Zustande, in welchem es sich tatsächlich befindet, ohne daß die Vermieterin eine Gewähr für einen bestimmten Zustand, eine bestimmte Beschaffenheit oder eine bestimmte Verwendbarkeit des gegenständlichen Bestandobjektes treffen würde. Die Mieterin hält das Objekt in dem Zustand, in welchem (sie) es bei der Erstbesichtigung vorgefunden hat.
Ausdrücklich festgehalten wird, daß im Falle einer Beanstandung des Daches durch die Behörde die Vermieterin keinerlei Verpflichtung übernimmt, das Dach zu renovieren oder wesentlich instandzusetzen.
2. Die Mieterin ist verpflichtet, das Bestandobjekt pfleglich und schonungsvoll zu benützen, laufend instandzuhalten, alle daran auftretenden Schäden auf eigene Kosten zu beheben, wobei das Objekt unter Ausschluß der Bestimmungen gemäß § 1096 ABGB ohne Anspruch auf Ersatz seitens der Mieterin auf deren Kosten im guten Zustand zu erhalten ist.
.........
Die Mieterin verzichtet auf Ersatz von Aufwendungen für
Verbesserungen oder Veränderungen des Bestandobjektes (§ 9 MRG) und
auf jeglichen Kostenaufwand der Vermieterin für Instandhaltung,
Reparaturen und Schadensbehebung innerhalb des Mietobjektes.
.......
8. Die Mieterin verzichtet auf eine Herabsetzung des Mietzinses aus welchem Grund auch immer."
Die klagende Partei brachte gegen die beklagte Partei zwei Klagen ein. In der einen begehrt sie die Bezahlung eines Mietzinsrückstandes, in der anderen die Bezahlung eines weiteren Mietzinsrückstandes ud außerdem die Räumung des Bestandobjektes, diese mit dem Vorbringen, daß sie die Aufhebung des Bestandvertrages erklärt habe, weil der Bestandzins von der beklagten Partei trotz Mahnung nicht vollständig entrichtet worden sei. Die beiden Rechtsstreite wurden vom Erstgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die klagende Partei begehrt zuletzt nach mehrfachen Ausdehnungen und Einschränkungen des Klagebegehrens von der beklagten Partei die Bezahlung von 157.153,87 S sA und die Räumung des Bestandobjektes.
Die beklagte Partei bestritt einen Mietzinsrückstand und die Angemessenheit des vereinbarten Mietzinses. Sie brachte ferner vor, daß das Dach über der Halle, die einen Teil des Bestandobjektes bildet, bei Übergabe des Bestandobjektes undicht gewesen sei. Dies habe erst im Frühjahr 1985 festgestellt werden können. Infolge der Undichtheit des Daches dringe Nässe und Feuchtigkeit in die Halle ein, weshalb dort keine Materialien und Werkstücke gelagert werden könnten. Hievon sei eine Fläche von 236 m2 und somit 31 % der Gesamtfläche des Bestandobjektes betroffen, weshalb sie ab 1.Juli 1985 eine Herabsetzung des Mietzinses auf netto 12.420 S im Monat begehre.
Die klagende Partei hielt dem entgegen, daß sie nach dem Mietvertrag nicht Gewähr für einen bestimmten Zustand des Bestandobjektes zu leisten habe und insbesondere zur Reparatur des Daches nicht verpflichtet sei. Diese Verpflichtung treffe die beklagte Partei. Die nunmehr behaupteten Mängel seien bei Übergabe des Bestandobjektes nicht vorhanden gewesen und dadurch entstanden, daß die beklagte Partei ihrer Verpflichtung zur Instandhaltung des Bestandobjekts nicht nachgekommen sei. Sie habe keinen Anspruch auf Minderung des Mietzinses, weil sie einerseits die Mängel selbst verursacht und verschuldet habe und weil andererseits im Mietvertrag vereinbart worden sei, daß § 1096 ABGB ausgeschlossen werde. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 12.Juni 1986 stellte die klagende Partei den Zwischenantrag auf Feststellung, daß mit dem Vertrag am 22.Februar 1985 rechtswirksam
a) ein Mietzinsminderungsanspruch der beklagten Partei nach § 1096 ABGB abbedungen und b) die Instandhaltungspflicht für das Dach der Halle auf die beklagte Partei überwälzt worden sei. Das Erstgericht wies den Zwischenantrag auf Feststellung mit Zwischenurteil ab. Das Recht auf Zinsminderung könne bei unbeweglichen Sachen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1096 ABGB nicht abbedungen werden. Ebensowenig sei die Verenbarung wirksam, daß die beklagte Partei das Dach instandzuhalten habe, weil diese Verpflichtung gemäß der zwingenden Bestimmung des § 3 MRG die klagende Partei als Vermieter treffe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 300.000 S übersteige. Es schloß sich der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht an.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen entweder im Sinn des vor dem Erstgericht oder im Sinn des in der Berufung gestellten Zwischenantrags auf Feststellung zu entscheiden. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Mit den Ausführungen, mit denen die klagende Partei darzutun versucht, daß das Erstgericht ihren Vertreter dazu anleiten hätte müssen, einen anders lautenden Zwischenantrag auf Feststellung zu stellen, wird ein Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend gemacht, der schon in der Berufung gerügt und dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde. Nach ständiger Rechtsprechung kann aber ein solcher Mangel mit Revision nicht geltend gemacht werden (ÖBl 1984, 109; EFSlg 49.387 ua), weshalb auf diese Ausführungen nicht weiter einzugehen ist.
Den in der Berufung formulierten Zwischenantrag auf Feststellung sah das Berufungsgericht zutreffend als neuen Zwischenantrag an. Die klagende Partei verstieß damit gegen § 482 Abs 1 ZPO. Die von ihr in der Revision vertretene Auffassung, es habe sich um keinen neuen Antrag gehandelt, weil er jenem entsprochen habe, zu dem ihr Vertreter vom Erstgericht hätte angeleitet werden müssen, überzeugt nicht. Die klagende Partei räumt damit selbst ein, daß der in der Berufung formulierte Zwischenantrag im Verfahren erster Instanz noch nicht gestellt wurde, und macht in Wahrheit wieder nur eine Verletzung der Anleitungspflicht des Erstgerichtes geltend. In der Sache verkennt die klagende Partei die Bedeutung der Rechtsprechung, daß § 1096 ABGB nachgiebiges Recht enthalte. Dies bezieht sich zum einen auf die darin geregelten Pflichten des Bestandgebers (so etwa SZ 24/163; MietSlg 28.124; SZ 53/116) und zum anderen auf die Möglichkeit, das Maß der Gebrauchsfähigkeit des Bestandobjektes zu bestimmen (so MietSlg 31.189). All dies kann dafür von Bedeutung sein, ob und in welcher Höhe wegen Unbrauchbarkeit des Bestandobjektes ein Anspruch auf Zinsbefreiung oder Zinsminderung entsteht, hat aber nichts damit zu tun, ob ein solcher Anspruch gegebenenfalls geltend gemacht werden kann. Hierauf kann der Bestandnehmer bei der Miete unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichten; dies ergibt sich unwiderleglich aus § 1096 Abs 1 letzter Satz ABGB (ebenso Würth in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1096). Der Zwischenantrag auf Feststellung, daß durch den zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag ein Mietzinsminderungsanspruch der beklagten Partei abbedungen wurde, wäre nur gerechtfertigt, wenn die beklagte Partei auf diesen Anspruch im voraus wirksam hätte verzichten können. Dies ist aber nach dem Gesagten nicht der Fall, weshalb die Vorinstanzen diesen Teil des Zwischenantrags zutreffend als unberechtigt ansahen.
Die Vorinstanzen haben aber auch die Frage richtig gelöst, ob die beklagte Partei zur Instandhaltung des Daches der Halle verpflichtet ist. Diese Instandhaltung gehört jedenfalls zur Erhaltung im Sinn des § 3 MRG, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die Arbeiten zur Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses (§ 3 Abs 2 Z 1 MRG) oder ob sie zur Erhaltung des Mietgegenstandes erforderlich sind; auch in diesem Fall wären es nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG vom Vermieter auszuführende Erhaltungsarbeiten, weil es sich nach den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses, also von Schäden, die den bedungenen Gebrauch des Mietgegenstandes hindern (vgl. MietSlg 25.216 ua), handelt. Zur Ausführung dieser Arbeiten ist daher gemäß § 3 Abs 1 MRG die klagende Partei als Vermieter verpflichtet. Die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes sind im Zweifel zugunsten des Mieters zwingend (Assem-Appiano, Der Mietvertrag (1982) 16 f; Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 vor § 1 MRG). Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß im Fall des § 3 Abs 1 und 2 MRG etwas anderes gilt. Der Mieter kann daher auf sein Recht, die Erhaltung durch den Vermieter zu verlangen, im vorhinein nicht wirksam verzichten (ebenso Würth in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1096 und Rz 3 zu § 3 MRG; vgl. auch Krejci in Krejci-Korinek, HBzMRG 173 und 186). In der Entscheidung 5 Ob 72/87 vertrat der Oberste Gerichtshof überdies die Auffassung, daß die Überwälzung der Kosten von Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 3 Abs 2 Z 2 MRG auf den Mieter unter das Verbot des § 27 Abs 1 Z 1 dieses Gesetzes falle. All dies bedeutet aber, daß die hier im Mietvertrag enthaltene Vereinbarung, wonach die klagende Partei keine Verpflichtung zur Instandsetzung des Daches übernimmt, gesetzwidrig und daher unwirksam ist.
Der Versuch der klagenden Partei, die Wirksamkeit dieser Vereinbarung aus dem Argument abzuleiten, daß die Instandhaltungspflicht der beklagten Partei als ein Teil des von ihr zu zahlenden Mietzinses anzusehen sei, ist nicht zielführend. Auch der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung, die im übrigen von der klagenden Partei im Verfahren erster Instanz gar nicht behauptet wurde, stünde nämlich § 3 MRG entgegen, soweit es sich um unter diese Bestimmung fallende Erhaltungsarbeiten handelt, weil sich daraus zugunsten des Mieters zwingend ergibt, daß die Kosten dieser Erhaltungsarbeiten - unbeschadet des Rechtes, gemäß § 18 MRG eine Erhöhung des Hauptmietzinses zu verlangen - vom Vermieter zu tragen sind.
Den Vorinstanzen ist daher auch darin beizupflichten, daß die beklagte Partei nach dem Inhalt des mit der klagenden Partei geschlossenen Mietvertrages nicht verpflichtet ist, das Dach der Halle instandzusetzen. Es ist aus diesem Grund demnach auch die Abweisung des zweiten Teiles des Zwischenantrags auf Feststellung richtig.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung SZ 23/243 kommt hier nicht zum Tragen, weil kein stattgebendes Zwischenurteil vorliegt. Die klagende Partei ist in dem über ihren Antrag entstandenen Zwischenstreit endgültig als unterlegen anzusehen und hat der beklagten Partei daher die hiedurch verursachten Kosten zu ersetzen.
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